Werte

Home >Global >Migration >Integration >Werte

Bauernhof an der Kartaus in Freiburg am 21.10.2015

Bauernhof an der Kartaus in Freiburg am 21.10.2015

Integration – das vielstrapazierte Zauberwort der Flüchtlingswelle – betrifft das Erlernen der deutschen Sprache, dann Arbeit, Wohnung, Schule/Ausbildung/Kompetenz und Kultur. Zu letzterem zählt auch die „Vermittlung unserer Werte“, also Grundrechte, Menschenrechte, Demokratie, ….
Doch was heißt „unsere Werte“?
===========================================================

.

Wettbewerb der Werte: D, CN, USA
In einem lesenswerten Kommentar (rnd.de, 5.4.2023, https://www.rnd.de/politik/newsletter-krisen-radar-warum-wir-unsere-abhaengigkeit-von-china-verringern-muessen-ZSIW4HWX4FAJBNXON4ZQSDDGUI.html ) verhandelt Can Merey den schon aus dem Kalten Krieg bekannten Begriff »Wettbewerb der Systeme« und er stellt fest, dass dieser Streit »eskaliert«. Der »Wettbewerb der Systeme« mag richtig sein, doch ich denke nicht, dass wirklich politische Systeme im Wettbewerb stehen.
Beispiel: Wenn Sie Ihrem Lieblingsberuf nachgehen, Ihre Familie ernähren und am Abend mit Freunden eine gute Zeit verbringen können und wenn es wahrscheinlich erscheint, dass dies auch in ein, zwei Generationen noch möglich sein wird, interessiert Sie dann wirklich, ob Sie dies in einer Monarchie, einer Demokratie oder in einem Einparteienstaat tun?
Der eigentliche Wettbewerb ist ein Wettbewerb der Werte – der relevanten Strukturen. Am Ende wird das System überleben, dessen Werte sauberer sortiert sind – mit dem Überleben als höchstem der Werte.
China sagt: »Unser Überleben ist unsere relevanteste Struktur, und das gewährleisten wir am besten durch Machtausbau, etwa durch gute Beziehungen zu Russland, durch intensive Forschung bei Künstlicher Intelligenz (siehe bereits Essay vom 2.4.2019, https://www.dushanwegner.com/ki-maeusespeck/ ), durch Zugriff auf seltene Erden u. a. in Afrika und durch Zugriff auf die Halbleiterproduktion in Taiwan.«
Die rationaleren Kräfte in den USA sagen Ähnliches wie China, aber dazu noch: »… und außerdem wollen wir Europa dafür einspannen.«
Deutschland aber sagt: »Überleben des deutschen Volkes ist voll nazi, ey! Unsere relevantesten Strukturen sind die Rettung des Weltklimas und die Versorgung der jungen Männer Nordafrikas. Und außerdem soll China gefälligst seine Innenpolitik so betreiben, dass der deutsche Grünenwähler sich dabei wohlfühlt. Chips? Ja klar, aber bitte nur aus Biokartoffeln. Also die Erdknollen, bitte keine Chips aus den Kartoffeln, ›die schon länger da sind‹ – noch. Höchstens aus Insekten.«
… Alles vom 19.4.2023 bitte lesen auf
https://www.dushanwegner.com/wuerzmoral/
.

Für Werte einsetzen: Mohammed-Karikaturen in der BZ
… mahnt zurecht an, „die Werte unserer pluralistischen Gesellschaft offensiv zu verteidigen, damit Hass und Angst nicht die Oberhand gewinnen“. Das sind richtige, aber nur schöne Worte. Sie lassen weder einen Adressaten noch einen Inhalt erkennen und kosten nichts.
Wie wäre es, wenn die BZ in Solidarität mit unseren leidgeprüften französischen Nachbarn die Mohammed-Karikaturen ihren Lesern zugänglich machen würde? Das wäre ein Zeichen.
Wir sollten uns für unsere Werte einsetzen wie jene Sachbearbeiterin, die einem syrischen Arzt die Einbürgerungsurkunde vorenthielt, weil der sich aus Glaubensgründen außerstande sah, ihr – einer Frau – die Hand zu geben. Zurecht hat das Oberverwaltungsgericht dem Arzt die deutsche Staatsbürgerschaft versagt: Man kann eben nicht die Vorzüge der pluralistischen Gesellschaft in Anspruch nehmen und zugleich seine intoleranten Glaubensüberzeugungen leben.
8.11.2020, Werner Burkhardt, Freiburg, BZ , Seite 20

 

