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Blick nach Westen über Aitern und Holzinshaus (links) zum Belchen am 16.3.2013

Blick nach Westen über Aitern und Holzinshaus (links) zum Belchen am 16.3.2013

 

 

Ernährungssouveränität der Kleinbauern statt Freihandelsdogma
„Bäuerinnen und Bauern auf Klein- und Kleinstbetrieben bauen 90 % aller weltweit produzierten Lebensmittel an. Damit sie auch in Zukunft die Welt gesund ernähren können, mit die Ernährungssouveränität an die Stelle des Agrar-Freihandelsdogmas treten.“ Irmi Salzer, Kleinbäuerin bei ÖBV, www.viacampesina.at
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Schwarzwälder Bergbauern zwischen Agrar-Weltmarkt und Ernährungssouveränität

Berg- und Kleinbauern dienen als Idylle zur Legitimation der Gemeinsamen Agrarpolitik,
die die Wettbewerbsfähigen unterstützt und Berg- wie Kleinbauern in Gunstlagen zu Verlierern macht.  Vorspannmechanismus nennt der Gründer der ÖBV und Konfliktforscher Franz Rohrmoser (www.bauernkonflikte.at) diese Taktik.

Kleine Gemischtbetriebe sind flexibler als spezialisierte Großbetriebe
Auch eine Studie des Leibnitz-Institut Halle in Polen bestätigt, dass die bäuerliche Familienwirtschaft anpassungsfähiger als der große Agrarbetrieb. Indirekt bestätigt diese Studie den Weltagrarbericht, dass Kleinbauern und nicht die industrielle Landwirtschaft die Welt ernähren können.

Nur 10% aller Lebensmittel werden am Agrar-Weltmarkt gehandelt
Obwohl nur 10 % der globalen Lebensmittel am Weltmarkt gehandelt werden, hat er als neuer Fetisch bzw. Götze zentrale Bedeutung für die Preisbildung. Die Konsequenz dieses neoliberalen Freihandelsdogma sind Hunger, Verlust an Biodiversität, Klimawandel und Peak Soil, Marktkonzentration, Abhängigkeit von Subventionen und Bauernsterben. Ansätze für einen Wandel liegen in seinen Skandalen, den Futtermittelimporten und der Landflucht in die Metropolen.

Ernährungssouveränität
Das Gegenkonzept Ernährungssouveränität wurde 1996 von der Internationalen Kleinbauernbewegung Via Campesina in Rom vorgestellt. Es ist kein Rezept, sondern die Forderung das Menschen, Nationen und Staatengemeinschaften wieder das Recht bekommen, ihre Ernährungs- und Agrarpolitik selbst zu bestimmen. Als Recht aller Menschen auf gutes und kulturell angepasstes Essen, mittels nachhaltiger Erzeugung. Aber auch als Verpflichtung, die Landwirtschaft anderer Länder nicht durch Exporte zu beeinträchtigen. Grundlage der Ernährungssouveränität sind lokale Erzeugung in regionalen – überschaubaren –  Wertschöpfungsketten. Diesem Konzept haben sich über 400 Wissenschaftler im Weltagrarbericht angeschlossen. Die Transformation (Wandel – Umgestaltung) beginnt aber nicht in der Politik, sondern an der bäuerlichen Basis wie die Nyélénibewegung
Int. Workshop im Herbst 2013 in St.Trudpert/Münstertal im Schwarzwald
Dazu: Siegfried Jäckle, 24.12.2014, www.sForum.eu

 

 

Anadatas – die, die Essen geben – sind unsichtbar geworden
Für mich sind die Fragen der Landwirtschaft und der Ernährung mit der Sorge um die Millionen von Bodenorganismen verbunden aber ebenso mit den Bauern und Bäuerinnen, die in Hitze und Kälte, im Regen und während der Dürre Lebensmittel produzieren. Wir haben in unserer Sprache einen wunderbaren Ausdruck für diese Menschen. Wir nennen sie „Anadatas“ – die, die Essen geben – sie sind für die meisten Menschen unsichtbar geworden.

