Ostergruss von Kardinal Müller

„Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ Christ ist, wer an die weltüberwindende Macht Gottes glaubt, die er in der Auferweckung Jesu von den Toten als das Heil der Welt offenbart hat. Der Sohn Gottes konnte deshalb vor seinem Tod am Kreuz zu seinen Jüngern sagen: „Meinen Frieden gebe ich euch“ (Johannes-Evangelium 14, 27). Der Friede Gottes ist nicht von der Art, wie „die Welt“ der Politiker, Militärs, der Super-Milliardäre und Ideologen ihn dem Rest der Menschheit aufoktroyieren will.

Nicht in den Hass und die Propaganda einstimmen
Wir sind alle erschüttert über das Unglück und Leiden, das gewissenlose Machthaber über Menschen bringen, weil sie von der vergangenen oder künftigen Größe ihrer Nation phantasieren, selbstverliebt in den Träumen ihrer Omnipotenz und eines Luxuslebens im irdischen Paradies schweben oder auch nur, weil sie ihren primitiven Sadismus auskosten wollen.

Wenn wir Jesus dem Christus nachfolgen, dann dürfen wir Christen aber nicht einstimmen in die Rhetorik des Hasses und die Propaganda der Kriegsgewinnler in der Rüstungsindustrie und auf den Weltmärkten. Die Sendung der Kirche ist es, „Zeichen und Werkzeug zu sein für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit, indem sie das Evangelium Christi allen Geschöpfen verkündet“ (II. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche, Lumen gentium Art 1). Das ist kein frommer, aber kraftloser Wunsch von religiösen Schwärmern, wie es die Zyniker und Nihilisten behaupten, denen das Recht des Stärkeren als das eherne Gesetz des Seins gilt.

Gerade weil wir als Christen wissen, dass die sogenannte Real- und Hegemonialpolitik, die Staatsraison über dem Glück der Bürger, die blutige Weltrevolution als Blankoscheck für eine bessere Zukunft der Nachgeborenen niemals die Welt verbessert haben und unmöglich die Menschheit von den Übeln des Todes und des Bösen befreien konnten, klammern wir uns nicht an menschliche Versprechungen, sondern stützen uns allein auf Gottes Verheißungen. Der neue Mensch in einer neuen Schöpfung kann sich weder selbst zeugen noch pädagogisch oder technisch sich selbst konstruieren als seine selbstoptimierte Version.
Der Mensch kann nur von oben her im Geiste Gottes wiedergeboren (Johannes- Evangelium 3, 5; Apostelgeschichte 1, 8) werden, indem er sich in Christus als ein neues Geschöpf und Kind Gottes aus der Gnade empfängt. Diese Einsicht befreit uns aus dem Krampf der Selbsterlösung und macht uns fähig, in Wort und Tat Botschafter des Friedens zu werden. Konkret heißt dies an Ostern 2022, dass wir die Aggression des russischen Militärs gegen die ukrainische Bevölkerung vorbehaltlos als ein Werk des Teufels, „des Vaters der Lüge und des Mörders von Anbeginn“ (Johannes-Evangelium 8, 44) verurteilen und auch das natürliche Recht auf Selbstverteidigung anerkennen. Aber wir müssen auch mit den Gedanken des Friedens auf die Zeit nach dem Kriege blicken.

Verfemung der Russen im Westen ist widervernünftig
Die Völker Europas werden noch lange in absehbarer Zukunft Nachbarn sein. Wo die Propaganda ganze Völker in den Hass gegeneinander treibt, müssen wir als Christen diesem Wahn-Sinn klar entgegentreten, auch wenn man uns dann je nach politischer Interessenlage als schlechte Russen, Deutsche oder Ukrainer, als vaterlandslose Gesellen oder mittelalterliche Universalienträumer heruntermacht.
Wenn jetzt in den USA und in Westeuropa jeder einfache oder prominente Russe angepöbelt, verfemt, ausgeladen und zur unerwünschten Person erklärt wird, ist dies nicht nur eine widervernünftige Vorbereitung auf den nächsten Konflikt, sondern vielmehr noch mehr eine unverschämte Undankbarkeit gegenüber Gott, dem Schöpfer und Vater aller Menschen, der uns alle in seinem Mensch gewordenen Sohn und im Heiligen Geist weltumspannend zu Brüdern und Schwestern gemacht hat.

