Hoeneß – Steuerhinterziehung

Es gibt zwei Uli Hoeneß, eigentlich drei. Einer ist der seriöse konservative Geschäftsman, beim FC Bayern, bei unserer Wurstfabrik. Der zweite Uli Hoeneß ist auch privat sehr konservativ, nur klassische Geldanlagen, wenn Aktien, dann halte ich sie minderstens drei bis zehn Jahre. Dieser Uli Hoeneß ist wie Warren Buffet, er denkt langfristig und strategisch. Und dann gibt es den dritten Uli Hoeneß, der dem Kick nachgejagt ist, der ins große Risiko ging. Vielleicht steckt dahinter auch die Sehnsucht, die Wirklichkeit zu vergessen, auszubrechen. Das geht an der Börse gut. ….
Komplettes Interview mit Uli Hoeneß „Da begann für mich die Hölle“ vom 2.5.2013 bitte lesen auf https://www.zeit.de/sport/2013-05/uli-hoeness-steuern-schuld

 Er sollte sich zurückziehen
Zu: „Hafterleichterung für Uli Hoeneß – In der Logik des Strafvollzugs“, Leitartikel von Thomas Fricker (Politik, 3. Januar):
Was mir fehlt, ist die Verurteilung dessen, was Hoeneß getan hat. Den Staat um 28,5 Millionen Euro zu betrügen, ist Diebstahl an uns allen. Wenn man das Strafmaß ins Verhältnis zu der hinterzogenen Summe setzt, gäbe es für eine Steuerhinterziehung von 10 000 Euro eine Haftstrafe von zehn Sekunden, und man wäre nach zwei Sekunden Freigänger! In was für einer Welt leben wir eigentlich, in der ein verurteilter Straftäter, welcher 28,5 Millionen gestohlen hat, bei einer Mitgliederversammlung des FC Bayern München mit stehenden Ovationen gefeiert wird? Wo der Mann in der Jugendarbeit eingesetzt werden soll? Was für ein Vorbild! Jahrelang hat Hoeneß den Moralapostel gegeben, er sollte Reue zeigen und sich zurückziehen.
10.1.2015, Klaus Winterhalter, Freiamt
Bundesliga-Polizeieinsätze bezahlt der Staat, nicht der Bundesligavereinspräsident
Der Fall des mutmaßlichen Steuerhinterziehers Hoeneß hat eine im Vergleich zu anderen möglichen Steuersündern nicht unwichtige Besonderheit. Seit Jahren versucht die (aus Steuermitteln finanzierte!) Öffentliche Hand, die Vereine an den für Polizisten teilweise nicht ungefährlichen Bundesligaeinsätzen finanziell zu beteiligen. Die Vereinspräsidenten haben es bislang geschafft, diese Bewachungsaufgabe beim Steuerzahler zu belassen. Gleichzeitig vermindert aber einer der dafür verantwortlichen Präsidenten dem Staat – in diesem Fall dem Freistaat Bayern – der seine Polizei bezahlen muss, die finanzielle Grundlage!
4.5.2013, Prof Dr. Lutz Jäger, Freiburg
Überschuldete große Fussballclubs retten, da systemrelevant
Milliarden hin, Hoeneß her – die großen Sportclubs müssen gerettet werden, koste es, was es wolle, denn sie sind systemrelevant. Wenn in den vielen, schon jetzt am Rand stehenden Staaten auch noch diese Zerstreuung, Hochgefühl und Gemeinschaft stiftenden Säulen wegbrechen, ist nicht nur in Europa der Teufel los. Besonders in der Krise sind Brot und Spiele systemstabilisierende Mittel. In den sündhaft teuren Stadien werden Woche für Woche die zu gottgleichen Idolen aufgebauschten Gladiatoren enthusiastisch gefeiert. Doping hin, Bestechung her – nach den Milliardeneinsätzen der Sponsoren, den verkauften Karten und der Geräuschkulisse zu schließen, geht es jeweils um alles: Wer schießt die meisten Tore, wer steht an der Tabellenspitze? Beim Sport geht es natürlich auch um Freude an der Bewegung und um Leidenschaft. Vor allem aber geht es auch hier um Kohle. Wer in die Vereine investiert, will Rendite, wer Millionen für Werbung ausgibt, will Umsatz machen, wer über den Rasen jagt und die Knochen hinhält, will Bares sehen. Der Manager will eine goldene Nase und der Wettjunkie mindestens den Einsatz zurück. „Nach Golde drängt, am Golde hängt – doch alles“: Goethe kannte sich aus, und auch wir kennen das. Bedenklich, aber gerade noch hinnehmbar. Wenn aber das Geld die Welt regiert, die Profiteure des Raubtierkapitalismus vor den Augen von Millionen Hungernden ihren Reichtum verprassen, Menschen und Natur rücksichtslos ausbeuten, das Recht brechen und Kriege anzetteln, ist die Geduld vieler am Ende. Wenn egomane Hasardeure die Zukunft der folgenden Generationen verspekulieren oder fundamentalistische Religionsführer Hass statt Liebe predigen, ist Schluss mit lustig. Dann kommt die Frage auf, wer sind diese Herren der Welt, die von niemandem gewählt wurden?
4.5.2013, Volker O’Barden, Lörrach

