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Sonnenuntergang in Freiburg am 26. August 2020 um 21.20 Uhr

Sonnenuntergang in Freiburg am 26. August 2020 um 21.20 Uhr

NGEU = Next Generation EU

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Karlsruher Nikolaus-Urteil: NGEU-Fonds , Eurobonds
EU-Politik: Entscheidung über die Gemeinschaftsschulden des Corona-Wiederaufbaufonds
Dirk Meyer
Die EU-Gemeinschaftsschulden mit Kollektivhaftung der Staaten, oft als Eurobonds betitelt, stellen einen ordnungspolitischen Rubikon dar – einmal überschritten, ist der Weg in eine Fiskalunion frei und kaum mehr umkehrbar. Von den Befürwortern einer zentralistischen EU – Olaf Scholz, EZB-Präsidentin Christine Lagarde, EU-Kommission – angestrebt, werden sie von Kritikern als Abkehr vom Nichtbeistandsprinzip (Artikel 125 AEUV) abgelehnt. Dieses untersagt sowohl den Mitgliedstaaten als auch der EU selbst, für Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedstaates einzutreten.
Und das aus gutem Grund, denn nur so sind die Staaten gehalten, solide Haushalte zu führen und ihre Kreditwürdigkeit zu erhalten. Bereits die Euro-Rettungsfonds, die für in Liquiditätsnöte geratene Staaten (Griechenland 2010, 2012, 2015; Irland 2010; Portugal 2011; Zypern 2013) Kredite mit gesamtschuldnerischer Haftung ausreichten, machten eine EU-vertragliche Erweiterung (Artikel 136) notwendig. Allerdings unterliegen diese Hilfen strengen Auflagen. Anders die Corona-Hilfsprogramme der EU: die Kurzarbeiterhilfe SURE (2020; 100 Milliarden Euro) und der Wiederaufbaufonds NextGenerationEU (NGEU 2021; 820 Milliarden Euro).

Müssen Einnahmen und Ausgaben nicht mehr ausgeglichen werden?
Für den NGEU-Fonds nimmt die EU erstmalig in erheblichem Umfang Kredite auf, die durch Quasi-Garantien aller Mitgliedstaaten abgesichert sind. Hierzu mußte die Eigenmittelverordnung (Artikel 311) in einem EU-Gesetzgebungsverfahren entsprechend angepaßt werden. Dagegen gilt für die EU der Grundsatz, daß ihr Haushaltsplan „in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen“ ist (Artikel 310). Kredite zählen demnach nicht zu den finanziellen Mitteln im EU-Haushalt. Im Innenverhältnis der EU bedeutet der geänderte Eigenmittelbeschluß im Grundsatz – und der spiegelt den „Normalfall“ wider –, daß die Mitgliedstaaten anteilig für die Verbindlichkeiten gemäß der üblichen EU-Beitragsfinanzierung einstehen.
Für Deutschland sind das etwa 24 Prozent, also rund 200 Milliarden Euro. Da die Kredittilgung aber erst für den Zeitraum 2028 bis 2058 vorgesehen ist, sind weitere Haushaltsperioden nach 2028 von den Tilgungslasten aus dem Wiederaufbaufonds betroffen. Für den „Sonderfall“, daß in dieser Zeit einzelne Mitgliedstaaten – beispielsweise Italien oder Griechenland – ausfallen, müßten die anderen EU-Staaten ihre Garantien einlösen und deren Zahlungen mit übernehmen. Deutschland würde jährlich mit bis zu 32,65 Milliarden Euro haften – und zwar bis 2058.
Rein rechnerisch beträgt die auf Deutschland entfallende Garantiesumme etwa eine Billion Euro. Selbst in dem unrealistischen Fall, daß alle anderen EU-Staaten infolge von Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunwilligkeit oder infolge von „No-Deal“-Austritten ausfallen, müßte Deutschland als einziger Mitgliedstaat für die gesamte Kreditsumme von etwa 820 Milliarden Euro notfalls alleine geradestehen. Hinzu kommt: Der NGEU-Fonds ist vornehmlich einigen hochverschuldeten Eurostaaten geschuldet, insbesondere Italien. Diese haben in der Vergangenheit zum Teil die EU-Schuldenregeln mißachtet, und es besteht das Risiko, daß sie bei einer nationalen Kreditfinanzierung in dem angestrebten Volumen den Kapitalmarktzugang verlieren könnten. Mit EU-Krediten kann hingegen das Haftungspotential der – noch – solventen Mitglieder genutzt werden.

