Rinder

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Rinder ganz oben am Feldberg in fast 1500 m Höhe am 31.8.2009

   In Deutschland gibt es ca 4 Millionen Milchkühe – jede macht täglich ca 30000 Kaubewegungen.

  Die Durchschnittskuh lieferte 1995 14 Liter Milch am Tag, heute 20 Liter – dank Hochleistungszucht und -futter.

Damit Kühe Milch geben, müssen sie kalben – sie sind also nicht nur Milchmaschinen, sondern auch Gebärmaschinen:
12 Wochen nach der Geburt erneute Besamung, 4 Geburten im Leben, nach 6 Jahren Schlachtung.

 

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(1) Rinder Kirchzarten-Bur am 25.10.2015

 

Wagyu-Rinder im Schwarzwald bei St.Georgen
Japanische Edel-Rinder für den Seelenfrieden
Jahrelang hetzte Stephan Peltzer als Mitinhaber eines Start-ups von Termin zu Termin, dann kam der Burnout. Peltzer kaufte sich einen Hof im Schwarzwald – und züchtet nun Wagyu-Rinder.
Manchmal entscheidet sich der eigene Erfolg an der Gabel. Ende November spießt Stephan Peltzer ein Stück Fleisch auf, führt es in seinen Mund, beißt vorsichtig darauf, kaut es langsam. Das Fleisch ist zart, sein Saft läuft in Peltzers Mund. „Das war der Moment, als ich gewusst habe, dass sich der ganze Aufwand gelohnt hat“, erzählt der 44-Jährige rückblickend. Es hätte auch anders kommen können. Das Steak hätte faserig und zäh sein können, mit wenig Eigengeschmack. Dann wären die 50.000 bis 60.000 Euro falsch investiert gewesen. Und Stephan Peltzer hätte die falschen Weichen für sein Leben gestellt. Dass es anders kam, liegt an dem Idealismus des früheren IT-Managers, einer gehörigen Portion Mut – und einer äußerst wohlschmeckenden Rinderrasse.

Das Fleisch der Wagyu-Rinder zählt zu den teuersten Lebensmitteln der Welt
Stephan Peltzer hält seit vier Jahren Wagyu-Rinder, jene aus Japan stammenden Tiere, von denen auch das berühmte Rindfleisch aus der Küstenregion Kobe stammt. Lange Zeit waren die Rinder den Japanern vorbehalten. Immer noch dürfen die meist schwarzen, muskelbepackten Tiere, ebenso wie ihr Fleisch, ihre Samen und Embryonen, nicht aus Japan ausgeführt werden, sagt Uwe Jerathe, Erster Vorsitzender des Wagyu-Verbands Deutschland. Nur in den 1970er- und später noch einmal in den 1990er-Jahren habe es vereinzelte Tiere gegeben, die den Weg in die USA, nach Australien und Europa gefunden haben. Sämtliche Wagyu-Rinder außerhalb Japans sind Nachkommen dieser Tiere.

Wagyu, was übersetzt einfach nur „japanisches Rind“ bedeutet, zählt zu den teuersten Lebensmitteln der Welt. In Japan geht Kobe-Fleisch oft für einen umgerechnet vierstelligen Euro-Betrag über die Theke. Pro Kilo wohlgemerkt. Das Geheimnis des Fleischs ist der hohe Fettgehalt, der sich nicht punktuell sammelt, sondern sich in einer feinen Marmorierung durch das Fleisch hindurchzieht, es butterweich macht und als Geschmacksträger fungiert.

Derzeit hat Stephan Peltzer um die 40 Tiere. Doch schon in diesem Jahr möchte er aufstocken, auf 200 Tiere. Er wäre dann, das bestätigt auch Uwe Jerathe, einer der größten Wagyu-Halter Deutschlands. Der 44-Jährige mit dem breitkrempigen Hut und dem gepflegten Bart denkt in großen Maßstäben. Auch in seinem Leben vor der Rinderzucht war das so.

Stephan Peltzer wuchs in Villingen auf und bemerkte bald sein Interesse an Computern. Mit zwölf Jahren brachte ihm sein Vater die Programmiersprache Turbo-Pascal bei, mit 16 schrieb er eigene Programme und verkaufte sie an zahlende Kunden, mit 18 meldete er neben der Vorbereitung auf das Abitur ein Gewerbe für die Einrichtung von Hardware an, das er auch während seines Studiums der Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Furtwangen weiterführte. 20.000 Mark pro Monat verdiente er damit laut eigener Aussage zu Beginn des Jahrtausends. Er kaufte sich davon einen Cadillac.

