Kartaus – Ausgrabungen Kloster

Am 18.12.2014 wird im Museum für Stadtgeschichte am Münsterplatz die Ausstellung „gemeinsam.einsam“ eröffnet. Sie ist den Ausgrabungen und Untersuchungen gewidmet, die Archäologen und Bauforscher der Landesdenkmalpflege im Vorfeld des Umbaus der Kartaus für das „United World College“ (UWC) vorgenommen haben. Nach fast 450 Jahren als Kloster und jeweils mehr als einem Jahrhundert als Adelssitz und Altenheim bezogen im September 2014 Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt die sanierten und ergänzten Gebäude.

Die Gründung der „Freiburger Kartause Sankt Johannisberg“ – so der volle Name der Kartaus – wurde seinerzeit durch eine Stiftung des Ritters und Bürgermeisters Johannes Snewelin ermöglicht. Seinen Beinamen „der Gresser“ verdankt der 1291 als Spross einer reichen Freiburger Patrizierfamilie geborene Snewelin offenbar einer physiognomischen Eigenart, denn im altalemannischen bezeichnet man so einen „finster dreinblickenden Menschen“. Im Jahr 1346 schenkte er dem Kartäuserorden das einsam, aber doch ihn Stadtnähe gelegene Gelände am Musbach für zunächst zwei Mönchzellen, durch sein Testament, das mit Snewelins Tod 1347 Wirksamkeit erlangte, wurde die Stiftung wesentlich vergrößert, so dass drei weitere Zellen entstehen konnten. Eine besondere Blüte erlebte die Freiburger Kartaus in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als Gregor Reisch Prior (Vorsteher) des Klosters war. Als Universitätslehrer und Autor war er hochgeschätzt und stand als Beichtvater Maximilians I. in engem Kontakt zum kaiserlichen Hof. Zu seinen Schülern und Freunden gehörte die Spitze der oberrheinischen Humanisten, und auch der große Erasmus von Rotterdam schätzte ihn sehr. Sein durch die literarische und verlegerische Tätigkeit nach und nach wachsendes Vermögen verwendete Reisch in erster Linie für sein Kloster, das durch ihn unter anderem fünf neue Zellen, eine Mühle, ein neues Refektorium und eine neue Kirche erhielt. Die letzte bauliche Erneuerung der blühenden Freiburger Kartause wurde unter Prior Benedikt Kayser im Juli 1753 begonnen und unter seinem Nachfolger Athanasius Kolb 1756 vollendet. Vor den spätmittelalterlichen Klausurtrakt mit dem großen Kreuzgang und elf Häuschen wurde der noch erhaltene dreiflügelige Neubau errichtet. Wenige Jahre nach der Fertigstellung verfügte Kaiser Joseph II. jedoch die Aufhebung der Kartause. Die kontemplative Lebensweise der Kartäuser als Einsiedler erfüllte nach Auffassung des aufgeklärten Monarchen und seiner Berater keinen gesellschaftlich sinnvollen Zweck. Den barocken Konventsbau zeigt die oben abgebildete Aquatinta-Radierung von Wilhelm Nilson. Sie gehört zu einer Serie von Freiburg-Ansichten nach Zeichnungen von Rudolf Follenweider, die von der Herderschen Kunst- und Buchhandlung in Freiburg in zwei Heften ab 1821 publiziert wurden. Der berühmte Freiburger Historiker Heinrich Schreiber verfasste begleitende Texte. Sehr anschaulich beschreibt er die Situation nach der Aufhebung: „Jetzt ist die Karthause mit ihrer Zubehör Eigenthum des Herrn Staatsraths Freiherrn von Baden, und von demselben in einen genußreichen Landsitz umgewandelt. Ein weiter blühender Garten bedeckt die Stätte der ehemaligen Zellen, und wohlangebrachte, mit Ruhebänken versehende Fußpfade ziehen sich den benachbarten Bergrücken hinauf, und dort zu Stellen, wo sich die genußreichsten Aussichten auf das liebliche Thal die vorüberrauschende Dreisam, die zerstreuten Dörfer, oder endlich auf die, an den fernen Berghängen ruhenden Hütten, darbieten.“
15.12.2014, Pater Kalchthaler

 

gemeinsam.einsam“ –Ausstellung zur Freiburger Kartause noch bis zum 21. Juni
Die Grabungen im ehemaligen Kartäuserkloster Sankt Johannisberg im Stadtteil Waldsee haben spektakuläre Funde ans Licht gebracht. Nun sind die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen erstmals in einer Ausstellung im Museum für Stadtgeschichte zu sehen.
„gemeinsam.einsam“ gibt Einblicke in die Geschichte des Kartäuserordens und kennzeichnet die Lebensweise des Kartäuserordens: Lebensweise als Einsiedler und gleichzeitig Leben in einer klösterlichen Gemeinschaft. Der vom Heiligen Bruno im 11. Jahrhundert gegründete Kartäuserorden mit seinem Zentrum in Grenoble – Grand Chartreuse – ist ein sehr strenger Orden, der nie reformiert wurde.
Auch geborgene Fundstücke sind zu sehen, darunter ein silbernes Kreuz, Buchschließen und -beschläge, Keramik- und Glasobjekte sowie ein Rosenkranz. Letzterer ist Inhalt eines museumspädagogischen Begleitprogrammes für Schüler als interkulturelles, übergreifendes Element von nichtchristlichem Ursprung (Perlen-und Gebetsschnüre waren schon im Buddhismus und Orient weit verbreitet, bevor sie vom Christentum als Form zur Meditation übernommen wurden. Im Westen wurde das Rosenkranzgebet durch die Dominikaner im Rahmen der Marienverehrung weit verbreitet).  Für Familien und Kinder von 8 bis 12 Jahren berichtet eine Textspur von „Pater Johannes“ in einfacher Sprache über das Leben der Mönche und andere zentrale Themen. Die Ausstellung zeugt von der wechselvollen Geschichte der Freiburger Kartause, die auf das Jahr 1346 zurückgeht, als der Bürgermeister und Ritter Johannes Snewlin dem Kartäuserorden damals das Gelände zum Bau eines Klosters mit zunächst zwei Mönchszellen stiftete. Die Gründungsurkunde vom 28.06.1346 ist ebenso unter den Ausstellungstücken wie die „Margerita Philosophica“ des wohl bekanntesten Priors, Gregor Reisch, dem ein in einer Latrine gefundenes Zinngeschirr aus dem frühen 16. Jahrhundert zugerechnet werden kann. Bei den beiden gefundenen Frauengräbern (27 Gräber von etwa 200 wurden ausgegraben) handelte es sich wohl um Stifterinnen.
Manch Kurioses ist in dieser Ausstellung ebenso zu sehen, wie die Beschreibung der Historie vom Kloster, über Landsitz und Altersheim bis zur heutigen Schule in Form des United World College.
21.12.2014, Hans Homlicher

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