Mir geht es um Ernährungssouveränität, aber das bedeutet nicht, Ernährungssouveränität auf der Ebene der Gemeinden zu zerstören, um Ernährungssouveränität auf der nationalen Ebene zu verwirklichen. Sie können eine nationale Ernährungssouveränität nie erreichen, solange die Menschen nicht darüber verfügen. Es geht um den ganzen Planeten. Der Kampf für eine andere Landwirtschaft als die globalisierte industrielle Landwirtschaft ist für mich ein Imperativ, der sich aus der Klimaproblematik ergibt.
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Als ich vor ein paar Monaten mit Al Gore gemeinsam einen Vortrag hielt, fragte ich ihn über die Rolle der Landwirtschaft, denn bei einem Gipfeltreffen hatte ich mit ihm über GVO gestritten. Er war total für GVO, total für Biotechnologie, er hat die Biotechnologie wirklich gepusht. Die meisten Leute, die sich wegen des Klimawandels Sorgen machen, denken nicht über die Landwirtschaft nach. Sie realisieren nicht, dass das dominante Agrarmodell für 40-50% des Klimawandels verantwortlich ist, und dass ein kleinräumiges ökologisches System mit 40-50% zur Lösung des Klimaproblems beitragen könnte. Ich gehe also von all diesen Gedanken aus, ich habe nicht nur einen einzigen Ausgangspunkt. Ich mache diese Arbeit, weil es um das Leben geht und Leben hat nicht nur eine einzige Dimension.
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Wir hatten vor kurzem ein größeres nationales Treffen über Ernährungssouveränität, bei dem ein früherer Premierminister dabei war. Dieser Mann – sein Name ist V:P. Singh – verbringt seine Tage nun damit, sich um die Probleme der Armen und der ländlichen Gemeinden zu kümmern. Außerdem war unser Botschafter der Uruguay-Runde, S.P. Shukla bei dem Treffen anwesend. Für uns ist Ernährungssouveränität zuerst und vor allem, Bauern und Bäuerinnen ihr Land zu lassen. Denn die größte Bedrohung für die Landwirtschaft und die Ernährungssouveränität in der Dritten Welt ist heute die Enteignung von Land, unter anderem für den Export landwirtschaftlicher Produkte vom Süden in den Norden. Es gibt viele entwicklungspolitischen Organisationen, die sagen: „Wenn Österreich das Prinzip der Ernährungssouveränität verwirklicht, wird das die Ernährungssouveränität in Indien oder Kenia unterwandern.“ Das kann nur jemand sagen, der die bäuerliche Landwirtschaft nicht versteht. Das können nur Menschen sagen, die nicht realisieren, dass Bauern und Bäuerinnen bereits entwurzelt worden sind und Land in die Hände der Konzerne gelangt ist, wenn grüne Bohnen aus dem Süden in die Wal-Mart-Filialen reisen. Konzerne exportieren, BäuerInnen nicht; speziell, was Gemüse betrifft.

Der internationale Handel mit Gemüse ist für mich der Bereich, der die bäuerliche Landwirtschaft und die Ernährungssouveränität weltweit am meisten zerstört. Gemüse kann überall produziert werden. Es ist absolut falsch, tropische Länder, die bei der Produktion von Gemüse keinen komparativen Vorteil haben, dahingehend zu transformieren, dass sie blödsinnige Baby-Maiskölbchen und dumme Kohlsprossen für die europäischen Märkte produzieren. Das passiert aber! Es verursacht Hunger, es verursacht Enteignungen, es verursacht Landkämpfe im Süden. Land ist also der erste und wichtigste Aspekt im Konzept der Ernährungssouveränität.

Der zweite Aspekt der Ernährungssouveränität ist die Verfügungsgewalt über das Saatgut. Diesem Kampf habe ich mein ganzes Leben gewidmet. Deshalb habe ich „Navdanya“ gegründet, die Bewegung für den Erhalt des Saatguts. Wir können Ernährungssouveränität nicht verwirklichen, wenn Bauern und Bäuerinnen keinen Zugang zu ihrem eigenen Saatgut haben. Wenn Sie gerade jetzt nach Indien blicken, dann sehen Sie, dass die größte Anzahl an Selbstmorden von BäuerInnen dort geschehen, wo Bauern und Bäuerinnen die Verfügungsgewalt über Saatgut verloren haben, wo Monsanto die Versorgung mit Saatgut kontrolliert, also ein Monopol über das Saatgut etabliert hat, vor allem in der Gegend, in der Baumwolle angebaut wird.

Der dritte Aspekt der Ernährungssouveränität ist für uns, in der Lage zu sein, Lebensmittel zu produzieren, die die Erde nicht beeinträchtigen und keine Schulden und Abhängigkeiten für BäuerInnen hervorbringen. Pestizide und teures Saatgut, patentiertes Saatgut und GVO zwingen Bauern und Bäuerinnen in die Verschuldung, schädigen die Umwelt und die Gesundheit. Ökologische Landwirtschaft muss ein Bestandteil der Ernährungssouveränität sein.

Ein weiteres Element der Ernährungssouveränität ist, den Markt zu bestimmen. Heutzutage stößt die globalisierte Wirtschaft Bauern und Bäuerinnen weltweit in eine tiefe Krise, indem sie die Preise in den Keller treibt. Nicht, dass der Wert der Lebensmittel abgenommen hätte, Essen ist einfach notwendig. Aber diejenigen, die das Essen produzieren, bekommen ihren fairen Anteil nicht. Gleichzeitig steigen die Preise für Lebensmittel, vor allem in den Ländern des Südens. In Bezug auf Indien kann ich Ihnen sagen, dass die BäuerInnen ein Drittel dessen verdienen, was sie zehn Jahre vor der WTO verdient haben. Was die Leute aber für Lebensmittel bezahlen, hat sich seitdem vervierfacht.