Europäische Werte – Die Summe aus Athen, Rom und Jerusalem
Im Vertrag von Lissabon begreift sich die Europäische Union ausdrücklich als „Wertegemeinschaft“, auch die EU-Grundrechtecharta ist „auf der Grundlage gemeinsamer Werte“ verfasst. Was aber genau sind diese Werte? Um die Frage beantworten zu können, was „unsere Werte“ seien, muss zunächst die ungleich schwierigere Frage beantwortet werden, wer „wir“ sind. Sind „europäische Werte“ Werte des Abendlands, Werte des Westens oder Werte des heutigen Europas, wie es unter Absehung von der Europäischen Union nicht gedacht werden kann? Sind also wir, die wir uns diese Frage stellen, Österreicher, Bulgaren, Belgier, Franzosen, Deutsche oder „EU-Bürger“ oder gar „Weltbürger“?

Eine Frage der Identität
Die Frage nach den europäischen Werten ist die Frage nach der europäischen Identität. Das macht sie so schwierig, haben wir es uns doch in der Spätmoderne angewöhnt, von offenen Identitäten zu sprechen, von fluiden Persönlichkeiten, von multiperspektivischen Zugängen. Werte aber sind Grenzbegriffe. Sie umzäunen das Gebiet oder die Gemeinschaft derer, die sich dieselben Werte gegeben haben und entschlossen sind, sie durchzusetzen. In der Rede von den „universalen Werten“ schwingt ein Herkunftszeichen mit, das den Begriff relativiert. Allein die Überzeugung nämlich, dass es universale Werte gebe, zeichnet diese Werte als Werte des Westens aus.

Was also ist der Westen? Der Westen ist, philosophiegeschichtlich gesprochen, die Summe aus Athen, Rom und Jerusalem. Der Westen ist der Raum derer, die die athenische Frage nach dem Guten, die römische Frage nach dem Gerechten und die Jerusalemer, die jesuanische Frage nach dem Wahren für unbedingt fragenswert halten, gestern, heute, morgen. Für alle seine Bewohner verbindliche Antworten wird der Westen nicht liefern können, aber die feste Zusage, sich das Fragen nicht austreiben, die Neugier nicht abkaufen, die Freiheiten nicht abtöten zu lassen.

Der Westen ist dort, wo man gemeinschaftlich und friedlich nach dem Guten, nach dem Gerechten, nach dem Wahren in immer neuen Anläufen fragt – und dabei keine dieser drei Kategorien außer acht lässt. Es kann keine Gerechtigkeit geben ohne Wahrheit, kein Gut ohne Recht, keine Wahrheit ohne das Gute: Diese ineinander verschlungene Trias der Werte kennzeichnet den Westen.

Die Proklamation von Werten allein schützt nicht
Der auf dem Erbe von Athen, Rom und Jerusalem errichtete Westen ist zugleich das Ergebnis zweier Revolutionen, der Amerikanischen zunächst und dann der Französischen. Sowohl die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika 1776 als auch die Französische Revolution 1789 proklamierten mit den Menschenrechten „säkularisierte christliche Werte“ (Heinrich August Winkler), die indes programmatisch keinen spezifisch christlichen oder gar theokratischen Staat konstituierten. Jeder Mensch sollte frei nach Glück und Sicherheit streben dürfen. Die Menschen seien „von Geburt an frei und gleich an Rechten“. Diese Einsicht bewahrte die französischen Revolutionäre nicht davor, von 1792 an auf einen modernen Nationalismus einzuschwenken. Wir sehen: Die Proklamation von Werten schützt nicht vor praktizierter Barbarei.
Dennoch entstand im Wechselspiel zwischen Europa und Nordamerika am Ende des 19. Jahrhunderts das bis heute gültige westliche Prinzip von Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie. Wie ist es heute um dieses westliche Prinzip bestellt? Im Lissabonner Vertrag von Dezember 2007 begreift sich die Europäische Union ausdrücklich als Wertegemeinschaft. Vierzehnmal erscheint der heikle Begriff. Ziel der Union sei es „den Frieden, ihre Werte und das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern“. Die Reihe der Werte lautet: „Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte“.
Drei Jahre später, in der „Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ heißt es einerseits pragmatischer, andererseits hochfahrender, „auf der Grundlage gemeinsamer Werte“ soll eine „friedliche Zukunft“ dadurch erreicht werden, dass die Völker „sich zu einer immer engeren Union verbinden.“ Dieses Junktim gilt heute nicht mehr. Die „ever closer union“ wird nicht einmal mehr von der Europäischen Kommission gefordert. Man ist, salopp formuliert, froh, den Laden einigermaßen zusammenhalten zu können, trotz Brexit, trotz Visegrad.
.
Europäische Werte in der Krise
Die europäischen Werte befinden sich in der Krise, weil die europäische Identität unsicherer geworden ist denn je. Gibt es sie überhaupt? Die Peripherie drängt heute das Zentrum zurück, die Metropole den Kontinent, die Region die Nation. Wer zu den Werten vordringen will, muss für die Identität Platz schaffen. Und Identität kann es nicht geben, ohne jene erkenntnistheoretische wie politikpraktische Kategorie, die dem Konzert der Werte vorausgeht und ohne die jenes nicht klingen kann: die Kategorie des Gemeinwohls.
Die europäischen Werte befinden sich auch deshalb in der Krise, weil das Gemeinwohl im Lissabonner Vertrag gar nicht und in der Grundrechtscharta nur ein einziges Mal auftaucht, im Artikel 17, der das Eigentumsrecht behandelt: „Die Nutzung des Eigentums kann gesetzlich geregelt werden, soweit dies für das Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist.“ Das Allgemeinwohl setzt dem Eigentumsrecht eine Grenze. Das Allgemeinwohl begrenzt auch Weltbeglückungspläne, wie sie die Vereinten Nationen unlängst ausformulierten im „Globalen Migrationspakt“, der das Allgemeinwohl nicht einmal begrifflich kennt.

