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Blick vom Schauinsland über Stohren und Münstertal ins neblige Rheintal 11/2021

 

  • Krieg in der Ukraine: Das Ende der Neuen Seidenstraße? (3.3.2022)

Krieg in der Ukraine: Das Ende der Neuen Seidenstraße?
Die Neue Seidenstraße – offiziell die Belt and Road Initiative (BRI) – ist das Prestigeprojekt des chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Verkleidet als Infrastruktur- und Logistikprojekt ist sie der strategische Kern von Chinas Bestrebungen, sich aus der maritimen Umklammerung der USA zu befreien. Man kann davon ausgehen, dass aktuell bis zu 90 % des chinesischen Außenhandels auf dem Seeweg abgewickelt werden. Die mit Abstand führende Seemacht sind die USA, die mit ihrer Marine und ihrem weltumspannenden Netz von Marinebasen und Allianzen (zuletzt AUKUS) die Machtmittel haben, im Falle eines Falles den chinesischen Außenhandel zu blockieren. Trotz maritimer Aufrüstung in den vergangenen Jahren kann China dem nichts Adäquates entgegensetzen. Deshalb zielt die Neue Seidenstraße darauf ab, die eurasische Landmasse als chinesisches Hinterland dem Zugriff der USA zu entziehen und gleichzeitig Chinas Zugang zu den Absatzmärkten der EU zu sichern.
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In einem möglichen Szenario wäre die Ukraine ganz oder teilweise in russischer Hand und hätte ihre Existenz als unabhängiger, souveräner Staat de facto verloren. Als russischer Vasallenstaat oder als geteilter Staat wäre die Ukraine Frontstaat in einem neuen kalten Krieg zwischen Russland und dem Westen. Dies wäre für China das Aus für die Neue Seidenstraße als Logistikbrücke zur EU und auch das Ende für Chinas geopolitische Pläne, sich aus der maritimen Umklammerung der USA zu befreien.

In einem alternativen Szenario bliebe die Ukraine nach dem Vorbild von Finnland, Schweden und Österreich frei. Sie würde Mitglied der EU, nicht aber der NATO. Nur in diesem zweiten Fall bestünde für China die Möglichkeit, sein Seidenstraßenprojekt zu retten. Und tatsächlich könnte eine prosperierende Ukraine, die nach Westen und Osten offen ist, für China eine wichtige Rolle als Gateway zur EU einnehmen.
Und genau das ist die Ironie von Chinas Politik in der Ukraine­frage: China muss erkennen, dass eine freie, demokratische und in die EU integrierte Ukraine die Lösung ist, die seinen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen am besten dient. Und Vladimir Putin könnte entdecken, dass China frei nach Lord Palmerston weder dauer­hafte Freunde noch dauerhafte Feinde hat, sondern nur dauerhafte Interessen.
… Alles vom 3.3.2022 von Martin Klein, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bitte lesen in: 102. Jahrgang, 2022 · Heft 3 · S. 157 · JEL: P20, O53
https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2022/heft/3/beitrag/krieg-in-der-ukraine-das-ende-der-neuen-seidenstrasse.html