Landwirte zu Weihnachten

Klimaschutz als solchen gibt es nicht, da das Klima kaum beeinflussbar ist. Deshalb ist Klimaschutz stets Naturschutz, und zu diesem haben unsere Landwirte das wohl stärkste Empfinden. Schließlich erleben sie den Wechsel der Jahreszeiten und den Wandel des Klimas (Wetter über einen längeren Zeitraum hinweg) am intensivsten – und zwar realiter und nicht nur virtuell vom PC, Büro oder Hochschule aus. Umwelt- bzw. Naturschützer sollten mehr auf die Bauern auf dem Land hören, auch wenn man da ganz unbequem zum Bauernhof hinfahren muß.  Naturschutz lernen heißt von Bauern lernen. Deshalb füge ich zu Weihnachten zwei Beiträge an:
In den „Weihnachtsgedanken 2022“ des Forums Pro Schwarzwaldbauern (1) geht es um den Schwarzwald als Wald- wie auch Gras-/Weideland mit der Kernfrage „Können wir es uns zukünftig leisten, die lokalen und globalen Graslandressourcen unzureichend zu nutzen?“
Im „Weihnachtsbrief der Dreisamtäler BLHV-Ortsvereine“ (2) geht es um die Landwirtschaft als Exporteur von Milch, Rind- und Schweinefleisch, die auf Importe von Futtermitteln (Kraftfutter) angewiesen ist: „In Deutschland wird folglich das Grundwasser „zur Sau“ gemacht und in Südamerika die Böden ausgelaugt, was weitere Regenwaldrodungen zur Folge hat.“
Nochmals: Naturschutz lernen heißt von Bauern lernen. Dass Landwirte die größten Verschmutzer von Umwelt und Natur seien, ist ein Narrativ, das von den Anywheres in den urbanen Zentren erfunden wurde.
21.12.2022
.
Ende des Artikels „Landwirte zu Weihnachten“
===================================
Beginn der Anlagen (1) und (2)
.
.
(1) Weihnachtsgedanken 2022
Man untersuche, wie eine Gesellschaft mit ihrem Grund und Boden verfährt, und man wird zu rechtzuverlässigen Schlûssen ûber ihre wahrscheinliche Zukunft gelangen.
Ernst Friedrich Schuhmacher 1977

Liebe Mitglieder, FreundInnen und GönnerInnen,
wieder kommt Weihnachten. Das Fest Christi Geburt. Oder wie schon vorher das Fest der zur Wintersonnenwende, aus Freude, dass die Nächte wieder kürzer und die Tage länger werden. Diese jahreszeitlichen Rhythmen sind im Industriezeitalter fast vergessen. Nur die Landwirtschaft ist noch davon abhängig, weil das natürliche Wachstum den Jahreszeiten folgt. Mit der Klimaerwärmung verändern sich die Extreme der Jahreszeiten, wie der letzte Dürresommer wieder gezeigt hat. Bei unserem Schwarzwaldbauerntreff im November waren wir uns einig, dass zur Anpassung an Klima- und Energiekrise wir uns wieder mehr an der natürlichen Regeneration als an der Technik orientieren sollten: https://forumproschwarzwaldbauern.de/von-der-regeneration-der-natur-lernen/

Die Weihnachtsgeschichte als Sinn der Nutztiere
Am Heiligen Abend werden wir aus allen Kanälen mit der Weihnachtsgeschichte berieselt. Vom Christuskind in der Krippe bei Ochs und Esel und von den Hirten auf dem Feld. Diese Geschichte klingt heute romantisch, aber sie zeigt auch die Beziehung von Menschen und Nutztieren. Die Wärme im Stall und Nahrung und Wolle von den Schafen der Hirten. Diese Beziehung hat unser heutiges Supermarktsystem gespalten. Was es mit idyllischen Bildern ebenso verdeckt wie die Politik mit pauschalen Debatten um Tierwohl oder Klimakiller. Die eigentliche Kernfrage der Tierhaltung hat bei unserem Treffen zum Int. Tag der Berge Dr. Florian Leiber vom Schweizer FibL gestellt:
Können wir es uns zukünftig leisten, die lokalen und globalen Graslandressourcen unzureichend zu nutzen?
Diese Frage betrifft nicht nur Gebirge wie den Schwarzwald, sondern zwei Drittel der landwirtschaftlichen Fläche der Erde, die nicht ackerfähig sind. Die von Dr. Leiber vorgestellten Forschungsergebnisse könnten der Tierhaltung im Allgemeinen und in den Bergen wieder ihren Sinn geben. Zum Nachlesen eine Zusammenfassung auf: https://forumproschwarzwaldbauern.de/die-bergbauernfrage-ist-die-gruenlandfrage/