Lediglich gegen diese Kreditfinanzierung des Wiederaufbaufonds, nicht jedoch gegen die Corona-Hilfen an sich, richtet sich die im März 2021 eingereichte Verfassungsbeschwerde des Bündnis Bürgerwille. Mit ihrem Sprecher, dem Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke (Uni Hamburg) und dem Prozeßvertreter Hans-Detlef Horn (Uni Marburg), umfaßt die Gruppe 2.281 Mitkläger, darunter weitere bekannte Professoren wie Philipp Bagus, Walter Krämer, Joachim Starbatty und Roland Vaubel, sowie Politiker, etwa den früheren CDU-Staatssekretär Sighart Nehring und den ehemaligen Präsidenten des Industrieverband BDI, Hans-Olaf-Henkel.

Konkret richtet sich die Klage gegen das Eigenmittelbeschluß-Ratifizierungsgesetz (ERatG), welches das europäische in deutsches Recht überführt. Einen weiteren Parlamentsvorbehalt könnten die möglichen Kreditgarantien notwendig machen, deren parlamentarische Zustimmung mit Rückhalt im Ermächtigungsprinzip des Haushaltsverfassungsrechts begründet liegt. Schließlich schlummern hier potentielle zukünftige Haushaltslasten.
Dies ist aber nicht Gegenstand der Verfassungsklage.
Wie könnte das für den 6. Dezember angekündigte „Nikolaus-Urteil“ ausfallen? Eine grundsätzliche Alternative wäre die Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde. Angesichts der Bedeutsamkeit der Fragestellung ist dies unwahrscheinlich. Eine andere Möglichkeit besteht in der Vorlage des Falls gemäß Artikel 267 beim Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser Weg wurde auch anläßlich des Verfahrens zu den Staatsanleiheankäufen (PSPP) vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschritten.
Zukünftige gemeinschaftliche Schuldenaufnahme verhindern
Ausgeschlossen ist jedoch, daß das BVerfG der Beschwerde stattgibt, ohne vorher den EuGH zu konsultieren. Gemäß dem Prinzip der richtungsgebenden Kompetenz des EuGH wäre das deutsche Verfassungsgericht gehalten, dem EuGH im Rahmen einer Ultra-vires-Kontrolle, also bei einer möglichen Überschreitung des Mandats der Union, Gelegenheit zur Prüfung und Vertragsauslegung zu geben. Auch angesichts des Verlaufs der mündlichen Verhandlung zu diesem Verfahren am 26./27. Juli dieses Jahres bleibt der Ausgang völlig offen.

Allerdings ist an den Krediten und der gesamtschuldnerischen Haftung Deutschlands nichts mehr änderbar. Indem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Zustimmungsgesetz bereits im April 2021 unterzeichnet hat, ist eine völkerrechtliche Bindung der Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt, die auch das BVerfG nicht mehr annullieren kann.
Die Bedeutung des Urteils liegt vielmehr darin, eine zukünftige und durchaus wahrscheinliche gemeinschaftliche Schuldenaufnahme der EU zu verhindern oder ihr zumindest Begrenzungspflöcke einzuschlagen. Schließlich hat das BVerfG in seinen bisherigen Urteilen immer den Grundsatz verfolgt, der Bundesregierung ihr Handeln nicht völlig zu versagen, aber dennoch eine Einhegung ihrer zukünftigen Handlungsspielräume aufzuzeigen. Der Nikolaustag wird jedenfalls spannend.
… Alles vom 2.12.2022 von Dirk Meyer bitte lesen in der JF 49/22, Seite 10

Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
https://www.buendnis-buergerwille.de

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Immer ist für Schulden irgendwann Zahltag: Deutsche EU-Haftung
Die Europäische Union hat angeblich erst zur Corona-Bekämpfung, dann für den grünen Umbau „Green Deal“ von den Mitgliedsstaaten das Recht bekommen, mehr als 800 Milliarden Schulden aufzunehmen, für die es keine legalen Einnahmemöglichkeiten gibt. Hintergrund war, dass Frankreich, Italien, Griechenland und Spanien illiquide waren und dringend Geld brauchten, um überhaupt weiter im Euro und in der EU mitmischen zu können. Die 800 Milliarden werden zur Hälfte als Geschenke, zur anderen Hälfte als Darlehen vergeben. Italien, Frankreich und Spanien haben bereits je etwa 200 Milliarden davon bekommen. Das Pleiteland Italien boomt seitdem.
Alle sind glücklich, weil niemand darüber nachdenkt, wer letztlich die Kosten dieser Geschenke zahlen muss – im Zweifel wieder die Hauptnettozahler der EU, die Deutschen.