Die Lebensmittelpreise werden die politische Bewährungsprobe für alle Parteien in unserem Teil der Welt darstellen. Deshalb erhalten wir in „Navdanya“ unser Saatgut, deshalb betreiben wir ökologische Landwirtschaft aber auch Direktvermarktung, von den Feldern geradewegs zu denen, die essen müssen. Weil jetzt Giganten wie Wal-Mart und andere Einzelhandelsketten nach Indien kommen wollen, haben die Frage der Ernährungssouveränität und auch die Frage der Marktkontrolle eine neue Bewegung geschaffen. Wir haben diese Bewegung zusammengetrommelt, koordiniert und vorangetrieben, eine Bewegung für einen „demokratischen Einzelhandel“. Ein neues Wort, das entstanden ist! Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir in den drei Monaten seit der Entstehung dieser Bewegung bereits einiges gegen die Bedrohung seitens der Handelskonzerne tun konnten: In sechs Bundesstaaten haben wir es geschafft, Riesenkonzerne zu verbieten, nur durch gesellschaftliche Mobilisierung.
10.2011, Vandana Shiva

Vandana Shiva, indische Ökofeministin und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, war im Oktober 2011 in Wien. Dies ist ein Ausschnitt aus einem Interview, das Karin Okonkwo-Klampfer vom ÖBV mit ihr führte.
www.campesina.at

 

Bäuerliche Landwirtschaft als eigene Wirtschaftsform anerkennen

Die bäuerliche Landwirtschaft ist das Gegenstück zur produktivistischen Landwirtschaft, welche Teil des agroindustriellen Wirtschaftssektors ist. Agroindustrielle Massenproduktion, die auf immer weniger Landwirte und auf immer mehr Subventionen angewiesen ist, gelangt zunehmend an ihre Grenzen. Landwirtschaftliche Produktionsformen, die sich nur am Gewinn orientieren, bergen schwerwiegende Konsequenzen für die Zukunft unseres Planeten (Wasserverknappung, Verödung, Umweltzerstörung).
Die bäuerliche Landwirtschaft ist heute in ganz Europa durch den Verdrängungswettbewerb bedroht. Unangemessene Hygienevorschriften, die EU-Forderung nach Standardprodukten, eine Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die nach wie vor die Großbetriebe begünstigt, sinkende Erzeugerpreise und das ungehinderte Wachsen der Höfe sind die größten Gefahren für unsere Produktionsweise.
Kleine und mittelgroße Bauernhöfe machen jedoch weltweit die Mehrzahl der Betriebe aus. Sie schaffen Arbeitsplätze im ländlichen Raum und wirtschaften erwiesenermaßen effektiver und umweltfreundlicher als die industrielle Landwirtschaft.
Auch in geographisch und klimatisch schwierigen Gebieten spielt die bäuerliche Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Sie ermöglicht einer großen Zahl von Kleinbauern und -bäuerinnen zu überleben, erhält so soziale Netze auf dem Land und sichert eine kultivierte Landschaft.
Die VerbraucherInnen sind zunehmend verunsichert und wollen wissen, was sie essen. Sie wollen die Herkunft, die Qualität und Herstellungsweise ihrer Lebensmittel kennen. Die europäischen Bürger und Bürgerinnen wünschen sich mehr denn je gesunde Lebensmittel aus regionaler Erzeugung. In bäuerlicher Landwirtschaft produzieren wir Qualitätsprodukte für den lokalen Markt, nicht Massenware für den Weltmarkt. Wir verwenden Produktionsmethoden, die den natürlichen Jahresrhythmus der Tiere und Pflanzen respektieren und die Bodenfruchtbarkeit erhalten. Bäuerliche Landwirtschaft erzeugt das Futter für die Tiere zum großen Teil am eigenen Hof und verzichtet auf Importfuttermittel, die lange Transportwege hinter sich haben. Unsere landwirtschaftlichen Produkte verarbeiten wir häufig auch auf unseren Höfen und stehen über die Direktvermarktung in Verbindung zu unseren Kunden. Mit unserer Art zu wirtschaften leisten wir einen Beitrag, um das Überleben auf der Erde langfristig zu sichern. Bäuerliche Landwirtschaft ist nicht auf der Jagd nach schnellen Profiten.

Wir fordern die Anerkennung der bäuerlichen Landwirtschaft als eigene Wirtschaftsform. Dies ist eine Vorraussetzung für das Überleben der kleinen und mittleren Bauernhöfe und somit des Lebens in unseren Dörfern.
Wir fordern eine Agrarpolitik, die einer möglichst großen Zahl von Bäuerinnen und Bauern ein angemessenes Einkommen aus dem Verkauf ihrer Produkte ermöglicht und die Niederlassung von neuen LandwirtInnen begünstigt.
Wir fordern eine GAP, die sich zum Ziel macht, in ganz Europa möglichst viele Höfe zu erhalten – vor allem auch in den Ländern, die im Jahr 2004 der EU beigetreten sind oder demnächst beitreten werden….
Alles von Heike Schiebeck vom Januar 2004 bitte lesen auf www.agrarbuendnis.at

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