Gesellschaftsvertrag – Consent

Der „Consent of the Governed“, von dem die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten vom 4.Juli 1776 spricht, also der „Zuspruch der Regierten“ bzw. die „Zustimmung der Bürger“, ist unabdingbar für die Akzeptanz von Macht in der Demokratie: Der Bürger gibt einen Teil seiner Freiheitsrechte an den Staat ab, damit dieser ihm Schutz und Sicherheit innerhalb der Gesellschaft gewährt. Durch seinen Verzicht, seine individuelle Freiheit mit Gewalt zu verteidigen, begründet er das Gewaltmonopol des Staates.
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Zum „Consent of the Governed“ sagt der große deutsche Historiker Heinrich August Winkler In seiner Rede “ Ein normatives Projekt in der Krise – Geschichte und Gegenwart des Westens“ an seinem 80. Geburtstag im Senatssaal der Berliner Humboldt-Universität: „Auf die ‚Zustimmung der Regierten‘ sind Gesetzgeber und Regierungen auch angewiesen, wenn es um die praktische Verwirklichung normativer Selbstverpflichtungen, etwa im Bereich von Asyl und Migration, und damit um die Integrationsfähigkeit von Gesellschaften geht. Die Integrationsfähigkeit und ihre Grenzen im Blick zu behalten ist ein demokratischer Imperativ – ein Gebot, das sich aus der Notwendigkeit des „Consent of the Governed“ ergibt. Der Consent muß also immer wieder eingeholt werden.
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a) Consent durch Kanzlerin Merkel mehrfach ignoriert
In unserer repräsentativen Demokratie läßt sich der Consent – neben der Wahl – über die Abgeordneten im Bundestag einholen. Zu den großen Themen Energiewende, EU-Rettung (Banken, Haftung, Zins), Migration und Klima geschah dies aber nicht. Im Parlament wurden weder Sondersitzungen noch Abstimmungen (geheim, ohne Fraktionszwang) anberaumt. Der Bürger als Souverän bzw. der seinen Willen repräsentierende Bundestagsabgeordnete wurde nicht gehört. Deshalb zweifelt Winkler auch zu Recht an, ob bei diesen Themen zwischen dem Willen der Bürger und dem Tun der Regierenden überhaupt Konsens bestehe.
Die Geschichte des modernen Westens sei „eine Geschichte der Widersprüche und der Ungleichzeitigkeiten, eine Geschichte von Kämpfen um die Aneignung oder Verwerfung der Ideen von 1776 und 1789, der Auseinandersetzungen um verengende oder erweiternde Interpretationen der in Amerika und Frankreich verkündeten politischen Konsequenzen der Aufklärung“, befindet der Historiker Heinrich August Winkler: „Zu keiner Zeit gibt es einen völligen Gleichklang von Projekt und Praxis.“ Aber Projekt und Praxis klaffte in seiner Sicht insbesondere bei der Grenzöffnung im Jahre 2015 auseinander: Die Migrationspolitik der deutschen Bundeskanzlerin sieht er in diesem Zusammenhang im diametralen Widerspruch zum demokratischen Grundsatz von Thomas Jefferson, dem „Consent of the Governed“.

b) Consent herstellen durch Volksabstimmungen
Nach Budapest 2015 wird der Ruf nach Volksabstimmungen lauter. Auch die Rechtswissenschaftlerin Prof. Gertrude Lübbe-Wolff meint, dass direkte Demokratie zu mehr Gemeinwohl und nicht zu mehr Spaltung führt: „Die Bürger sind erfreulicherweise klug genug,um sozialen Medien als Informationsquelle noch weit weniger zu vertrauen als der Presse und dem Fernsehen. Das belegen Umfragen immer wieder. Das Misstrauen gegen die Politik hat in den letzten Jahrzehnten unter anderem deshalb zugenommen, weil vor allem in den Fragen, die mit der Globalisierung und ihren Folgen, einschließlich der Migration, zusammenhängen, nicht ausreichend die Interessen aller Teile der Bürgerschaft im Blick waren. Daran sind die traditionellen Medien nicht ganz unbeteiligt gewesen. Gegen solche Probleme hilft gerade die direkte Demokratie. Sie zwingt die Politik, besser auf die Bürger zu hören, damit es zu Volksabstimmungen, die ihre Projekte zerschießen, gar nicht erst kommt“.