Das Allgemeinwohl als Grundlage
Das Allgemeinwohl trägt, in der klassischen Formulierung des klugen Abendländers Thomas von Aquin, der Tatsache Rechnung, dass „die Gutheit eines jeden Teiles immer vom Entsprechungsverhältnis zu seinem Ganzen abhängt. (…) Da nun jeder Mensch Teil eines bürgerlichen Gemeinwesens ist, kann der Mensch unmöglich gut sein, wenn er nicht dem Gemeingut gerecht wird.“ Auch das Gemeinwesen, auch die Region, die Nation, der Kontinent können nicht gut sein, wenn sie das Allgemeinwohl vernachlässigen.
Insofern lässt sich sagen: Die europäischen Werte haben eine Zukunft, wenn eine europäische Identität auf der Basis des Allgemeinwohls neu wird wachsen können. Gerade unter den Bedingungen der Flucht- und Migrationsbewegungen des 21. Jahrhunderts wird Europa ein Europa sein, in dem das Allgemeinwohl geachtet wird. Oder Europa wird gewesen sein.
Alexander Kissler, 20.11.2018
.
Am 19. und 20. November 2018 fand in Wien auf Einladung der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft eine internationale Tagung zum Thema „Europäische Werte, Rechtsstaat, Sicherheit“ statt. Beim Forum „Was sind unsere Werte?“ hielt Cicero-Ressortleiter Alexander Kissler dieses einleitende Referat.
https://www.cicero.de/aussenpolitik/europa-werte-identitaet-allgemeinwohl-freiheit-westen-abendland

Wo bleibt das Subsidiaritätsprinzip?
Sind nicht die Verfassungen der einzelnen europäischen Länder ein Spiegelbild der europäischen Werte? Die EU tut gut daran, die Verfassungen der einzelnen Länder zu respektieren. Tut sie das nicht, wird sie zerbrechen. Natürlich ist es gut, wenn sich die Länder Europas ein Haus mit gemeinsamem Dach bauen. Ein Haus, in dem jeder nach seiner Facon selig werden kann. Ein Haus, das die Werte der einzelnen Staaten ernst nimmt und als eigene Werte einbaut. Ein Haus, in dem Gemeinsamkeiten gebündelt und nach außen vertreten werden, ohne die Identitäten der Länder zu zerstören.
Wenn die EU es nicht fertig bringt, ein Subsidiaritätsprinzip zu installieren, das diesen Namen verdient, wird sie zerfallen. Wenn die EU die Demoktatie, die man zwar wie eine Mostranz vor sich her trägt, immer mehr par ordre du mufti erstickt, wenn man den Ländern die Luft nimmt zum Atmen, wenn man sie derart gängelt, dass sie sich wehren, können aus einem solchen Gebilde keine „Europäischen Werte“ entstehen.
21.11.2018, Sepp Kneipp, CO

