Identitätspolitik – Identitäre

Identitätspolitik (links) – Identitäre (rechts): Der Begriff der Identität ist „in“. Am linken Rand propagieren Linke wie SPD als neue Identitätspolitik die Fokussierung auf Minderheiten. Am rechten Rand verkünden die Identitären ihre vermeintliche Einzigartigkeit.
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Da Identitäten nicht teilbar (wenn auch kombinierbar) sind, neigt Identitätspolitik in allen Varianten zur Polarisierung und Kompromisslosigkeit.
Eine vernünftige Debatte zu führen, nicht ideologisch verblendet, weder von links noch von rechts, ist schwierig. Wahrscheinlich, weil die vielen mit Identität verbundenen Begrifflichkeiten wie Kultur, Heimat, Patriotismus, Tradition, Herkunft, Brauchtum und Dialekt seitens der Linken als verpönt gelten bzw. dem gesunden Menschenverstand abgesprochen werden.

Boris Palmer: Identitätspolitik von rechts und links
Auf Palmers Anliegen (Werbung Deutsche Bundesbank, 19.7.2020) gehen seine wutentbrannten Kritiker kaum ein: „Was wir hier diskutieren, ist Identitätspolitik. Und zwar von rechts wie links.“ Beide würden die Gesellschaft spalten.
Antiidentitätspolitiklager in der Linkspartei: Sahra Wagenknecht
Mit der Niederlage des Wagenknecht-Lagers auf dem Parteitag am vergangenen Wochenende ist dieser Streit vollends sichtbar geworden. Das Wagenknecht-Lager lässt sich grob als das Antiidentitätspolitiklager in der Linkspartei bezeichnen. Es steht für die Haltung: Kulturell argumentierende Linke kümmerten sich heute eher um anerkennungspolitische Minderheitenthemen wie Herkunft und Geschlecht und weniger um die soziale Frage, also um die Klassenfrage. Schon die 2018 gegründete Aufstehen-Bewegung wollte gegen diesen Irrweg kämpfen – und scheiterte mangels ausreichender Unterstützer.
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Identitäten: Oben/homogen und unten/heterogen
Die Situation in unserem Land lässt sich auf folgende Formel bringen: Während es unten äußerst heterogen zugeht, sich dort Frauen wie Männer, Deutsche mit und ohne Einwanderungsgeschichte, Ost- und Westdeutsche versammeln, wird die Gesellschaft, je weiter man nach oben schaut, immer homogener. Bildungschancen, gesellschaftlicher Aufstieg und Wohlstand sind aufs Engste mit der Frage verknüpft, aus welcher gesellschaftlichen Gruppe man stammt, welches Geschlecht man hat. Und ganz oben versammeln sich eben überproportional weiße Männer aus Westdeutschland. All das ist durch zahlreiche Daten zuletzt immer präziser bewiesen worden. Werden deshalb die Attacken im Moment lauter?
20.7.2020

Der kurze Weg zwischen Identitätspolitik und Identitärer Bewegung
Der Verfassungsschutz stuft die „Identitäre Bewegung Deutschland“ als rechtsextrem ein. Insgesamt steige auch die Bedrohung von rechtsradikaler Seite. Interessant dabei ist, dass Linksextreme durchaus ähnliche Themen besetzen
„Unsere Demokratie ist sehr stabil, aber nicht unverwundbar“, schreibt Innensenator Andy Grote (SPD) im neuen Verfassungsschutzbericht für 2018 von Hamburg. Damit meint er die gegenwärtige Bedrohung von Rechts- und Linksextremisten. Genauso wie von Islamisten, sogenannten Reichsbürgern und Scientologen. Allen extremen Strömungen ist gemein, dass sie Einfluss auf die bürgerliche Mitte der Gesellschaft ausüben wollen. Interessanterweise nutzen Links- und Rechtsextremisten dafür gegenwärtig die gleiche Thematik: die aktuelle Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Es ist ein Trauerspiel, dass linke und rechte Radikale dieses wichtige Thema in ihrem Sinne manipulieren können.