Er brach das Studium nach dem Vordiplom ab und gründete mit Kommilitonen das Unternehmen Yatego, einen Online-Marktplatz für Gewerbetreibende – zu einer Zeit, als Ebay sich nur an Privatkunden wandte und Amazon ein kleiner Online-Buchhändler war. 120 Angestellte hatten sie zu Hochzeiten am Firmensitz in St. Georgen im Schwarzwald, das für Stephan Peltzer zum Lebensmittelpunkt wurde. „Work hard, play hard“ – Hart arbeiten, aber das Leben genießen – sei seine Lebensdevise gewesen. „Ich wusste überhaupt nicht, wofür ich das ganze Geld ausgeben sollte, das auf meinem Konto gelandet ist“, erinnert sich Peltzer. Trotz Silvesterfeiern im Berliner Hotel Adlon, Wochenendausflügen in die Karibik und dem neuen Motorrad sei immer noch Geld übrig gewesen. „Das ist richtig schwer, so viel Geld auszugeben“, sagt Peltzer heute. Doch glücklich sei er nicht gewesen. „Das war nicht ich, so wollte ich eigentlich nie leben.“

Es kam, wie es kommen musste. „Ich war ausgebrannt, mit meinen Kräften am Ende“, sagt er. Eine Änderung musste her. 2011 verkauften er und seine Mitgesellschafter die Firma an einen Finanzinvestor und Peltzer erwarb mit einem Teil des Geldes einen Bauernhof in einem Seitental des Schwarzwalds, unweit von St. Georgen. Inklusive vier Hektar Wald und fünf Hektar Wiese. Den ehemaligen Kuhstall baute er zum Wohnhaus um, den früheren Wohntrakt vermietet er als Ferienwohnung – und auf den Wiesen stehen im Sommer oft seine Rinder. Den Wandel in seinem Leben habe er nie bereut. „Freiheit ist für mich ein hohes Gut, ich habe gemerkt, wie viel mir das Leben in der Natur bedeutet.“

Eine Biographie, die gar nicht so ungewöhnlich sei, sagt Uwe Jerathe vom Wagyu-Verband. Viele Wagyu-Züchter seien Quereinsteiger und hätten in ihrem früheren Leben etwas anderes gemacht. Einer der größten Züchter in Deutschland sei durch Immobilienhandel zu Wohlstand gekommen und hätte dann, ähnlich wie Peltzer, einen neuen Sinn gesucht. Wagyu würde durch den Trend zu Slow Food und bewusster Ernährung einen Nerv der heutigen Zeit treffen – bei Kunden wie bei Erzeugern. „Viele Menschen sagen, dass sie lieber weniger Fleisch essen, aber wenn, dann etwas Hochwertiges“, so Jerathe.

Die Tiere sollen – wie er selbst – in Harmonie mit der Natur leben können
Mangels eigener Stallungen hat Stephan Peltzer seine Herde auf drei Höfe verteilt, deren Besitzer sich um die Tiere kümmern, er sucht derzeit nach weiteren. Er öffnet die Tür zu einem der Ställe, knipst das Licht an. Sofort drehen sich die Köpfe der Rinder in seine Richtung. Er ist sich nicht sicher, ob sie ihn, seine Stimme, sein Aussehen mittlerweile kennen. Aber generell seien sie sehr zutraulich. Im Sommer komme er oft auf die Weide und immer werde er von der Herde empfangen, einige lassen sich kraulen.
Auf der linken Seite des Stalls streckt Ochse Luno seinen Kopf durch das Gitter. Peltzer nimmt etwas Futter in die Hand und gibt es ihm zu fressen. Luno ist eines der sechs Tiere, mit denen Peltzers Herde angefangen hat. Zwei davon waren Kühe, einer wurde als Zuchtbulle ausgewählt, drei weitere Männchen wurden kastriert. Sämtliche Tiere, die er heute besitzt, sind Nachkommen dieser zwei Kühe und des Zuchtbullen, alle sind durch, wie er sagt, „Natursprung“, also auf natürliche Weise, gezeugt worden. „Yatso macht seine Arbeit gut“, sagt Stephan Peltzer augenzwinkernd. Auch die Kühe würden ein gutes Leben führen, Kälber nicht von den Müttern getrennt werden.

