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Blick nach Westen über St.Peter und Rheintal-Nebel zu den Vogesen am 22.12.2007 – Windräder Roßkopf links

 

Bernd Stegemann: „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“
Denkblockaden überwinden -Plädoyer für eine neue Debattenkultur
von Thorsten Hinz
Der Theaterdramaturg und Dozent Bernd Stegemann, ein studierter Philosoph und Germanist, wurde 2018 bundesweit bekannt, als er gemeinsam mit Sahra Wagenknecht die soziale Protest- und Sammlungsbewegung „Aufstehen“ begründete. Die Aktion versandete bald, doch seitdem hat Stegemann sich als kluger Analytiker von Politik und Gesellschaft einen Namen gemacht. Stegemann ist ein unüblicher Linker, dem Fakten und Zusammenhänge wichtiger sind als ideologische Dogmen. Der Titel seines aktuellen Buches „Die Öffentlichkeit und ihre Feinde“ spielt auf Karl Poppers Klassiker über die offene Gesellschaft an.
Die Feinde der Öffentlichkeit bedienen sich der „Cancel Culture“ und „Wokeness“, das heißt, sie üben sich in revolutionärer Wachsamkeit und liegen ständig auf der Lauer, um Sprach- und Gedankenverbrecher zu entlarven. Sie entfachen Empörungsstürme („Shitstorms“) im Netz und sorgen in den Medien für „Framing“, für die politisch korrekte Vorsortierung der Wirklichkeit. Was zu der „dysfunktionalen Öffentlichkeit“ führt, mit der wir es heute zu tun haben. Gut zwei Drittel der Deutschen geben an, daß sie es aus Angst vor Sanktionen vorziehen, bei bestimmten Themen ihre Meinung für sich zu behalten. Weil aber die freie Öffentlichkeit das Herzstück der Demokratie und der offenen Gesellschaft ist, haben wir es logischerweise mit einem dysfunktionalen beziehungsweise undemokratischen politischen System zu tun. Ganz so weit will Stegemann in seiner Bewertung zwar nicht gehen, aber so lautet nun mal die Konsequenz aus seiner Analyse.

Es ist bemerkenswert, daß die Links-Rechts-Unterscheidung im Buch so gut wie keine Rolle spielt. Statt dessen erklärt Stegemann, der mit einer Arbeit zur Systemtheorie promoviert wurde, die Entwicklung in der Begrifflichkeit von Niklas Luhmann. Spätmoderne Gesellschaften besitzen demnach keinen zentralen Punkt, sondern bilden ein Pluriversum ausdifferenzierter Systeme: Politik, Wirtschaft, Soziales, Wissenschaft, Kultur und Kunst usw., die durch Membranen getrennt sind und unabhängig voneinander funktionieren. Doch Membranen sind auch durchlässig, so daß ein Austausch zwischen ihnen stattfindet. Die Öffentlichkeit ist der Ort, wo ihre unterschiedlichen Perspektiven und Interessen aufeinandertreffen, wo sie ab- und ausgeglichen werden.

Dieser Ort ist nun im Zerfall begriffen. Zum einen, weil sich die Kommunikation zunehmend ins Internet verlagert, wo sich Echokammern und Filterblasen bilden. Zum anderen durch den Populismus – den Ruf nach und die Offerierung von unterkomplexen Lösungen – sowie die Identitätspolitik von Interessengruppen, die ihre Interessen absolut setzen.

Für Stegemann handelt es sich hierbei um eine Entäußerung der Postmoderne, deren Theorien die Ausdifferenzierung ausdrücklich als „Zerfall“ und diesen als positiven Wert begrüßen. Alles ist relativ, und nur die Aussage, daß alles relativ sei, besitzt eine absolute Geltung. Dies sei die philosophische Rechtfertigung des Neoliberalismus, der wiederum seine Herrschaft auf die Atomisierung der Gesellschaft gründet.
… Alles vom 3.9.2021 bitte lesen in der JF 36/21, Seite 13

