Jahreswohlstandsindex statt BIP

In 2014 will die Enquetekommission des Bundestags den ersten Jahreswohlstandsbericht herausbringen mit einem neuen Lebensqualitätsindex mit fünf Indikatoren: Bruttoinlandsprodukt BIP, Umwelt, Gesundheit, Bildung und Beschäftigung. Wohlstand wird also nicht mehr nur allein über Wirtschaftskraft bzw. -wachstum (im BIP gemessen), definiert, sondern über andere Faktoren wie Glück, Zufriedenheit und Sinnerfüllung.

     
Downshifting als moderne Bezeichnung des Aussteigens
Das Runterschalten finanziell atraktiven, aber stressvollen Leben hin zur einfacheren, aber sinnerfüllten Existenz. Dies gilt für den orientierungslosen Studenten, die berufstätige Muter, den ausgepowerten Manager wie den gelangweilten Persionär. Dabei ist der Wertekanon von Suffizienz, Maßhalten, Reduktion, soialer Verantwortung und Nachhaltigkeit fo alt wie  die Kulurgeschiche: Mäßigung als Platons Kardinaltugend vor 2500 Jahren.  Johannes von Antiochia 400 n.Christi: „Reich ist nicht wer viel hat, sondern wer wenig braucht. Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel begehrt“. Der 1965 verstorbene Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer trug 50 Jahre ein Sakko seines Schneiders aus dem Elsass.
   
Ehrenamtliches Engagement unbeliebt
Glaubt man der 2012 durchgeführten Freizeitmonitor-Studie, dann setzt sich die „Medialisierung der Freizeit“ weiter fort, dann beschäftigen sich die Deutschen eher mit TV, Radio, Telefon und Internet. Anwort auf die Frage „Was würden Sie in der Freizeit häufiger tun?“ 1) Das spontan, wo man gerade Lust hat. 2) Ausschlafen und 3) Sex.. Antwort auf die Frage „Was würden Sie in Ihrer Feizeit niemals tun?“ 80% in eine Initiative engagieren. 72% Angehörige pflegen. 61% Ehrenamtlich betätigen und 59% im Verein aktiv werden. Eine ernüchternde Studie, wo Gemeinschaftssinn, soziales Engagement und ethisches Handeln erwartet worden wären.
    
Umwelt – ökologische Fußabdruck
Das Global Footprint Network fasst zusammen: Die Menschheit benötigt heute schon 1.4 Erdplaneten, um alle Wünsche nach Ernährungssicherheit und Komfort zu befriedigen. Dazu Ulrich Witt vom Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena: „ Man kann sich nicht einfach auf den Standpunkt stellen, wir werden jetzt alle Vegetarier, laufen nur noch auf Minimalkonsum und retten damit die  Welt.“ Aber sinnvoll ist es, möglichst energiesparende und ressourcenschonende Produkte und Dienstleistungen mit geringer Klimaschädigung (CO2 Ausstoß) und minimalem Wasserverbrauch zu konsumieren. Der ökologische Fußabdruck (wie viel Boden ist für Herstellung, Nutzung und Entsorgung eines Produkts nötig?) lässt sich für ein Menschenleben bestimmen und gibt Auskunft, wie umweltfreundlich dessen Lebenswandel ist. So beanspruchen ein US-Bürger 9.7 Hektar (ha) Boden, ein Deutscher 4.2 ha, ein Chinese 2.1 ha und ein Index 0.9 ha. Insgesamt ist die globale Erdfläche bereits um 40% überschritten (siehe oben).
In den Wohlstandsindex wird dieser Fußabdruck als dickes Minus eingehen.
   
Wohnen – Energetische Sanierung
Die Bundesregierung will den Energieverbrauch in Wohngebäuden bis 2050 um 80% senken. Hierfür sind Investitionen für 838 Mrd Euro erforderlich. Das Prognos-Institut errechnet, dass dadurch nur für 370 Mrd Euro Energieausgaben einsparen lassen – ernüchternd für viele Hausbesitzer, da sich die Sanietungskosten die Energieeinsparung erheblich übersteigen würden. Nun ja, andere Untersuchungen bringen andere Ergebnisse. Die Deutsche Energieagentur Dena fordert die Kopplung energetischer Maßnahmen mit anstehender Instandhaltung und Modernisierung – nur dann rechnet sich die energetische Sanierung
    
Fundamentalistischer Ökoberater
Alle Lebensbereiche der Familie (Abfall, Ernährung, Heizung, Konsum, Mobilität, Strom, Urlaub/Freizeit, Wasser) hinsichtlich Ökologie und Nachhaltigkeit sind zu hinterfragen.
Leinensack statt Plastiktüre, Energiespartiefkühl statt Uralt-Froster, Waschbare Stoffwindel statt Pampers, Fair-Trade-Pulli statt Billig-Klamotten von Aldi, Dinkelmehl-Teig statt Pizzaservice, Fahrradurlaub am Donauradweg statt Strand in Mauritius, eMobil Twike statt SUV, Essensabfälle in den Wurm-Komposter statt Abfalltonne, Thermoskanne statt Coffee-to-go, Brettspiel statt Computer-Game, Gespräch mit Freunden statt Handy, Bodensee-Äpfel statt Obst aus Chile und Südafrika, Lagerkartoffeln aus Forchheim statt Frühkartoffeln aus Ägypten, reparierbare Lederschuhe statt Eine-Saison-Slipper.
Hinterfragen: ist die Folienverpackung der Fair-Trade-Schokolade biologisch abbaubar? Bosch-Trockner kaufen, obwohl Bosch zum Siemens-Konzern gehört, der Baueile für den Drei-Schluchten-Saudamm in China liefert? Ist Samsung neben der Produktion von Smartphones nicht an der Errichtung von Atomkraftwerken beteiligt?
    
Hedonistische Tretmühle
Den  materiellen Wohlstand mehren und dies auch mit Statussymbolen zur Schau stellen. Man strebt nach einem immer höheren Niveau von Glück, das tatsächlich aber gar nicht eintritt. Grund: Wir trennen das Leben streng in eine Arbeitswelt und eine Freizeitwelt. Wir arbeiten immer mehr und härter, um uns dann noch mehr Komfort und Vergnügen in der Freizeit leisten zu können. Mehr Güter und Dienstleistungen als Trost bzw. Belohnung für die Maloche.
Das BIP steigt, nicht aber der Wohlstandsindex.
27.9.2013

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W3-Indikatoren statt BIP
W3 steht für „3 Wohlstandsindikatoren“, das sind „Materieller Wohlstand“, „Soziales und Teilhabe“ sowie „Ökologie“. Diese drei  Indikatoren werden in folgenden zehn Dimensionen erfasst: Einkommensverteilung, BIP, Staatsschulden, Freiheit, Gesundheit, Bildung, Beschäftigung, Treibhausgas- und Stickstoffemissionen sowie  Artenvielfalt bei Tieren. 
Diese aus zehn zentralen Dimensionen bestehenden W3-Indikatoren sollen künftig darüber Auskunft geben, wie es in Deutschland um Wohlstand und Lebensqualität bestellt ist.
Alle W3-Indikatoren liegen in Deutschland für die vergangenen Jahre und für viele andere Länder vor.
15.3.2014

 

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