Bei der Verteilung der Gelder des Green Deals soll es darauf ankommen, ob Geldausgaben mit grüner Nachhaltigkeit begründet werden können. Das war bisher bei der Atomenergie nie der Fall. Sie wurde von den Grünen sogar jahrelang als Hauptgefahr für die Existenz der Menschheit verteufelt.

Nun aber braucht Frankreich viele Milliarden, um seine 70 Atomkraftwerke zu sanieren und neue zu bauen. Deshalb sollen die EU-Ausgaben für Atomkraftwerke plötzlich „nachhaltig grün“ sein. Praktisch soll also die EU die marode französische Atomindustrie unter dem Vorwand grüner Investitionen sanieren – eine Umweltpolitik, gegen die die Grünen ebenfalls jahrzehntelang gewettert haben.

Während zum Jahresende in Deutschland drei deutsche technisch führende, sichere Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, wird aber nun mit EU-(vor allem deutschem) Geld (30 bis 40 Mrd. Euro) in Frankreich in Atomindustrie investiert. Die deutschen Grünen, die in Deutschland Atomkraftwerke verhindern, stimmen also zu, dass auf deutsche Kosten in Frankreich Atomkraftwerke gebaut werden und kaufen nachher den Atomstrom aus Frankreich, weil wir nicht mehr genug eigene Energie haben.

Die von Merkel überstürzte Energiewende wird ebenso widersinnig und für Deutschland kostenträchtig weitergemacht.

Politik für die eigenen Bürger und Wähler ist dies jedenfalls nicht.
Ebenso findet der Gaskrieg in der Ukraine auf deutsche Kosten statt. Bisher hatten wir nicht nur kontinuierliche Belieferung durch Russland, sondern auch die Zusage, mit North Stream 2 sogar zusätzliche Mengen zu billigen Dauerpreisen einkaufen zu können. Die EU hat diese Dauerbelieferung torpediert und für den Energiemarkt statt Dauerbezug Einzelkäufe vorgeschrieben (Spot-Käufe). Damit wurde der Welt-Gas-Spekulation Tor und Tür geöffnet, sind die Preise ums Doppelte gestiegen, so dass nun auch das doppelt so teure und umweltschädliche Fracking-Gas der Amerikaner konkurrenzfähig und verkäuflich ist und die amerikanischen Gasspekulanten auch den europäischen Markt beherrschen.

Angeblich wollte die EU die bisher funktionierende Dauerbelieferung aus Russland torpedieren, weil Russland eine militärische Gefahr darstelle. Praktisch aber haben die Interessen der amerikanischen Fracking-Gas-Industrie, die französische Atomindustrie und die Ansprüche der korrupten Durchleitungsländer Ukraine und Polen den Gasmarkt verändert, auf immer verteuert und dem deutschen Energiestandort entscheidend geschadet. Treiber waren nicht nur die USA über Brüssel, sondern auch die deutschen Grünen.

Politik zu Gunsten der eigenen Wähler war dies jedenfalls nicht.
Deutschland hatte dem gemeinsamen Euro auf Erpressung Frankreichs (Preis der Wiedervereinigung) nur zugestimmt, als ihm versichert und vertraglich fixiert wurde, dass der Euro „so stabil wie die D-Mark“ sein werde. Entsprechend schloss der Vertrag zu Maastricht gegenseitige Schuldenhaftung der Länder untereinander aus und verpflichtete alle Länder zu Schuldengrenzen. Die Europäische Zentralbank sollte wie die Bundesbank allein der Stabilität der Währung verpflichtet sein.