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Methusalems – Anarchie in Bayern
Miriam Tscholl inszeniert mit den „methusalems“ Fassbinders „Anarchie in Bayern“. Den meisten Mitgliedern der „methusalems“ dürfte die Erfahrung der 68er-Zeit in Knochen und Hirnen stecken. … Alles von Bettina Schulte vom 19.12.2016 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/theater-2/miriam-tscholl-inszeniert-mit-den-methusalems-fassbinders-anarchie-in-bayern–131390252.html

Dieses Theater der Methusalems ist eine Zumutung
Das Theaterstück „Anarchie in Bayern“ beginnt als Posse zwischen Provinzbayern und linken Revolutionären, die mehr Freiheit und weniger bürgerlichen Gleichschritt bringen. So weit, so gut. Dann kommt’s knüppeldick. Die Regisseurin tobt ihre politische Einstellung ungehemmt aus und drischt selbstgefällig aufs Publikum ein. Unverkennbar pflegt Miriam Tscholl eine naive Willkommenskultur gegenüber Flüchtlingen, die sie in Manier einer primitiven Schwarzweißmalerei den Rechten entgegensetzt. Letztere, als Indianer kostümiert, geben nichts als Blödsinn von sich. Mit ihrer Einseitigkeit geht die Regisseurin an der Wirklichkeit vorbei. Offenbar hat sie in ihrem künstlerischen Elfenbeinturm die Schwierigkeiten noch nicht mitbekommen, die die Zuwanderer der einheimischen Bevölkerung bereiten.Das Ensemble kann einem leidtun. Entweder sind die Schauspieler einer Hirnwäsche erlegen, oder sie haben sich einen Rest Kritikfähigkeit bewahrt, wobei sie einen Text vortragen, mit dem sie nicht einverstanden sind. Ein Theater, das kaum mehr der Ästhetik dient, dafür umso mehr plumpe Politpropaganda verbreitet, ist eine Zumutung.
7.1.2017, Norbert Hörr, Freiburg
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Es wäre ratsam, gelassener zu reagieren
Was für ein merkwürdiger Leserbrief und was für eine aufgeregte Reaktion auf das Stück „Anarchie in Bayern“ im Freiburger Theater. Der Anarchie-Autor Rainer Werner Fassbinder würde sich bestimmt über den gereizten Ton dieses Wutbriefs ins Fäustchen lachen, denn letztlich ist es ja nur eine Theaterfarce, über die sich der Autor empört. Weil die Regisseurin eine politische Aussage zur Flüchtlingsfrage macht, mit der er nicht einverstanden ist – soll das verboten sein? Natürlich kann man über eine Aufführung geteilter Meinung sein, aber dem Ensemble der Methusalems zu unterstellen, sie müssten sich einer Gehirnwäsche unterzogen haben, ist, entschuldigen Sie, Unsinn. Dann müssten sich die Darsteller eines Macbeth, Richards III., Othellos, Jagos oder Eichmanns erst einer Gehirnwäsche unterziehen, wenn sie solche Figuren darstellen wollen? Ich glaube, es wäre ratsam, etwas gelassener auf das zu reagieren, was einem als Theaterbehauptung auf der Bühne begegnet, auch wenn es einem politisch nicht in den Kram passt. Gehen Sie bitte aber weiter ins Theater, auch wenn Sie sich ärgern, das erweitert das Bewusstsein!
21.1.2017, Helmut Grieser, Freiburg, BO

 

 