Europäische Werte: Die Eliten müssen sich dem Recht unterordnen
Werte? Das man Verträge Gesetze brechen darf, als Elite! Europäische Werte? Das bedeutet, dass die Eliten über den Gesetzen stehen während die kleinen normalen Bürger die Gesetze einhalten müssen. Egal ob Euro, EU-Dublin3, Abgaswerte – Immer werden Gesetze, Verträge und Vorschriften gebrochen. Nicht vom kleinen Bürger, sondern von den Eliten. Und bestraft wird keiner von denen. Europäische Werte, ja ja wird in Sonntagsreden gerne verkündet. Und Montags sind all diese Werte wieder vergessen oder es werden wieder Gesetze gebrochen. Wir haben in Europa Frieden, weil wir uns auf gemeinsame Gesetze und Werte verständigt haben. Aber wenn „wir“ Gesetze nicht mehr einhalten wollen, obwohl „wir“ sie selber eingeführt und unterschrieben haben, ist der Frieden Europas in Gefahr, durch die Eliten.Die europäischen Werte haben eine Zukunft, wenn die Eliten „wieder“ bereit sind sich dem Recht unterzuordnen, wie es in Demokratien üblich ist.
22.11.2018, Marc Gause, CO

Diese EU-Gemeinschaft ist demokratisch nicht abgesegnet
 Also ein reines Produkt der Eliten. Sie ist weder Wirtschaftsgemeinschaft noch Sozialgemeinschaft noch Wertegemeinschaft. Wenn sie etwas werden will sollte sie versuchen, sich eine demokratische Basis zu schaffen. Aber die EU weiss natürlich, dass sie dann anders aussehen würde!.

Diese „Europäer“ fürchten nichts mehr als des Volkes Willen. Wir sind immer noch eine EWG.
Dieses „Europäische Parlament“ verdient den Namen nicht, denn das Kernrecht, den Haushalt zu bestimmen hat es nicht und wird es auch nie haben …
22.11.2018, Anton Schober, CU

 

 

 

Leistung als Norm muß auch für Migranten gelten
Gehört es nicht zur Integration, daß Migranten ihre Normen zu einem gewissen Grad in die Gesellschaft einbringen können?
El-Hamid: Zu einem gewissen Teil schon. Integration kann aber nicht durch Gesetze oder Verordnungen erzwungen werden, sondern geschieht durch langwieriges und wechselseitiges Zusammenwirken zwischen Migrant und Gastland – wobei der wesentlicher Teil beim Migranten liegt. Ich kann also nicht kommen und erwarten, daß meine sämtlichen Normen öffentlich akzeptiert werden. Meine Normen sind hier Privatsache, und Deutschland bietet jede Freiheit, sie privat zu leben.
Kein arabischer Einwanderer würde es akzeptieren, würden Sie in seinem Land deutsche Normen einfordern. Dessen sind sich diese Menschen übrigens auch bewußt. Also nein, im Gegenteil, es ist sogar abträglich für alle, daß die deutschen Normen immer mehr relativiert werden.
Es gibt viele Beispiele. Etwa, daß Leistung nicht mehr ein entscheidender Faktor der Beurteilung der Menschen ist. Dabei hängt Deutschlands Position in der Welt vor allem genau davon ab.
…. Alles von Salem El-Hamid vom 26.1.2018 zu „Eine Bringschuld gibt es nicht –
Wie funktioniert Integration tatsächlich?“ bitte lesen auf www.jungefreiheit.de, Seite 3

Dr. Salem El-Hamid, der Chefarzt, geboren 1951 in Syrien, leitete mehrere Kinderkliniken in Deutschland, ist Generalsekretär der Deutsch-Syrischen Gesellschaft mit Sitz in Bonn und Autor des Buches
„Vom Euphrat an den Rhein.
Eine syrisch-deutsche Erfolgsgeschichte“ (2016)
.
www.salem-el-hamid.de

 

 

 

