Jobmesse Colmar – Pendler F-D

Seit 1980 ist die Zahl der Pendler vom Elsass über den Rhein nach Südbaden immer weiter zurückgegangen und immer weniger Elsässer sprechen Deutsch. Die Arbeitslosenquote im Elsass liegt bei über 10%. Im Bereich der IHK Südlicher Oberrhein fehlen weit über 10000 Fachkräfte. Bei der Jobmesse in Colmar 24./25.1.2014 werben badische Firmen um zukünftige Pendler.

Auf der zweitgrößten Berufs- und Bildungsmesse von Frankreich „Salon regional formation emploi“ haben 80 deutsche Unternehmen der IHK ihre Stände aufgebaut. Gründe: Auf deutscher Seite wird die Zahl der Lehrstellenbewerber demografiebedingt bis 2025 um 30 % zurückgehen, während sie auf französischer Seite unverändert bleibt. Gleichzeitig sind im Elsass 23000 unter 25-Jährige ohne Arbeit und die Arbeitslosenquote dieser Altersgruppe liegt bei unvorstellbar hohen 20%.

Strassburger Arbeitsagentur „Pole Emploi“
www.srfe.com
Un salon ouvert à tous ! Vous êtes demandeur d’emploi, étudiant, lycéen, salarié en reconversion ou encore créateur d’entreprise ? Le Salon Régional Formation Emploi est le rendez-vous à ne pas manquer ! Cet événement, unique en Alsace, vous offre la possibilité de découvrir les différents métiers et filières de formation, d’entrer directement en contact avec les entreprises qui recrutent, de participer à des ateliers, d’assister à des conférences… et ce, dans un même lieu et au même moment.

https://www.suedlicher-oberrhein.ihk.de/international/Frankreich_Schweiz/Auwi_2008_Frankreich/2589340/Salon_Regional_Formation_Emploi_am_24_25_Januar_2014_in_Colmar.html

IHK Südlicher Oberrhein, Lotzbeckstraße 31, 77933 Lahr,
Frédéric Carrière, Tel 07821/2703-650, E-Mail: frederic.carriere@freiburg.ihk.de

 

 

 

Wir brauchen euch
Badische Unternehmer wollen mit großem Aufwand auf der Jobmesse in Colmar Elsässer auf den brummenden Arbeitsmarkt rechts des Rheins locken. In großer Zahl und mit viel Hoffnung treten deutsche Arbeitgeber bei der Jobmesse auf, die am Freitag in Colmar eröffnet wurde und die noch bis zum heutigen Samstag dauert. Die Unternehmensvertreter sagen elsässischen Bewerbern immer wieder: Wir brauchen euch. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein, die Handwerkskammer Freiburg und die Agentur für Arbeit haben eine ganze Messehalle angemietet, die es ohne das akute Interesse aus Südbaden leergeblieben wäre. Rechts des Rheins hat eine für die Betriebe verheerende demografische Entwicklung eingesetzt. 2025 werden laut Prognosen im Bereich der IHK Südlicher Oberrhein 25 000 Fachkräfte fehlen. Genauso viele werden es im Handwerk sein.

Auf der Jobmesse in Colmar gleicht die Halle vier mit mehr als 70 badischen Betrieben einem belebten Marktplatz. Jeder kann mit den besten Leuten reden, die nach Arbeit suchen. Im vergangenen Jahr zählte die Jobmesse mehr als 20 000 Besucher. Drei Viertel der Elsässer, das hat das Euro-Institut Kehl herausgefunden, seien an einem Arbeitsplatz in der nahen Grenzregion interessiert.
Einige der in Colmar präsenten Unternehmen aus Baden haben zahlreiche Angestellte aus dem Elsass gehabt, andere keine Erfahrung. Sie haben aber verstanden, dass es in manchen Branchen bei einer Arbeitslosenquote von knapp über vier Prozent im Raum Freiburg schwer ist, geeignete Bewerber für unbesetzte Stellen zu finden. Berufskraftfahrer etwa werden auf deutscher Seite dringend gesucht. Katja Scharnagl von der Freiburger Spedition Klotz kann pro Lehrjahr bis zu vier Auszubildende einstellen, dazu bis zu drei ausgelernte Fahrer. Je nach Auftragslage steige der Bedarf, so Scharnagl. „Aber wir erwarten eine abgeschlossene Ausbildung.“ Das wüssten viele Bewerber nicht. Steffen Auer, der Präsident der IHK Südlicher Oberrhein, sagt: „Früher kamen viele Elsässer in deutsche Betriebe und wurden dann angelernt.“ Heute hätten die Unternehmen viel größere Erwartungen, was die Qualifikation anbelangt.

