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St.Peter: Blick vom Kapfhof am 21.3.2011 nach Süden über Zwerisberg zu Feldberg sowie Tote Mann (rechts) schneebedeckt

 

Waldbau: Der Wald der Zukunft wird bunter sein
Der Freiburger Waldbauprofessor Jürgen Bauhus über die Frage, welche Rolle die Bäume beim Klimaschutz spielen können.
Der Schwarzwald steht vor entscheidenden Veränderungen: Weil die Tannen hier im Sulzburger Wald in der Vorbergzone wegen Trockenheit und Borkenkäferbefalls stark geschädigt sind, wurden Laubbäume gepflanzt, im Vordergrund rechts eine Esskastanie. .
Der Wald spielt eine wichtige Rolle beim Klimaschutz. Wälder binden Kohlendioxid langfristig und entziehen der Atmosphäre das klimaschädigende Treibhausgas. Jürgen Bauhus, Professor für Waldbau der Universität Freiburg erklärt, wie sich der Wald angesichts steigender Temperaturen verändern wird und muss.

Der Sonntag: Worin besteht der Beitrag der Wälder bei der Senkung des Gehalts von CO2 in der Atmosphäre, Herr Bauhus?
Man muss zwischen dem direkten und dem indirekten Beitrag des Waldes unterscheiden. Das Ökosystem Wald speichert Kohlenstoff in der Pflanzenmasse und im Boden. Durch nachhaltige Bewirtschaftung bleibt diese Funktion lange erhalten. Zudem bleibt der Kohlenstoff in langlebigen Holzprodukten wie Bau- und Konstruktionsholz lange gebunden, das bezeichnet man als indirekten Beitrag.

Der Sonntag: Man hört immer öfter die Forderung, keine Bäume mehr zu fällen, weil sie eben Kohlenstoff speichern, der bei der Nutzung freigesetzt und den Klimawandel verschlimmern würde. Was sagen Sie dazu?
Das ist eine Wunschvorstellung, denn wir können nicht sicher sein, dass der Kohlenstoff im Wald verbleibt, wenn wir nichts tun. Wir sehen, dass im Klimawandel die Intensität und Häufigkeit von Störungen der Wälder wie durch Windwurf, Borkenkäfer oder Dürre zunimmt. Gleichzeitig nimmt das Risiko der Wälder, von diesen Störungen betroffen zu werden, mit zunehmendem Alter und Höhe der Waldbestände zu. Wenn wir eine Käseglocke über den Wald stülpen, hilft das meistens nichts. So schätzt das Thünen-Institut für Waldökosysteme, dass 70 Prozent der Fichtenwälder und 30 Prozent der Buchenwälder in Deutschland gefährdet sind. Wenn wir diese Wälder nicht aktiv umbauen, und das geht nur mittels Durchforstung, Ernte und Verjüngung klimatoleranter Baumarten, dann werden sie unter Umständen zur Quelle von CO2, wie wir das jetzt bei den vielen abgestorbenen Fichtenwäldern sehen. Bei der Forderung, keine Bäume mehr zu fällen, ist leider viel Ideologie im Spiel. Oft aus guter Absicht, weil der Mensch sich als Verursacher des Klimawandels begreift und aus schlechtem Gewissen die Natur schützen will. Aber das geht bei der Anpassung der Wälder in den meisten Situationen besser durch aktive Gestaltung.

Wo Bäume absterben oder wie teilweise im Südschwarzwald ganze Wälder durch Trockenheit, Borkenkäferbefall und Sturmereignisse vernichtet werden, verjüngen die Waldbewirtschafter klimatolerante Baumarten, entweder durch Pflanzung oder aus natürlich angesamten Bäumen. Gleichzeitig werden bestehende Wälder, insbesondere gefährdete Bestände, vorverjüngt. In dem Fall wird die Verjüngung bereits unter dem schützenden Kronendach des Bestandes etabliert, so dass ein junger Wald bereits in den Startlöchern steht, wenn die älteren Bäume absterben sollten. Dafür müssen auch alte Bäume geerntet werden, damit sie Platz machen für junge Bäume, die für ihr Wachstum Licht benötigen. Gerade die Baumarten, die wir in Zukunft brauchen, wie Stieleiche, Roteiche, Spitzahorn und andere, sind lichtliebende Baumarten.