Abrüstung in Gedanken, Worten und Werken
Deshalb war es ein wichtiges Zeichen für die ganze Welt, dass in diesem Jahr bei der Kreuzweg-Andacht von 10.000 Gläubigen mit dem Papst im Kolosseum, dem Ort brutalster Menschenverachtung in der vorchristlichen Welt, eine ukrainische und russische Familie symbolisch das Kreuz Christi gemeinsam trugen und so Gott um den Frieden gebeten haben, den sich die Welt aus eigener Kraft selbst nicht geben kann.
Angesichts der Übermacht des Zerstörungspotenzials, das einen kollektiven Selbstmord der Menschheit möglich macht, sollen wir Christen zusammen mit allen Menschen guten Willens „de-eskalierend“ auf dem Weg der totalen Abrüstung in Gedanken, Worten und Werken vorangehen. Deshalb sagt der Apostel Paulus den Christen in Rom, deren „Glaube in der ganzen Welt bekannt gemacht wird“ (Römer-Brief 1, 8) und zu jedem Einzelnen: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ (Röm 12, 21).
… Alles vom 17.4.2022 von Gerhard Müller bitte lesen auf
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/lass-dich-nicht-vom-boesen-besiegen-sondern-besiege-das-boese-durch-das-gute/

Gerhard Kardinal Müller war von 2002 bis 2012 Bischof von Regensburg und von 2012 bis 2017 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre.

Martin Lohmann/Gerhard Ludwig Kardinal Müller:
Wahrheit. Die DNA der Kirche.
Ein Gespräch. Fe-Medienverlag, 344 Seiten, 19,80 €

Einige Kommentare:
Wo hätte Christus seine Anhänger zum Krieg aufgerufen?
Und dann Herr Bedford-Strom mit „wer fromm ist, muss politisch sein“.
Ich frage mich aber: Wo wäre Christus politisch gewesen? Wo hätte er seine Anhänger zum Krieg aufgerufen? Er ruft jeden Einzelnen auf, in seinem Umfeld christlich zu handeln. Aber nicht zu irgendeinem kollektiven staatlichen Handeln. Er hat keinen Staat im Auge gehabt mit seiner Bergpredigt, sondern jeden Einzelnen von uns.
Wir waren bei der Trennung von Staat und Kirche angekommen und sind nun dabei, zu Zuständen zurückzukehren, wo der Bürger den Glauben der Herrscher annehmen musste. https://www.achgut.com/artikel/ohne_militaerische_gewalt_gaebe_es_keine_evangelische_kirche
Wer von unseren Politikern denkt überhaupt nur ansatzweise darüber nach, wie sich persönlicher Glaube zu Handeln als Vertreter eines Staates verhält? Dafür müsste bei unseren Politikern erstmal christlicher Glaube vorhanden sein. Helmut Schmidt halte ich persönlich für christlicher als Herrn Scholz und seine Regierungsmitglieder. Und dennoch konnte er es mit seinem christlichen Glauben vereinbaren, D nachzurüsten. Weil er für den Staat verantwortlich war. Israel dürfte nicht einen Finger rühren. Prima für alle Verfechter von Juden ins Meer. Oder ist der jüdische Glaube nicht so friedlich wie angeblich der christliche?
„…sollen wir Christen zusammen mit allen Menschen guten Willens „de-eskalierend“ auf dem Weg der totalen Abrüstung in Gedanken, Worten und Werken vorangehen“ Wo hätte jemand in letzter Zeit von der Ukraine christliches Handeln verlangt in dem Sinn, nach Russlands Angriff die andere Wange hinzuhalten, nicht zu den Waffen zu greifen?
Ich denke, das sind zutiefst verstörende Fragen für jemanden, der wirklich glaubt. Und diese Fragen werden in meinen Augen zu Plattitüden herabgewürdigt.
17.4.2022, Mau