Auf französischer Seite ist die Messe lange und intensiv vorbereitet worden. 1700 Arbeitslose, die beim französischen Pôle emploi gemeldet sind, wurden in Bewerberkursen geschult. Vor Beginn der Messe verschickte das französische Pendant zur deutschen Agentur für Arbeit an alle, die in ihrer Kartei verzeichnet sind, eine SMS, mit der an die Jobbörse erinnert wurde. „Im Elsass ist das üblich“, sagt Anja Ondrejcik . Die Freiburger Arbeitsberaterin ist der deutsche Part des Services für grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung im Bereich Freiburg/Lörrach und dem südlichen Elsass. Oft scheitert eine Vermittlung an Formalien. Deutsche Unternehmen bekommen aus dem Elsass handgeschriebene Lebensläufe, Bewerbungen ohne Foto oder solche, die auf ein einziges Blatt gepackt sind. „Eine solche Bewerbung“, sagt Ondrejcik, „wird aussortiert, schon allein, weil sie ungewöhnlich aussieht.“ Dabei hätte der Bewerber vielleicht auf die offene Stelle gepasst. In Colmar richtete die Agentur für Arbeit deshalb eigens eine Bewerbungsmappenberatung ein.
Badische Hotels suchen in Colmar Köche, Kellner, Zimmermädchen – weil es sich auszahlt, wenn das Personal französische Gäste in deren Sprache anspricht. Christiane Roth, Präsidentin der IHK Colmar, sieht kein Problem darin, dass junge Elsässer fortan für den deutschen Arbeitsmarkt ausgebildet werden könnten. „Jungen Menschen steht es immer gut zu Gesicht, wenn sie im Ausland Berufserfahrungen sammeln. Und was spricht dagegen, dass sie irgendwann wieder zurückkommen und wir davon profitieren?“
25.1.2014, Bärbel Nückles
https://www.meteojob.com/colmar/emploi-colmar.html 

Wie südbadische Betriebe junge Elsässer anwerben

Im Radius der IHK Südlicher Oberrhein sind vergangenes Jahr 400 Ausbildungsstellen unbesetzt gewesen. Wer dem Fachkräftemangel in Südbaden mit jungen Arbeitslosen aus dem Elsass abhelfen will, muss dicke Bretter bohren. Es hat ein paar Wochen gedauert, bis die Anfangsprobleme ausgestanden waren und sie pünktlich um sieben Uhr früh in Kehl bei der Arbeit waren. Pierre Kurtz muss dafür um 5 Uhr zu Hause im elsässischen Rhinau losfahren. Kévin Lerdung reist aus Marmoutier an, eine gute halbe Stunde hinter Straßburg. Mahmut Bolukbasi marschiert 40 Minuten, bis er im Kehler Hafen ankommt. Zwischen seiner Wohnung in Frankreich und seinem Praktikumsplatz in Deutschland liegt eigentlich nur die Europabrücke. Aber so nah sei das dann doch wieder nicht, meint er und grinst verlegen. „Meine Freunde“, erzählt er, „beneiden mich um diese Chance.“ Pierre, 18, Kévin, 21, und Mahmet, 17 Jahre alt, haben Monate auf ihre Chance gewartet. Der eine hat im Elsass keine Lehrstelle im Wunschberuf gefunden. Beim anderen waren die Noten einfach zu schlecht. „Wenn man so einen Namen hat wie ich“, sagt Mahmut Bolukbasi, „ist es in Frankreich nicht gerade leicht, Arbeit zu finden.“
Bernd Wiegele, Geschäftsführer der BAG Badische Ausbildung und Anlagenbau, einer Tochter der Badischen Stahlwerke (BSW) in Kehl, hat ihnen und zwei anderen jungen Männern aus dem Elsass eine Chance gegeben. „Wir haben hier 196 Auszubildende aus 17 Nationen. Unser Betrieb bildet schließlich die Gesellschaft ab.“ Vom Schreibtisch aus blickt Wiegele auf die Schlote des Kehler Stahlwerks. Zur anderen Seite ahnt man den Straßburger Erdölhafen. „Ich habe mich immer gefragt, warum ich nicht mehr als eine Bewerbung pro Jahr aus Frankreich auf den Tisch bekommen habe.“
Warum nicht Leute aus dem Elsass holen? Die BSW sind mit zahlreichen Tochterunternehmen der größte Arbeitgeber im Kehler Hafen, und Wiegele muss für sie alle Nachwuchs ausbilden. Dafür ist die BAG in den 1980er-Jahren als Ausbildungsbetrieb gegründet worden. „Noch spüren wir den demografischen Rückgang nicht, von dem alle reden“, sagt Wiegele. „Aber unser Einzugsgebiet ist nur ein Halbkreis.“ Statt abzuwarten ergriff der drahtige Manager die Initiative, sagte sich: Warum nicht junge Leute aus dem Elsass nach Baden holen? Nachdem der Druck auf beiden Seiten zugenommen hat – 9,5 Prozent Arbeitslose, 20 Prozent bei den Jugendlichen im Elsass, Fachkräftemangel in Baden-Württemberg – wurde die Kooperation schnell konkret. Mit der Region Alsace hat die BAG auch die Politik im Boot und die Arbeitsagenturen in Kehl und Straßburg auf ihrer Seite. Letztere schickte bald 27 Interessenten in den Betrieb. Nicht ein Fünftel ist geblieben. Rêve, Französisch für Traum, heißt die grenzüberschreitende Kooperation, die im Oktober begonnen hat. Bis zum Sommer absolvieren die fünf jungen Männer ein Praktikum. Im Herbst, wenn auch die Sprache besser sitzt, soll die richtige Ausbildung beginnen. Dafür wird Wiegele aber nicht den klassischen Weg gehen.

