Kirchzarten Kurhaus Finanz MTB

Der Dreisamtäler im Gespräch mit Kirchzartens Bürgermeister Andreas Hall. Das Kurhaus in Kirchzarten wurde ja schon oft als Sorgenkind bezeichnet. Es ist immer wieder sanierungsbedürftig und schluckt viel, viel Geld. Aktuell muss in den Brandschutz investiert werden. Wurden in diesem Bereich Defizite zu lange ignoriert?
Hall: Das kann man so nicht sagen. In der Vergangenheit haben wir stets in das Kurhaus investiert, beispielsweise in neue Fenster im Saal und in der Gaststätte. Das Problem beim Brandschutz ist, dass über die Jahre hinweg die Vorgaben immer weiter verschärft wurden. Als das Kurhaus in den 60er Jahren gebaut wurde, galten noch ganz andere Brandschutzvorgaben. Auslöser für die Maßnahmen jetzt war eine Brandverhütungsschau im Jahr 2011, bei der festgestellt wurde, dass man, um die heutigen Bedingungen zu erfüllen, tiefer in die Substanz eingreifen muss.
Dreisamtäler: Können Sie das konkretisieren?
Hall: Wir müssen zum Beispiel die bestehende Treppe gegenüber den Geschossen abtrennen und die notwendigen zweiten Rettungswege dauerhaft herstellen. Der Saal mit seiner Empore und der Flur im Obergeschoss müssen brandschutztechnisch voneinander getrennt werden. Die elektrotechnischen und die raumlufttechnischen Anlagen werden auf den neuesten Stand gebracht. Zuletzt muss eine flächendeckende Brandmeldeanlage und Alarmierungseinrichtung mit Sprachdurchsage eingebaut werden.
Dreisamtäler: Um welche finanziellen Dimensionen geht es denn?
Hall: Allein die Brandschutzmaßnahmen belaufen sich auf ca. 1,5 Millionen Euro. Hinzu kommen Maßnahmen, die man sinnvollerweise jetzt gleich mitmacht, nämlich die Erneuerung der Ton- und Lichttechnik, die ja auch schon Jahrzehnte alt ist. Außerdem wollen wir dann einen barrierefreien Zugang zu allen Etagen durch einen Aufzug schaffen, so dass sich die Kosten insgesamt auf 2,5 Millionen belaufen werden.
Dreisamtäler: Wie so oft bei Altbauten: wäre denn ein Neubau nicht kostengünstiger als eine aufwändige Sanierung?
Hall: Neubauten bewegen sich in ganz anderen Dimensionen. Vergleichbare Mehrzweckhallen in der Region haben in den letzten Jahren zwischen fünf und neun Millionen Euro gekostet. Aber im Gemeinderat wurde auch diese Frage angesprochen und im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wollte der Gemeinderat einige Fragen ganz grundsätzlich aufgearbeitet haben. Zum Beispiel: Entspricht das Kurhaus dem, was Kirchzarten braucht? Ist die Nutzung so, wie sie derzeit läuft – also der Pachtvertrag mit den Kinesiologen – ideal? Die Verwaltung meint, ja. Aber auch das wird versucht im Gutachten zu erfassen, ebenso wie die Wertschöpfung, die sich durch die Kinesiologen für Kirchzarten ergibt. Weitere Fragen sind: Ist das Kurhaus von seiner Struktur, von seiner Raumaufteilung her ideal? Ist mehr Flexibilität möglich? Kurz: was wäre sonst noch wünschenswert oder machbar und zu welchen Kosten. Das alles möchte der Gemeinderat gutachterlich dargestellt wissen und möglicherweise wird das in Ergänzungsanträge zur jetzt geplanten Brandschutzsanierung münden.
Dreisamtäler: Steht zu befürchten, dass das Kurhaus aufgrund Brandschutzmängel geschlossen werden muss?
Hall: Das Kurhaus als öffentliche Versammlungsstätte hat keinen Bestandsschutz. Wir müssen immer die aktuellen Brandschutzvorgaben erfüllen. Derzeit kann der Betrieb geduldet werden, weil wir nach der Brandschutzschau 2011 notwendige Sofortmaßnahmen durchgeführt haben, wie die Erstellung des provisorischen Fluchttreppenturmes an der Außenfassade und die Schließung der Empore für das Publikum. Wir sind jedoch gehalten, die weiteren Auflagen umzusetzen. Dafür läuft ja jetzt auch der Bauantrag und ich gehe davon aus, dass wir 2015 die Bauarbeiten umsetzen können.
Dreisamtäler: Derzeit laufen auch noch weitere Bauantragsverfahren, nämlich die für die Scheunen in der Talvogtei.
Hall: Wir werden in diesem Jahr mit der Sanierung der Scheunen anfangen können, ein für Kirchzarten markantes und prägendes Projekt! In der größeren Scheune wird eine öffentliche Bibliothek mit einer hohen Aufenthaltsqualität entstehen und gegenüber werden Bürgerbüro und Bauamt einziehen. Im Obergeschoss entsteht ein Bürgersaal, der für Konzerte, Kleinkunst oder Sitzungen nutzbar ist. Die Erfahrungen anderer Kommunen zeigen: wenn solche Räume da sind, kommen auch die Ideen! Dort, wo Büchereien ins Ortszentrum verlegt wurden, stiegen die Besucherfrequenzen und die Ausleihzahlen und sie entwickelten sich automatisch zu soziokulturellen Treffpunkten.
Dreisamtäler: Das Thema Mountainbiken und Giersberg ist noch nicht gegessen?
