Koran Antisemitismus Khorchide

In seinem Beitrag „Antisemitismus im Islam? – Was es bedeutet, wenn im Koran scharfe Kritik an Juden geübt wird“ (DIE ZEIT, 31.7.2014,S. 4) unterscheidet der Islam-Theologe Khorchide zwei Lesarten des Korans: Die literalistische Lesart (LL): Satz, Sure bzw. Vers gilt isoliert für sich allein, wörtlich genommen. Und die geschichtliche Lesart (GL): Satz im historischen Kontext interpretieren.

Diese Unterscheidung begründet Prof. Khorchide so: „Im Koran begegnen uns auch Aussagen, die scharfe Kritik an Juden üben. Doch wenn der Koran dies tut, dann keineswegs, um die Juden zu diskreditieren, sondern, damit die Muslime Schlußfolgerungen für ihr eigenes Verhallten ziehen Aber genau diese interpretierende Leistung wird von vielen Muslimen heute nicht erbracht. Der Text wird als historische Information über alle Juden und Christen gelesen. Diese ‚literalistische Lesart‘ (LL) des Korans, die sich weder für den historischen Kontext noch für den tieferen Sinn der Aussagen interessiert. bietet eine Grundlage dafür, Judenhass im Namen des Islam zu legitimieren. Wer den Koran so liest, kann alles Mögliche herauslesen.“

Khorchide erläutert dies an diesem Beispiel: „Du wirst sicher finden, dass diejenigen Menschen, die sich den Muslimen am meisten feindlich zeigen, die Juden und die Heiden sind“ (Koran 5:82). Nach LL gilt also die daraus abgeleitete Gleichsetzung ‚Jude = Heide = Feind‘ mit allen schlimmen Konsequenzen bis hin zur Vernichtung, also Judenhass und Antisemitismus pur. Nach GL hingegen bezieht sich diese Sure nicht auf alle Juden, sondern nur auf diejenigen, mit denen die Muslime damals im Krieg standen (Prophet Mohammed schloss im Jahr 622 nach der Auswanderung nach Medina einen Vertrag, in dem die jüdischen Stämme explizit in die Umma (Gemeinschaft) eingebunden waren. Erst später kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen diesen jüdischen Stämmen und Muslimen, die dann im o.a. Koran 5:82 dokumentiert wurden. In Koran 5:82 geht es also mehr um konkret historisch-politische als theologische Belange).

Khorchide weist darauf hin, dass die Kritik des Korans am christlichen Glauben weitaus schärfer ausfällt als an den Juden (Islam lehnt Dreifaltigkeit, Inkarnation Gottes, Erbsünde, Erlösung ab)

Khorchide stellt fest, dass Muslime und Juden in der Geschichte die meiste Zeit friedlich miteinander gelebt haben. „Der Nahostkonflikt hingegen ist ein trauriges Kapital der jüdisch-muslimischen Beziehung: ein politischer Konflikt, der ins religiöse übertragen wird. Da ist Aufklärung bitter nötig.“

Nicht nur Islamisten wie Al Kaida, Hamas, IS, Muslimbrüder und Saudis, sondern auch vermeintlich gemäßigte Muslime (Sunniten, Schiiten) fühlen sich von Khorchide mit dem Vorwurf „Aber genau diese interpretierende Leistung wird von vielen Muslimen heute nicht erbracht“ angegriffen. Es ist Khorchides Vorwurf an die Bequemlichkeit – es ist  bequem, sich die gerade passende Sure herauszupicken und losgelöst wortwörtlich zu verwenden. So ist zu erklären, dass seit Ende 2013 sogar der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland gegen Khorchide vorgeht und ihm die Professur aberkennen will (siehe unten).

Mouhanad Khorchide ist Professor für bekenntnisgebundene Islamische Theologie an der Universität Münster und dabei auch mit der Ausbildung islamischer Religionslehrer bzw. Immame betraut. In seinem Buch „Islam ist Barmherzigkeit“ (Herder-Verlag Freiburg, 2013)  fordert er die Modernisierung der Religion. Muslimischen Verbänden sind Khorchides Ansichten zu modern und im Dezember 2013 erklärte der bundesweite Koordinationsrat der Muslime ein „irreparables“ Zerwürfnis. Dieser Rat hatte Khorchide im Jahr 2010 die religionsverfassungsrechtlich unverzichtbare Lehrerlaubnis erteilt und will nun Khorchide als Hochschullehrer absetzen.

