Pestizide Ursache Bienensterben

Im Frühjahr 2008 sind tausende Bienenvölker im Rheintal verendet. Die Ursache war das Insektizid Clothianidin, womit Saatgut gegen den Maiswurzelbohrer behandelt worden war. Ende April 2013 verständigte sich die EU-Kommission darauf, diesen Wirkstoff und zwei ähnliche Verbindungen zu verbieten. Darüber informieren am 12.6.2013 um 189.13 Uhr im KG II in der Uni Umwelt- und Imkerverbände – und Susanne Miethaner, Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) Freiburg .

BZ: Frau Miethaner, war es für Sie ein Freudentag, als die Entscheidung der EU-Kommission öffentlich wurde?
Miethaner: Auf jeden Fall. Es ist zwar noch keine endgültige Entscheidung. Aber die Anwendung von drei Wirkstoffen, die der Gruppe der Neonikotinoide zuzurechnen sind, wird ab Dezember EU-weit für den Anbau von Mais, Sonnenblumen und Raps erheblich eingeschränkt. Das Verbot ist zwar zunächst auf drei Jahre befristet, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Die Umwelt- und Imkereiverbände melden seit Jahren Bedenken gegen diese Wirkstoffe an. Wir sind sehr froh, dass sie jetzt ernst genommen werden.
BZ: Würden Sie die Entscheidung als Kurswechsel bezeichnen?
Miethaner: Nein, das kann man nicht sagen. Aber es ist so, dass der Zusammenhang zwischen dem Insektizid Clothianidin und dem Bienensterben im Frühjahr 2008 erstmals eindeutig nachgewiesen wurde. Seitdem wurde eine Reihe wissenschaftlicher Studien durchgeführt, aus denen sich ein Verbot ableiten lässt. Den Ergebnissen der Untersuchungen konnte sich die Politik nicht verschließen. Umweltschützer und Imker haben schon lange darauf aufmerksam gemacht, dass speziell die Neonikotinoide auf Dauer die Ökosysteme beeinflussen. Als Nervengifte schwächen sie das Immunsystem und die Orientierungsfähigkeit der Bienen und damit das Sammelverhalten.
BZ: Halten Sie selbst Bienen?
Miethaner: Ja, aber nur als Hobby. Ich halte drei Völker am Schönberg in St. Georgen. Dort gibt es nur Wiesen und keinen Ackerbau, daher werden auch keine Insektizide ausgebracht.
BZ: Landwirte tun das nicht aus Freude, sondern um ihre Erträge zu sichern.
Miethaner: Klar, wir sehen auch die Zwänge, denen die Landwirte unterworfen sind. Aber es kann nicht sein, dass man chemisch-synthetische Wirkstoffe zulässt, die nachweislich Bienen schaden. Wir fordern, dass mehr Mittel in die Erforschung alternativer Wirkstoffe und Pflanzenschutzverfahren und in die Förderung der biologischen Landwirtschaft fließen. Die Bienenhaltung ist ja auch ein Zweig der Landwirtschaft. Sie liefert ein hochwertiges Lebensmittel und trägt erheblich zum Ernteerfolg bei. Denn die meisten Kulturpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Würde die Honigbiene eingehen, würde der Wert der pflanzlichen Produktion massiv sinken. Wir wollen das Bewusstsein dafür stärken, dass ein kurzfristiger und einseitig betrachteter Vorteil für die Erzeugung unter Umständen mit schweren Nachteilen erkauft wird. Und zwar für die Landwirtschaft insgesamt, aber auch für die Ökosysteme. Denn die Bienen bestäuben auch unzählige Wildkräuter. Zudem werden mit großer Wahrscheinlichkeit Wildbienen und andere Insekten, die an der Bestäubung beteiligt sind, geschädigt, nur ist das nicht so offensichtlich, wie wenn ein Wirtschaftsvolk eingeht.
BZ: Was erwartet die Besucher der Informationsveranstaltung am heutigen Mittwoch?
Miethaner: Christoph Koch vom Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund informiert über die Wirkungsweise und die Risiken durch die Neonikotinoide und Ekkehard Hülsmann, Präsident des Landesverbands Badischer Imker über die aktuelle politische Lage. Und es gibt eine Honigverkostung.
  
Susanne Miethaner (33) stammt aus Würzburg und hat Geoökologie an der Universität Karlsruhe studiert. Seit 2007 ist sie als Landschaftsplanerin in Freiburg beschäftigt. Schon seit ihrer Jugend gehört sie dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) an, seit 2013 ist sie Vorsitzende der Gruppe Freiburg mit etwa 2000 Mitgliedern.
  

Neonikotinoide
Das ist eine Gruppe von chemisch-synthetischen Insektiziden, die als Nervengift wirken. Sie werden als Kontakt- oder Fraßgift angewandt und verteilen sich in den Pflanzen über die Leitungsbahnen bis in die Blätter, die dann vor Insekten geschützt sind. Wegen dieser Eigenschaft werden diese Stoffe auch als Saatgutbeizmittel verwendet. Die Pflanzen nehmen sie im Anfangsstadium mit ihren Wurzeln auf. Die Wirkstoffe in der Pflanze werden langsam abgebaut, die Wirkung hält deshalb lange an. Betroffen vom Verbot, das im Dezember in Kraft treten soll, sind die Verbindungen Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam.Die Veranstaltung „Pestizide – Ursache des Bienensterbens?“ beginnt am Mittwoch, 12. Juni 2013, um 19.15 Uhr im Hörsaal 2121 im Kollegiengebäude II der Universität Freiburg.  
12.6.2013, Silivia Faller
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