Alle diese Zusagen und Verträge sind gebrochen: Inzwischen haftet Deutschland indirekt für Schulden ganz Europas von ca. drei Bio. Euro.
Auch die seit Jahren wachsenden Target-Schulden der Mitgliedsländer (mehr als eine Billion Euro Verrechnungskonten bei der EZB) sind wachsende Dauerschulden auf Kosten Deutschlands geworden. Niemand in den Schuldnerländern denkt mehr an Ausgleichszahlungen.
Unter dem Präsidenten Mario Draghi und der wegen Korruption vorbestraften Christine Lagarde hat die EZB statt der vertraglich vereinbarten Währungsstabilität eigenmächtig ohne Recht den neuen Zweck der Staatsfinanzierung im Aufkauf von Staatsschulden und der Finanzierung der grünen EU-Schulden (Green Deal) beschlossen, wird die Währungsstabilität nun permanent diesen neuen Zielen geopfert, die Währung entwertet, die Bürger um Zinsen für ihr Erspartes enteignet (ca. 346 Mrd. Euro) und die Zentralbankpolitik den jeweils herrschenden politischen und Finanz-Mächten unterstellt und vermehrt, entwertet und missbraucht.
Das kann nur mit Währungscrash, vor allem zu Lasten Deutschlands, enden, wie jeder Missbrauch der Währung in der Geschichte.

Warum aber konnten die vorher schwarze und jetzt grüne Regierung die Schuldenexplosion, die Währungsentwertung und die Zinsenteignung der deutschen Sparer ohne Revolution der geschädigten Sparer, Geldbesitzer und Steuerzahler so stillschweigend durchziehen? Warum haben die Geschädigten nicht längst protestiert? Die Bürger gaben zwei Antworten: „Uns geht es doch so gut!“ und „Europa war doch bisher mehr Vorteil als Nachteil für uns“.
Wenn man das Wetterleuchten auf den Weltfinanzmärkten richtig deutet, könnten beide vorgenannten Annahmen der deutschen Wohlstandsbürger vor kräftigen Korrekturen stehen.

Es gibt nichts umsonst. Irgendwann ist Zahltag. Das sehen die Bürger jetzt zuerst an den durch die falsche Energiepolitik hochgetriebenen Energiepreisen an Tankstellen und Heizkosten.
Die Rechnung für die von Merkel und Rot-Grün-Schwarz übernommenen gigantischen EU-Schulden wird nicht mehr Kostenerhöhung, sondern Verarmung bringen.
Gezahlt hat bisher immer der Mittelstand, weil die Oberschicht ihr Kapital im Ausland und die Unterschicht nicht genügend hat.
… Alles vom 24.3.2022 von Eberhard Hamer bitte lesen auf
https://www.mittelstandsinstitut-niedersachsen.de 

Prof. Dr. Eberhard Hamer (*15. August 1932 in Mettmann) ist ein deutscher Ökonom. Sein Schwerpunkt ist die Mittelstandsökonomie. In den 1970er Jahren gründete er das privat geführte Mittelstandsinstitut Niedersachsen in Hannover und veröffentlichte über 20 Bücher zum Thema Mittelstand. Hamer erhielt 1986 das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

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Wiederaufbaufonds NextGenerationEU: Alle Budgetgrenzen werden gesprengt
EU-Politik: Das „größte Konjunkturprogramm aller Zeiten“ ist ein intransparenter Zusatzhaushalt zu Lasten Deutschlands
Albrecht Rothacher

Das „größte Konjunkturprogramm aller Zeiten“ – so wirbt die EU-Kommission für ihren derzeit offiziell 806,9 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds „NextGenerationEU“ (NGEU, JF 27/21). Das erinnert an unselige Kapitel in der Geschichte, und der Effekt dieses schuldenfinanzierten Sonderetats wird wohl ähnlich negativ sein. Aber es gibt in Brüsseler Beamtenkreisen einen Spruch: „Was sind schon 440 Millionen? Eine Tasse Kaffee pro Einwohner!“ Für den steuerzahlenden Otto Normalverbraucher sind dies jedoch 880 respektable Einfamilienhäuser. Und das erklärt die jeweilige Perspektive.

Zudem gibt es aber weiter den normalen steuerfinanzierten EU-Haushalt (Mehrjähriger Finanzrahmen/MFR), der für den Zeitraum 2021 bis 2027 genau 1.074,3 Milliarden Euro umfaßt. Das sind 1,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aller Mitgliedsstaaten pro Jahr, umgerechnet auf diesen Zeitraum. 1993 bis 1999 summierte sich der MFR noch auf 1,28 Prozent des BIP der Mitglieder. Das Geld wird in die Landwirtschaft, für Regionalhilfen, für „Zukunftsinvestitionen“, das „Grenzmanagement“, für die östlichen und südlichen EU-Nachbarstaaten und als Hilfen für den Rest der Welt von Marokko bis Papua-Neuguinea zu hoffentlich guten Zwecken eingesetzt.

