Palmer: Wir müssen auch leben

In Freiburg liegen die Inzidenzwerte seit 1.2. an oder unter 50, in Tübingen bereits seit zwei Wochen. Tübingens OB Boris Palmer (Grüne) fordert für seine Stadt Öffnungspläne als Perspektiven, besonders für die Kitas und Grundschulen. Die Verzweiflung wächst – dazu stellt Palmer einen offenen Brief einer ehem. CDU-Stadträtin online. .

Wir müssen auch leben
Boris Palmer am 1.2.2021, 22:05 Uhr, auf seiner Facebookseite:
Gestern wurden noch drei Infektionen mit COVID im Landkreis Tübingen registriert. Wir sind seit zwei Wochen an oder unter 50. Aber es geht nicht weiter nach unten. Der behauptete Kontrolleffekt der Nachverfolgung ist eben bei diffuser Infektionslage nicht gegeben.
Leute wie Karl Lauterbach fordern, dass wir noch viele Wochen länger im Shutdown verharren müssen. Ich halte das für unverhältnismäßig. Denn die Schäden der Maßnahmen wachsen jetzt auch exponentiell.
Gestern stand im (Tübinger) Tagblatt, dass ein Viertel der Friseure vor der Pleite steht. Gärtnereien werden bald gezwungen sein, ihre Frühjahrpflanzen zu vernichten.
Nun erreicht mich dieser bewegende Brief einer früheren Stadträtin der CDU. Die Verzweiflung wächst. Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben Öffnungspläne gemacht. Diese Perspektive brauchen wir.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Palmer,
Es läuft alles aus dem Ruder:
-vor 2 Jahren durfte man das Wort Weihnachten fast nicht mehr aussprechen. Jetzt in der Pandemie hat es an Wert wiedergewonnen. Der Preis waren weitere Infektionen.
-wer Geld spart, wird betraft.
-wer Schulden macht, wird belohnt.
-Mieter haben mehr Rechte als der Vermieter.
-der Vermieter muss die Mieteinnahmen mit seinem Steuersatz versteuern. Wenn der Staat darauf verzichten würde, könnte man günstiger vermieten.
-Deutschland zahlt für insolvente Unternehmen im Inland sowie in der EU.
Als wenn dies alles nicht genug wäre. Nein, es kommt noch schlimmer!
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Allein durch die Krise muss, wer nicht Namen trägt analog Lufthansa, TUI oder Galeria -Karstadt-Kaufhof und viele mehr. Hier spielt es auch keine Rolle, ob sie dem Klima schaden oder zuvor schon am seidenen Faden hingen, also kurz vor der Pleite standen. Unternehmen, die in Deutschland wenig Steuern zahlen z. B. Rene Benko, Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof, Österreicher und Eigentümer /Gesellschafter von Signa Holding (von Trend ermitteltes Vermögen ca.3,81 Milliarden Euro) bekommt aktuell 460 Mio. Zuschuss vom deutschen Steuerzahler.
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Der Handelsverband findet diese Entscheidung gut, da diese Unternehmen Frequenzbringer für die Innenstädte sind. Frequenzbringer, die den kleinen Geschäften schon seit Jahren immer weniger übrig lassen. Sollte man nicht darüber nachdenken, die Gebäude der Frequenzbringer in Wohnraum umzuwandeln? Dann wohnt der Verbraucher, die Frequenz, schon vor Ort. Wohnraum ist doch angeblich knapp. Warum
wird eine Marktbereinigung im oberen Segment nicht zugelassen? Eine Marktbereinigung im unteren Segment spielt für die politischen Entscheidungsträger keine tragende Rolle. Kleine- und mittelgroße Einzelhändler, Friseure, Kosmetikstudios, Nagelstudios, Fitnessstudios und Gastronomen sowie Kulturschaffende (Künstler /Musiker usw.) wird kurzer Hand die Lebensgrundlage entzogen und deren sämtliche Bestrebungen und Pläne werden zu Nichte gemacht.