Schauspieler schauspielern nackt im Freiburger Theater
Quote und volles Haus ist alles. Da mangels Können immer weniger Zuschauer ins Theater kommen, muß seit Jahren zu anderen Mitteln gegriffen werden: Gewalt (Pistole in den Mund), Blut (Messer stechen), Obszönitäten, Sex und nun „alle nackt“. Fraglich ist nur, ob diese Nackt-Masche auf Dauer zieht, zumal an Strand und Dreisamwiesen viel Nacktheit kostenlos zu betrachten ist, dazu noch – anders als im Theater – unverklemmt und knackig (keine so dick-theatralischen Wohlstandsbäuche und linkslastigen Hängebusen).
20.6.2016
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Dem geschockten Bürger steht es zu, nacktes Theater als geschmacklos zu bezeichnen
Nacktheit ist wertfreie Natur. Nacktheit abzubilden, ist uralter Inhalt in der darstellenden Kunst. Die ist allerdings bisher statisch. Bewegte, lebendige Nacktheit ist in der europäischen Kultur dem intimen persönlichen Bereich vorbehalten. Die Freikörperkultur etablierte sich im abgeschlossenen Umfeld und wurde (noch) nicht in der Stadtmitte praktiziert. Nun wird die Freikörperkultur auf die Bühne gebracht; auch das ist in einer freiheitlichen Gesellschaft möglich. Denn unter dem Deckmantel von „Kunst“ ist laut Grundgesetz, Artikel 5, Absatz 3, fast alles zulässig. Die Dekadenz-Erscheinungen unserer Zeit werden zum Mainstream. Der geschockte Bürger mit seinen „antiquierten“ Moralvorstellungen braucht sich das ja nicht im Theater anzusehen, aber es steht ihm zu, es als geschmacklos, exhibitionistisch oder pervers zu bezeichnen. Was ich hiermit mache. Wenigstens fällt dieser Leserbrief (noch) unter die Meinungsfreiheit gemäß Artikel 5, Absatz1 des Grundgesetzes.
20.6.2016, Heinz-Dieter Joos, Gundelfingen
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https://www.badische-zeitung.de/freiburg/choreografie-mit-mehr-als-60-nackten-taenzern-hat-am-mittwoch-premiere–122809257.html
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Nacktvorführung führt zur Geschmacklosigkeit
So ein Theater! Muss man denn wirklich alles machen, was irgendwie geht. Ist man verklemmt oder wo fehlt es? Zukunftsweisend sollte so etwas nie sein. Oder hat man wegen eines schlechten Vorbildes die Schallmauer durchbrochen? Die Nacktvorführung führt zur Geschmacklosigkeit. Wie viele werden es nun nachahmen? Das exzentrische Verhalten der Verantwortlichen vom Theater lässt wirklich zu wünschen übrig. Wie viele Stillosigkeiten werden darauf folgen. Na, es heißt doch immer, was die da oben können, können wir schon lange, aus Anständigkeit haben wir uns bisher nur zurückgehalten.
20.6.2016, Jürgen Paschke, Denzlingen
Flüchtlingsmassenzuwanderung auf der Bühne – Das war wohl nicht zu schaffen

Gegröle und Gekotze
Wie gut täte uns doch ein klassischer Aischylos oder Shakespeare – auf die Kraft der Worte und den zeitlosen und somit immer aktuellen Inhalt vertrauend – ohne Gegröle, Gekotze, Videoüberflutung, modischen Aktionismus und dergleichen mehr. Eine dazu fähige Schauspieltruppe hat man ja im Hause!
20.2.2016, Prof. Aziz Kortel, Merzhausen
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Ich habe nie etwas Frustrierenderes gesehen
Ich möchte Bettina Schulte gratulieren zu der sehr treffenden Kritik zu dem Theaterstück „Die Schutzflehenden“. Sie hat mir aus dem Herzen gesprochen beziehungsweise geschrieben. Ich habe mit einigen Besuchern am Ende gesprochen. Wir waren alle einer Meinung: Stückwerk, unzusammenhängend, unverständlich. Ich kann mich nicht erinnern, in den vielen Jahrzehnten, in denen ich das Freiburger Theater besuche, etwas derart Frustrierendes gesehen zu haben.
20.2.2016, Birgit Kurbjuhn, Freiburg
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Ach, Europa
Robert Schuster inszeniert am Theater Freiburg nicht „Die Schutzflehenden“ nach Aischylos. … Ein Jahr lang hat er (Schuster) sich – so ist es in einem im Programmheft abgedruckten Interview mit dem Dramaturgen Josef Mackert zu lesen – intensiv darauf vorbereitet. Doch die sich verschärfende Situation der Flüchtlinge kam dazwischen. Wie viele deutsche Bühnen hat auch das Theater Freiburg reagiert: Rund zwei Monate blieben Schuster und seinem Team, um- im Rahmen der „Thementage zur Verteidigung der offenen Gesellschaft“ einen theatral tragenden Beitrag im Großen Haus zum drängenden Thema zu leisten. Das war wohl nicht zu schaffen. …
Alles von Bettina Schulte vom 8.2.2016 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/theater-2/ach-europa-x1x–117222173.html

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