Ein Kilo Filet für 250 Euro
Ende November dann der große Augenblick. Ochse Ruko wurde im Alter von dreieinhalb Jahren geschlachtet, als erstes Tier seiner Herde, mit 850 Kilo Lebendgewicht. „Die Tage davor war bei mir schon Wehmut da“, sagt Peltzer. Vor der Schlachtung sei er nochmal zu ihm gegangen und habe sich von ihm verabschiedet.
Endgültig seinen Frieden konnte er aber erst machen, als er das erste Steak gebraten auf dem Teller liegen hatte und klar wurde, dass die Wagyu-Haltung sich rentiere – nicht nur für seine Seele, sondern auch als Geschäftsmodell. Das Fleisch wird nun über seine Webseite Schwarzwaldwagyu vertrieben. Dort kostet ein Steak regulär zwischen 90 und 155 Euro pro Kilo, eine Roulade oder einen Keulenbraten gibt es für 30 Euro das Kilo, und 250 Euro muss man für ein Kilo ein Filetfleisch bezahlen. Klare Sache: Geschäftsmann ist Stephan Peltzer geblieben. Nur möchte er nun sein seelisches Gleichgewicht und das seines Bankkontos zusammenführen.
.. Alles vom 7.1.2023 von Michael Saurer bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/edle-rinder-fuer-den-seelenfrieden–235533031.html

Schwarzwald Wagyu ist eine Erzeugergemeinschaft in der Region Schwarzwald. Gemeinsam nutzen wir die Möglichkeiten, die eine Gemeinschaft bietet um gute Produkte herstellen zu können.
Stephan Peltzer, Auf der Ecken 1, 78112 St. Georgen-Brigach
https://www.schwarzwaldwagyu.de/
https://de-de.facebook.com/Schwarzwaldwagyu/

Eugen Göppert,
Stefishof, Schuttertal-Schweighausen, https://stefishof.de
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Milchviehbetrieb Familien Haas & Zinsel
Niederfelder Biohof in 77743 Neuried
https://niederfelder-biohof.de/about-bauernhof/

 

 

Cowfunding im Münstertal aus: Zu wenig Kühe verkauft
Die Idee fand großen Anklang: Online bestellt man Fleisch beim regionalen Anbieter. Sobald alle Teile des Tiers verkauft sind, kommt es zum Metzger. Der Landwirt bekommt einen fairen Preis, der Kunde weiß genau, wo sein Fleisch herkommt. Das ist das Konzept von „Cowfunding“. Doch nach knapp fünf Jahren stellt das Start-up den Betrieb ein – weil es sich finanziell nicht trägt. Es ist aber nicht das Ende der Idee, denn der Metzger macht weiter.
Als Moriz Vohrer den elterlichen Hof im Münstertal übernahm, sei er erschrocken, wie wenig die Landwirte für ihr Fleisch bekommen, sagt er. „Dabei gibt es den Trend, dass die Leute bereit sind, für gute Lebensmittel zu bezahlen.“ Also startete der Forst- und Umweltwissenschaftler „Cowfunding“. Über eine Online-Plattform können Kunden Fleisch bestellen, sie sehen genau, woher Schwein, Rind oder Lamm stammt, wie groß der Hof ist und wie die Tiere dort leben. Sind alle Teile des Tiers verkauft, kommt es nach Wittnau zu Metzgermeister Michael Schmidt. Der schlachtet, verarbeitet, verpackt und verschickt das Fleisch.
Vom „Cowfunding“-Prinzip, in Anlehnung an Crowdfunding, nur für Kühe, waren alle begeistert: Vohrer bekam gut 30 000 Euro über das Biosphärengebiet Schwarzwald und rund 90 000 Euro aus dem Innovationsfonds der Badenova, er wurde bei einem Landeswettbewerb für Innovation ausgezeichnet. Der Umsatz sei kontinuierlich gestiegen.
Doch nach knapp fünf Jahren ist zum Januar Schluss: Der Umsatz wächst zu langsam, das Start-up trägt sich nicht. „Mir war von Anfang an klar, dass Lebensmittel sehr flachmargig sind – man also viel Umsatz machen muss“, sagt Vohrer. Auch die Pandemie sei ihm in die Quere gekommen, gerade Anfang 2020 habe er begonnen, Gastronomen als Abnehmer anzuwerben. Durch Corona sei zwar das Geschäft über die Website gestiegen, aber ohne die Gastronomie habe es nicht gereicht. 2019 lag der Jahresumsatz laut eigenen Angaben noch bei rund 26 000 Euro, 2021 werde man wohl 100 000 Euro umsetzen – für den Lohn der zwei Teilzeit-Mitarbeitenden plus Betriebskosten der Website trotzdem nicht genug.