Justiz und Gesellschaft – zwei Seiten
Das eine ist die juristische Bewertung des Sachverhalts. Und hier wird sich Uli Höneß – wie alle anderen Menschen auch – der Justitz stellen müssen. Das andere ist die Wirkung seines Fehlers auf seine Rolle in der Gesellschaft. Als Manager, als Unternehmer, als Repräsentant verschiedener Organisationen, als Vorbild. Und hier wird sich zeigen, wie reif unsere Gesellschaft im Umgang mit Fällen wie dem des Uli Höneß ist. Haben Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Falle der Aufdeckung von Betrug oder Vertuschung verbissen versucht den Schein aufrecht zu erhalte, ihre Rollen weiter zu spielen, zeigt sich Uli Höneß von der menschlichen Seite und gesteht ehrlich seinen Fehler ein. Das verdient Respekt. Ich glaube ihm. Und ich hoffe, dass die Gesellschaft, die Medien und der sportliche und politische Gegner das auch tun und Verhältnismäßigkeit walten lassen.
2.5.2013, Seitenhieb

Kleinkind-Haltung
Ich finde dieses ganze: „Ich habe einen Fehler gemacht, bitte seht mir das nach!“ Gesäusel auch nur scheinheilig.
Wäre er nicht erwischt worden, sähe er das wahrscheinlich nie als Fehler an. Das ist eigentlich so eine Kleinkind-Haltung: Wenn die Mama oder der Papa einen auf frischer Tat ertappen, dann merkt man: Autsch, es zieht Schimpfe und Strafen nach sich, also ist es böse. Der Mann ist aber 61 und sollte längst einen moralischen Kompass haben, was man auch Über-Ich nennt, er sollte also wissen, was Recht ist und was sich gehört und was nicht. Deshalb gönne ich ihm die schlaflosen Nächte, ich denke, er mit seinem offenbar gerne erhobenen Zeigefinger war da ziemlich gnadenlos, wenn andere aus existenzielleren Gründen schlaflose Nächte hatten.
2.5.2013, Gloria
Münchner Ex-OB Ude: „Hoeneß konnte den Hals nicht vollkriegen“
Erstmalig nach seiner Verabschiedung als OB von München äußert sich Christian Uhde zu Hoeneß: „Ursprung ist die blanke Geldgier eines Profifußballvereins, der in Gestalt seines Managers den Hals nicht vollkriegen konnte“, sagte Ude dem SPIEGEL. Als Oberbürgermeister habe er Hoeneß „in all den Jahren als schärfsten Eintreiber von Steuergeldern erlebt. Nicht für den Fiskus, sondern vom Fiskus. Für den FC Bayern.“ Ihm sei Hoeneß ihm niemals „als Vertreter moralischer Qualitäten aufgefallen“. Hoeneß zeichne sich durch „eine klare, einfache Weltsicht“ und ein „typisches Freund-Feind-Denken“ aus, sagte Ude: „Er hat immer eine große Solidarität und Hilfsbereitschaft für seine Anhänger gezeigt, aber er war auch immer ein Patriarch mit dem Anspruch: Für mein soziales Engagement haben alle dankbar und unterwürfig zu sein. Und wer das nicht ist, der ist mein Feind.“ Dass Hoeneß Anfang Mai bei seiner Abschiedsrede vor Mitgliedern des FC Bayern von „Hass“ sprach, den er seit Bekanntwerden seiner missglückten Selbstanzeige verspürt habe, bezeichnet Ude als „bemerkenswert“. Er habe Uli Hoeneß „sehr oft berechtigt siegen sehen. Aber nicht ein einziges Mal mit Anstand und Gelassenheit verlieren“.
Christian Uhde, Ex-OB von München, 19.5.2014, www.spiegel.de

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