„erzkonservativ“
Von seinen Gegnern wird Gerhard Müller genauso wie Joseph Ratzinger als „erzkonservativ“ bezeichnet, was recht verstanden bedeutet, dass er der Sinnlosigkeit des Zeitgeistes nicht hinterherläuft. Gott sei Dank! Mein Pfarrer sagte: „Ein Christ will stets dem Leben dienen.“ Das nehme ich bei den falschen Propheten, die sich mittlerweile der Kirche bemächtigt haben, eigentlich nie wahr.“
17.4.2022, Mon

Quasi-Gleichsetzung Putins mit dem Teufel ?
„Diese Einsicht befreit uns aus dem Krampf der Selbsterlösung und macht uns fähig, in Wort und Tat Botschafter des Friedens zu werden.“
Eure Eminenz Herr Kardinal Müller, DAS sind Worte, die ich mir von der röm.-kath. Kirche zum diesjährigen Friedensfest, Ostern 2022, gewünscht habe.
Was ich mir zu Ostern hingegen überhaupt nicht gewünscht habe, ist eine in textlicher Hinsicht erfolgte Quasi-Gleichsetzung Putins mit dem Teufel („des Vaters der Lüge und des Mörders von Anbeginn“) und einer ebenda wie auch immer gestalteten Verquickung mit dem „natürlichen Recht auf Selbstverteidigung“.
Eure Eminenz, sind Sie sich sicher, dass es seit Anbeginn der Zeiten nur einen — „den“ — Teufel gibt? Falls ja, ist es undenkbar, dass der nicht vielgestaltig sein könnte? — d. h. in dem Sinne, wie es z. B. von N. Kazantzakis in seinem Roman „Die letzte Versuchung“ thematisiert ist? Und, die Denke hier mal umgedreht, lebt nicht Gott daselbst in jedem von uns Menschen?
Ihr fünfter Absatz: Sie haben bis dahin (das ist meine Auffassung) so schön behutsam formuliert. Wäre es danach nicht auch im Sinne eines lodernden Diskurses (ebd.), vom „Werk von Teufeln“ oder „der Teufel“ zu schreiben?
Was ist, wenn wir uns zu Tode verteidigen? Wird das zum Wohlgefallen Gottes sein?
Inwiefern hat der Appell seiner Heiligkeit in Rom eine Waffenruhe über Ostern bewirkt? Ihre Gedanken dazu hätten mich auch sehr interessiert.
So oder so: Ich wünsche allen ein besinnliches Osterfest. Und den inneren Seelenfrieden, darin liegt die Kraft des Selbstseins und darin unser aller Freiheit.
Derjenige, der „töten“ oder „morden“ will, der wird „töten“ oder „morden“. Derjenige, der all das aber nicht(!) will, der … tja … was aber macht der? … „be-lebt“ er oder „be-friedet“ er?
Worte sind Macht, keine Worte sind Ohnmacht.
Wie also ist es um die Grundfeste, um den Ausgangspunkt unseres Denkens und um unseren gesunden Menschenverstand bestellt? Von wo aus wird gedacht? Wollen wir eher den furchtbaren Gedanken Tod, oder eher den mutigen Gedanken Leben in uns tragen?
18.4.2022, Ind

Was Gerhard Kardinal Müller, Carlo Kardinal Vigano uva.
im Gegensatz zur babylonischen Amtsgschäftskirche wohltuend unterscheidet, ist, daß sie Hoffnung und Zukunftszuversicht verbreiten, und nicht wie der CEO Bergoglio Todesangst propagieren und vergiftete Rettung mittels toxikophamakologische Experimente versprechen, im Sinne einer „Neuen W€ltordnung“ á la Schwab & Pupazzi. In diesem Sinne, frohe Ostern iC
18.4.2022, H.M.