Weihnachten als Zeitenwende,
der Jahreszeiten wie unseres Kalenders nach Christi Geburt. Weil die Weihnachtsgeschichte wenige Jahr-hunderte vor dem Ende des römischen Imperiums handelt, kündigt sie die Wende eines Systems an, das immer mehr Länder erobern musste, um sich zu versorgen, weil der eigene Boden vernachlässigt worden war. Deuten die Krisen unserer imperialen Versorgungssysteme nicht wieder eine Wende an? Dazu reicht es aber nicht, Mittel auszutauschen, wie nach der politisch verkündeten Zeiten-, Energie- oder Agrarwende. Oder das Land in Nutz- und Schutzgebiete zu spalten, wie gerade in Montreal
vereinbart. Zu einer wirklichen Zeitenwende wollen wir im Neuen Jahr wieder Denkanstöße geben:
– beim (noch nicht terminierten) Schwarzwaldbauerntreff im Januar über die Hürden einer boden- und grünlandbasierten Tierhaltung.
– Zum Aschermittwochsgespräch kommt Elisabeth Loibl von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen in Wien mit dem zentralen Thema: Ein neues Menschenbild braucht das Land, um wieder eine Beziehung zum Leben zu finden! Unser aktueller Lesetipp: Frieden ist noch immer möglich von Franz Alt
In diesem Sinne wünschen wir frohe Weihnachten und ein gesundes und friedliches Neues Jahr
Siegfried Jäckle. Forum Pro Schwarzwaldbauern e.V., https://www.sforum.eu
20.12.2022
.

(2) Weihnachtsbrief der Dreisamtäler BLHV-Ortsvereine
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger unseres Dreisamtals,
es neigt sich ein Jahr seinem Ende 1 zu, welchem man das Prädikat „Zeitenwende“ zugeschrieben hat. Ein Jahr, im dem wieder einmal trotz vermeintlich besseres Wissen wieder Krieg in Europa herrscht. Ähnlich den Balkankriegen in den 1990er Jahren stehen sich auch hier in diesem Russland-Ukraine-Krieg zwei Völker feindlich gegenüber, welche zuvor Jahrhunderte lang friedlich neben- und miteinander gelebt hatten. Die letzten beiden Jahrzehnte wurde die Globalisierung als der universelle Heilsbringer gepredigt. In der Praxis gestaltete sich das zunehmend so, dass die praktische Arbeit mit der Produktherstellung sich räumlich immer weiter weg von unserem heimeligen Deutschland entfernte, und die Zahl derer, welche an diesem letztlich in Fernost hergestellten Produkts mitverdienen wollten, stetig anstieg. Die negativen Folgen der zu großen Teilen outgesourcten Produktion wurden uns mit Beginn der Corona-Pandemie auf einmal schmerzlich bewusst, als der schier unersättliche Hunger nach Konsum noch da war, aber aufgrund von Lieferengpässen nicht mehr so gestillt werden konnte, wie wir das zuvor gewohnt waren. Nun wirken noch die Versorgungsengpässe und die exorbitante Kostensteigerung verschiedener Energieträger mit ein, welche die Produktion und den Transport von Gütern aller Art enorm verteuern.