Eine Volksabstimmung darf nicht durch die Regierung und ihre parlamentarische Mehrheit anberaumt werden, sondern nur durch die Bürger mittels Volksinitiative. So ist es auch in der Schweiz geregelt – direkte Demokratie ist ein dem Volk direkt zustehendes Machtmittel.
So will man Mißbrauch verhindern wie zuletzt beim Brexit-Referendum im Juni 2016: Von Premierminister David Cameron angeordnet, um sich zwecks Machtsicherung ein Ja zur EU zu holen , und ohne breite Information der Bürger überstürzt durchgeführt – was dann ja gründlich nach hinten losging..

c) Bewohner der Ex-DDR vermissen den „Consent of the Governed“
Die seit Beginn der Kanzlerschaft von Angela Merkel wachsende Unzufriedenheit der Bürger in Deutschlands Osten wurde lange ignoriert, kleingeredet und gar von höchster Stelle aus (Gauck) als „dunkel“ beschimpft. Auch auf das gesamte Land bezogen ist eine Spaltung in Hell- und Dunkeldeutschland unvereinbar mit Consent, so Thorsten Hinz: „Aktuell definiert und konstituiert das offizielle, das „helle“ Deutschland sich über die Exklusion des „Dunkeldeutschland“ und seiner „Nazis“, wobei als „Nazi“ bereits gilt, wer zart darauf hinweist, daß die Probleme Afrikas, die sich aus Bevölkerungsexplosion, Bürgerkriegen und Rückständigkeit ergeben, unmöglich auf deutschem Boden gelöst werden können und daß der deutsche Einfluß auf das Klima minimal ist.“
Inzwischen gibt man zu, dass der in den neuen Bundesländern fehlende „Consent of the Governed“ nicht an den Governed (also den Ex-DDR-lern, denen nach Nörgelei sogar Demokratieunfähigkeit angedichtet wurde) liegt, sondern am Goverment in Berlin, Potsdam, Schwerin und Dresden.
Die Landtagswahlen im Herbst 2019 ergaben eine deutliche Mehrheit des politisch rechten Lagers. Wenn sich dieser Rechtsrutsch nicht in den neuen Regierungen abbildet, dann ist nach Thomas Jefferson der „Consent of the Governded“ nicht gewahrt.
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d) Die Kirchen sind dem „Consent of the Governed“ verpflichtet
“Innerer Frieden” und “Consent of the Governed” sind zwei Seiten der gleichen Medaille, zwei Leitideen, auf die unsere Demokratie angewiesen ist. Der Kirchentag am 23.6.2019 in Dortmund hat gezeigt, wie sehr die evangelische Kirche diese Leitideen verletzt durch ihre einseitige Parteinahme für GroKo-Regierung mitsamt Mainstream-Medien (die politisches Handeln primär an Gesinnungsethik ausrichten, nicht aber an Verantwortungsethik) bzw. ihre Ausgrenzung der größten Oppositionspartei: „Wo Gott in der Welt wirkt … durch Greta Thumberg … machen wir mit“, so Pfarrerin Dr. Sandra Bils in ihrer Schlusspredigt des Kirchentags. Im Umkehrschluß heißt dies, daß sich (klima-)kritische Bürger doch bitteschön als Rechte alias Nazis fühlen sollen. Und nicht als politisch Rechte, Liberale, Konservative, Nationale bzw. Bürgerliche.