400 Ausbildungsstellen unbesetzt: Seit 1999 gibt es in Betrieben der Ortenau ein gestuftes Modell: Jugendliche, die nicht von vornherein die Voraussetzungen für die betriebliche Ausbildung erfüllen, werden in Kleingruppen sozialpädagogisch und fachlich betreut, schließen aber, so die Erfahrung, trotz leicht verlängerter Ausbildungszeit in der Regel mit den anderen auf. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt Wiegele. „Die jungen Leute geben Gas.“ Das würden sich auch andere Arbeitgeber am Oberrhein wünschen. Im Radius der IHK Südlicher Oberrhein waren im September 400 Ausbildungsstellen quer durch alle Branchen nicht besetzt. Die vier IHKs an der Rheinschiene zählen sieben Prozent weniger Neueinstellungen von Auszubildenden pro Jahr. Die Arbeitsagentur Freiburg hat Job-Datings entwickelt, deutsch-französische Beraterteams gebildet und ist auf den einschlägigen Berufsmessen im Elsass präsent. Für Ende dieser Woche hat sie in Colmar für 70 Arbeitgeber eine komplette Halle gemietet. Sie hat einen Flyer entwickelt, um in Frankreich für die duale Ausbildung in Deutschland zu werben.

Sprache als Hindernis: Das größte Hindernis ist, da sind sich alle einig, die mit der Materie zu tun haben: die Sprache. Vor allem die Jugendlichen im Elsass, jene, die jetzt auf den Arbeitsmarkt drängen, sprechen selten ausreichend Dialekt oder Hochdeutsch, um in einer der deutschsprachigen Nachbarregionen zu arbeiten. Dem Elsass ist dadurch ein Markt weggebrochen, 10 000 Jobs in der nahen Schweiz, in Baden und der Südpfalz, die bis vor wenigen Jahren noch mit Elsässern besetzt waren. Auf der badischen Rheinseite hat sich die Zahl der „Einpendler“ aus Frankreich seit 1999 um mehr als 6100 verringert. Ging ein elsässischer Facharbeiter bei Mercedes in Raststatt zuletzt in Rente, folgte kein jüngerer Landsmann nach – teils, weil schlicht die Sprachkenntnisse fehlen, teils, weil der nächsten Generation das Nachbarland fremd geworden ist. „Ich war schon in Kehl einkaufen“, erzählt BAG-Praktikant Pierre Kurtz, 18, ein schlaksiger Junge. „Ich war auch im Europa-Park.“ Auf die Idee, in Deutschland nach einer Lehrstelle zu suchen, wäre er von alleine nicht gekommen. Es brauchte die Motivation durch seinen Arbeitsberater. „Dabei sprechen wir zu Hause Elsässisch, und mein Vater arbeitet seit 20 Jahren hier bei einem Reifenhändler.“‚
Im Sommer 2013 unterzeichneten der elsässische Regionspräsident Philippe Richert und Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich eine Rahmenvereinbarung. Jugendliche aus der französischen Grenzregion sollen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz in Deutschland und bei der Bewältigung der sprachlichen und kulturellen Hürden unterstützt werden. Dafür stellt das Elsass vier Millionen Euro zur Verfügung. „Seither ist viel passiert“, sagt Hartmut Möller von der IHK Südlicher Oberrhein in Freiburg.
„Anfangs dachten wir, die Auszubildenden würden in Frankreich die Berufsschule absolvieren und den praktischen Teil in deutschen Betrieben verbringen“, erklärt er. Das war leichter gesagt als getan. „Im Elsass“, sagt Möller, „sind die Lehrpläne vollkommen anders aufgebaut.“ Nach einigen Treffen dies- und jenseits des Rheins und Abstimmungen mit den französischen IHKs wurde ein neuer Ausbildungsplan entwickelt, samt fachbezogenem Sprachkurs für zunächst fünf Berufsfelder: Lager, Metallverarbeitung, IT, Handel und Berufskraftfahrer.