Bassam Tibi: Drei Werteorientierungen in Europa
Mit der naturwüchsigen Zuwanderung aus der Welt des Islam entstehen folgerichtig Wertekonflikte. Was ist das? In meinem Cicero-Artikel „Ich kapituliere“ habe ich mein Konzept des Euro-Islam vorgestellt und erklärt, dass ein europäisierter Islam eine friedliche Lösung der Wertekonflikte wäre. Ich habe jedoch meine Niederlage gegenüber dem Kopftuch-Islam eingeräumt. Der Wertekonflikt besteht zwischen der Werteorientierung von drei Ausrichtungen, die zurzeit in Europa existieren:
1. Die Vertreter der „Open Society“, die in Poppers Sinne argumentieren „keine Toleranz den Intoleranten“.
2. Die postmodernen Kulturrelativisten, die ich in Poppers Sprache als „Feinde der offenen Gesellschaft“ einstufe (Linke und Grüne)
3. Die islamischen und anderen Neoabsolutisten, die eine kompromisslose Weltanschauung nach Europa einführen wollen, für die sie im Namen des Respekts für andere Kulturen Geltung beanspruchen (organisierter Verbands-Islam). ….
Alles von Bassam Tibi: „Humanitäre Politik ist keine Einwanderungspolitik“ vom 23.10.2016 bitte lesen auf
https://www.cicero.de/berliner-republik/Migration-humanitaere-politik-ist-keine-einwanderungspolitik
  .
Bassam Tibi plädiert für eine gesteuerte Einwanderung. Die Aufnahme in die Sozialsysteme muss an Bedingungen geknüpft sein, sonst ist die innere Sicherheit in Gefahr. Buch:
Bassam Tibi: Europa ohne Identität? Europäisierung oder Islamisierung,
ibidem-Verlag, 522 Seiten, Oktober 2016, 19.90 Euro.

 

Ulrich Tukur: Verfall von Stil, Respekt, Diskussionskultur und Werten 

BZ: Woher resultiert denn dieser allgegenwärtige Verfall von Stil und Benehmen?
Tukur: Alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht, sagt der Dichter aus Frankfurt, und er hat Recht. Die Dinge streben, kaum dass sie ins Leben getreten sind, wieder ihrer Auflösung entgegen. Es lässt sich nicht verhindern, aber ein wenig aufhalten kann man es schon. Das geht aber nicht ohne ein gewisses Maß an Selbstachtung und Respekt anderen gegenüber, und einer Liebe zur Schönheit.
BZ: Aber woher resultiert dieser Verfall von Respekt sich selbst gegenüber?
Tukur: Ich sage es mal so: Die Industrienationen, in denen wir das Glück haben zu leben, sind mehr oder weniger angekommene Gesellschaften. Man hat in den Jahrzehnten seit dem letzten Weltkrieg viel erreicht, hat soziale Systeme aufgebaut, von denen die Gewerkschaften früher geträumt hätten, erfreut sich demokratischer Regierungen und einer relativen Lebens- und Rechtssicherheit.
BZ: Und wo liegt dann unser Problem in Sachen Respekt?
Tukur: Diese Welt haben wir von den zwei, drei Generationen vor uns übernommen, wir haben sie nicht selbst erkämpft, und insofern verbinden wir nicht mehr so viel damit wie noch unsere Eltern oder Großeltern. Und was man als selbstverständlich hinnimmt, verschleiert den Blick auf die Zerbrechlichkeit aller Strukturen, die wir Menschen um uns herum errichten. Nur wenn wir sie jeden Tag aufs Neue beseelen, halten wir sie lebendig und überlebensfähig. Dazu haben wir aber in der Breite der Bevölkerung nicht mehr die Kraft, irgendwann werden dann die Werte hohl, man wird gleichgültig, langweilt sich, konsumiert nur noch und beginnt, ohne es gewahr zu werden, mit der Dekonstruktion des Bestehenden. Inklusive einem selbst.
BZ: Wie lässt sich solch ein Verlust verhindern?
Tukur: Weiß ich nicht. War Rom zu retten? Fest steht, was wir als Sicherheit empfunden haben: das Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, dieses Glück im stillen Winkel, das es für uns Deutsche einmal gab, weil wir keine große politische Verantwortung übernehmen mussten bis hin zum Fall der Mauer und noch darüber hinaus – das ist vorbei. Wir erleben jetzt ein Rendezvous mit der Globalisierung, wir treten in eine völlig neue Phase ein und werden möglicherweise – in etwas anderer Art und Weise – wieder Weimarer Verhältnisse kriegen.
BZ: Sind das nicht arg düstere Visionen, die Sie da ausmalen?
Tukur: Die alte Bundesrepublik ist Geschichte, der tiefe Konsens, den es mal zwischen Bürgern und Politik bei aller Kritik gab, der scheint mir unwiderruflich zu zerbrechen. Viele haben das ungute Gefühl, dass eine überforderte und hilflose Politik uns mit Tatsachen konfrontiert, deren Tragweite unser aller Leben fundamental verändern wird. Und darüber wollen sie sprechen, und sie wollen ernst genommen werden; nur ist die aktuelle Diskussion darüber erschreckend unsouverän und von der Wir-schaffen-das-schon-Denke abweichende Meinungen werden viel zu schnell skandalisiert. Vernünftige Menschen, die keine Schreihälse sind, ziehen sich zurück. Das wird sich rächen. ….
Komplettes Interview mit Ulrich Tukur vom 13.10.2016 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/theater-2/es-ist-nichts-schlimm-an-guter-unterhaltung–128544896.html

.