Das Erstaunliche daran ist: Ihre Agenda ist gewaltfrei. Sie verletzen mit anderen Mitteln – mit Worten. Damit sind sie auch viel effektiver als mit den Fäusten. Denn Gewalt gegen Andersdenkende ist gesellschaftlich geächtet. Und da wollen sie ja eigentlich hin: zur normalen und konservativen Bevölkerung.
… Alles vom 12.7.2019 von Chara Thies bitte lesen auf
https://www.cicero.de/innenpolitik/extremismus-identitaere-bewegung-rechtsextremismus-linksextremismus-verfassungsschutz

Kommentare:
Da hat Politik versagt
“ Es ist ein Trauerspiel, dass linke und rechte Radikale dieses wichtige Thema in ihrem Sinne manipulieren können,“ schreiben Sie Frau Thieß. Ja, das ist ein Trauerspiel. Wir Deutschen hätten längst schon darüber eine vernünftige Debatte führen müssen, nicht ideologisch verblendet, weder von links noch von rechts, sondern mit gesundem Menschenverstand. Begriffe wie Kultur, Heimat, Patriotismus usw. hätten schon längst sachlich durch die Parteien mit der Bevölkerung im demokratischen Diskus definiert werden können und müssen. Und nun ist es passiert. Links und rechts definieren sich die Begriffe selber, setzen sie provokativ und wahrscheinlich im einzelnen auch ganz bewusst nicht nur sprachlich um, sondern auch in Gewaltaktionen. Ich kann nicht viel über die Identitären sagen, ich kannte diese nur über die Medien mit einer sehr einseitigen, wenig aufklärenden Wertung. Werde mich in nächster Zeit erstmal besser über diese Gruppen informieren. Im Artikel steht mir darüber viel zu wenig.
13.7.2019 E-G-K., CO
… eine gewaltfrei agierende Bewegung als verfassungsfeindlich eingestuft?
Es ist schon interessant das eine komplett gewaltfrei agierende Bewegung als verfassungsfeindlich eingestuft wird. „Sie verletzen mit Worten.“ Ein Grund für den Verfassungsschutz, in diesem Land, tätig zu werden. Was kommt als nächstes? Der einzelne Bürger der eine andere Meinung hat? Eigentlich sollte das Wesensmerkmal einer Demokratie, der Pluralismus, von den Institutionen gestärkt und verteidigt werden. Und was erleben wir? Andere Meinungen werden unterdrückt, staatliche Institutionen werden missbraucht und mittels politischer Einflussnahme in ihrem gesellschaftlichen Ansehen und ihrer Akzeptanz unterhöhlt. Was hat das alles noch mit Demokratie zu tun, mit dem Wettstreit von (vielleicht auch falschen) Ideen? Eine gefestigte Demokratie kann jegliche gewaltfrei vorgetragene Verirrungen problemlos vertragen. Was erleben wir hier also? Was kommt also als nächstes in unserer Demokratie und wohin wird diese Gesellschaft von wem geführt? Möchten wir in so einem Land alt werden? Wohl kaum.
13.7.2019, A.Z.
IB nicht rechtsextrem
Als Bürger dieses Landes wiederspreche ich dem Verfassungsschutz und der gängigen Politik. Die IB ist nicht rechtsextrem! Das Verbot ist politisch und schränkt willentlich den Meinungskorridor ein und ebnet den Weg in eine (bereits etablierte) Gesinnungsdiktatur.
13.7.2019, K.P.
Der grosse Unterschied zwischen Rechts- und Linksextremismus ist,
dass letzterer in der veröffentlichten Meinung verharmlost wird, indem von „Aktivisten“ und „Autonomen“ geschrieben wird. Ausserdem wir sorgfältig differenziert zwischen linksradikal, linksextrem und links, wobei links per Definition nicht gewaltätig sein könne, während bei rechts, rechtsradikal und rechtsextrem nicht unterschieden wird. Ähnlich wird auch mit dem dem politische Islam verfahren, der eine friedliche Religion sei und Islamisten nichts mit dem Islam zu tun hätten. Die Realität sieht freilich bei beiden ganz anders aus und das kann selbst das Trommelfeuer der medialen Propaganda in der öffentlichen Wahrnehmung nicht verhindern.
Besonders skuril ist, dass der Verfassungsschutz bei der IB nebulös von „geistigen Brandstiftern“ spricht, weil sie im Gegensatz zu linken Gruppen nicht gewaltätig sind.
13.7.2019, S.R.