Darüber hinaus sei Fleisch komplizierter als etwa fair gehandelter Kaffee, allein schon wegen der Kühlkette. Zudem könne man vor der Schlachtung nie genau sagen, wie viel Fleisch herauskommt – und wenn am Ende zu viel übrig bleibt, rechne es sich schnell nicht mehr. Je mehr Tiere man verkauft, desto einfacher könne man Schwankungen ausgleichen. 58 Rinder, 129 Lämmer, 20 Schweine und 166 Weidehühner von 25 Landwirten seien in den fünf Jahren an mehr als 1200 Kunden gegangen. Ein Kilo Ochsenfleisch lag bei rund 25 Euro, ein Kilo Lamm bei 30 Euro. „Wenn man es fair durchrechnet, ist Fleisch einfach zu billig“, sagt Vohrer.

Er habe versucht, eine neue Förderung zu bekommen, um die 15 Anträge habe er geschrieben, „aber es hat nie gereicht“. Der Fokus liege bei Fördertöpfen auf neuen Ideen – und „Cowfunding“ gab es eben schon. Auch eine Verlängerung der Badenova-Förderung habe er angefragt. „Das widerspricht unserer Satzung“, stellt Pressesprecher Roland Weis klar. Wobei man überlege, die Satzung zu überarbeiten, da manche Projekte eben etwas längeren Atem bräuchten. Zumal die Frage, ob sich ein Projekt wirtschaftlich tragen kann, kein Hauptkriterium für dessen Auswahl sei. „Wenn etwas der Welt hilft, die Grundidee aber erst einmal nicht wirtschaftlich ist, halten wir demjenigen den Rücken frei, es auszuprobieren.“ Von „Cowfunding“ sei man begeistert gewesen, sagt Weis, es gab eine Titelgeschichte im Kundenmagazin und einen Imagefilm. „Das machen wir nicht mit allen Projekten.“ Am Ende sei jedoch zu wenig Fleisch verkauft worden.

Geholfen hätte mehr Marketing, sagt Walter Kemkes, Leiter des Biosphärengebiets Schwarzwald, angesiedelt beim Regierungspräsidium Freiburg. „Die Idee trifft den Zeitgeist, regionales Fleisch, so tierfreundlich wie möglich, nicht aus einer Großschlachterei.“ Dazu helfen die Tiere, die Landschaft offenzuhalten. Deshalb habe man 2017 die Förderung bewilligt – und deshalb erwäge man nun, beim Marketing zu helfen.

Denn auch wenn das Start-up aufgibt, „Cowfunding“ bleibt. Metzger Michael Schmidt übernimmt den Namen, allerdings wird er die Website neu bauen, sie sei nicht kompatibel mit seinem Abrechnungssystem. Wie viel ihn ein neuer Webshop kosten wird, wisse er noch nicht – aber er will die Idee fortführen. Denn: „Das ist für uns nichts Neues, wir sind daraus entstanden.“ Schon früher habe der Metzger die Tiere der lokalen Landwirte für die Selbstvermarktung geschlachtet. Neu sei nur der Verkauf übers Internet, der mehr Menschen etwa in den Städten erreichen könne. Dazu die Portionierung in kleine Pakete und der Versand. Auch er habe viel Zeit in das Projekt gesteckt, daher wolle er weitermachen, sagt Schmidt.
Auch wenn er „Cowfunding“ von Anfang an gut fand, habe er auch Sorge gehabt, ob es sich finanziell tragen kann, sagt der Metzger, der vier Menschen in der Schlachterei und vier im Verkauf beschäftigt. Der Landwirt bekommt einen deutlich höheren Preis, als wenn er an eine Supermarktkette verkauft, aber auch der Metzger will verdienen – und die Betreiber der Plattform. „Da bleibt nicht genug hängen.“ Ob es funktioniert, wenn das Start-up in der Wertschöpfungskette wegfällt, wisse er auch noch nicht. Aber er hat schon Ideen zur Erweiterung. Zum nächsten Weihnachten etwa will er badische Landgänse vermarkten.
… Alles vom 24.12.2021 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/zu-wenig-kuehe-verkauft–207557729.html
https://cow-funding.de/

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Abschied von Anbindehaltung bringt kleine Bauern im Schwarzwald in Not
Baden-Württemberg will weg von der ganzjährigen Anbindehaltung von Milchkühen. Auch Handel und Molkereien drängen dazu. Nun fürchten kleine Familienbetriebe im Schwarzwald um ihre Zukunft.
Die Milchviehhaltung im Schwarzwald steht vor einem Einschnitt. Etliche Höfe halten ihre Kühe angebunden im Stall. Oft sind es kleine Familienbetriebe mit wenigen Tieren. Ihre Existenz steht nun infrage, denn die Haltungsform gilt nicht mehr als artgerecht. Handel, Molkereien und Politik drängen auf einen Ausstieg. Vier Beispiele aus der Region.