Zehn Jahre Muslim-Test in Baden-Württemberg – Neuauflage nach Köln?
In einem Interview in der „Welt“ am 16. Januar 2016 machte Alice Schwarzer (nach Köln) folgende bemerkenswerte Äußerung: „Aber jetzt muss alles getan werden, um versäumte Integration nachzuholen und die Flüchtlinge sofort auf den Prüfstand zu stellen.“ Also „Muslim-Test“ 2.0 oder was?
Serap Çileli schrieb damals über diesen „Test“, der in Wirklichkeit ein Gesprächsleitfaden für die Einbürgerungsbehörden war: „Ich halte den Gesprächsleitfaden für einen wichtigen Schritt dahin, dass in Deutschland endlich eine Integrationspolitik betrieben wird, mit der man schon vor 50 Jahren hätte beginnen sollen.“
Ich war Verfasser des genannten Leitfadens, der im Januar 2006 als „Gesprächsleitfaden für die Einbürgerungsbehörden in Baden-Württemberg zum Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)“ in Kraft trat. Er verpflichtete die 44 Einbürgerungsbehörden des Landes, mit Einbürgerungsbewerbern unter Verwendung ein Gespräch zu führen, um die Ernsthaftigkeit des Bekenntnisses zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland festzustellen, das jeder Antragsteller nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 StAG ablegen muss. Da diese Regelung ganz überwiegend Muslime betraf, wurde der Gesprächsleitfaden in der Presse alsbald als „Muslim-Test“ bezeichnet. Die Regelung, rechtstechnisch in Form einer Verwaltungsvorschrift erlassen, löste einen Proteststurm aus, ….
Ja, und dann kam Bilkay Öney von Berlin nach Stuttgart und wurde am 12. Mai 2011 Ministerin für Integration im Kabinett Kretschmann. Sie handelte sofort, nein unverzüglich, und hob mit Schreiben vom 29. Juli 2011 den Gesprächsleitfaden auf. Das MIGAZIN https://www.migazin.de/2011/08/01/bilkay-oney-hebt-gesinnungstest-auf/ würdigte diese mutige Tat mit den Worten: „Damit geht ein über fünfeinhalb Jahre währendes Einbürgerungskapitel zu Ende, das an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.“ ….
Alles von Rainer Grell vom 4.2.2016 bitte lesen auf
https://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/zehn_jahre_muslim_test_in_baden_wuerttemberg_r.i.p

Serap Cileli, c/o peri
Verein für Menschenrechte und Integration e.V.
Bachgasse 44, D-69469 Weinheim
www.cileli.de

Vater des Muslimtests – Rainer Grell im Ruhestand
„Sie haben von den Anschlägen am 11. September in New York und am 11. März in Madrid gehört. Waren die Täter in Ihren Augen Terroristen oder Freiheitskämpfer?“ Das ist eine der Fragen, die die Einbürgerungsbeamten 2006 den Ausländern stellen sollten. Und es ist eine der Fragen, die Rainer Grell und sein Stab entwickelt haben, um festzustellen, ob ein einbürgerungswilliger Ausländer auf dem Boden des Grundgesetzes steht. „Ich habe damals gesehen, dass wir am laufenden Band türkische Staatsbürger einbürgern, ohne zu prüfen, ob sie unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat überhaupt respektieren.“ Kaum war der Leitfaden eingeführt, brauste ein Sturm der Entrüstung über die Landesregierung – und über Rainer Grell. Damals gab der Ministerialrat der BBC Interviews und verteidigte den Test auch sonst auf allen Kanälen. Mit wenig Erfolg: der Fragenkatalog wurde schon nach kurzer Zeit überarbeitet und Grells Bitte, über die 65 hinaus noch zwei Jahre im Innenministerium arbeiten zu dürfen, wurde abgelehnt. ….. Alles vom 26.5.2010 bitte lesen auf
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.vater-des-muslimtests-keine-ruhe-im-ruhestand.9da16085-4086-4a41-919d-a05ab56387f4.html

.