Auch die Landwirtschaft, und damit die Nahrungsmittelproduktion, wurde dem „Goldenen Kalb“ der Globalisierung untergeordnet. Schon längst ist Deutschland auf großteilige Lebensmittelimporte aus dem nahen und fernen Ausland existenziell angewiesen. Lediglich bei der tierischen Produktion wie Milch, Rind- und Schweinefleisch ist Deutschland selbst Exportnation, und dies auch nur, weil die Futtermittel für diese zum größten Teil in Nord- und Ostdeutschland stattfindenden Massentierhaltung aus Übersee importiert werden. Die deutsche Massentierhaltung beansprucht in Südamerika Ländereien in der Größe von Mecklenburg-Vorpommern. Im Umkehrschluss werden die Exkremente aus dieser Massentierhaltung nicht wieder in Seecontainern nach Übersee zurück verfrachtet, sondern auf nord- und ostdeutschen Ackerböden entsorgt. In Deutschland wird folglich das Grundwasser „zur Sau“ gemacht und in Südamerika die Böden ausgelaugt, was weitere Regenwaldrodungen zur Folge hat.
.
Deutschland wurde aufgrund dieser Missstände von der EU zu einer Verschärfung der Düngeverordnung angemahnt. Düngung von Mist und Gülle nur noch in reglementierten Zeitfenstern und teurer und schwerer Ausbringtechnik. Die Bauernhöfe, und besonders auch jene im Dreisamtal, wurden durch dieses Gesetz ebenso in die Haftung genommen, wie die Verursach er dieser Missstände in anderen Landesteilen. Die Ausbringung der hofeigenen Düngemittel wird sich folglich auf die gut zu befahrenden Flächen konzentrieren, während an Hanglagen dies künftig unterbleiben wird.

An dieser Fehlentwicklung scheint sich bisher kaum jemand zu stören, dass in Deutschland die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe stetig abnimmt. Auch im Dreisamtal entgeht dem aufmerksamen Betrachter kaum, dass hie und da eine Stalltür für immer verschlossen wird. Daran mag auch der milliardenschwere Geldregen aus Brüssel und Berlin in Form von Subventionen nichts ändern, bekommen doch alle Bauern gleich viel Geld pro Hektar. Jene mit ganz vielen Hektar entsprechend mehr und jene mit wenigen Hektar entsprechend weniger. Gebetsmühlenartig mahnen wir seit vielen Jahren einen verantwortungsvolleren Umgang mit der Ressource Boden an. Tag für Tag werden allein in Baden-Württemberg 6,2 ha (dies entspricht sechs Fußballfeldern) wertvoller Boden durch Bebauung jeglicher Art unwiederbringlich zerstört. Eine Trendumkehr ist trotz aller Lippenbekenntnisse weiterhin nicht in Sicht.
.
Der fortschreitende Flächenfraß wird besonders auch hier im Dreisamtal als unumgängliches Übel bezeichnet, zur Sicherung des allgemeinen Wohlstandes. Einzelne Gemeinderäte mahnen gar noch die Ausweisung zusätzlicher Baugebiete zur Sanierung der Gemeindefinanzen an. Auf das gesamte Dreisamtal betrachtet, verschwinden jährlich rund 5 ha Acker und Wiesen unwiederbringlich.