Islam ist Barmherzigkeit
Mouhanad Khorchide begründet in diesem Buch erstmals für den deutschsprachigen Raum eine zeitgenössische islamische Theologie. Er zeigt, wie der Islam aus sich selbst heraus, nicht von außen, zu einem Selbstverständnis kommen kann, das eine fundamentale Wende hin zu einer Theologie eines barmherzigen Gottes vollzieht. Eine nicht nur wissenschaftliche Sensation.
Verlag Herder , Aufl./Jahr: 2. Aufl. 2013, 220 S., ISBN 978-3-451-30572-

—————————-

 

Einem Reform-Islam den Rücken stärken
Der Koran ist eigentlich seinem Wesen nach ein konsequenter Versuch, das selbständige Denken zu unterdrücken, weil alle Abweichungen unter härteste Strafen gestellt werden, weil alle Augenblicke gesagt wird: „Allah weiß es am besten“, weil er jeden vorstellbaren Gedanken, jede mögliche Handlung in ´erlaubt´ und ´unerlaubt´ einteilt, weil die gesamte menschliche Praxis der „Rechtleitung“ unterstellt wird.
Das Neue Testament hat da einen ganz anderen Charakter: es befasst sich viel stärker mit dem, was man tun soll. An Verboten gibt es eigentlich nur die acht Verbote (nebst zwei Geboten) in den Zehn Geboten.
Als Unterschied kommt hinzu, dass wesentlich für den Islam die Auffassung ist, dass der Koran Wort für Wort dem Propheten Mohammed von Allah diktiert worden ist und als für alle Zeiten unabänderlich gilt. Alle Abweichungen von Text des Koran gelten als Abfall vom Glauben und sind entsprechend zu bestrafen. Mohammed (oder Allah) hat also damit äußerst wirksame Mittel eingesetzt, Veränderungen des Korantextes, bzw. der Glaubensinhalte zu verhindern. Wie wirkungsvoll, sehen wir ja täglich.
Der Hinweis auf den Antijudaismus im Christentum geht hier völlig an der Sache vorbei: im NT gibt es jedenfalls keinen, die Autoren (samt Jesus) waren ja schließlich Juden, es gibt aber jede Menge nackten Judenhass im Koran.
Ein weiterer Unterschied: Die Lehren Jesu sind rein ethischer Natur, die Lehren Mohammed rein machtpolitisch begründet. Es ging ihm um die Etablierung eines eigenen Machtbereichs, woraus sich auch die Unterschiede zwischen den mekkanischen Suren (in Mekka war er noch machtlos und musste sich gefügig und tolerant geben) und den medinatischen (in Medina hatte er einen eigenen Machtbereich und konnte auftrumpfen) ergibt. Seitdem teilt der Islam die Welt in das „Haus des Friedens“ (bereits der islamischen Herrschaft unterworfen) und das „Haus des Krieges“ (noch zu unterwerfende Gebiete) ein. Er ist eine Welteroberungsstrategie und nicht die Friede-Freude-Eierkuchen-Religion, für die manche Gutmenschen ihn halten. Die derzeitige Praxis des IS ist eine minutiöse Umsetzung der koranischen Gebote, ebenso wie bei den Salafisten, bei El Qaida, in der Charta der Hamas, in Saudi-Arabien, im Iran, ebenso bei hier lebenden Muslimen, die ihre Töchter verstoßen oder umbringen, wenn sie nicht so leben, wie der Koran es vorschreibt usw.
Natürlich müsste man Leuten wie Lamya Kaddor, die einen Reform-Islam wollen, den Rücken stärken – was aber bleibt vom Islam, wenn man aus dem Koran all das streicht, was mit der westlichen Moderne unvereinbar ist? Was aber bliebe von der Identität der Muslime, was von ihrem Selbstverständnis, von ihrem Stolz, wenn jetzt von ihnen gefordert würde, anzuerkennen, dass die bisherige Geschichte des Islam eine der Barbarei ist? Nachdem sie sich 1400 Jahre lang als uns haushoch überlegen angesehen haben (Juden und Christen = Affen und Schweine). Und so führen jetzt schon viele Muslime ihre jetzige offensichtliche Unterlegenheit gegenüber dem Westen in Technologie und Wirtschaft auf eine Abkehr von der reinen Lehre (sprich: Koran) zurück und fordern eine Rückkehr zu den frühislamischen Prinzipien und Lebensweisen.
Das Christentum ist das Neue Testament (und übrigens nicht das AT, das ist die Vorgeschichte – weshalb es völlig daneben ist, wenn Islamverharmloser und Christentumhasser Gewaltverse aus dem AT zitieren) und der Islam ist der Koran – es sind eben Buchreligionen: es gilt also das, was dort geschrieben steht. Und weil der Koran seine Anhänger sehr viel strenger regelt und bindet, nicht nur in allgemeingehaltenen ethischen Anleitungen, sondern in allerkleinsten Details des konkreten, privaten Alltags, aber eben auch in Politik und im Rechtswesen, in der Sexualität, weil er also allumfassend die endgültige menschliche Gesellschaftsordnung definiert, die eine Theokratie ist, die penibel eingehalten werden muss (auch die Bekämpfung der Juden!), weil sonst nicht der Jüngste Tag kommt, deshalb ist es unabdingbar, ihn gelesen zu haben, bevor man sich eine Meinung über ihn bildet.
Islamversteher wie auch Lamya Kaddor sagen letztlich, der Islam ist nicht der Islam. Das Problem, das die Welt mit dem Islam (den Muslimen) hat, lässt nicht dadurch lösen, dass man die Wahrheit verschleiert. Ich stelle nicht in Abrede, dass sie Gutes bewirken wollen, dass sie die Welt von Hass und Gewalt befreien wollen, das wird aber nicht dadurch gehen, dass man das leugnet, was ist. Reden Sie doch mal mit den Fundamentalmuslimen im Irak oder wo auch immer und sagen ihnen, sie dürften Frauen nicht schlagen, Juden nicht hassen, Homosexuelle nicht diskriminieren, die lachen sich halbtot und verweisen auf den KORAN, auf Gottes eigenes Wort. Wie wollen Sie diese Leute, die ja offensichtlich nicht aussterben, von Ihren Überzeugungen abbringen?
Die Islamophobie ist ja keineswegs Rassismus, sondern ein gesunder Reflex eines europäisch-westlich kulturierten Menschen, der seine eigene Kultur bewahren will. Die islamische Kultur des Koran ist mit der westlichen nicht kompatibel (Demokratie ist das Werk des Satans!).
Es stellt sich mir die Frage: Welche Motive haben eigentlich diejenigen, die unablässig in den letzten Jahrzehnten den Import von immer mehr Anhängern einer Religion nach Europa propagiert haben, die uns Europäer 1400 Jahre lang als Ungläubige bekämpft haben?
9.8.2014, Hans-Joachim Pook