Ein wahrer Nebelschleier von obskuren Sprachhülsen
Laut den Berichten des Rechnungshofes (EuRH) werden die MFR-Milliarden oft verschwendet, ähnliches gilt für die über UN-Agenturen und NGOs als Projekthilfen sowie als Direktzahlungen an meist korrupte Regierungen ausgezahlten Gelder. Dazu kommen noch die eigenen Verwaltungskosten des Apparats in Brüssel, Straßburg und anderswo von 73 Milliarden Euro. Auch die Ausgaben für die Flüge von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im streßfreien Privatjet während des „Europäischen Jahres der Schiene“ deckt der MFR selbstverständlich ab. Neu ist das alles nicht – und die MFR-Billion ist bislang „nur“ etwa das Doppelte des deutschen Bundeshaushalt von 2021.

Doch die 27 Finanzminister – darunter Olaf Scholz unter Anleitung von Angela Merkel – beschlossen im Juli 2020 inmitten der Pandemie ein zusätzliches Finanzpaket von formal 750 Milliarden Euro. Es soll eine von den Mitgliedsstaaten und ihren Steuerzahlern garantierte und schuldenfinanzierte Konjunkturstütze für die EU sein. Das entspricht 0,7 Prozent des EU-BIP, was harmlos klingt. Aber es hat es in sich, denn es wurden dabei die vorinflationären Preise von 2018 zugrunde gelegt – nun sind es schon offiziell 806,9 Milliarden Euro. Zudem wird über jene Gelder, die schrittweise bis 2028 ausgezahlt werden sollen, ein wahrer Nebelschleier von obskuren Sprachhülsen gelegt: Neben „NGEU“ auch „React EU“, „Green Deal“ oder „Aufbau- und Resilienzfazilität“ (ARF).

Zu den konkreten Projekten hüllen sich die EU-Kommission und nationalen Finanzministerien bislang in eisernes Schweigen. Alles geht am EU- wie an den nationalen Parlamenten vorbei. Diverse Anfragen werden ausweichend beantwortet. Man muß kein Verschwörungstheoretiker sein, um die Absicht zu erkennen: Es geht wieder um einen Transfer vom Norden (Deutschland, Niederlande, Schweden, Österreich & Co.) in den sonnigen Süden von Portugal bis Griechenland. Das hat die EZB mit ihrer rechtswidrigen inflationstreibenden Ankaufspolitik von Staatsschulden auf Kosten der mittelständischen Sparer im Norden längst praktiziert (JF 13/21). Aber wem nützt es?

Deutschland, wo 18,6 Prozent der EU-Einwohner leben, bekommt beispielsweise aus der ARF (eingeplant 338 Milliarden Euro an Zuschüssen) des NGEU-Fonds gerade einmal 25,62 Milliarden Euro (7,58 Prozent der Zuschüsse). Spanien bekommt hingegen 69,52 Milliarden Euro (20,57 Prozent), Italien 68,9 Milliarden Euro (20,39 Prozent) und Frankreich 39,38 Milliarden Euro (11,65 Prozent). Das korruptionsanfällige Rumänien – mit nur 19 statt 83 Millionen Einwohnern – wird mit 14,24 Milliarden Euro (4,21 Prozent) bedacht. Das überschuldete Griechenland mit lediglich 10,6 Millionen Einwohnern (2,37 Prozent der EU-Bevölkerung) erhält sogar 17,78 Milliarden Euro (5,26 Prozent) – die 10,6 Millionen eher sparsamen Tschechen bekommen aber nur 7,08 Milliarden Euro (2,09 Prozent).