Mehrwert für junge Elsässer: Das Modell setzt sich aus zwei Jahren Ausbildung und Schule plus Intensivsprachkurs Deutsch zusammen, auf die ein weiteres Jahr in Deutschland in einem Betrieb und der deutschen Berufsschule folgt. „Für die jungen Elsässer soll ein Mehrwert herauskommen“, erklärt Möller. „Wir wollen nicht nur diejenigen, die in ihrem Land nichts finden.“ In den Köpfen dort müsse aber erst ankommen, dass eine deutsche Ausbildung etwas wert ist. Lange Diskussionen, Überzeugungsarbeit, auch bei den Eltern – das alles kennt Valérie Schneider von der französischen Seite aus. Sie betreut bei der Région Alsace in Straßburg die berufliche Erstbildung und die grenzüberschreitenden Projekte für Jugendliche. Sie sagt, zwischen der ersten Idee, dass es doch gut wäre, eine Ausbildung in Deutschland zu beginnen, und der Umsetzung liege meist ein weiter Weg. „Man muss sich vorstellen, wir sind die Ersten in Europa, die so etwas machen.“ Viele würfen bereits das Handtuch, wenn der Weg zur Arbeit nicht mit Bus oder Bahn zurückzulegen sei. „Wir müssen erst Erfahrungen sammeln, damit wir vieles schon vorweg beheben können.“ Zum Beispiel, dass es für Franzosen fremd ist, sich ein Jahr im Voraus für eine Lehrstelle zu bewerben.
Oder, dass die Auszubildenden ein deutsches Konto und eine deutsche Krankenkasse brauchen. Alle – Ausbilder, Azubis, Beamte – betreten Neuland. Und dafür sieht Schneiders Bilanz gar nicht so schlecht aus. Seit 2011 haben 18 Jugendliche mit mittlerem Abschluss aus Straßburg und Umgebung eine Ausbildung in einem deutschen mittelständischen Betrieb begonnen. 56 waren es, die ein Abitur mitbrachten, also mindestens 17 oder 18 Jahre alt waren. Die Vereinbarung vom Sommer soll 2014 bis zu hundert arbeitslosen Jugendlichen aus dem Elsass eine Ausbildung ermöglichen. „Ich halte das für machbar“, sagt Schneider. Bei der Sprache seien die deutschen Unternehmen nicht übertrieben anspruchsvoll.
Finanziert hat die Region übrigens auch den Kurs der jungen Elsässer in Kehl. Michael Enderle, Ausbildungsleiter bei der BAG, hat an einer Trennwand neben dem Werktisch laminierte, weiße A4-Bögen Kante an Kante aufgehängt. Auf jedem steht ein Fachbegriff: Haarwinkel. Ankörnen. Höhenreißer. Anreißnadel. Darunter ist jeweils das Werkzeug abgebildet. Winzig steht am unteren Rand die französische Entsprechung. Bisher sprechen seine Schützlinge untereinander noch Französisch. „Ab dem nächsten Jahr“, sagt Enderle, „haben wir uns vorgenommen, dass sie sich bemühen, wenn sie hier sind, nur noch Deutsch zu sprechen.“ Sie hätten riesige Fortschritte gemacht. Aber eine schriftliche und mündliche Prüfung? Im deutschen Berufsbildungsgesetz gebe es eine Klausel, die Abweichungen zulasse, sofern sie gut begründet sind, sagt Möller. „Die Meinungen gehen da auseinander, ich halte so eine Hilfestellung für vertretbar.“
Und die jungen Spanier oder Portugiesen? Mit ihnen, glaubt Möller, werde man hierzulande die Lücken auf dem Arbeitsmarkt ohnehin nicht decken können. 20 Facharbeiter aus Südeuropa hätten sich unlängst im Bereich Freiburg nach einer Stelle umgesehen. Sieben sind geblieben. „Wir erhalten aus den betreffenden Ländern auch deutliche Signale: Bitte lasst uns unsere jungen Leute, helft uns lieber, sie bei uns gut auszubilden.“
21.1.2014, Bärbel Nückles

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