Mittelstand – Wirtschaft bergab

Wiederaufbau, Aufschwung und Wirtschaftswunder nach 1945 sind im wesentlichen dem deutschen Mittelstand mit seinen vielen Familienbetrieben und kleineren Unternehmen in Handwerk, Dienstleistung und Industrie zu verdanken. Der Mittelstand ist Indikator und Stütze des Wohlstands. Geht es dem Mittelstand gut, wachsen Wirtschaft und Wohlstand.
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Nach 75 Jahren bergauf geht es nun rasch bergab. Es ist zu befürchten, daß von den fünf Millionen Personalunternehmen ca eine Million in Insolvenz gehen werden (siehe (1) unten). Nicht aus Absatzgründen bzw. weil die Mittelständler falsch gewirtschaftet hätten, sondern weil sie die von der Politik in Berlin verursachten Kostensteigerungen (Energie, Bürokratie, staatl. Steuern und Abgaben) erdrücken. Das ist eine schlimme Prognose, auch rein von der Anzahl her: 96 Prozent unserer Unternehmen sind vom Inhaber selbst geführte mittelständische Betriebe.
Um den Mittelstand (Kleinunternehmertum mitsamt Dualem Ausbildungssystem) hat uns das Ausland immer beneidet. Sie ist Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die zahlreichen Projekte des Demokratie-Exports (Afrika, Arabischer Raum, …, zuletzt Afghanistan) mußten scheitern, da es in diesen Staaten an eigentümergeführten Betrieben von Handwerks und Gewerbe fehlt. Die vielen über all die Demokratieförderprogramme bezahlen Gelder flossen großenteils in die Korruption.

Die Berliner Regierung hat den Mittelstand als Melkkuh entdeckt, um ihre Hilf-, Rettungs- und Unterstützungspakete zu finanzieren. Dabei sind die kleineren gegenüber den Konzernbetrieben schon immer benachteiligt worden: Bei den Unternehmenssteuern werden 70 % von den mittelständischen Personalunternehmen erbracht und nur 30 % von den Kapital-Grußunternehmen. Bei den staatlichen Subventionen hingegen ist es umgekehrt: 10 % der Transferzahlungen erhalten die Mittelstandsunternehmen und 90 % die Kapital-Großunternehmen.

In der schwierigen Periode von Stagflation – also Rezession mit parallel laufender Inflation – ist angesagt, den Mittelstand zu fördern. Man denke nur an den Wohnungsbau, insbesondere für Sozialwohnungen. Da hilft nur: Abgaben runter, Bürokratieabbau und bezahlbare und sichere Energieversorgung. Doch die Bundesregierung tut nichts dergleichen und schaut der Lawine von Betriebsinsolvenzen zu. Nochmals: geht es dem Mittelstand schlecht, dann geht es auch der Volkswirtschaft schlecht.
15.10.2022
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(1) Der Mittelstand hat die Politik für seine Existenz unterschätzt
Bisher alle Untersuchungen über die Bedeutung des Mittelstandes für die Politik haben nachgewiesen, dass der Mittelstand von allen Parteien immer wieder gelobt wird, praktisch aber in den Parteiprogrammen und Parteiführungen (mit Ausnahme der AfD) nicht vertreten ist. CDU und FDP werden von Vertretern des Großkapitals, links-grün von Vertretern der Unterschichten geprägt. Das hatte bisher schon politische Folgen:

Subventionen: Der Unterschied zwischen mittelständischen Unternehmen und Kapitalgesellschaften liegt darin, dass bei erstseren der Inhaber Eigentum und Management vereinigt. Das gilt auch bei „unechten Kapitalgesellschaften“ (ca. drei Prozent), in denen ein Eigentümer das Management seiner Firma ausübt, aber die Firma in der Form der Kapitalgesellschaft führt. Insgesamt sind ca. 96 Prozent unserer Unternehmen in diesem Sinne „personale“ und „mittelständische“ Unternehmen.
Unter den Kapitalgesellschaften spielen die ein Prozent Großunternehmen die größte Rolle. Von den DAX-Unternehmen sind aber z. B. 70 Prozent in ausländischer Hand. Kapitalgesellschaften haben keine Heimat, keine Loyalität und nur Gewinnziele. Sie produzieren da, wo es am billigsten ist und versteuern dort, wo die Steuern am niedrigsten sind. Etwa die Hälfte des Kapitals unserer Kapitalgesellschaften gehört in Steueroasen sitzenden Hedgefonds, wird also von der deutschen Politik gehätschelt, aber nicht im deutschen Interesse und zu deutschem Nutzen betrieben.

