Konservative fuer Europa

Mit „Pariser Erklärung“ hat eine Gruppe konservativer Intellektueller (darunter der deutsche kath. Philosoph Robert Spaemann) ein Manifest überschrieben, in dem eine geistige Renovation Europas gefordert wird. In sechsunddreißig Proklamationspunkten wird das gegenwärtig „falsche Europa“ (Multikulti, pseudoreligiöse Bewegung für eine entgrenzte Welt) attackiert und mit dem Gegenentwurf eines „wahren Europas“ konfrontiert.
Unter dem Titel „A Europe We Can Believe In“ („Ein Europa, an das wir glauben können“) bekennen sich die Autoren zu ihrer Liebe zu Europa:
„Gewöhnliche Landschaften und Ereignisse sind aufgeladen mit besonderer Bedeutung – für uns, aber nicht für andere. Heimat ist ein Platz, an dem die Dinge vertraut sind und wir wiedererkannt werden, egal wie weit wir umhergewandert sind. Das ist das echte Europa, unsere wertvolle und unersetzliche Zivilisation und Kultur.“
Was ist das „wahre Europa“?
„Es ist eine Gemeinschaft von Nationen, die ihre eigenen Sprachen, Traditionen und Grenzen haben: „Trotzdem haben wir immer unsere gegenseitige Zusammengehörigkeit anerkannt, selbst wenn wir im Streit miteinander lagen – oder uns gar im Krieg befanden. Diese Einheit-in-Vielfalt scheint uns ganz natürlich; dennoch ist sie bemerkenswert und wertvoll, denn sie ist weder naturgegeben noch folgerichtig.“
Dieses wahre Europa sehen die Verfasser bedroht von einem multikulturellen Experiment, das die christlichen Wurzeln Europas ablehnt und das christliche Ideal der Wohltätigkeit auf unhaltbare Weise ausgeweitet:
„Wir sollen die Kolonisierung unserer Heimat und den Verfall unserer Kultur gutheißen in der bloßen Hoffnung auf den Nachruhm des Europas des 21. Jahrhunderts. (…) Von höheren Idealen entfernt und durch die multikulturelle Ideologie entmutigt, patriotischen Stolz zu zeigen, haben unsere Gesellschaften nunmehr große Schwierigkeiten, an den Willen zu appellieren, sich selbst zu verteidigen.“
20.10.2017
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Um unserer Kinder willen: Pariser Erklärung: Konservative sorgen sich um Europa
Der Text fasziniert, erleichtert und erschüttert zugleich.
Er fasziniert, weil er verdeutlicht, daß die europäische Tradition, die man einmal als „abendländische“ bezeichnet hat, noch nicht abgerissen, sondern in den Köpfen konservativer Intellektueller in ganz Europa durchaus virulent ist.
Er erleichtert, weil die Autoren nicht einen Moment lang der Versuchung erliegen, in den Vorstellungen früherer Jahrhunderte zu schwelgen, sondern vom ersten Satz an strikt gegenwartsbezogen argumentieren.
Und er erschüttert, weil er in allem immer auch verdeutlicht, welche Dimensionen europäischen Selbstverständnisses in den letzten Jahrzehnten einfach weggebrochen sind – ohne jede Gewähr dafür, daß sie in ihrer Breite und Tiefe jemals wiedergewonnen werden können.

Was also ist zu tun? Um den Bann des falschen Europas und seinen utopistischen, pseudoreligiösen Kreuzzug für eine entgrenzte Welt zu brechen, fordern die Autoren eine neue Art der Staatskunst und eine neue Art von Staatsmann. „Ein guter Staatsmann erkennt unser gemeinsames europäisches Erbe und unsere nationalen Traditionen als wunderbar und lebenspendend an, aber ebenso als zerbrechliche Geschenke.“ Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, daß die Forderung nach Rückkehr zu solider Bildung einen Schwerpunkt der „Pariser Erklärung“ bildet. Einer Bildung, die den Blick für die Realität des Menschen und der Welt schärft, zur Übernahme von Verantwortung für sich selbst und das Gemeinwesen ermutigt, funktionierende soziale und kulturelle Hierarchien würdigt und sich in allem an Recht und Moral orientiert. …
Alles von W. Fenske bitte lesen auf www.jungeFreiheit.de vom 20.10.2017, Seite 16

Dr. Wolfgang Fenske, Jahrgang 1969, leitet die Bibliothek des Konservatismus in Berlin.

Der volle Wortlaut der Pariser Erklärung im Internet unter:
www.thetrueeurope.eu

Das falsche Europa: Diskursmüde und konsumgesteuert
Das „falsche Europa“, so kann man hier lesen, zeichnet sich durch eine geschichtsvergessene und fortschrittsbesessene, universalistische Überheblichkeit aus, die allein schon den Hinweis auf kulturelle Differenzen reflexartig als reaktionär diffamiert und insgeheim doch von der eigenen zivilisatorischen Überlegenheit überzeugt ist. Die säkularen und moralischen Assimilationserwartungen, die dieses Europa an muslimische Migranten stelle, seine Freiheitsdogmatik, die in Wahrheit nur einen zügellosen Regulationswahn kaschiere, der Inklusionsanspruch, der das urchristliche Ideal der universellen Wohltätigkeit propagiere und gleichzeitig seine christlichen Wurzeln verleugne – all das sind „arglistige“ Paradoxien des „falschen Europa“. Angeführt werde es von einer politischen Klasse, die – trunken von den Versprechungen der Globalisierung – supranationale Organisationen schaffe, um ungestört von nationaler Souveränität agieren zu können. Das Resultat ist in diesem Zeitbild eine diskursmüde, konsum- und mediengesteuerte Gesellschaft ohne ideellen Zusammenhalt, die ihren unerfüllten Willen zu Solidarität und Bekenntnis durch eine fanatische Fußballleidenschaft kompensiert. Von Vergangenheit will sie nichts wissen, ihre eigene Lebenswelt nicht verteidigen. Überall nur Lethargie. Rückzug. Weiße Fahnen. Was also tun? …
Widersprüchlich ist das Thesenpapier in seinem Verhältnis zum Islam. Einerseits heißt es, von der muslimischen Immigration gehe keine große Gefahr aus, andererseits werden muslimische Einwanderer als „Kolonisten“ bezeichnet, die „in einer Art informeller Autonomie unter lokalen Gesetzen leben“. Eben noch zeigt man sich skeptisch gegenüber einem europäischen Wertepaternalismus, der als Notwendigkeit annimmt, dass „sie so werden wie wir“, dann heißt es an anderer Stelle markig: „Immigration ohne Assimilation ist Kolonisation und muss abgelehnt werden.“…
Alles vom 14.102017 bitte lesen auf
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/intellektuelle-fordern-geistige-renovation-europas-15245035.html
Parises Erklärung vom Oktober 2017:
https://thetrueeurope.eu/die-pariser-erklarung/

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