Haushaltsschule St.Elisabeth in Herdern

Mit der Entwicklung Herderns von der bäuerlich strukturierten Vorstadt zum Villenvorort am Ende des 19. Jahrhunderts begann man im Stadtteil auch mit der Errichtung von Ausbildungsheimen und Pensionaten. Hier waren es zunächst kirchliche Institutionen, die in größerem Umfang in die „Töchterausbildung“ investierten. Vorreiter war dabei das Mutterhaus der Franziskanerinnen im Kinzigtalstädtchen Gengenbach. Dessen Schwestern hatten am 2. November 1891 im Stadtteil Stühlinger die „Haushaltsschule St. Elisabeth“ eröffnet. Sechs Jahre später wurde dann in Herdern ein Anwesen an der Immentalstraße, Ecke Längenhardstraße, gekauft. Hier ließen die Franziskanerinnen bis 1899 durch den Freiburger Architekten Lukas Geis ein Schwesternhaus errichten. Mit dem Schwesternhaus war die Haushaltsschule verbunden, für die drei Arbeitssäle vorhanden waren. Neben Kapelle, Refektorium und Speisesaal gab es im Erdgeschoss sogar zwei Bäder. Zur Ausstattung gehörten auch ein Musik- und ein Krankenzimmer. Die Einrichtung wurde der heiligen Elisabeth geweiht, das Wohnheim erhielt den Namen des heiligen Franziskus. Noch vor 1900 zogen die ersten 30 Internatszöglinge in die Schule ein. Seit der Eröffnung der Schule kümmerten sich die Ordensschwestern hier vor Ort um die Aus- und Fortbildung von jungen Frauen, die in erster Linie hauswirtschaftliche Kenntnisse erlernten. Öfters war auch ein Kinderhort eingerichtet, einmal sogar ein Altenheim und in den beiden Weltkriegen diente das Gebäude teilweise als Lazarett. Erst 1926 wurde die private Schule „staatlich zugelassen“ und durfte 1938 sogar offiziell als Berufsfachschule firmieren. Mehrmals änderte sich auch die Bezeichnung der Einrichtung, vom „Institut St. Elisabeth“ über „Private Haushaltsschule“ bis hin zu „Privates Töchterheim“ reichten die Varianten. Manch eine der in Herdern ausgebildeten Frauen blieb auch in Freiburg „hängen“. Schließlich galt St. Elisabeth vor dem Zweiten Weltkrieg bei den heiratswilligen Männern des Breisgaus (und auch in Herdern) als „Geheimtipp“. Hier fand man nicht nur hübsche, sondern auch recht lebenstüchtige Partnerinnen für ein Leben zu zweit.
Im Laufe der langen Zeit änderte sich auch immer wieder Charakter und Inhalt des Schulangebotes. Waren es in den ersten 50 Jahren vor allem junge Mädchen aus gehobenen Schichten, die hier tugend-‑ und sittsam erzogen wurden und eine gute und solide Ausbildung für den Beruf „Hausfrau und Mutter“ erhielten, so kamen nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem lernschwache weibliche Jugendliche hierher, die in einem ganzheitlichen Bildungsangebot die notwendige Stabilität für ein normales Berufsleben erhalten sollten. Auch diese Förderschülerinnen erhielten vor allem eine gute hauswirtschaftliche Ausbildung, daneben wurden das Gruppenverhalten, die Freizeitgestaltung und der musische Bereich stark gefördert. Mussten früher die Eltern noch in die eigene Tasche greifen, um die Ausbildung ihrer Töchter zu finanzieren, so übernahm später die Bundesanstalt für Arbeit die Kosten für die Förderlehrgänge. Neben den Schwestern waren seither auch weltliche Lehrkräfte und Erzieherinnen an der Schule beschäftigt. Das große im Stile der Neorenaissance errichtete Gebäude wurde mehrmals renoviert. In den Jahren 1964/65 wurde die Haushaltungsschule durch den Architekten Walter Griesbaum erweitert und ein eigenes Schülerinnen-Wohnheim im bisherigen Gartengelände errichtet.
Im Jahre 1991 feierte man das 100-jährige Bestehen mit einem großen Fest. Um die Jahrtausendwende lief das umfassende Förderprogramm aus. Man hat inzwischen deshalb auch einen Verein (Leben-Lernen-Arbeiten) gegründet, der einen Teil der ausgebildeten Frauen weiter betreut und sie in Teilzeitarbeit vermittelt. So stehen tageweise die jungen Frauen als Hauswirtschaftshilfen zur Verfügung, wenn man beispielsweise ein großes Fest feiert oder wenn es gilt, die Mutter zu vertreten, weil diese in eine Kur ist.

Haushaltungsschule St. Elisabeth rechts unten, 1910 noch mitten in den Weinbergen. Heute ist durch den inzwischen über einhundert jährigen Baumbestand und die dichte Besiedlung die Sicht weitgehend eingeschränkt - Archiv Hans Sigmund

Auf alten Fotos ist noch die topografische Situation ersichtlich, die zur Zeit der Errichtung der Haushaltsschule im Immental vorhanden war. Damals, im Jahre 1899, wurden noch Reben sowohl an den Hängen als auch bis hinunter an die Stadtstraße angebaut. Nur wenige Villen standen schon an den Schlossberghängen. Das Gewann Längenhard trägt heute statt den Weinbergen eine oft mehrstöckige (Terrassen-) Wohnbebauung. Es steht aber noch das alte, zu Wohnzwecken umgebaute Ökonomiegebäude hinter dem Schulgebäude am sogenannten Hexenwegle, einem Fußweg, der die Längenhard- mit der Wintererstraße verbindet.
Hans Sigmund, Freiburg-Herdern, 22.8.2011

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