Wenn man „Grundgesetzt statt Scharia“ einfordert wie die IB,
man also will, dass das Grundgesetz gilt, dann muss man wohl ein Verfassungsfeind sein oder?
Multikulti ist gescheitert sagte Merkel 2010 auf dem Parteitag der JU, steht sie jetzt auch unter Beobachtung des Verfassungsschutzes? Merkel als geistige Brandstifterin?
Was wir hier gerade erleben hat ein besonderes politisches Geschmäckle und hat wenig mit Demokratie und Meinungsfreiheit zu tun. Demokratie ist dann wohl, wenn alle das gleiche denken und sagen wie die Regierung und Verfassungsschutz es zeitaktuell gerade gerne hätten oder?
13.7.2019, T.P.
Ende Kommentare
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Identitätspolitik – Zeitalter der Konflikte der Weltkulturen
Eine der drei Quellen des Konzepts der Identitätspolitik ist die nach dem Zusammenbruch des Sowjetkommunismus 1989 plötzlich und intensiv einsetzende Debatte darüber, was an die Stelle der globalen Ideologien, die nun erloschen waren, als große Konfliktachse eigentlich treten würde. …
Stattdessen reüssierte rasch und durchschlagend sein Kollege Samuel Huntington mit der bis heute von vielen vertretenen oder zumindest benutzten Theorie, dass nun das Zeitalter der Identitätspolitik, der Konflikte der Weltkulturen (clash of civilizations) angebrochen sei, in dem deren unversöhnlichen religiös imprägnierte Identitätsansprüche zur zentralen Ursache aller großen politischen Konflikte werden, primär zwischen den durch sie bestimmten Ländern und davon abgeleitet zwischen den ihnen zugehörigen Gruppen innerhalb der meisten anderen Länder.
Das politische 21. Jahrhundert werde das Zeitalter eines unausweichlichen Zusammenstoßes der Kulturen der Welt sein,
Die zweite anhaltend einflussreiche Quelle des Begriffs Identitätspolitik ist die Neue Rechte mit ihrem intellektuellen Taktgeber, dem französischen Intellektuellen und Aktivisten Alain de Benoist. Auf ihn geht das Konzept der identitären Bewegung und Politik zurück, eine völkische Konzeption, die das Ziel ethnisch reiner, unvermischter politischer Gemeinschaften verfolgt. Ethnopluralismus ist eine überall in Europa verbreitete rechtspopulistische Ideologie, die das Gebot der Reinheit der Rassen als ethnisch bestimmter Kulturen in leicht modernisierter Form wieder auferstehen lässt.

Die dritte Quelle des Konzepts der Identitätspolitik sprudelt im Gegensatz zu den anderen beiden am kräftigsten in den linken Regionen der politischen Landschaft, am Anfang am ergiebigsten in den USA, mittlerweile nahezu weltweit. Bei ihr geht es nicht um Exklusion, sondern um Inklusion.
Bei den kulturellen Minderheiten, für deren Anerkennung und Rechte sich die linke bzw. liberale Identitätsbewegung jeweils einsetzt, handelt es sich um sehr unterschiedliche, aber stets primär kulturell und nicht sozial definierte Gruppen. Zu ihnen gehören gegenwärtig je nach dem Entwicklungsstand und der speziellen Situation in den jeweiligen Ländern unter anderem: ethnische Minderheiten wie die Indianer, die Afroamerikaner und die Hispanics in den USA, Frauen, Schwule und Lesben, Trans- und Intersexuelle, Alte, Obdachlose, Ex-Psychiatriepatienten und Behinderte
Nach der scheinbar gelungenen Domestizierung des Kapitalismus in der westlichen Welt im Verlauf der ersten Nachkriegsjahrzehnte schienen in den USA und dann auch in einigen europäischen Ländern die Themen und die bewegenden Kräfte der linken Identitätspolitik als Kampf um Anerkennung den klassisch linken sozio-ökonomischen Verteilungskonflikten den Rang abzulaufen. Die Homo-Ehe und sofort danach das Adoptionsrecht für Homosexuelle schienen in der öffentlichen Debatte bedeutender als soziale Ungleichheit und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht. Die Frage, inwieweit eine übertriebene Fixierung der Linken auf immer neue Themen der Identitätspolitik die Ursache für ihre eigene Schwächung und zugleich der Stärkung der populistischen Rechten war, ist gegenwärtig Streitpunkt einer heftigen Debatte innerhalb der liberalen und linken Milieus.
… Alles vom 10.10.2018, Thomas Meyer, https://www.frankfurter-hefte.de/artikel/identitaetspolitik-worum-es-geht-2572/

 

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