Krieg – Schiiten gegen Sunniten

(1) Ein teuflisches Paradox erklärt den neuen Krieg Israel-Gaza: Einerseits sind zwei Drittel der Palästinenser nicht bereit, Israel als Staat anzuerkennnen, weshalb die Hamas nicht einmal die Zweistaatenlösung will. Andererseits riskiert Netanjahu einen Bürgerkrieg, würde er Jerusalem zweiteilen und die hundertausenden Siedler aus den Westbank vertreiben. Deshalb ziehen beide Seiten die Hölle des nun schon jahrzehntelang bestehenden Status Quo einem Frieden vor, der sie zwingt, ihre Träume zu opfern. Beide Seiten sind nicht reif für einen Frieden, der nur gemeinsam zu erreichen ist.

(2) „Knack den ‚Kern‘ des Nahostkonflikts – und alle anderen lösen sich im Gefolge ebenfalls auf. Diese Erwartung ist heute falscher denn je. Die übelste Feindschaft, … verläuft nicht zwischen dem Westen und dem Islam, sondern innerhalb der muslimischen Welt“, so Josef Joffe zum neuen Krieg zwischen der Hamas im Gaza und Israel (DIE ZEIT Nr 30 vom 17.7.2014, S. 1). Nicht der „clash of civilisation“ mit den reichen Industrienationen zählt, vielmehr ist die islamische Welt ihr eigener schlimmster Feind:
– Irak-Iran war mit 1 Mio Toten der blutigste Nahostkrieg, nicht der Krieg zwischen Israel und den Arabern.
– Arabische Potentaten haben im Namen Allahs Hundertausende eigener Bürger massakriert (vorneweg Algerien).
– In Syrien und im Irak herrschen Binnenkriege.
– Saddam und Assad haben Giftgas eingesetzt – nicht gegen die verhassten Juden, sondern gegen das eigene Volk
bzw. gegen die Kurden.
– Jordaniens König Hussein hat mehr Palästinenser umgebracht als Israel in zwei Intifadas.
– Im Jemen und in Lybien wüten offene Bürgerkriege, latente fast überall in der arabischen Welt.

(3) Die vielen Auseinandersetzungen (Regime gegen Völker, Sekten, Ethnien, Stämme, Clans, innerstaatlich, …) im nahen und mittleren Osten haben sich zu einem beherrschenden Konflikt verdichtet: Schia gegen Sunna bzw. Schiiten gegen Sunniten. Die beiden großen Bewegungen des Islams führen Krieg gegeneinander, jeweils im Namen Allahs. Diese Kriege um den einen und einzigen Gott sind die grausamsten überhaupt – wie schon der Dreißigjährige Krieg gezeigt hat (ein Drittel der Bevölkerung Mitteleuropas ging zugrunde, Deutschland wurde um ein Jahrhundert zurückgeworfen). Bei diesem seit Frühjahr 2014 eskalierenden ‚Konflikt aller Konflikte‘ ergeben sich wechselnde und oft bizarre Fronten: So wird die sunnitische Terrortruppe Isis (Islamischer Staat in Irak und Syrien) von den klassischen USA-Freunden Saudi Arabien und Doha unterstützt bei ihrem blutigen Marsch auf Bagdad, wo Iran und die USA das schiitische Maliki-Regime stützen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Schiiten und Sunniten gegenseitig mit Waffen gleicher Bauart und Provenienz umbringen, geht gegen 100 Prozent.

(4) Die Hamas wird irgendwann einer Waffenruhe zustimmen und danach wieder aufrüsten. In Irak und Syrien wird man bis zu Teilungen von Staatsgebieten weiterkämpfen. In diese lokalen Ordnungskriege dürfen sich USA wie Europa nicht einmischen. Die USA haben in drei Mittelost-Kriegen außer 5000 eigenen Toten und 4 Billionen Dollar Kosten nichts erreicht. Und Europa hat aus der Julikrise 1914 vor erst 100 Jahren gelernt, wie leicht lokale Einmischung einen großen Krieg auslösen kann.

(5) Die Welt warten geradezu sehnsüchtig auf einem Erneuerer des Islam, auf einen aufgeklärten Islam, der die Menschen- und Frauenrechte anerkennt, für alle: Auch für die Muslime, die irgendwann einmal den Koran bzw. die Nachfolge Mohammeds anders ausgelegt haben (Schiiten, Sunniten, Aleviten, …). Auch für die Andersgläubigen wie z.B. die Christen. Die Welt wartet auf einen „modernen“ Islam, der einen gütigen und liebenden Gott anerkennt, wobei der derzeit noch grausam herrschende Begriff der „Ehre“ dann endlich dem der „Liebe“ geopfert wird.
Aber noch bedeutet „llahu Akbar“ nicht „Allah ist groß“, sondern „Allah ist groesser“. Ein durchaus bedeutender Unterschied –  weil sich der Islam damit noch ueber alle anderen Religionen stellt? Und weil damit die Todesstrafe gerechtfertigt wird, mit der immer noch jeder rechnen muß, der sich vom Islam abwendet.
Wenn es denn einen Gott gibt, dann kann es nur ein liebender Gott sein. dessen Liebe allen Menschen gleichermaßen gilt..
19.7.2014

 

Stellvertreterkriege
Solche von religiösen und ethnischen Ängsten geschürten Feindschaften sind es, die jeden Konflikt in der Region sofort gefährlich aufladen, ihn zum Stellvertreterkrieg einer übergeordneten Auseinandersetzung zwischen Schiiten und Sunniten machen, jede Lösung erschweren. Das gilt lange schon auch für die Schlachtfelder in Syrien und im Irak. ….
Alles vom 27.8.2014 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/meinung/kommentare/leitartikel-was-nach-der-nothilfe-kommt

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