Integration – Wertegemeinsamkeit herstellen
„Der Begriff „Integration“ bedeutet in der Soziologie die Ausbildung einer Wertgemeinsamkeit mit Gruppierungen, die zunächst andere Wertehaltungen vertreten“. Zu gut Deutsch, ein neu Hinzugekommener fügt sich in die Gemeinschaft der Aufnahmegesellschaft so ein, dass weder sein noch das soziale Leben der Aufnahmegesellschaft geschädigt werden. Wir haben nun das Problem, dass sich ca. 1.200.000 Ankommende einfügen müssen. Täglich kommen 3000 Neue hinzu. Die allermeisten von ihnen sind allein reisende Männer im wehr- und zeugungsfähigen Alter. Sie kommen zum größten Teil aus archaisch geprägten Kulturkreisen und sind weder der deutschen Sprache mächtig, noch verfügen sie über eine Ausbildung, die sie zur Teilnahme am Arbeitsprozess befähigt. ….. Alles von Manfred Haferburg vom 15.1.2016 bitte lesen auf
https://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/erinnerungen_an_meine_integration

Inhaltliche Füllung unserer Werte als ständiger Prozess
Bundeskanzlerin Angela Merkel macht kein Hehl aus ihrer Erwartung, dass die Flüchtlingswelle Deutschland verändern wird und „dass wir eines hohen Maßes an neuem Denken“ bedürfen. Unklar bleiben die Inhalte des Wandels. Zumeist beschränkt sich die Diskussion darüber auf die Forderung nach der Integration der Flüchtlinge und deren Pflicht, die Werte und Regeln des sie aufnehmenden Gastlandes zu akzeptieren. Aber reicht dies aus?
Die Begegnung der nahöstlichen Muslime mit der westlichen Welt wirft Fragen auf. Sie gelten zunächst der gelebten Welt der Werte. Selbst wenn Muslime aus dem Koran ebenfalls die Würde des Menschen herauslesen, könnten Sie Zweifel hegen, ob die Menschen hierzulande selbst nach den von ihnen postulierten Werten leben. Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq bringt das Thema in seinem vielgelesenen Roman „Unterwerfung“, der uns in das Jahr 2022 versetzt, auf den Punkt. Der aus der Präsidentschaftswahl siegreich hervorgegangene gemäßigte muslimische Kandidat gewinnt die Wahl, weil er Christen und Juden auf seine Seite ziehen kann, indem er den „Säkularismus, den Laizismus und atheistischen Materialismus“ zum gemeinsamen Feind erklärt. Der Roman spitzt natürlich satirisch zu, spricht aber dennoch ein tatsächliches Problem an.

Es kann am Beispiel der Freiheit verdeutlich werden. Freiheit wird weithin nur als Freiheit von irgendwelchen Zwängen, Regeln und Normen verstanden, also als Abwehrrecht. Die ideengeschichtliche, verfassungstheoretische und ethische Analyse des Freiheitsbegriffs weist diesen jedoch immer auch als eine mit Pflichten beladene Norm aus: Nicht nur verstanden als „Freiheit von“, sondern auch als „Freiheit zu“. Ähnliches gilt für den Begriff der Toleranz. Er beinhaltet nicht Gleichgültigkeit gegenüber allem, was Menschen tun und gegenüber allen sozialen Zuständen, sondern die ethische Verpflichtung, den Menschenrechten zur Geltung zu verhelfen – eine Tugend, wie es in der Toleranz-Erklärung der Unesco von 1995 heißt.

Ein anderes Beispiel ist die Würde der Frau. Wer möchte bezweifeln, dass Vieles, was den muslimischen Zugewanderten auf den Straßen der deutschen Großstädte oder im Fernsehen begegnet, auch unserem eigenen Verständnis von Würde nicht entspricht. Dazu bedarf es nicht des muslimischen Maßstabes. Wenn also von den Zugewanderten die Ausrichtung am westlichen Werte-Verständnis gefordert wird, könnten diese allzu leicht den Eindruck westlicher Doppelmoral gewinnen.

Um es noch deutlicher zu sagen: Es genügt nicht, die Flüchtlinge mit der Ideengeschichte der westlichen Demokratie, mit den Menschenrechtserklärungen und Grundrechtskatalogen zu konfrontieren. Ebenso wichtig ist die Frage, wie Menschen, die aus einer anderen religiös und kulturell geprägten Lebenswelt zu uns kommen, die hiesige Lebenswelt erfahren. Die Würdenträger der christlichen Kirchen werden an den hohen Feiertagen nicht müde, vor der Sinn-Leere der Konsumgesellschaft zu warnen. In der Tat – und dies ist auch die Botschaft der Satire von Houellebecq –, eine Gesellschaft, deren primäre „Werte“ Konsum und Hedonismus sind, ist gegenüber normativen Erwartungen von außen in der Defensive. Ohne eine, wenn schon nicht religiöse, so doch ethische Grundierung unserer Integrationsanstrengungen laufen diese ins Leere.