Alexander Gamp war schon als Bub immer im Stall. „Ohne Kühe kann ich’s mir nicht vorstellen“, sagt der 26-Jährige, der den Hof seiner Eltern 2013 gepachtet und vor zwei Jahren übernommen hat. „Ich bin die sechste Generation.“ Zusätzlich arbeitet er als Angestellter auf einem anderen Hof, „weil unser eigener nicht zum Leben reicht“. 35 Fleckviehmilchkühe stehen bei Gamps im Stall. Jede hat einen Namen, keine kommt je ins Freie. Trotzdem gehe es ihnen gut, versichert Gamp. Er melkt um 4 Uhr vor der Arbeit und am Feierabend, seine Mutter geht tagsüber alle zwei Stunden in den Stall, auch seine Schwester Simone packt mit an.

„Wir möchten unbedingt einen Laufstall bauen, mit Laufhof und Weidegang, aber momentan schaffen wir das finanziell einfach nicht“, sagt der ausgebildete Landwirt. Mit 10.000 bis 12.000 Euro Investitionskosten je Kuh müsse man rechnen. „Und der Stall alleine reicht ja nicht, wir bräuchten auch einen Melkstand, einen Löschwasserteich und vielleicht ein größeres Silo“, ergänzt Liane Gamp. Eine halbe Million Euro ist da schnell beisammen.

EU, Bund und Land gewähren einen Zuschuss von bis zu 30 Prozent. Um die Finanzierung zu stemmen, die in der Landwirtschaft in der Regel 20 bis 30 Jahre läuft, müsste der Hof trotzdem mehr Ertrag bringen. Dafür müsste die Familie ihren Viehbestand vergrößern, wofür sie zusätzliche Weideflächen bräuchte – und die sind rar in Schnörringen, wo auf 40 Einwohner drei Milchviehbetriebe kommen. „Bei uns leben mehr Kühe als Menschen“, sagt Gamp über den Ort im Kreis Waldshut. Mehr Kühe ließen ihm auch keine Zeit mehr für seinen Job auf dem anderen Hof. „Das regelmäßige Einkommen ist wie ein zweites Standbein für mich. Über meinen Chef bin ich auch renten- und krankenversichert.“

Bald wird er sich entscheiden müssen, denn seine Milch liefert er an Schwarzwaldmilch. Jedoch wird die Freiburger Genossenschaftsmolkerei spätestens von 2030 an keine Milch aus ganzjähriger Anbindehaltung mehr annehmen. „Diese Ankündigung kam bei manchen betroffenen Landwirten nicht gut an“, sagt Schwarzwaldmilch-Chef Andreas Schneider. Andere Molkereien zahlten stattdessen bereits jetzt einen niedrigeren Preis für Milch aus Anbindehaltung. „Ich finde es fairer, man gibt eine Übergangsfrist, im Rahmen derer die Landwirte handeln können.“ Verlässlichkeit sei für die Erzeuger wichtig. „Wir haben nicht nur Tierwohl, sondern auch Menschenwohl zu beachten“, betont Schneider.

Die gesellschaftliche Debatte ums Tierwohl ist der Grund, weshalb der Ausstieg aus der Anbindehaltung bei Rindern näherrückt. Der Bundesrat hatte schon 2016 ein Verbot der ganzjährigen Variante gefordert. Baden-Württembergs Landwirtschaftsministerium, Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband (BLHV), Landesbauernverband Baden-Württemberg und ihre bayerischen Pendants hatten es im Januar 2018 abgelehnt. Den vielen kleinen Familienbetrieben in Süddeutschland diese traditionelle Haltungsform zu verbieten, „würde einen massiven Strukturbruch im ländlichen Raum auslösen“, hieß es. Dabei ging es nicht nur um die Betriebe selbst, sondern auch um das Landschaftsbild. Ohne Kühe und Landwirte wären die saftigen Schwarzwaldwiesen bald zugewuchert.

