Leberbluemchen am Kaiserstuhl

Unlängst wurde das Leberblümchen zur Blume des Jahres gewählt. Dabei handelt es sich um ein blau blühendes Pflänzchen, das mit dem Buschwindröschen verwandt ist und seine Blüten im zeitigen Frühjahr öffnet. Im Landkreis kommt es an wenigen Stellen am Kaiserstuhl vor.

Frühblüher haben eine besondere Strategie: Sie nutzen die Zeit im März und April, wenn Bäume und Sträucher noch kein Laubdach ausgebildet haben. Dann können die Sonnenstrahlen nämlich ungehindert bis zum Waldboden durchdringen, ihn erwärmen und die Kräuter mit Lichtenergie versorgen, die sie zur Herstellung von Zucker und Stärke benötigen. Diese Substanzen werden auch als Reservestoffe für den Rest des Jahres in unterirdisch wachsenden Organen gespeichert. Bekannte Frühblüher sind Buschwindröschen und Scharbockskraut, die beide zu den Hahnenfußgewächsen gehören: Vielerorts verwandeln sie im Frühling die Böden von Laub- und Mischwäldern in weißgelbe Blumenteppiche. Wesentlich seltener ist bei uns das zur gleichen Pflanzenfamilie gehörende Leberblümchen: Es benötigt lichte Laubwälder auf mageren, kalkreichen Böden, wie es sie beispielsweise im Hegau- und westlichen Bodenseegebiet sowie auf der Ostalb und im Schwäbisch-Fränkischen Wald gibt. Dort befinden sich auch die landesweiten Verbreitungsschwerpunkte dieser streng geschützten Pflanze, die nicht gepflückt werden darf.
Im Landkreis wächst das Leberblümchen nur an wenigen Stellen am Kaiserstuhl: „Zwischen Ihringen und Achkarren sowie rund um den Totenkopf ist es zu entdecken“, sagt Reinhold Treiber, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Breisgau-Hochschwarzwald (LEV). Gefährdet sei es vor allem durch zu dichte Baumbestände: „Bergahorn und Esche haben sich in den Buchenwäldern nach den Sturmwürfen des Orkans Lothar stark ausgebreitet und bilden Dickungen mit Brombeer-Überwuchs“, erklärt der Biologe. Eine weitere Beeinträchtigung bestehe an Waldrändern durch die Ausbreitung der nordamerikanischen Robinie, die den Stickstoffgehalt des Bodens anreichert und so die Wuchsbedingungen für das Leberblümchen verschlechtert. Ziel des LEV sei es daher, gemeinsam mit der Forstverwaltung lichte, artenreiche Waldränder zu schaffen. „Davon profitiert nicht nur das Leberblümchen, sondern auch das seltene Weiße Veilchen und zahlreiche Insekten“, betont Treiber.
Wie Revierförster Heinrich Kobras erläutert, sei unlängst bereits ein Waldstückchen am Achkarrer Schneckenberg in diesem Sinne ausgelichtet und dadurch ökologisch aufgewertet worden. Da das Leberblümchen zu einer Zeit blüht, zu der noch nicht viele Honigbienen unterwegs sind, werden seine Blüten auch von Schwebfliegen, Käfern und anderen Insekten bestäubt. Für die Ausbreitung sorgen übrigens Ameisen: Sie mögen die kleinen, fettreichen Nüsschenfrüchte und tragen diese daher zu ihren Bauten. Markant sind auch die im ausgereiften Zustand dunkelgrünen Blätter: Ihre dreilappige Gestalt erinnert an eine Leber, was zur Namensgebung geführt hat. Da man im Mittelalter dachte, dass man von der Form einer Pflanze auf deren Wirkung schließen könne, wurde das Leberblümchen früher als Mittel gegen Leberleiben eingesetzt. „Dafür gibt es jedoch keine wissenschaftlichen Grundlagen“, erläutert Irmgard Merfort, Professorin für Pharmazeutische Biologie an der Universität Freiburg. Auch für die Verwendung in der Homöopathie fänden sich keine belegbaren Wirkungen. Ebenso wie andere Hahnenfußgewächse enthält die frische Pflanze indes einen besonderen Inhaltstoff, das sogenannte Protoanemonin. Dieser hat eine reizende Wirkung und kann bei Hautkontakt zu Rötungen, Juckreiz und Blasenbildung führen.
6.4.2013, Andreas Braun

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