Was ist daraus zu folgern? Zu allererst die Einsicht, dass Integration keine Einbahnstraße ist. Auch wir haben unser Werte-Verständnis zu hinterfragen, insbesondere unsere Werte-Praxis. Wir müssen uns vor Selbstgerechtigkeit hüten. Dies sollte umso leichter fallen, da der Inhalt der westlichen Werte nicht ein für alle Mal fixiert werden kann. Die inhaltliche Füllung unserer Werte-Begriffe ist nicht ein Zustand, sondern ein ständiger Prozess. Die in der Französischen Revolution formulierte Trias „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ bringt dies zum Ausdruck. Die drei Postulate stehen nämlich in Spannung zueinander. Sie werden in allen Demokratien fortlaufend neu austariert. Ihr Spannungsverhältnis stellt einen zentralen Teil des politischen Prozesses und des verfassungsrechtlichen Diskurses dar. Auch dies – nicht nur die Notwendigkeit der Integration – muss den zugewanderten Muslimen vermittelt werden, um Irritationen zu vermeiden. Zugleich findet damit ein Stück Eingewöhnung in die Demokratie statt. Integration ist eben ein Prozess, der beide Seiten fordert: die Bürger des Gastgeberlandes und die Neuankömmlinge.
9.1.2016, Wolfgang Jäger, ehem. Rektor der Universität Freiburg
Gast-Beitrag in der Badischen Zeitung

 

Integration – Integrations-Pflichtkurse – Werte vermitteln
Die Integration in unsere Gesellschaft muss nicht die Aufgabe eigener Identität der Immigranten nach sich ziehen. Die unbedingte Voraussetzung aber ist, dass die Immigranten die Identität der einheimischen Bevölkerung akzeptieren und respektieren. Und sich ausnahmslos zu den Werten der freiheitlichen und demokratischen Ordnung dieser Gesellschaft bekennen (inklusive der Geschlechtergleichheit, Meinungs- und Redefreiheit) und danach leben. So eine Grundvoraussetzung kann nicht, wie bisher gehandhabt, dem Zufall überlassen werden. Es müsste gezielt und institutionalisiert erfolgen.
Eine erfolgreiche Integration ist nichts anders als eine Einbürgerung in unsere Gesellschaft. Wobei die Einbürgerung nicht mit der Staatsangehörigkeit zu verwechseln ist. Dies könnte der nächste Schritt sein. Muss aber nicht automatisch erfolgen. Um der Integration eine wirkliche Chance zu geben und letztlich die Einbürgerung zu erreichen, müssten ein paar Pflichten festgeschrieben werden, die von jedem Neubürger zu erfüllen sind. Ja, mit dem Recht hier zu leben, die Vorzüge dieser Gesellschaft und deren Schul-, Gesundheits- und Versicherungssysteme zu geniessen, sollten auch Pflichten einher gehen!
Zuerst sollte jeder Neuankömmling ein Integrationskurs, in dem alle relevanten Werte diese Gesellschaft vermittelt werden, nicht nur besuchen sondern auch eine Prüfung bestehen, die eindeutig nachweist, dass das gelehrte auch verstanden wurde. Danach schliessen die Immigranten einen Vertrag mit dieser Gesellschaft, in dem Sie sich verpflichten, die Werte diese Gesellschaft zu respektieren und zu leben. Gleichzeitig erklären sie sich bereit, im Falle der groben Verletzung des Vertrages ihrerseits, dass Land umgehend zu verlassen. Wenn nötig zwangsweise. Erst wenn wir solche Schritte zu Pflicht machen würden (wie viele andere Staaten auch) dann erst wäre die Integration ein Normalfall und kein seltener Zufall.
14.1.2016, Z.Marx
.
Integration gelingt erst, wenn dem Staat das Geld ausgeht
Deutschlands Haupthindernis für eine Integration von Flüchtlingen/Einwanderern/Importbräuten ist das Sozialsystem. Niemand muß sich wirklich anstrengen. Ein Mindestlohnjob ist zudem auch nicht viel besser als H4. Das Sozialsystem ermöglicht zudem einen SEHR VIEL höheren Lebensstandard als in den Herkunftsländern. Selbst Facharbeiter haben dort nicht unbedingt diesen Lebensstandard. In den Herkunftsländern gibt es kein Kindergeld. Das sind die Gründe, weshalb sich die archaische Kultur hier bei uns konservieren kann. Es wird sich erst ändern, wenn dem Staat das Geld ausgeht.
14.1.2016, M.B.

Schreibe einen Kommentar