Land – Landliebe – Landlust

60 % der 82 Mio Deutschen wohnen in der Stadt und nur noch 40% auf dem Land – schon in 2016 wird es Fifty-Fifty sein. Die Immobilienpreise driften auseinander: Städte Freiburg, Heidelberg melden Preisanstiege von 15% pro Jahr –  im Hotzenwald und auf der Baar dagegen -20% bis unverkäuflich. Das Paradoxe: Parallel zu dieser Verstädterung ist die Landliebe bei uns so groß wie nie: Zeitschriften Landlust (hat den Spiegel an Auflage weit überholt), Liebes Land, Landfrau, Landidee, Landkind, Landapotheke, Mein schönes Land, , Liebes Land, sind Bestseller. Liebe die Deutschen das Land oder aber nur die Land-Show?

Polarisierung auch auf dem print-Markt
Auf der einen Seite die Zeitschrift „Landlust“ mit Infos zu „Körben aus Widengeflecht, in denen sich Kartoffeln luftig lagern lassen“ und „Landhausmöbeln besonders echt-wertvoll, da mit leichten Gebrauchsspuren“, aber garantiert nichts zu Biogasanlagen, Vermaisung, schlechte Rentenversicherungen der Bauern oder Ausdörren der Dörfer. www.landlust.de
Auf der anderen Seite das Magazin „top-agrar“ für Turbo-Landwirte. Industrialisierung der Landwirtschaft.  www.topagrar.com

Der Trend zu Agrarfabriken hält an
Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche nach Betriebsgröße:
unter 5 Hektar, 5-20 ha, 20-100 ha und 100 ha und mehr
1985: 4,7%, 27,1%, 61,3% und 6,9%
2010: 0,3%, 7,7%, 36,9% und 55,1%

Das Land ist schön und lieblich
In Zeiten der Massentierhaltung verschwinden die Rinder, Schweine, Hühner und Puten in den Ställen bzw. Zuchtanlagen, während auf den grünen Weiden nur noch wenige Show-Viecher grasen. Das Land ist schön und wird zusehens lieblicher. Claus Hipp, der erfolgreichen Baby- und Biokost-Veteranen, hat ein unsentimentales, technisches und rationales Verhältnis zu Land und Natur; er sieht in der Landlust-Euphorie Kitsch: „Diese ganze Land-Nostralgie ist wie ein dauerndes Oktoberfest. Da meinen die Menschen auch, sie seien urtümlich und hätten ihre ländlichen Wurzeln entdeckt, wenn sie Trachten anziehen, die es so nie gegeben hat. Eine Perversion der Nostralgie“
Immer weniger Arbeitskräfte verdienen ihr Geld in der Landwirtschaft: 1,53 Mio Personen in 1970, 0,99 Mio in 1980, 0,75 Mio ind 1990, 0,56 Mio in 2001 und 0,55 Mio in 2012. Das Land-Land wird zunehmend leerer (Abwanderung, Niedergang der Infrastruktur, sinkende Attraktivität), während sich im Stadt-Land die Ballungsräume aufblähen.
Das Land wird zum Idyll-Lieferant und Rückzugsgebiet der Großstädter.

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