Herrschsucht, Amtsanmaßung und ökonomische Inkompetenz
Formal sollen alle jene Schuldenprogramme der Konjunkturbelebung dienen. Theoretisch löblich, gäbe es denn in den nächsten sieben Jahren eine vorhersehbare Rezession. Doch ist aktuell keine in Sicht. Angesichts des Nachfrageüberhangs und des teilweisen Zusammenbruchs der internationalen Lieferketten vor allem aus China sind solche staatlichen Zusatzausgaben real nur weiter inflationstreibend, also völlig kontraproduktiv. Der neue Geldsegen erhöht zunächst nur die Preise. Und die Inflation ist bekanntlich ein Enteignungsprogramm zu Lasten der Unter- und Mittelschichten zugunsten der Kapitalbesitzer und des verschuldeten Staates – oder im ARF-Fall zugunsten der klammen EU-Südländer.
Etwa die Hälfte der NGEU-Mittel sollen Zuschüsse sein, die andere Hälfte rückzahlbare Darlehen – sie treiben also die Staatsverschuldung der EU-Mitgliedsländer (aktuell im Schnitt etwa 95 Prozent des BIP) weiter hoch. Im Prinzip ist alles finanzierbar: Krankenhäuser, Arbeitsplätze für junge Leute, E-Autos, Wasserstoff, „klimafreundliche“ Wohnungsrenovierungen, die Mikroelektronik, die Digitalisierung der Verwaltung, Frauenförderung oder Kinderbetreuung, die Lehrlingsausbildung oder Klein-und Mittelstandsbetriebe. Eine „Recovery Task Force“ der EU-Kommission soll die „Fortschritte“ in den Mitgliedsstaaten kontrollieren und weitere Auszahlungen davon abhängig machen. Dazu kommen die politischen Erpressungsversuche gegenüber Ungarn oder Polen. In Summe eine Mischung aus Herrschsucht, Amtsanmaßung und ökonomischer Inkompetenz, die das heilige Haushaltsprivileg parlamentarischer Demokratien zugunsten intransparenter Verwaltungsentscheidungen in Brüssel aushebelt.

Aufbauplan „NextGenerationEU“: https://www.europa.eu

… Alles vom 18.2.2022 bitte lesen in der JF 8/22, Seite 11

 

 

Next Generation EU – Worum es wirklich geht
Vor dem Hintergrund der Corona-Krise wird die europäische Finanzverfassung grundlegend überarbeitet: Die EU soll künftig Schulden aufnehmen und Steuern erheben können. Aber wer hat hier eigentlich das Sagen und was bedeutet das alles rechtlich? Eine knochentrockene juristische Analyse.

Der Europäische Rat hat sich auf seiner außerordentlichen Tagung vom 17. bis 21. Juli 2020 politisch auf eine komplexe Änderung der EU-Finanzverfassung geeinigt. Das Ergebnis läuft unter der Überschrift „Next Generation EU“ (NGEU), einem neuen Extra-Haushalt der EU im Umfang von 750 Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen die Folgen der Corona-Pandemie in den Mitgliedstaaten bewältigt werden. Dazu werden Teilsummen den bestehende EU-Förderprogrammen zugewiesen, der Löwenanteil in Höhe von 672,5 Mrd. Euro wird jedoch in eine neu aufgelegte „Aufbau- und Resilienzfazilität“ eingebracht. Organisatorisch angesteuert werden die Programme über ein sogenanntes Aufbauinstrument, mit dem die EU die Finanzmittel zuweist und Maßnahmen identifiziert. Das Beschlossene ist aufgrund von Neuerungen auf der Einnahmen- wie der Ausgabenseite unübersichtlich.

Für die juristische Beurteilung des Projekts „Next Generation EU“ ist es wichtig, nicht auf das Instrument, sondern auf die einzelnen EU-Rechtsakte zu blicken, mit denen es ins Werk gesetzt werden wird. Die Kurzanalyse zeigt, dass das Projekt aus mehreren Einzelschritten besteht, die in komplexer Weise miteinander verzahnt sind.
Durch die Beschlüsse des Europäischen Rats vom Juli 2020 wird die Finanzverfassung der EU grundlegend verändert. Die Nettotransfers einzelner EU-Mitgliedstaaten werden – sicherlich auch wegen des Brexit – deutlich steigen, und die Zahl der Nettoempfänger wird zunehmen (bislang ist Italien etwa ein Nettozahler). Die deutlich erhöhte Eigenmittelobergrenze für den EU-Haushalt zeigt, dass die EU/Mitgliedstaaten Geld als europäische Steuerungsressource nunmehr stärker operationalisieren wollen.
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Der Einstieg in eine direkte EU-Besteuerung von Unionsbürgern und Unternehmen betont, dass wir uns in einer verfassungsrechtlichen Schwebelage befinden, in der die Ableitungszusammenhänge europäischer politischer Herrschaft nicht mehr eindeutig sind und die Ämter und Organe der Mitgliedstaaten und der Union um Legitimität im Sinne sozialer Anerkennungswürdigkeit normativer Gebundenheit werben.
… Alles vom 27.8.2020 von Frank Schorkopf bitte lesen auf
https://www.cicero.de/innenpolitik/next-generation-eu-worum-es-wirklich-geht