Sie haben natürlich genau den springenden Punkt getroffen, weshalb Menschen anderen Glaubens oder Atheisten allergisch auf den Islam/Koran reagieren. Eine Religion, die sich nicht nur über alle anderen stellt, sondern per Schrift gleich noch dazu aufruft, diese Ungläubigen aufzuspüren, zu bekehren und sollte das nicht möglich sein, sie zu töten, kommt nun wirklich nicht sympathisch rüber.
Hinzu kommen all die Dinge, die auch in den westlichen Ländern muslimischen Frauen und Mädchen angetan werden, Zwangsverheiratung, Beschneidungen sind keine absolut exotischen Ausnahmen. Es wird immer wieder darüber berichtet.
Die Dschihadisten, die jetzt in der arabischen Welt einen Flächenbrand auslösen berufen sich einzig und allein auf den Koran. Alle Menschen anderen Glaubens, Christen, Kurden, Jesiden, aber auch Muslime mit anderer Ausrichtung werden entweder vertrieben oder getötet. Viele andere islamische Länder schauen dabei zu. Wie kann man dieses verstehen? Ich kann es nicht.
Trotzdem, hier leben Menschen, die einfach nur ihr Leben leben wollen, die meisten sind nicht radikal, sondern wollen in Frieden leben. Und das sollten wir respektieren, auch wenn wir den Islam an sich ablehnen.
Maria Traxler, 10.8.2014

Bibelwissenschaftlich-theologische Methoden der Textkritik müssen gelten
Die Bibelwissenschaften der christlichen Konfessionen arbeiten längst mit den Methoden der Textkritik. Bibel (Neues Testament, NT) und Koran, die wesentlich später als zur Zeit des Lebens von Mohammed und Jesus aufgeschrieben worden sind, werfen die Frage auf (als Bsp.), was die Niederschreiber noch wissen können, wenn die Zeitzeugen gestorben sind. Eine aufgeklärte westliche Gesellschaft tut sich schwer damit, mit einer Religion zu leben, deren Mitglieder glauben, dass alles im Koran unmittelbar von Gott (Allah) stammt und dass sie damit auch Gottes Willen viel besser kennen als die christlichen „Dumpfbacken“.
10.8.2014, Ekkehard Senn

Dieser Beitrag wurde unter Buchhandel, Religion abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar