Grundsteuer und Enteignung

Die Formel „Grundsteuer = Bodenrichtwert mal Grundstücksfläche mal Hebesatz“ hat es in sich: Denn hauptsächlich nur Bodenrichtwert und Grundstücksfläche zählen für die neue Grundsteuer. Ein kleines Einfamilienhaus wird mit der selben Grundsteuer belastet wie eine 20-Millionen-Villa oder ein vermietetes Mehrfamilienhaus. Da kommt nur noch der von der Gemeinde festgelegte Hebesatz (in Freiburg 600 %, also Faktor 6) hinzu.

Meinem Onkel Alton in Fort Lauderdale (Florida, USA) war immer klar, daß er im Alter bzw. Ruhestand sein Einfamilienhaus verkaufen und umziehen muß. Grund: Das Haus liegt eine Meile hinter der Küste an einem Kanal, über den er mit seinem Boot ins Hinterland wie auch ans Meer fahren kann. Gehobene Wohnlage also. Deshalb ist das Grundstück mit einer so hohen jährlichen Grundsteuer belastet, die er von seiner Rente und den Ersparnissen nicht bezahlen kann. Die Grundsteuer spielt also eine gewichtige Rolle in Bezug auf Segregation, Bebauungsdichte und Sozialstruktur in einem Vorort bzw.  Wohngebiet.

Anders als in den USA ist die Grundsteuer in Deutschland ein fast vernachlässigbarer Kostenfaktur. Das soll sich ändern, denn jetzt hat auch die Ampel-Regierung Geschmack an der Grundsteuer gefunden: Als Geldquelle zur Querfinanzierung ihrer teueren Weltrettungsvorhaben (was verschwiegen wird) sowie als Instrument zur Umsetzung ihrer wohnpolitischen Ziele wie etwa der Nachverdichtung (was medial vermittelt wird). So geht es z.B. einem Einfamilienhausbesitzer in Freiburg (siehe (1) unten) genau so wie meinem Onkel Alton in den USA: Entweder er zieht als Rentner aus oder er baut auf seinen 2500 qm großen Grundstück ein zweites Haus, dessen Miete eine Grundsteuer trägt, die dem Staat dann erlaubt, weitere Sozialleistungsberechtigte ins Land zu holen und zu versorgen.
Über die neue Grundsteuer wird also eine Art von Lastenausgleich eingeführt (5).
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Die Grundsteuer tangiert ein äußerst diffiziles Gefüge:
Der Aufschwung der deutschen Wirtschaft nach 1947 und der Wohlstand Deutschlands als Industriestandort ist den Grundpfeilern „Freiheit“ (von Unternehmern wie Konsumenten) und „Eigentum“ zu verdanken. Der übergriffige Staat (Staatsquote wächst auf über 50 %) sägt an beiden Pfeilern. Verbote und Nudging machen es dem Verbraucher schwer und führen immer mehr Mittelstandsunternehmen in die Insolzenz. Inflation wie Steuerlast nagen am Eigentum – es vollzieht sich mehr oder weniger unbemerkt eine indirekte Enteignung.
Es ist davon auszugehen, daß der Staat bei der Neuausrichtung der Grundsteuer die Bürger in der Summe nicht weniger belasten wird. Der Eingriff in die Besteuerung von Grund und Boden trifft dabei auf ein besonders diffiziles Gefüge:
1) Eine Grundsteuererhöhung haben die Mieter zu tragen: Nur 51 % der Deutschen wohnen im Eigentum. 2/3 der Vermieter sind Privatvermieter. Die Grundsteuer kann über die Nebenkosten an die Mieter weitergegeben werden.
2) Eine höhere Grundsteuer belastet die Grundeigentümer. Zu dieser Belastung hinzu kommt generationenübergreifend die Änderung der Erbschaftssteuergesetzgebung.

Abschließend noch was:
Bezüglich der Erhebung der Grundsteuer besteht ein riesengroßer Unterschied zwischen den USA und D: In Florida genügt ein Bogen Papier, den Onkel Alton gerne auch handschriftlich ausfüllen darf, um seine Property Tax zu beantragen. Easy & simple lautet die Devise.
In Deutschland hingegen ist man nicht gewillt oder einfach zu blöde für solch einfache und bürgerfreundliche Lösungen. Hier wird eine bürokratisches Monster aufgebaut, namens ELSTER modern über PC und Internet, das aber unzuverlässig (Tip in der Online-Hilfe: Elster nachts aufrufen, da tagsüber überlastet) und unverständlich ist (ohne ELSTER-geschulten und am besten noch zertifizierten Steuerberater gehts kaum). Aber der deutsche Untertan macht auch hierbei brav und gehorsam mit.
28.2.2023
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Ende von Beitrag „Grundsteuer und Enteignung“
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Beginn von Anlagen (1) bis (7)
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(1) Beispiel Freiburg: Grundsteuer könnte teure Überraschungen bringen
… Norbert Stalter und seine Frau sind Besitzer eines Einfamilienhauses in Freiburg. Das Haus hat einen Garten und liegt in gehobener Wohngegend im Freiburger Süden, direkt am Waldrand. Knapp 2.500 Quadratmeter Fläche hat das Grundstück. Das Haus, Baujahr 1956, ist eher einfach und bescheiden. 1986 haben sie es gekauft und lange haben sie abgezahlt. Jetzt ist Norbert Stalter schockiert. Wenn sich nichts ändert, müsste er ab 2025 über 14.000 Euro Grundsteuer im Jahr bezahlen. Bisher sind es 433 Euro.

Rechenbeispiel im Fall von Norbert Stalter
Bodenrichtwert nach Boris-BW: 1.050 Euro/qm
x Grundstücksfläche: 2.479 qm
x 0,7 (30 % Rabatt für bebaute Grundstücke)
x 0,0013 (1,3 Promille = Steuermesszahl)
x 6 (Hebesatz je nach Kommune, in Freiburg aktuell 600 %)
= 14.212,10 Euro / Jahr zukünftige Grundsteuer
… Alles vom 20.2.2023 bitte lesen auf
https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/grundsteuer-erster-bescheid-einspruch-100.html
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(2) Wenn der Grundsteuer-Schock droht
Normale Einfamilienhausbesitzer mit Garten seien die Verlierer der Reform. Für Eigentümer in Mehrfamilienhäusern hingegen könnte es sogar günstiger werden als bisher, weil sich mehrere Wohneinheiten auf einem Grundstück die Steuer teilen.
Für mehr als 35 Millionen Immobilien und Grundstücke ist dieses Jahr eine extra Steuererklärung nötig: Die Grundsteuer muss neu berechnet werden.
„Anreize für eine effiziente Nutzung“ Genau das soll durch die Grundsteuerreform auch erreicht werden, heißt es von der Landesregierung. Grundstückbesitzer sollen darüber nachdenken, neuen Wohnraum zu schaffen. „Das in Baden-Württemberg gewählte Bodenwert-Modell gibt Anreize für eine effiziente Nutzung bebaubarer Flächen“, teilt das Finanzministerium auf Anfrage mit. Nur könnten Einfamilienhausbesitzer mit großem Grundstück in den seltensten Fällen einfach so ein Mehrfamilienhaus in ihren Garten stellen, kritisiert der Eigentümerverband Haus und Grund. Er warnt aber auch davor, vorschnell in Panik zu verfallen.“ Viele Grundsteuerrechner im Internet vermitteln ein falsches Bild“, sagt der baden-württembergische Landesgeschäftsführer Ottmar Wernicke. Denn über die sogenannten Hebesätze, die für die Grundsteuerreform 2025 neu berechnet würden, hätten die Gemeinden die Möglichkeit, Eigentümer zu entlasten – indem sie sie senken.
… Alles vom 25.2.2023 bitte lesen auf
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/grundsteuer-165.html
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(3) Die Grundsteuer wird in Freiburg enorm steigen
Vor allem Eigentümer und Bewohner von Einfamilien- und Reihenhäusern – also vor allem Familien, die in einem Haus oder einer Haushälfte mit Garten in der Stadt oder in deren Speckgürtel leben – zählen zu den großen Verlierern dieser Reform. Ihre Grundsteuer wird (trotz 30%-Abschlag, den das Gesetz für Wohngebäude vorsieht sowie zusätzlich 25% für Genossenschaften bzw. 10% für Denkmalschutz) enorm steigen.

Eine Beispielrechnung für ein Musterhaus in Freiburg macht das deutlich:
Grundstückseigentümer XY hat ein Einfamilien-Reihenhaus auf einem 400 Quadratmeter großen Grundstück im Freiburger Stadtteil Mooswald. Der Bodenrichtwert beträgt (für das Jahr 2019) in diesem Stadtteil 980 Euro pro Quadratmeter. Der neue Steuermessbetrag liegt laut Gesetz bei 1,3 ‰. Für Wohnbebauung erfolgt ein Abschlag von 30%, was einen Steuermessbetrag von 0,91 ‰ ergibt. Der Hebesatz der Gemeinde liegt in Freiburg derzeit bei 600%.
Danach würde (nach dem Beispiel des Finanzministeriums BW) wie folgt gerechnet werden:
Grundsteuerwert: 400 qm x 980 €/qm = 392.000 €
Steuermessbetrag: 1,3 ‰ – 30 %-Abschlag (mit Wohngebäude) = 0,91 ‰
Steuermesszahl: 392.000 € x 0,91 ‰ = 356,72 €
Grundsteuer: 356,72 € x 600 % = 2.140,32 €
XY müsste somit für sein Einfamilienhaus in Freiburg 2.149,32 Euro pro Jahr Grundsteuer bezahlen. Vorher hat er (je nach Berechnung des alten Einheitswerts) 230 Euro Grundsteuer pro Jahr gezahlt.

Das hieße im Ergebnis für dieses Beispiel: Die neue Grundsteuer würde (sofern der Hebesatz unverändert bleibt) 9,3-mal höher liegen, als bisher!!
Liegt der Bodenrichtwert z.B. bei 1.750 € / qm (wie z.B. in einem großen Bereich der Oberwiehre), dann würde die neue Grundsteuer für dieses Musterhaus jährlich bei 3.822 € und mehr als 16-mal höher liegen! Oder wenn der Richtwert z.B. bei 1.200 € / qm liegt (wie z.B. im zentralen Bereich des Rieselfelds), dann würde die Grundsteuer für das im Beispiel genannte Grundstück bei 2.620,80 € und – bei unverändertem Hebesatz – mehr als 11-mal höher liegen als bisher.

Da die Grundsteuer gesetzlich in vollem Umfang auf die Nebenkosten umgelegt werden kann, werden sich die Warm-Mieten ebenfalls enorm erhöhen! Und: Da vorgesehen ist, alle sieben Jahre eine Neubewertung der Grundstücke vorzunehmen, wird es (v. a. in Boom-Städten wie Freiburg, in der die Immobilienpreise stark steigen) zu regelmäßigen Steuererhöhungen kommen. In Freiburg, wo auch die Mietkosten jetzt schon sehr hoch sind, werden diese ebenso zusätzlich und regelmäßig steigen.
… Alles vom 15.12.2023 bitte lesen auf
https://freiburg-lebenswert.de/die-grundsteuer-wird-in-freiburg-enorm-steigen/
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(4) Grundsteuer ist Enteignung, die der Bürger unter Strafandrohung selbst besorgen soll
Weil der angeblich immer gerechtere Staat immer mehr Steuergeld verschlingt, schröpft er sein Volk. Mit der Grundsteuer zwingen die nimmersatten Umverteiler jetzt sogar alle, die für ihr Häuschen malocht haben, das Grab ihrer Lebensleistung selbst auszuschaufeln. Genial, oder?
… Alles vom 28.1.2023 von Harald Martenstein bitte lesen auf
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus243476109/Martenstein-Grundsteuer-ist-Enteignung-die-der-Buerger-selbst-besorgen-soll.html
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(5) Werden wir mit der neuen Grundsteuer systematisch enteignet?
Mit steigender Verschuldung wächst die Angst, dass der Staat über neue Abgaben und Steuern die Löcher stopfen will. In den sozialen Netzwerken wird im Zuge dessen viel über einen Lastenausgleich philosophiert, den einige sogar einer Enteignung gleichsetzen – und der mit der neuen Grundsteuer 2025 kommen soll. Ein Faktencheck.
https://youtu.be/KOa0Z_ibWyk
… Alles vom 18.8.2022 bitte lesen auf
https://www.focus.de/finanzen/geruecht-kocht-im-internet-hoch-werden-wir-mit-der-neuen-grundsteuer-ab-2025-systematisch-enteignet-der-faktencheck_id_133868461.html

https://www.immoportal.com/verwalten/immobilienverwaltung/enteignung-welchen-situationen-greift-der-staat-nach-meinem-haus

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(6) Die neue Grundsteuer soll aufkommensneutral für die Bürger sein
Ihr Bericht hat die Dinge genau beschrieben. Die Fakten sind: Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 die Grundsteuer als verfassungswidrig erklärt. Es gab der Regierung die Aufgabe, in den nächsten zwei Jahren ein neues Modell der Einheitlichkeit zu entwickeln. Danach haben sich die 16 Finanzministerien zusammengesetzt und was Neues entwickelt. Was dabei herausgekommen ist, bekommen jetzt alle Eigentümer von Grundbesitz und deren Mieter zu spüren. Das Gesetz wurde 2020 verabschiedet und dem Bürger aufgetragen, sich in einer Frist zu erklären. Für die 16 Bundesländern wurden acht unterschiedliche Modelle festgeschrieben, deren Inhalte und Auswirkungen nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Man kann daraus einen politischen Hintergrund erkennen.
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Wichtig ist für mich, dass die neue Grundsteuer aufkommensneutral für die Bürger sein soll. Die Kommune soll nach dem neuen nicht mehr Grundsteuer bekommen als nach dem alten System. Kleinere Abweichungen, der eine etwas mehr, der andere etwas weniger, lasse ich gelten. Nun, schauen Sie sich an, was dabei rausgekommen ist. Die neuen Bescheide flattern ins Haus und die Bürger sind entsetzt, was sie ab 2025 möglicherweise bezahlen müssen. Es ist zum Teil das fünffache, zehnfache oder sogar das 15fache der alten Belastung. Baden-Württemberg ist hierbei Vorreiter, weil es nur mit dem Flächenmodell arbeitet. Eigentümer können die Mehrbelastungen auch an die Mieter weitergeben. Ich kann mich nur wundern und frage mich, ob die Verantwortlichen in den Ministerien nicht mehr in der Lage sind, die Grundbegriffe der Mathematik in ihre Entscheidungen einzubeziehen.
Geht es denn nur noch um politische Grundausrichtung? Der Bürger spielt also keine Rolle mehr. Dann beklagt sich die Politik über die Politikverdrossenheit seiner Bürger. Die Grundsteuer ist das beste Beispiel hierfür. Für mich ist die neue Grundsteuer eine abgewandelte Vermögensteuer. Dieses Vorgehen ist wiederum verfassungswidrig. Ich kann nur allen empfehlen, nach Prüfung und bei Feststellung einer höheren Belastung einen Einspruch beim Finanzamt einzulegen. Mit dem Verweis auf die Hebesätze, die noch nicht für 2025 feststehen, ist es nicht getan. Die Bescheide, die jetzt kommen, sind Grundlagenbescheide und nach vier Wochen rechtskräftig.
17.4.2023, Heinrich Reinhardt, Bad Krozingen, BZ

Leserbrief zu https://www.badische-zeitung.de/die-folge-ist-eine-einspruchswelle vom 8.4.2023

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(7) Natürlich werde auch ich Einspruch erheben
Auch ich würde nach der Neuregelung der Grundsteuer wesentlich mehr bezahlen. Im Interview mit Herrn Menn wurden für Freiburg eine bis zu 15-fache Verteuerung genannt. Nehme ich in meinem Fall den höchsten Wert, sind das 28.650 Euro Grundsteuer im Jahr. Macht in zehn Jahren 286.500 Euro. Sollte es so weit kommen, werde ich quasi genötigt, einen Garten auf dem Grundstück zu verkaufen und ein weiteres Stück Natur wird weiter versiegelt.
Das kann ja eigentlich auch nicht gewollt sein, denn das schadet ja wieder dem Grundwasser. Auch zahlreiche Tiere im Garten, Igel, Vögel, Mauereidechsen, Fledermäuse würden ihre Heimat verlieren. Anscheinend zählt bei uns im Moment das Grundwasser nichts mehr, Überschwemmungen sind so oder so egal und die Tierwelt braucht auch kein Mensch mehr. Anders kann man eine solche Verteuerung nicht erklären.
Die „Neuregelung“ der Grundsteuer ist wieder ein weiteres Beispiel, wie weit entfernt unsere Politiker und Ämter inzwischen vom Bürger, dem Steuerzahler, entfernt sind. Die obigen Zahlen liefern den besten Beweis. Ich kann doch nicht immer fordern, fordern und nochmals fordern, besonders mit unerklärlichen Phantasiezahlen. Unser „schönes“ Freiburg ist ja mittlerweile überall spitze: Kriminalität, Gewerbesteuer und jetzt noch die Grundsteuer? Natürlich werde auch ich Einspruch gegen den Bescheid erheben, dazu bin ich auch gegenüber meinen Mietern verpflichtet, die ja auch betroffen sind.
24.4.2023 Ralf Meier, Freiburg, BZ

Leserbrief zu „Bescheide zur Grundsteuer: „Haus- und Wohnungsbesitzer sollten auf jeden Fall Einspruch einlegen“ vom 8.4.2023
https://www.badische-zeitung.de/bescheide-zur-grundsteuer-haus-und-wohnungsbesitzer-sollten-auf-jeden-fall-einspruch-einlegen–253261137.html

 

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