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Mit uns wird nicht an der Schweizer Goldküste am Zürichsee verhandelt. Wir werden einfach vor vollendete Tatsachen gestellt und sind hoffnungslos der planlosen Politik ausgesetzt. Wir müssen uns auf der Homepage des Landes zurechtfinden, bekommen selten Antworten auf Mails, die an das Ministerium gerichtet werden, bekommen keine Auskunft an der Corona-Hotline und vor allem keine Hilfe. Wir bekommen im Lockdown noch zusätzlich Post von der Bundesarbeitsagentur für Arbeit (obwohl die Vorläufigkeit bereits im monatlichen Leistungsantrag steht) mit der klaren Ansage einer Abschlussprüfung nach Beendigung der Kurzarbeit, da die bereits geleisteten Zahlungen nur vorläufig sind. Zitat: „Wir bitten Sie bereits heute die Unterlagen vorzubereiten“. Was soll das denn? Heute schon vorbereiten?
Wir wissen doch gar nicht, wann wir wieder öffnen dürfen, wann wir wieder arbeiten dürfen, ob wir überhaupt noch einmal öffnen können oder ob wir vielleicht bis dahin sogar schon insolvent sind. Und selbst wenn alles gut geht kein Betrieb läuft dann gleich wieder auf 100 Prozent.
Die Regierung weiß nicht einmal, wann Ihr angeblich bestellter Impfstoff kommt und wir werden mit solchen Schreiben noch zusätzlich unter Druck gesetzt. Es geht nicht darum, dass keine Kontrolle stattfinden soll, aber die Art und Weise ist in Anbetracht der bestehenden Umstände schon sehr befremdlich.
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Des Weiteren kann es nicht sein, dass wenn Mischsortimente angeboten werden z.B. Drogeriemarkt Müller, Aldi…., das gesamte Sortiment verkauft werden darf, wenn der erlaubte Sortimentsanteil 60% beträgt. Was für eine Diskriminierung gegenüber den anderen Geschäften, Parfümerien, Spielwarengeschäften, Strumpf – und Wäsche Geschäften. All diese Einzelhändler müssen jedoch geschlossen bleiben. Existiert das Virus denn nur dort bei den nun geschlossenen Einzelhändlern? Im Übrigen sind Wäsche und Strumpfwaren Güter des täglichen Bedarfs, solange sie den Wert des Verbrauchsgutcharakters nicht übersteigen.
Man wird nur von der Politik gehört, wenn man den richtigen Namen trägt oder als NONAME seine Steuern nicht bezahlt. Im letzteren Fall bekommt man sofort einen Bescheid zugestellt.
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Ich glaube die Politik hat vergessen, dass gerade wir kleinen NONAMES ein wichtiges Rad mit unseren Betrieben und Mitarbeitern in unserer Gesellschaft darstellen. Denn wir tätigen unsere Geschäfte mit Leidenschaft und Kreativität und begegnen den Menschen, die uns als Kunden aufsuchen mit emotionaler Intelligenz.
Es gibt so viele Möglichkeiten einer sanften Öffnung in unseren Branchen – man muss nur willens und flexibel sein. Unsere gewählten Volksvertreter sollten selbst einmal erleben wie schwer der Existenzkampf in dieser harten Zeit ist– ihr Gehalt kommt pünktlich jeden Monat von uns Bürgern auf Ihr Konto.
Mit freundlichen Grüßen, Sabine Lüllich (frühere Stadrätin der CDU)
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Boris Palmer am 1.2.2021, 22:05 Uhr https://www.facebook.com/100000886242540/posts/4082996841739817/

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Freiburg seit vier Tagen unter Risikogebiets-Grenzwert – was nun?
Mit 44,1 bleibt Freiburg den vierten Tag in Folge unter einer 7-Tage-Inzidenz von 50. OB Martin Horn hat deswegen Fragen an Bund und Land. Lockerungen sind vorerst keine in Sicht.
.. . Alles vom 1.2.2021 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburg-seit-vier-tagen-unter-risikogebiets-grenzwert-was-nun

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