Der Sonntag: Welche Wälder sind optimal für den Klimaschutz?
Durch eine pflegliche Nutzung besitzen vorratsreiche alte Wälder einen hohen Kohlenstoffspeicher. Es ist wichtig, diese Speicher zu erhalten. Die stärkere CO2-Senke liefern aber jüngere, produktive Mischwaldbestände mit hohem Zuwachs. Um Wälder produktiv zu halten, müssen wir sie anpassen und nachhaltig bewirtschaften, wie es in Deutschland der Fall ist. In Baden-Württemberg ist dies seit 1833 im Forstgesetz festgeschrieben. Ein Ergebnis dieser nachhaltigen Bewirtschaftung ist, dass die Holzvorräte in Deutschland in den letzten 30 Jahren stetig angestiegen sind.

Der Sonntag: Wie wirkt sich die Holznutzung auf den Klimawandel aus?
Um unsere ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, ist es nicht ausreichend, bis 2045 keine Treibhausgasemissionen mehr zu verursachen. Wir benötigen auch sogenannte negative Emissionen, sprich: Wir müssen die CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre reduzieren. Das geschieht momentan nur durch Aufnahme von CO2 in natürlichen Ökosystemen, hauptsächlich Ozeane, Moore und Wälder. Da die Wälder nicht in den Himmel wachsen, und durch den Klimawandel zunehmend gefährdet sind, ist es eine wichtige Strategie, den durch Bäume gebundenen Kohlenstoff anderweitig langfristig zu speichern, beispielsweise in Gebäuden wie den jahrhundertealten Schwarzwaldhöfen. Andererseits trägt die Holznutzung in Form von Hackschnitzel und Pellets für die Erzeugung von Wärme und Strom dazu bei, klimaschädliche fossile Brennstoffe zu ersetzen.

Der Sonntag: Wie wird der Wald der Zukunft im Schwarzwald aussehen?
Er wird bunter, vielfältiger und strukturreicher aussehen und zu einem deutlich größeren Teil aus Laubbaumarten bestehen. In niedrigen Lagen unter 600 bis 800 Meter haben Fichten und Tannen keine Zukunft, an besonders trockenen Standorten auch die Buche nicht. Man wird den Wald im Schwarzwald anders bewirtschaften müssen. Man wird in höheren Lagen, wo Tannen und Fichten neben Douglasien weiterhin bestehen können, die Bäume nicht so alt und so dick werden lassen wie bisher. Größere und höhere Bäume leiden mehr unter der Trockenheit, weil es für sie schwieriger ist als für kleinere Bäume, das Wasser von den Wurzeln bis in die Krone zu bringen. Unter Trockenstress sind sie dann anfälliger für Schädlingsbefall.

Der Sonntag: Das Gesicht des Schwarzwalds wird sich also sehr verändern?
Absolut, das ist eine der großen Herausforderungen im Klimawandel. Wichtig ist, die Leute mitzunehmen, ihnen klarzumachen, dass das unweigerlich passieren wird. Egal, ob wir etwas tun werden oder nicht. Besser ist, etwas zu tun, also den Wald umzubauen. Wenn wir nichts tun, wachsen beispielsweise wieder Fichten nach und das gleiche Problem tritt in ein paar Jahrzehnten erneut auf.

Das haben wir an vielen Orten nach den großen Stürmen Wiebke und Lothar gesehen, als Sturmflächen sich selbst überlassen wurden.
… Alles vom 1.8.2021 von Gabriele Hennicke bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/der-wald-der-zukunft-wird-bunter-sein–203769652.html

 

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