Inzwischen aber macht der Handel Druck. Weil Tierwohl bei vielen Verbrauchern derzeit hoch im Kurs steht, hat der Discounter Aldi angekündigt, bis 2030 den Verkauf von frischem Schweinefleisch aus reiner Stallhaltung einzustellen. Auch Lidl, Kaufland und andere setzen künftig auf Fleisch aus artgerechterer Haltung. Schneider geht davon aus, dass an die Milch bald ähnliche Maßstäbe angelegt werden. „Das könnte einen entsprechenden Handlungsdruck erzeugen“, sagt der Molkereichef.

Auch gesetzliche Vorgaben sind wahrscheinlicher geworden. So kündigte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) im Mai an, der Freistaat wolle so schnell wie möglich aus der ganzjährigen Anbindehaltung aussteigen. In Baden-Württemberg hat die grün-schwarze Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag für 2021 bis 2026 vereinbart, dass sie „einen Fahrplan zur Beendigung der ganzjährigen Anbindehaltung von Rindern erstellen wird“, wie das Landwirtschaftsministerium auf BZ-Anfrage mitteilt. Geplant seien gezielte Beratungs- und Fördermaßnahmen für umstellungsbereite Betriebe.

Die Ausstiegspläne betreffen bisher nur die Anbindehaltung, bei der die Rinder ganzjährig mit einer Kette, einem Band oder einem Metallrahmen um den Hals an ihrem Platz im Stall stehen. Clemens Saier in St. Märgen hingegen lässt seine 22 Vorderwälder im Frühjahr, sobald das erste Grün wächst, tagsüber auf die Weide. Erst im November, wenn es auf 1000 Metern Höhe winterlich wird, bringt der Nebenerwerbslandwirt die Kühe dauerhaft zurück in den Stall. Ähnlich verfährt Martin Hättich vom Reinerhof in St. Peter mit seinen 24 Milchkühen. „So macht man es hier im Schwarzwald schon seit Generationen“, sagt der Vollerwerbslandwirt über die Kombination aus Weide- und Anbindehaltung.

Auch Rainer Bank kennt es nicht anders. Der Biomilchbauer aus Kirchzarten (Taddäushof) ist von der Alternative, dem Laufstall, nicht überzeugt. Schwächere Tiere würden dort öfter durch stärkere Artgenossen vom Futter weggedrängt. Horntragende Kühe könnten sich gegenseitig verletzen, Klauenkrankheiten seien verbreiteter, „allgemein ist die Tierkontrolle im Anbindestall einfacher“, sagt Bank. „Früher hat man gesagt, ein Laufstall funktioniert nur, wenn es auf dem Hof einen geländegängigen Opa gibt, der sich kümmern kann.“

Wie Hättich und Saier liefert Bank an Schwarzwaldmilch. Ein Stallumbau, der 600.000 bis 700.000 Euro kosten würde, kommt für den 55-Jährigen nicht mehr in Frage. Stattdessen versucht er, im Bestand das Bestmögliche für seine 17 Kühe herauszuholen: Im Sommer bleiben sie Tag und Nacht auf der Weide, sie kalben sogar dort. Auch im Winter dürfen sie zwei- bis dreimal pro Woche ins Freie. „Im Stall bleibt jeder vierte Platz frei, dann können sie sich mehr bewegen“, sagt der Agrarbetriebswirt.

Der Bewegungsmangel ist nach Ansicht von Solveig March, Tierwohlexpertin am Thünen-Institut für Ökologischen Landbau, das größte Problem der Anbindehaltung. „Das Rind ist eigentlich ein Lauftier“, sagt die Agrarwissenschaftlerin. „Die Vorfahren unserer Hausrinder, die Auerochsen oder Ur, sind zur Nahrungsaufnahme weite Strecken grasend über offene Wälder und Graslandschaften gelaufen.“ Der Kopfschwung, durch den die Kuh beim Aufstehen ihr Hinterteil besser nach oben bringt, sei angebunden oft nur eingeschränkt möglich – ebenso wie die Gelegenheit, als Herdentier zu interagieren.