Die Mittelstandsforschung hat schon vor 50 Jahren nachgewiesen, dass „von den gesamten Unternehmenssteuern die Personalunternehmen 69,9 Prozent des Steueraufkommens, die Kapital-Großunternehmen dagegen nur 30,1 Prozent der Steuern tragen. Von den statistisch erfassten Subventionen des Staates an die private Wirtschaft erhalten die Kapital-Großunternehmen mehr als 90 Prozent, die mehr als 4,5 Millionen Personalunternehmen dagegen nur zehn Prozent.“

„Die Politik hat also seit Jahrzehnten die Konzerne nicht nur mit Steuern verschont (niedriger besteuert als Personalunternehmen), sondern auch mit Subventionen beschenkt, so dass per Saldo nicht die Konzerne den Mittelstand tragen, sondern umgekehrt der Mittelstand die Konzerne tragen muss.“

Die Konzerne haben also rechtzeitig entdeckt, dass die Politik nicht neutral ist, sondern durch Spenden, Korruption und Einschleusung eigener Polit-Agenten (wie z. B. Merz) für den eigenen Vorteil eingesetzt, für öffentliche Leistungen bis hin zu Subventionen missbraucht und zur Verschonung von öffentlichen Abgaben getrieben werden kann. Unter CDU/FDP-Führung war die Wirtschafts- und Finanzpolitik immer unter dem Einfluss der internationalen Konzerne und hat diese deshalb in Deutschland übermäßig auf Kosten der mittelständischen Personalunternehmen begünstigt.

Aber auch Karl Marx hatte schon entdeckt, dass die wirtschaftliche Situation der Unterschichten nur durch politischen Einfluss – sogar Revolution – verändert werden könne. Seitdem versuchen alle sozialistischen Parteien „mehr soziale Gerechtigkeit“ dadurch zu schaffen, dass sie die Leistungsträger immer mehr ausplündern, um davon Leistungsnehmer öffentlich zu unterhalten, die keinen Leistungsdrang haben oder nicht leisten können oder wollen, jedenfalls dadurch schlechtere Lebensbedingungen haben als andere, die sich aus Fleiß und Eigenleistung (Besserverdienende) ein besseres Leben gönnen können. Die sozialistische Politik der großen Umverteilung hat bis heute dazu geführt, dass die fleißig für den Markt Sozialprodukt schaffenden 34 Prozent der Unternehmer und ihrer Arbeitnehmer 66 Prozent der Bevölkerung (also zwei auf eins) als Transferleistungsempfänger, Rentner, öffentliche Diener, Sozialfälle und wachsende Millionen von Sozialimmigranten mit unterhalten müssen, dass wir also ein Volk von Transferleistungsempfängern statt Marktleistern geworden sind.
Politische Bedingungen haben also dafür gesorgt, dass die Vertreter des Kapitals die Kapitalgesellschaften und die Vertreter des Proletariats die Unterschicht auf Kosten der Mitte bedient haben, die Mittelschicht sich aber permanent und immer mehr von der durch eine immer von Randgruppen bestimmte Politik ausbeuten lassen hat.
Die Mittelstandsforschung hat immer wieder untersucht, warum sich der Mittelstand -, der ja doch die Gebildeten der Gesellschaft darstellt – von oben oder unten ausbeuten lassen hat, warum er diese Ausbeutung nicht erkannt hat oder trotzdem duldsam geblieben ist und hat dafür viele Gründe ermittelt, wie z. B. die Unternehmerfeindschaft unserer rot-grünen öffentlichen Medien, die politische Änderung der Gleichheitsforderung von gleichen Chancen auf gleiches Ergebnis, die politische Umdeutung der Chancengleichheit zur Konsumgleichheit, die Umdeutung der Menschenrechte von einer Abwehr von Staatsdirigismus zu Anspruch auf öffentlichen Unterhalt.

Dass sich der intelligentere Teil unserer Bevölkerung (47 Prozent Mittelstand) gegen diese politischen Grundsatzveränderungen zu seinen Lasten nicht gewehrt hat, ja, dass er die ihm eigentlich zustehende geistige Führung in einer Bürgerrepublik nicht übernommen hat, hängt nach Ansicht des Mittelstandsinstituts Niedersachsen mit dem erreichten Wohlstand des Mittelstandes zusammen. Die allgemeine Grenznutzen-Theorie geht davon aus, dass die Menschen auf andere, statt wirtschaftliche Lebensziele umschwenken, wenn sie einen ausreichenden Lebensstandard erreicht haben. Insofern hat der höchste Wohlstand, den das deutsche Volk je erreicht hatte, sie wieder dazu verführt, wirtschaftsfremde bis wirtschaftsfeindliche Ideologie-getriebene Politiker zu wählen, um der „höheren Ziele willen“ den eigenen Lebensstandard aufs Spiel zu setzen. So scheint es jedenfalls erklärlich,

dass ein Märchenerzähler, der mit dem Versprechen 2016 grüner Parteivorsitzender wurde, Gas und Öl als Energiequellen in Deutschland zu beenden, dafür ohne jede Qualifikation zum Wirtschaftsminister ernannt wurde und durch Kündigung des russischen Gas- und Ölbezugs die Wohlstandsbasis in Deutschland auf Dauer zerstört hat,
dass der Mittelstand 2021 Politiker wiedergewählt hat, welche aus Panik (Lauterbach) ganzen mittelständischen Branchen die Weiterarbeit verboten (Lockdown), aber die Konzerne gleichzeitig noch subventionierten,
dass die Staatspropaganda und die internationalen Konzerne die Wut der Bevölkerung über die existenzgefährlich steigenden Öl- und Gaspreise gegen Putin gerichtet hat, obwohl die Sanktionen zur Beendigung des Gas- und Ölbezugs von den USA befohlen, von der EU durchgesetzt wurden und schon immer im grünen Programm verkündet war. Wenn jetzt im Winter der Energienotstand ausbricht, soll es wieder Putin gewesen sein, der North Stream 2 nicht nutzt (obwohl er dies angeboten hat), der das von uns gekündigte Gas nicht liefert, der also an dem von unserer eigenen Regierung verursachten Gasnotstand schuld sein soll.

Als Merkel Macron zustimmte, dass die EU die gigantische Summe von 750 Milliarden Euro an die Pleitestaaten Südeuropas – zur Hälfte als Geschenk – verteilen dürfe, haben nur 200 Volkswirtschaftsprofessoren der Bundesrepublik dagegen protestiert. Das internationale Kapital war aus eigenem Vorteil dafür, die Unterschicht hat gar nicht begriffen, dass damit ihr Transfereinkommen gefährdet würde. Der Mittelstand hätte aber begreifen müssen, dass zu 80 Prozent er der Nettozahler dieser gigantischen Schulden sein würde, wenn sie überhaupt je zahlbar wären. Etwa die Hälfte der Bevölkerung hätte also laut protestieren müssen. Tatsächlich ist der Mittelstand an der eigenen Zukunftsbelastung weitgehend uninteressiert geblieben. Merkel, die unserer Zukunft am meisten geschadet hat, ist immer noch beliebteste Politikerin.

Die von den USA befohlenen, von der EU beschlossenen Sanktionen gegen Russland sind von unserer Regierung begeistert exekutiert worden, weil Ideologie-getriebene MinisterInnen ohne die geringste Ahnung von Wirtschaft emotional (Krieg) statt ökonomisch oder politisch reagiert haben. Hätten sie ökonomisch reagiert, hätten sie wissen müssen, dass ein Viertel unserer Importe der Bodenschätze aus Russland nicht ersetzbar waren und dass mehr als die Hälfte unseres Energiebezugs aus Russland nicht verzichtbar ist. Und wenn sie politisch reagiert hätten, wüssten sie, dass nicht Hass, sondern nur Kompromiss das Zusammenleben der Menschen auf Zukunft garantiert. Ideologie-getriebene Politiker haben also unsere wirtschaftliche Existenz und die Zukunft Europas mit Russland vorsätzlich sabotiert und damit nicht nur die Existenz von Millionen unserer Betriebe, sondern auch den bisher erreichten Wohlstand unserer Bevölkerung zerstört. Und dennoch geht es bei allen öffentlichen Diskussionen immer noch nicht um die Schuldigen der Krise und um die Möglichkeiten, dies etwa noch durch Öffnung der North Stream 2-Leitung und den Ausstieg aus der Energiewende zu beenden, sondern fanatisch um „Krieg gegen Putin“.

Der Mittelstand scheint erst jetzt zu begreifen, dass seine Existenz nicht nur auf den Marktbedingungen beruhte, sondern dass auch die staatliche Datensetzung der Produktionsbedingungen mittelstandstödlich sein kann. Mehr als eine Million von unseren fünf Millionen Personalunternehmen werden in den kommenden Monaten nicht aus Absatzgründen, sondern wegen öffentlich getriebener Kosten schließen oder Konkurs machen müssen, weil sie wegen der von der Regierung verursachten Gaspreissteigerung mit den Betriebskosten nicht mehr klarkommen. Zum ersten Mal seit 70 Jahren sind die Produktionsgrundlagen unserer Unternehmen – billige Energie und Russland-Rohstoffe – durch die von unserer Regierung inbrünstig befolgten EU-Sanktionen sogar national sabotiert worden, merkt nun der Mittelstand, wie wichtig politische Weichenstellungen für seine Existenz waren und sind.
… Alles vom 13.10.2022 von Gerd Hamer bitte lesen auf
https://www.mittlstandsinstitut-niedersachsen.de

Prof. Dr. Eberhard Hamer arbeitet mit Schwerpunkt Mittelstandsökonomie. In den 1970er Jahren gründete er das privat geführte Mittelstandsinstitut Niedersachsen in Hannover und veröffentlichte über 20 Bücher zum Thema Mittelstand. Hamer erhielt 1986 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

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