Kaltwasserhof Muenstertal 2015

Wie die Zeit vergeht: 2002 lebte die Familie Boro für drei Monate „wie vor 100 Jahren“ auf dem Kaltwasserhof in Münstertal-Mulden, der TV-Film erhielt viele Auszeichnungen. 2004 sah es noch aus wie nach dem Film. Nach dem Besuch am 31.5.2015 aber kommt die Sorge auf, dass der alte Bauernhof so langsam verfällt. Zum Führungspreis von 7 Euro wird wenig geboten,
aber leider umso mehr Durcheinander, Unansehliches (die schimmlige Uraltwurst hängt in der Räucherküche), Ungepflegtes (Brennessel, Scherben) und Unsicheres (morsche Geländer, wer bezahlt, wenn man runterfällt). Da erinnert man sich gerne an der Schniederlihof ob Hofsgrund, der – von Gemeinde bzw. Verein getragen – als schmucker Museumsbauernhof gelten darf. Oder der Hansmeyerhof in Buchenbach-Wagensteig. Vielleicht könnte diese Höfe am Schauinsland und im Wagensteigtal ja als Vorbild für den Kaltwasserhof dienen?

Infos zum Kaltwasserhof:
https://www.freiburg-schwarzwald.de/muenstertal5.htm#Kaltwasserhof

kaltwasserhof1muenstertal150531          kaltwasserhof2muenstertal150531          kaltwasserhof3muenstertal150531
(1) Viele Besucher am 31.5.2015        (2) Blick westwärts Kaltwasserhof rechts  (3) Blick ostwärts

kaltwasserhof4muenstertal150531          kaltwasserhof5muenstertal150531          kaltwasserhof6klo150531
(4) Hinter dem Hof am 31.5.2015           (5) Presse                                                   (6) Plumps-Klo für Jung und Alt

kaltwasserhof7kachelofen150531          kaltwasserhof9utensilien150531          kaltwasserhof8stube150531
(7) Kachelofen bzw. Kunscht                  (8) Werkzeuge                                            (9) In der Stube 31.5.2015

Bericht der Feierabend’ler aus Freiburg von 2012 mit vielen Bildern:
https://www.feierabend.de/Freiburg/Ausfluege/Besuch-im-Kaltwasserhof-im-Muenstertal-Schwarzwald-am-06-09-2012-47130.htm

„Die Mühen des Alltags“ vom 29.5.2015:
https://www.badische-zeitung.de/familien-ticket/kaltwasserhof-im-muenstertal
    . 

In dieser Unordnung sollen unsere bäuerlichen Vorfahren gelebt haben?
„Die Mühen des Alltags“ ist Ihr ach so wunderbar idyllischer Artikel über den Kaltwasserhof im Münstertal überschrieben. Gemeint sind wohl die Mühen der bäuerlichen Bewohner vor 250 Jahren. Was aber trifft man bei einer „Führung“, an der ich am 31. Mai teilnahm, wirklich an? Man sieht: Die (vergeblichen) Mühen des heutigen Besitzers, dieses wunderschöne alte „Schwarzwaldhaus 1902“ in Ordnung zu halten. Mir scheint, nach den letzten Filmaufnahmen von 2002 ist dort weder gearbeitet noch aufgeräumt worden. Vielmehr hat man hier wohl einen stationären Flohmarkt für Alltagsgegenstände eingerichtet, die man in einem Bauernhaus zumindest vermuten möchte. Wahllos sind Werkzeuge, Kochtöpfe, Öllampen angehäuft und abgestellt; alles ist im Überfluss vorhanden: Gerätschaften, Möbel, Nützliches und Unnützes, aber auch Spinnweben und eine grandiose Unordnung. So kann es um 1902 und früher hier gar nicht gewesen sein!
Da drängen sich dann auch noch viel zu viele Besucher einer „geführten“ Gruppe durch heimelig wirkende, in ihrer Verwahrlosung aber dekadent erscheinende Bauernstuben. Nachdem der Gastgeber umständlich sieben Euro pro Besucher (statt der in der Zeitung angekündigten sechs Euro) kassiert hat, verschwindet er mit einem Teil der Gruppe in einem der winzigen Wohnräume – wer hinten steht, bekommt von den eher bescheidenen Ausführungen dank der leisen Stimme des Führers nichts mit. „Sie können auch außen herumgehen“ – das ermuntert mich zu einem Gang ohne Führung durch Werkstatt und Schlafzimmer: In dieser Unordnung sollen bäuerliche Vorfahren gelebt haben? Hier ist seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, keine ordnende Oma mehr am Werk gewesen, kein Staubwedel wurde benutzt, die Betten wirken so, als ob die Einwohner sie soeben fluchtartig verlassen hätten. Unsere Alten mögen bescheiden und arm gelebt haben, aber Ordnung und Sauberkeit war bei ihnen eine Selbstverständlichkeit, die sie vor Verwahrlosung, aber auch Ungeziefer, Krankheit und Unfällen schützte. Es standen vor 250 Jahren sicher nicht zehn verschiedene Öllampen auf einem Regal herum, und im Dunkeln sollte man ja auch nicht über herumliegenden Kram stolpern.
Einfaches Leben und Unordnung sind Begriffe, die nicht zwangsläufig zusammengehören. Bevor im Kaltwasserhof nicht gründlich aufgeräumt und aussortiert wird, kann ich keinem Besucher den kurzen Weg vom Parkplatz zum unter Bäumen versteckten Hof empfehlen. Enttäuscht und ein wenig verärgert über den überzogenen Eintrittspreis von 7 Euro gilt mein Urteil eindeutig: Es hat sich nicht gelohnt!
3.7.2015, Dr. Christian Euler, Endingen

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