Hall: Der Gemeinderat hat ein Konzept auf den Weg gebracht, mit dem wir meinen, den Bürgerentscheid zu respektieren und den unterschiedlichen Interessen der Waldnutzer Rechnung tragen. Zum einen erstellen wir eine sogenannte Erholungswaldsatzung für das gesamte Areal Giersberg, Hexenwäldle und Hochberg. Diese Satzung möchten wir deshalb erlassen, weil das die Rechtsgrundlage bildet, vom Landeswaldgesetz abweichende Regeln durchzusetzen, zum Beispiel dass Räder im Hexenwäldle durch den Wald fahren dürfen, im Bereich des Giersbergs jedoch nicht. Uns als Kommune hätte das so genügt. Das Landratsamt als Baurechtsbehörde sagt aber, dass, wenn wir Wippen und andere bauliche Anlagen im Wald installieren wollen, dem ein Bebauungsplan zugrunde liegen muss. Deshalb wird zusätzlich zur Erholungswaldsatzung für den Bereich, in dem die Trainingsanlage für die Mountainbiker errichtet werden soll, ein Bebauungsplan erstellt.
Dreisamtäler: Und gibt es da ein Problem?
Hall: Die IG Giersberg möchte, dass der Bebauungsplan über das gesamte Giersbergareal gelegt wird, denn ein Bebauungsplanverfahren ermögliche mehr Bürgerbeteiligung. Die IG sieht eine Ungleichgewichtung der Interessen „Erholung“und „Mountainbike-Training“, wenn der Bebauungsplan nur auf das Trainingsareal begrenzt wird.
Dreisamtäler: Warum weiten Sie das Bebauungsplangebiet dann nicht einfach aus?
Hall: Inhaltlich ist es verfehlt, einen Bebauungsplan dort zu machen, wo gar nicht gebaut werden soll, und bauliche Eingriffe gibt es definitiv nur im Bereich der Trainingsstrecke im Hexenwäldle. Würden wir das ganze Areal mit einem Bebauungsplan belegen, wäre das rechtlich nicht haltbar. Es geht hier überhaupt nicht um Ungleichbehandlung, Bevorzugung oder Benachteiligung verschiedener Interessensgruppen, sondern um die Anwendung von Rechtsinstrumenten, die in Abstimmungsgesprächen mit mehreren Behörden als erforderlich identifiziert wurden!
Dreisamtäler: Wo findet Training im Moment statt?
Hall: Auf den üblichen dafür vorgesehenen Wegen, ohne spezielle Trainingselemente. Das ist schade für die Trainingsarbeit. Das Landratsamt deutete jedoch an, dass es sich eine Duldung von Geländemodulationen in kleinem Umfang im Hexenwäldle vorstellen kann, noch bevor der Bebauungsplan Rechtskraft hat, solange keine naturschutzfachlichen Belange tangiert sind. Am Giersberg sind alle bisherigen Trainingsanlagen abgebaut, da gibt es nichts mehr!
Dreisamtäler: Bildung und Betreuung ist in Kirchzarten ein Dauerthema
Hall: In Burg wird das Kinderhaus, das ja eine kommunale Einrichtung ist, nun erweitert und modernisiert, nachdem ein Jahr lang eine Bauplanungsgruppe bestehend aus Verwaltung, Erzieherinnen und Eltern Vorstellungen und Konzepte entwickelt und den Bedarf an Räumlichkeiten ermittelt hat. Die Situation dort war lange Jahre beengt und provisorisch. Doch auch in Zarten ist die Situation beengt. Entgegen des bundesweiten Trends sind die Kinderzahlen in Kirchzarten hoch und hinzu kommt, dass der Bedarf an Kinderbetreuung heute pro Kind höher und länger ist als früher. Das setzt sich dann auch in der Schule fort in Bezug auf Hort- und Ganztagesbetreuung. Wir haben in Kirchzarten zusammen mit den freien und kirchlichen Trägern ein gutes und breites Angebot. Diese Trägervielfalt nehmen die Bürger sehr positiv wahr und deshalb unterstützt die Gemeinde diese auch finanziell in hohem Maße!
Dreisamtäler: Was macht denn das Thema Windkraft?
Hall: Die Änderung des Teilflächennutzungsplanes ist immer noch in Bearbeitung und am Verfahrensstand hat sich nichts geändert. Da wo in unserer Region der meiste Wind weht, da bestehen auch die größten Restriktionen. Derzeit laufen langwierige und kostenintensive Untersuchungen, zum Beispiel am Hundsrücken. Der ist gut zugänglich, wenig einsehbar und sehr windhöffig, hat aber auch einen hohen naturschutzfachlichen Wert und wird z. B. von schützenswerten Vögeln bevölkert. Dies gilt es fundiert aufzuarbeiten.
Dreisamtäler: Was liegt Ihnen noch am Herzen?
Hall: Im Jahr 2015 können wir 1250 „Zarduna“ feiern. Vor 50 Jahren wurde das Jubiläum 1200 Jahre „Kirchzarten“ begangen Heute weiß man, dass der Ursprung ja eher in Zarten lag. Wir wollen deshalb das ganze Jahr über in allen Ortsteilen feiern. Die Vorbereitungen dafür laufen schon. Es gibt eine Vorbereitungsgruppe aus Verwaltung, Gemeinderäten und kulturschaffenden Vereinen.
Dreisamtäler: Herr Hall, vielen Dank für das Gespräch!
20.4.2014, Mit Bürgermeister Andreas Hall unterhielt sich Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de

 

 

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