Im Laufstall können sich die Tiere frei bewegen, oft gibt es Liegeboxen und Buchten für die Geburt. Das Ideale aus Sicht der Kühe sei ein Laufstall mit einem Laufhof, auf dem sie Wind und Wetter spüren, sowie regelmäßiger Weidegang, meint March. Darauf arbeitet Martin Hättich hin: Der neue Stall soll im Herbst fertig werden, die Baukosten verrät der 52-Jährige nicht. Nur so viel: „Wenn mir Tierwohl nicht wichtig wäre, würde ich nicht investieren.“

Auch Alexander Gamp entwirft Ideen. Im Winter habe er sich mit Kollegen von fünf Anbindebetrieben getroffen. „Wir beraten uns wie in einer Selbsthilfegruppe gegenseitig“, erzählt der Milchbauer. Der Stallbauberater des Landwirtschaftsamts Emmendingen, Herbert Pohlmann, unterstütze sie.
… Alles vom 5.8.2021 von Barbara Schmidt bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/abschied-von-anbindehaltung-bringt-kleine-bauern-im-schwarzwald-in-not–203888859.html
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Die Anbindehaltung von Rindern
Früher standen die meisten Rinder in Deutschland in Anbindeställen. In den vergangenen Jahren ist ihr Anteil aber geschrumpft. Laut der jüngsten Landwirtschaftszählung des Statistischen Bundesamts sank die Zahl der Haltungsplätze in Anbindeställen von 2010 bis 2020 um 62 Prozent auf 1,1 Millionen. Gut die Hälfte dieser Betriebe schickt ihre Tiere zusätzlich auf die Weide, bei 48 Prozent bleiben sie ständig im Stall. Damit befinden sich nur noch rund zehn Prozent aller Haltungsplätze für Rinder in Anbindeställen, bei Milchkühen sind es 13 Prozent. Vorherrschende Haltungsform ist nun mit 83 Prozent bei Rindern und 87 Prozent bei Milchkühen der Laufstall. Es gibt aber regionale Unterschiede: In Nord- und Ostdeutschland, wo die Betriebe im Schnitt deutlich größer sind, spielt die Anbindehaltung eine sehr viel kleinere Rolle als in Bayern oder Baden-Württemberg. 2018 hielten im Südwesten noch 35 Prozent aller Milchviehbetriebe ihre Kühe angebunden im Stall, inzwischen geht das Landwirtschaftsministerium in Stuttgart von etwa 25 Prozent aus. Von den 966 Erzeugern der Schwarzwaldmilch praktizieren ungefähr die Hälfte die Anbindehaltung, davon knapp 100 Betriebe die ganzjährige.

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Kommentare:
… wenigstens einige Monate auf die Weide
Ich glaube, dass es immer leicht ist, als Außenstehender mit nicht-landwirtschaftlichem Job, Forderungen zu stellen. Ich bin definitiv für Tierwohl, aber ich sehe auch wie wenig Geld die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe abwerfen, da sind teure Umbaumaßnahmen einfach nicht drin.
Und ich finde es sehr wichtig zu unterscheiden, ob ein Betrieb seine Tiere das gesamte Jahr im Stall hält, oder ob die Tiere wenigstens einige Monate auf die Weide dürfen. Mit einem Angebot für günstige Weidenutzung fremder Weiden würde man diesen kleinen Betrieben bestimmt sehr helfen, bloß gibt es wohl nicht immer genug freie Flächen dafür!
Und wer als Verbraucher billige Milchprodukte unterstützt, hat in meinen Augen sowieso schon mal kein Recht, hier seine Meinung für bessere Tierhaltung zu äußern. Ich z.B. kaufe meistens die teuerste Milch – aber bei weiteren Milchprodukten wie z.B. Käse bin ich gar nicht konsequent, da kauf ich auch billig, und das ist schlecht für die Betriebe. Ist bei Käse im Supermarkt aber auch schwieriger, direkt zu sehen welche Milch drinsteckt.
Und wenn ich mal so gucke, wie viel billige Milch im Verhältnis im Kühlregal steht, da behaupte ich einfach mal, dass ein Großteil der Verbraucher immer noch nur nach Preisschild über ihren Konsum entscheidet.
@ D.s.: Jedenfalls finde ich die Sache mit den „Selbsthilfegruppen“ super. Die treffen sich zum Ideen-Austausch und um sich vielleicht auch bei personellen Engpässen gegenseitig auszuhelfen, das nennt man Netzwerken… So eine Umstrukturierung ist irre komplex und wo welche Förderungen beantragt werden müssen und welcher Laufstall gut und günstig ist, woher soll ein kleiner Landwirt im Nebenerwerb das denn alles wissen??! Der hat doch schon genug um die Ohren.
Das Thema als Gruppe zu bewältigen ist super effizient und Hilfe von außen nehmen die Landwirte auch an, sogar zeitsparend im Team, richtig lesen lohnt sich hier!! Bei Ihrem Kommentar klingt es eher so, als würden die Leute sich verschwören.
Ich wünsch den Kühen und deren Besitzern jedenfalls das Beste und viel Kraft für den Weg, der vor uns allen liegt, für eine bessere Welt 🙂
5.8.2021, V.Sch