Nun soll es auch noch ein Radschnellweg von Kirchzarten nach Freiburg richten, dass wir in der Region noch „nachhaltiger“ werden. Damit die Baukosten im Rahmen bleiben, soll die ehemalige B 31 zwischen Ebnet und Zarten von einem allgemein von Fußgängern und Radfahren gleichermaßen benutzbaren landwirtschaftlichen Wirtschaftsweg in solch einen Radschnellweg umgewidmet und gegebenenfalls verbreitert werden. Um es gleichvorweg zu nehmen, niemand aus unseren Reihen ist gegen die notwendige Mobilitätswende. Jedoch scheint die Idee das Radverkehrs auf einen Radschnellweg der Denkweise von Autostraßenplanern zu entspringen. Während die Verkehrsbündelung des motorisierten Verkehrs Sinn macht, kann sie bei der Fortbewegung per Muskelkraft (auch beim E-Bike) doch angezweifelt werden. Welcher Berufspendler von Oberried oder Eschbach wird morgens und abends zurück den Umweg über Zarten in Kauf nehmen, um dann auf dem Radschnellweg nach Freiburg zu heizen?
.
In der Politik und auch den Medien fordert und verkündet man die „Agrarwende“. Welche Landwirtschaft wollen Sie liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger??? Der Agrarindustriebetrieb soll es nicht sein, einerseits im Dreisamtal nicht realisierbar und zur Sicherung der Welternährung auch nicht effektiv und letztlich auch sehr krisenanfällig. Jedoch auch die Bullerbü-Idylle aus den Kinderbüchern mit dem Bauern ausschließlich mit Latzhose, Strohhut und Gummistiefeln ist wohl vorbei. Jener Landwirt, der seinen Hof heutzutage verantwortungsbewusst und zukunftsfähig bewirtschaften möchte, ist modernen Produktionsmethoden und Kundenwünschen gegenüber aufgeschlossen ohne seine Bodenhaftung zu verlieren. Landwirtschaft wird letztlich nur eine Zukunft haben, wenn es wieder zu einem Schulterschluss zwischen uns Landwirten und Ihnen als Konsumenten kommt. Übernehmen Sie selber wieder Verantwortung für Ihr Essen, wo es herkommt und wie es produziert wird. Mit Ihrem Einkaufstellen Sie täglich die Weichen neu, welchem landwirtschaftlichen Betrieb die Zukunft gehören soll, und welche Betriebsform dafür garantieren kann, dass unser Schwarzwald weiterhin so offen gehalten und lebenswert bleiben kann, wie wir dies alle zu schätzen wissen. Wir sind offen für den Dialog mit Ihnen und geben Ihnen gerne Einblicke in unsere tägliche Arbeit.
.
Eine gute Möglichkeit Menschen wieder näher an die Landwirtschaft heran zu führen, fängt schon im Kindesalter an. Junge Menschen im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung einen intensiveren Einblick in den landwirtschaftlichen Alltag zu ermöglichen, schaff t Verständnis und prägt für das ganze Leben. Verschiedene Bauernhöfe hier im Dreisamtal heißen Schulklassen im Rahmen von „Lernort Bauernhof“ auf ihren Höfen willkommen. Solche Bauernhofprojekte, wie sie vereinzelt von privat geführten Schulträgern angeboten werden, sind ein Schritt in die richtige Richtung, damit man später im Erwachsenenleben verschiedene Zusammenhänge erkennen kann. Vielleicht möchten auch Sie als Eltern in den Schulen Ihrer Kinder darauf hinwirken, dass diese einen intensiveren Einblick in den Organismus Bauernhof bekommen. Es gibt auch die, in diesem Sommer gestartete Online-Plattform Marktplatz Landkultur, in der zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe ihre Waren und Dienstleistungen anbieten, aber auch immer wieder aktuell lesenswerte Beiträge zum Thema Landwirtschaft und darum herum eingestellt werden. Die von Marktplatz Landkultur in der Region veranstalteten Höfe-Festivals, verbunden mit einem kulturellen Event, laden ebenfalls zum Besuch eines Bauernhofes ein. Wir Landwirte im Dreisamtal danken all jenen, welche uns mit dem täglichen Kauf unserer Produkte und Dienstleistungen unterstützen, und auch allen anderen, welche dies künftig gleich tun wollen. Vielen Dank für Ihr Verständnis, wenn unsere Arbeit mal laut, hektisch und auch mal etwas „anrüchig“ ist. Wir wünschen Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest und einen gelungenen Start in ein hoff nungsvolleres Neues Jahr 2023.

Ihre Dreisamtäler Bauern im Namen der nachstehenden BLHV-Ortsvereine:
Dreisamtal-West (Kirchzarten, Stegen und Freiburg-Kappel) mit Rainer Bank, Thaddäushof und Rudi Steinhart, Urbershof
Buchenbach mit Richard Eckmann, Vogtshof und Martin Ganz, Häuslemeierhof
Freiburg-Ebnet mit Mathias Reichenbach, Küferhof
Oberried mit Tobias Winterhalter, tie und Christian Riesterer, Birkenmaierhof
20-12-2022

Dieser Beitrag wurde unter Bildung, Bürgerinitiativen, Gesund, Handwerk, Landwirt, Natur, Naturschutz, Regio, Umwelt abgelegt und mit , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar