Missbrauch der Wissenschaft

Die Leopoldina in München, die man als die ‚Akademie der Wissenschaften Deutschlands‘ bezeichnen kann – hat Anfang Dezember 2020 eine offizielle Stellungnahme veröffentlicht, daß es „aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt notwendig“ ist, in „einen harten Lockdown“ zu gehen.
Die Medien verbreiteten die Stellungnahme als die Lösung, der Großen Koalition diente sie als Begründung zur Anordnung eines erneuten Lockdowns.
„Mit dieser Stellungnahme in ihrer Hand konnte die Bundeskanzlerin einen Tag später, am 9. Dezember, unter Berufung auf die Wissenschaft, Naturgesetze wie die Schwerkraft und die Kräfte der Aufklärung den Widerstand gegen einen erneuten harten Lockdown im Bundestag brechen“ (S. 55) – so Prof Michael Esfeld, selbst Leopoldina-Mitglied, der sich in einem Offenen Brief gegen die Stellungnahme ausgesprochen hatte. Und zwar sowohl aus rein sachlicher Hinsicht (Lockdown als unwirksam erwiesen) als auch aus wissenschaftstheoretischer Hinsicht: „Kurzum, es handelt sich hier um Verdunklung statt Aufklärung, finsterstes Mittelalter, in dem Wissenschaft die Stelle einer Staatsreligion einnimmt und sich für politische Propaganda hergibt“ (S. 55)
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Die Zitate sind entnommen aus dem Buch „Und die Freiheit?“ (siehe unten), in dem Michael Esfeld der Politik den Mißbrauch der Wissenschaft vorwirft. Es ist grundsätzlich falsch, was da passiert, weil der Unterschied zwischen (1) Fakten und (2) Normen nicht respektiert wird, und es ist (3) sachlich falsch, weil es der Faktenlage nicht gerecht wird. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun“ – das sagt Prof. Dr. Michael Esfeld zur Coronapolitik.05.05.2021

(1) Fakten: Wissenschaftler sammeln Daten, anhand derer sie Hypothesen entwickeln, die solange gelten, bis sie falsifiziert bzw. widerlegt sind. Danach müssen sie entweder zurückgenommen oder abgeändert werden.
Ein Wissenschaftler kann die oder die Meinung vertreten, die Wissenschaftler (also alle zusammen) haben nie ein und dieselbe Meinung. Deshalb ist auch der Begriff der Wissenschaftdiktatur Unsinn.
(2) Normen: Werte, die auf ein Ziel gerichtet sind, gelten als Normen. Aus Fakten lassen genauso wenig Normen ableiten wie Wissenschaftler selbst Normen formulieren können (bzw. dürfen). Wissenschaft ist stets wertfrei.
(3) Sachlich: Seit spätestens Dezember 2020 ist wissenschaftlich gesichert, daß die Lockdown-Strategie gescheitert ist (Prof Ioannidis et al). Die Kollateralschäden des Lockdowns übersteigen seinen Nutzen um ein Vielfaches.

Die Aufgabe der Politik ist nun, anhand (1) der Fakten (etwas, das der Fall ist) und (2) der Normen (etwas, was der Fall sein soll) Handlungsanweisungen zu formulieren, die mehrheitsfähig sind, um sie dann in Form von Gesetzen (durch Parlament) oder Verordnungen (durch Regierung bzw. Kabinett) in Kraft zu setzen.
Die Wissenschaft selbst legitimiert niemals Handlungsanweisungen, dies ist allein Aufgabe von Regierung und Parlament. Denn: In der Politik entscheiden Mehrheiten, in der Wissenschaft entscheiden Fakten.

Mit ihrer o.a. Stellungnahme, die einen umgehenden Lockdown empfiehlt, hat die Leopoldina als Wissenschaft ihre Verpflichtung zur Sachkunde, Objektivität und Neutralität vernachlässigt. Dazu nochmals Prof Esfeld (S. 54): „Wissenschaft ist der Objektivität verpflichtet. Sie deckt Tatsachen auf. Sie kann aber nicht darüber entscheiden, welche Normen wir akzeptieren sollen – und insbesondere nicht eine Norm absolut setzen, wie hier den Gesundheitsschutz verstanden als Verhindern von Ansteckungen mit dem Coronavirus, und alle anderen Normen ignorieren. wie Grundrechte, Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Bekämpfung von Armut in den sich entwickelnden Ländern und so weiter.“
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Mit ihrer Stellungnahme vom 8.12.2021 „Lockdown aus wissenschaftlicher Sicht notwendig“ hat die Leopoldina dem Ansehen der deutschen Wissenschaften geschadet. Die Wissenschaften dürfen sich nicht durch Vorgaben von Handlungsanweisungen an die Regierung ihrer Unabhängigkeit entledigen. Umgekehrt darf die Exekutive sich nicht politischer Wissenschaften bedienen bzw. diese formen. Tut sie dies, dann wäre aus dem demokratischen ein totalitäres System geworden.
16.5.2021
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Buch: Und die Freiheit?
Wie die Corona-Politik und der Missbrauch der Wissenschaft unsere offene Gesllschaft bedrohen
von Christoph Lüdge und Michael Esfeld
riva Verlag, Mai 2021, 125 Seiten, 10 Euro
ISBN 978-3-7423-1909-8
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Esfeld ist Professor für Wissenschaftsphilosophie an der Universität Lausanne und Mitglied der nationalen Akademie für Wissenschaften Leopoldina, an die er im Dezember 2020 einen offenen Brief wegen ihrer zweifelhaften Rolle bei der Rechtfertigung des Lockdowns geschrieben hat.
http://www.michaelesfeld.com/

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Zu Fakten muß man Bezugsgrößen bzw. relative Zahlen nennen (eingefügt)
Am 5. März 2021 war der ehemals der Leopoldina angehörende Wissenschaftsphilosoph Prof. Dr. Michael Esfeld zu Gast in der 42. Sitzung des Corona-Ausschusses. Ergänzend zur Vorabveröffentlichung einer Passage zum „Wissenschafts“-Terror folgt nun die vollständige Transkription dieses Abschnitts.
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In den letzten sieben Tagen starben mehr Menschen mit dem Coronavirus als 2019 im Straßenverkehr.
Was für ein dummes Zeug, hab ich da nur gedacht, als ich das gesehen habe.
Ja, das ist ein wunderbares Beispiel! Wenn ich richtig informiert bin, in Deutschland sterben im Straßenverkehr 3.000 Personen, rund, pro Jahr. So, jetzt nehmen wir an, die Leute, die Verkehrstoten sind durchschnittlich alt. (…) Also es sind wahrscheinlich eher (…) Junge, vielleicht ein paar Alte. Sagen wir, sie sind durchschnittlich alt. Das heißt, pro Verkehrstoten gehen ungefähr 40 Lebensjahre verloren. (…) Einfach ganz grob geschätzt, mal. Die Corona-Toten sind ungefähr 30.000 im Jahr. Also das 10-fache. Aber sie sind Mitte 80 im Schnitt, mit Vorerkrankungen. Sagen wir, die haben (…) pro Person vielleicht eine Lebenserwartung von 2, 3 Jahren. Jetzt können sie ausrechnen: Ja, wie viel Lebensjahre sind verloren gegangen durch die Corona-Pandemie? Weniger als durch Verkehrstote!
Reiner Füllmich: Wenn man es sorum sieht, genau.
Wenn das der Handlungsmaßstab ist, müssen sie sofort allen Individualverkehr verbieten! Sofort, nach der gleichen Logik.

Nur, um eine Idee der Größenordnung zu bekommen, könnte man – und das ist das Schlimme daran – man kann das als Vorwand nutzen, um – alles Mögliche. Wenn (…) dieser Virusausbruch eine Grundlage ist, (…) eine epidemische Notlage auszurufen, Grundrechte einzuschränken, leben wir nicht mehr in einem Rechtsstaat, sondern in einem Willkürstaat. Weil sie genau das gleiche mit Allem machen können. Was sie brauchen, ist irgendeine Story und ein paar Bilder, die Furcht einflößen. Was sie brauchen, sind Politiker, die das nutzen, um ihre Macht zu vergrößern. Also, das fehlende Bewusstsein für Rechtsstaat. Und, was sie brauchen, ist ein paar Wissenschaftler, die bereit sind, das zu legitimieren. (…) Wie heißt das hier? (…) Also, das formulieren wir einfach ein bisschen um:
„Trotz Aussicht, dass bald selbstfahrende Autos zur Verfügung stehen werden, ist es aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt notwendig, die weiterhin deutlich zu hohe Anzahl von Verkehrstoten durch ein hartes Verbot des Individualverkehrs schnell und drastisch zu verringern.“
…. Alles vom 5.3.2021 (incl Transkript) bitte lesen auf
http://dschneble.tssd.de/blog/?p=9711
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Esfeld: Verrat an der Wissenschaft
Leopoldina-Mitglied Michael Esfeld: „Verrat an der Wissenschaft“ durch Corona-Politik
Interview mit „Stiftung Corona Ausschuss“ vom 18.3.2021
https://youtu.be/zX0vUdt-10o

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