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Kommentare:
Es geht um die deutsche Finanzkraft, um deutsches Geld
und den Zugriff der EU darauf. Denn ohne gäbe es schon längst keinen Euro mehr und auch keine EU. Weil etliche EU-Mitglieder ohne die tragenden deutschen Korsettstangen, schon längst einen Staatsbankrott hätten hinlegen müssen. Da die Gesetzeslage für einen derartigen Zugriff der EU aber nicht eindeutig ist, wird jetzt zweierlei versucht: Entweder es gelingt eindeutige Rechtsgrundlagen zu schaffen, dann wäre alles ok. Oder, falls das nicht gelingt, muss wenigstens die Rechtslage so vernebelt und unklar erscheinen, dass man mit ihrer Hilfe alles rechtfertigen können wird.
Unser BT und BR tun mir leid. Denn in ihrer Willfährigkeit und Harmlosigkeit werden sie nicht begreifen, dass jetzt der Moment gekommen ist, wo wirklich ernsthaft Widerstand geleistet werden müsste. Sie werden über den Tisch gezogen werden und sich hinterher wundern wie das geschehen konnte u. warum sie keinen Widerstand geleistet haben.
27.8.2020, H.A.
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Ich lese schon wieder „Ermächtigung“.
Am 24.03.1933 gab es schon einmal ein Ermächtigungsgesetz. Jetzt ist es eben die EU. Und da läuft auch wieder alles undemokratisch:“Der Rechtsakt wird vom Rat einstimmig – nach lediglich einer Anhörung des EP – beschlossen.“. Das kannten wir schon. Wozu die Wahl des EP? Wenn die Parteien ehrlich wären, müssten sie den Bundestag auflösen. Es wird ja sowieso jegliche nationale Entscheidung mittels Ermächtigung von der EU abgeräumt.
27.8.2020, M.S.