Konservative Christen verbindet mit orthodoxen Russen mehr als uns trennt
Das sollte man gerade in der aktuellen Situation nicht vergessen. Jeder Krieg hat eine Vorgeschichte und eine Nachgeschichte. Jetzt muss es für uns darum gehen nach einem ausgleichenden Frieden für beide Seiten zu suchen und diesen schnell zu finden und hiernach eine GEMEINSAME positive Nachgeschichte zusammen mit Russland zu schreiben. So verstehe ich auch Ihre Worte, Herr Kardinal Müller. Vielen Dank dafür !
Ich bin mit Kardinal Müller nicht oft einer Meinung, aber ich finde es richtig und wichtig, dass auch jemand wie er hier zu Wort kommen darf.
18.4.2022, Sen

Sie haben recht, Herr Kardinal, weshalb man derzeit für Olaf Scholz
(auch wenn ich mit ihm noch nie was anfangen konnte) wirklich beten sollte! Kann er dem Druck der totalitären „Pazifisten“ und sonstig-grüngelbschwarzen Gesinnungsmarionetten in den eigenen Reihen NICHT stand halten bzw. schweres Geschütz gen Osten zu fahren, wird Deutschland nächstes Jahr um diese Zeit in Trümmern liegen, fürchte ich… Die verfassungsrechtliche Legitimation zur Abwehr einer Aggression gegen ein Alliiertenland, hätte das beste Deutschland damit quasi selbst geliefert (Stichwort „Zwei plus vier-Vertrag“) .
Dennoch: Die Freude des Auferstandenen sei mit Ihnen und allen, die sich davon heute berühren lassen wollen.
„Deutschland und die Staaten Europas müssen heute erkennen, dass es ohne Gott nicht nicht geht!“.
(Pater Ruppert Mayr, am Vorabend des II Weltkriegs aus seiner feuchten KZ-Zelle heraus, in die er „wegen Regimefeindlichen Predigens“ gesperrt wurde)
18.4.2022, St.R.

… als Geistlicher zu sehr mit politischen Inhalten gemein
„Wir sind alle erschüttert über das Unglück und Leiden, das gewissenlose Machthaber über Menschen bringen, weil sie von der vergangenen oder künftigen Größe ihrer Nation phantasieren, selbstverliebt in den Träumen ihrer Omnipotenz und eines Luxuslebens im irdischen Paradies schweben oder auch nur, weil sie ihren primitiven Sadismus auskosten wollen.“
Grundsätzlich finde ich das sehr gut, wenn Christen wie Kardinal Müller der Art von Religionsverständnis, wie es manche andere praktizieren, bei denen man den Eindruck gewinnt, die Christliche Kirche sei eine Untergruppierung der Grünen, ein anderes Verständnis entgegensetzt.
Mit dem oben genannten Zitat jedoch, macht er sich als Geistlicher meiner Ansicht nach zu sehr mit politischen Inhalten gemein, die mit dem Glauben nichts zu tun haben und zudem fragwürdig sind. Da ist mir zuviel geäußerte Abneigung statt positiver Botschaft im Spiel.
Die Kirche die ich mir wünsche, lebt in erster Linie von der Spiritualität, der unbedingten Akzeptanz aller Menschen, und sucht die Distanz zu politischen und weltanschaulichen Auseinandersetzungen.
18.4.2022, Med

… auf BEIDEN Seiten die Spirale der Gewalt
„Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ (Röm 12, 21). Das „Gute“ ist auch die Wahrhaftigkeit, „das Böse“ ist auch die Lüge.In Bezug auf Corona haben wir erlebt, wie „Unwahrhaftigkeit“ und „Lüge“ ganze Gesellschaften, ja sogar Freunde und Familien, spalten können. Es wäre doch so einfach gewesen nur die Fakten zu betrachten. Aber „das Böse“ bedient sich der Lüge, um zu spalten.
Meine Sorge ist, dass „Unwahrhaftigkeit“ und „Lüge“ nicht nur bei Corona, sondern auch im Ukrainekrieg auf BEIDEN Seiten die Spirale der Gewalt weiter hoch schrauben wird.
Aus der Bergpredigt überliefert uns die Bibel folgenden Spruch: „Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach kannst du sehen und den Splitter aus deines Bruders Auge ziehen.“ Das will heißen: Frieden gibt es nur um die Bereitschaft, auch eigene Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
18.4.2022, G.J.
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