Mutterkuhhaltung und Anbindehaltung
Außer der Milchviehhaltung gibt es noch die Mutterkuhhaltung, die natürlichste und schönste Form der Rinderhaltung, die auch im Schwarzwald praktiziert wird. Ich bin mir sicher, dass die teilweise Anbindehaltung im Schwarzwald nicht verboten werden kann. Es wäre eine Enteignung der Bauern durch die Hintertür und für den Erhalt der Kulturlandschaft eine Katastrophe. Die Schlussfolgerung eines international besetzten Kongresses mit Bergbauern lautete: „Zuerst geht die Kuh, dann kommt der Wald, und kommt dieser im Übermaß, so geht auch der Mensch“.
Die Schwarzwaldmilch-Molkerei ist eine Genossenschaft, die Genossen sind die Milchbauern und damit die Eigentümer. Ob das aber jedem Milchbauern wirklich bewusst ist? Die interviewten Milchbauern leben mit ihren Tieren. Das Tierwohl ist ihnen wichtig. Es gibt sicher Möglichkeiten, auch in historischen Schwarzwaldhof-Ställen, die Bewegungsfähigkeit der Tiere in den drei Wintermonaten zu verbessern. Als Stallbauberater wird im Artikel Herr Pohlmann vom Landwirtschaftsamt Emmendingen genannt.
20.8.2021, Walter Oberkirch, Glottertal, BZ
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Qualzucht bei Nutztieren
Eine Studie  „Qualzucht bei Nutztieren“ von Prof Hörning konstatiert die immer schlechtere Gesundheit der Nutztiere.  So nahm die Jahresmilchleistung von Kühen von 3785 Liter in 1950 auf 8173 Liter zu – durchschnittlich, d.h. Superkühe geben deutlich mehr Milch. Hühner legen heute 300 Eier im Jahr, in 1955 nur120 Eier. Und Schweine und Masthühner werden so gezüchtet, dass möglichst rasch Gewicht zulegen. Kühe erhalten immer mehr Kraftfutter, womit der Anteil an Raufutter, den die Kuh als Wiederkäuer eigentlich braucht, sinkt, was wiederum das Krankheitsrisiko erhöht und die  Antibiotikabehandlung erforderlich macht. Jede dritte Kuh landet im Schlachthof, weil sie krank ist.

Studie „Qualzucht bei Nutztieren“
“ Die zunehmenden Leistungen belasten den Organismus der Tiere immer mehr. Leistungsbedingte Gesundheitsstörungen sind häufig festzustellen. Zu den wichtigsten gehören bei Milchkühen Fruchtbarkeitsstörungen, Euter- und Klauenentzündungen, bei Sauen Fruchtbarkeitsstörungen und Lahmheiten, bei schnell wachsenden Mastschweinen und Mastgeflügel (Hähnchen, Puten) Herz- Kreislaufprobleme und Beinschäden (z.B. Gelenkerkrankungen). Die Zucht auf übergroße Brust-muskulatur bewirkt, dass Hähnchen und Puten nicht mehr normal laufen können.
15.8.2013, Prof. Dr. agr. habil. Bernhard Hörning (Hochschule Eberswalde
https://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/agrar/Qualzucht_bei_Nutztieren.pdf

Nutztiere besser vor qualvoller Zucht schützen
Wir brauchen die Bestimmung der Qualzucht bei Nutztieren. Die Länder sollten die Zahl der Amtstierärzte aufstocken, damit diese mehr Zeit für Kontrolle haben. Um die sogenannten leistungsbedingten Krankheiten bei Hochleistungstieren zu vermindern, ist ein hoher Aufwand im Stall erforderlich. Sinnvoll scheint auch eine staatliche Förderung für nachhaltige Zucht – also eine Zucht, die die Tiere gesund bleiben lässt. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass es nur noch Hochleistungstiere gibt. Bei Puten und Hähnchen beherrschen heute weltweit nur noch zwei bis drei Konzerne die Hybridzucht. Das muss ein Alarmsignal für uns sein, es nicht bei anderen Nutztieren so weit kommen zu lassen. ….
Alles vom 23.8.2013 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/experte-nutztiere-besser-vor-qualvoller-zucht-schuetzen–74635489.html

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