Nichts ist von Dauer
Sie wissen aber auch,das der Deutsche Bund von 1815-1866,das Deutsche Reich von 1871-1918,das Dritte Reich von1933-1945,die DDR von 1949-1990 und die alte Bonner Republik von 1949-1999 dauerte.Nichts unter der Sonne hat Bestand.Vor allen Dingen dann nicht,wenn deutsche Doktrinäre daran beteiligt sind. (In diesem Falle linke und merkellistische Doktrinäre(was ein und dasselbe ist.Denn kritisieren sie die Merkellisten,sind sie rechts-bis rechtsextrem.Also ist Merkel linksradikal.).Außerdem redet dann niemand mehr mit „Denen“.
28.8.2020, P.SCH
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… wer wird die Flinte denn so schnell ins Korn werfen
Der Artikel liest sich nicht einfach, wovor im Lead vorsorglich gewarnt wird, doch steht das Entscheidende m.E. am Schluss, in verständlichen Worten. Neu gegenüber der Situation von vor Juli 2020 ist, dass a) die EU nun Kredite als EU aufnimmt und b) die EU als EU Steuern erhebt, wenn einstweilen auch nur indirekt und faktisch. Kredite müssen im Regelfall zurückbezahlt werden, was in concreto auch vorgesehen ist, nur ist offen, ob auch alle EU-Mitgliedstaaten ihren Anteil daran effektiv leisten werden. Wenn nicht, haften dafür faktisch die zahlungskräftigen unter ihnen. Und was (künftige) EU-Steuern angeht, so fischt die EU da letztlich im selben Teich wie die EU-Mitgliedstaaten insgesamt, gräbt ihnen m.a.W. Steuersubstrat ab. Ob das eine wie das andere im Lichte der jeweiligen nationalen Verfassungen noch dem Konzept der EU von vor Juli 2020 entspricht, dürfte die juristische Gretchenfrage sein. Noch ist Polen nicht verloren 28.8.2020, J.G,
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Angst un bange
Es kann einem als Bürger angst und bange werden, wie anmaßend und verächtlich gegenüber den Interessen des deutschen Staatsvolks diese Regierung mit Hilfe der Coronavirus-Epidemie den Bundesstaat Europa einrichtet. Das funktioniert nur, weil in allen Parteien außer der geschmähten AfD die Fahne nach dem Wind gehängt wird – und der wird von den Medien und der von ihnen großgeschriebenen Kanzlerin gemacht.
Die Rolle unseres überblähten Parlaments ist in diesem Zusammenhang die des chinesischen Volkskongresses, der die Entscheidungen der Führung nur noch beklatscht. Es ist beschämend.
28.8.2020, H.ST
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Das wahre Demokratie-Defizit der EU
Schwere Kost für die meisten Leser, aber sehr gut analysiert. Die Komplexität der Materie darf keine Ausrede dafür sein, dass Millionen von Bürgern einfach im Dunklen gelassen werden. Dieser NGEU-Themenkomplex sollte wegen seiner Tragweite verständlich aufbereitet und breit diskutiert werden: Was haben unsere gewählten Volksvertreter vor und wo wollen diese aus welchen (ideologischen) Gründen hin? Welche Konsequenzen hat dies für den Einzelnen? Ich bin erschüttert, zu lesen, dass sogar der Bundestag nicht in jedem Fall adäquat informiert wird und mitreden kann. Es entsteht der Eindruck, dass ein recht kleiner Club von Auserwählten abgeschirmt sein NGEU-Süppchen kocht und anschließend wohlwollend die anderen zu Tisch ruft. Wo ist die
27.8.2020, W.M.
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Sehr geehrter Herr Professor Schorkopf,
herzlichen Dank für diese faktenreiche Zumutung. Sie hat mir geholfen, meine diffusen Ahnungen dessen zu fundieren, was sich gerade im Verhältnis zwischen EU und ihren Mitgliedsstaaten verschiebt. Danke auch an die Redaktion des Cicero für den Mut, mich als Nicht-Juristen mit einem solchen Text zu konfrontieren.
27.8.2020, E.W.
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Schwere Kost
die Sie uns im Artikel näher bringen wollen. Ich sage Ihnen was. Mir ist es, genauso wie der Kanzlerin völlig egal, welcher rechtliche Dreh, jursitische Scharmützel und Framing, wann und wie zu den volksfeindlichen Zielen einer Fiskalunion führen werden. Das mögen die Juristen klären. Für mich als Bürger ist es wesentlich einfacher zu bewerten. Die EU ist eine kriminelle Vereinigung geworden, welche ihre „Opfer“ immer mehr auspressen will. Unter dem Strich steht, gerade DE und die wenigen Nettozahler, sollen zum zaheln „verpflichtet“ werden. Die deutsche Politik ist doch fein raus, wenn neue Steuern auf die EU geschoben werden können. Niemand hat die Bevölkerung gefragt, ob sie ihre Herrschaft über ihr Geld aufgeben wollen. Macht nur so weiter, es grummelt in den Völkern und besonders in DE. Noch klingelt bei einigen der Wecker, sie sind müde und wollen nicht aufstehen. Noch. Wenn es mehr Menschen begreifen, hat diese EU keine Chance. Sie zerlegt sich selbst, weil uneinig im Detail.
27.8.2020, E-G.K.

Hinter welchen juristischen Schnörkeln sich das alles auch
verpacken möge, so läuft es doch nur auf eines hinaus: die EU kann uns demnächst unbegrenzt melken bis uns die Tränen, die uns kommen werden, wieder eintrocknen. Großbritannien hatte schon ganz Recht, sich aus dem Verbund zu verabschieden. Wenn ich auch nur den Hauch einer Chance sähe, dort Fuß zu fassen, würde ich umgehend mein Englisch aufbessern und mir dort einen Job suchen. Leider ist das nicht wirklich so einfach.
Aber vielleicht geschieht ja noch ein Wunder und breite Teile der Bevölkerung gehen endlich mal auf die Straße. Wobei ich mir gut vorstellen kann, dass solche Demos dann auch sehr schnell unter fadenscheinigen Gründen verboten werden würden.
27.8.2020, ST.J.

 

 

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