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e) Intellektuelle als Bewahrer des Consents
Der Intelligenz, den Eliten in Bildung (Schule und Hochschule), Kunst und Kultur kommt eine besondere Bedeutung zu im „Consent of the Governed“ – nicht als Claqueure der jeweils Regierenden, sondern als Bürger, die – eben kraft der ihnen zugesprochenen Intelligenz – dazu aufgerufen sind, sich um Kontrolle, Kritik, Beschreibung, Bewahrung bzw. Wiederherstellung des Consents zu bemühen. Thorsten Hinz bemängelt den mangelnden Elan, mit dem sich die – auch die in Medien und NGO’s versammelte – Intelligenz dafür einsetzt, daß der „Consent of the Governed“ nicht mehr notleidet:
„Wenn also die drei klassischen Staatsgewalten versagen, dann sind die Medien, der akademische Betrieb, die Künstler, im weitesten Sinne die mit der Gabe der Artikulationsfähigkeit ausgestatteten Intellektuellen aufgerufen, Öffentlichkeit herzustellen, als vierte, meinetwegen auch fünfte und sechste Gewalt im Staate tätig zu werden, und die drei anderen an ihre Aufgaben zu erinnern.Und zwar nicht durch Teilnahme am parteipolitischen Geplänkel, enervierende Besserwisserei, gesinnungsethische Emphase oder juristische Donquichotterie, sondern durch strikte Objektivität, gedankliche Präzision, Faktentreue, geistige Unabhängigkeit und imaginatives Potential, das aufzeigt, daß nichts auf der Welt alternativlos ist.“
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f) Das Ende des „Consent of the Governed“ im Sozialismus
Der litauische Ex-Staatschef Vytautas Landsbergis weiß Freiheit und Demokratie zu schätzen – zu lange war das kleine Litauen Spielball seiner großen Nachbarn. Er macht sich Sorgen um die zunehmende Gleichgültigkeit und ein gar offenkundiges Desinteresse der Deutschen an der freiheitlich demokratischen Grundordnung:
„Motto (im Sozialismus) war immer: Wir haben die Wahrheit auf unserer Seite. Je­der, der gegen diese Wahrheit ist, ist ein Schädling. Und den muss man vernich­ten.“ Ein „Consent of the Governed“ ist also nur für einen Teil der Bürger möglich, nämlich für die über „die Wahrheit“ Verfügenden.
Landsbergis sieht eine düstere Zukunft: „Ich kann Ihnen vorhersagen, dass die Kommunisten Deutschland wieder regieren werden. Die Methoden, mit denen sie die Regierung übernehmen, sind bekannt. Man muss nur in die Geschichtsbücher schauen! Verzeihen Sie mir den Galgenhumor. Es ist sehr traurig, dass die Deutschen ihre Lektion nicht gelernt haben – aus der Geschichte, aus dem nationalen Sozialismus, aus dem DDR-Sozialismus – und dass sie jetzt offenbar ein drittes Mal in den Sozialismus abgleiten.“
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g) Multikulti steht im Widerspruch zum „Consent of the Governed“

„Consent of the Governed“ und Innerer Frieden sind Synonyme. Einen auf Dauer friedlichen Multikulturalismus hat es noch nie gegeben (siehe Prof Engels unten). „“Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert!“, sagte Kanzlerin Angela Merkel auf dem Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Potsdam. Man müsse Migranten nicht nur fördern, sondern auch fordern.“ … Alles vom 16.10.2010 bitte lesen auf
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/integration-merkel-erklaert-multikulti-fuer-gescheitert-a-723532.html
Dir fünf Jahre später verfügte Grenzöffnung Budapest 9/2015 offenbart die Widersprüchlichkeit der Migrationspolitik von Angela Merkel.
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Multikulti beinträchtigt insbesondere dann den „Consent of the Governed“, wenn der Islam beteiligt ist. Hierauf weist auch der aus Syrien stammende und muslimische Professor Bassam Tibi hin: Nur ein Reform-Islam wäre zu einem Consent bereit. Aber solche Reformen können nicht von Europa aus erfolgen (EU-islam), sondern von den islamisch-geistigen Zentren in Kairo/Ägypten, Mekka/Saudi Arabien und Ghom/Iran.
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Der belgische Geschichtsprofessor David Engels hat keinen Nachweis dafür gefunden, dass Multikulturalismus über einen längeren Zeitraum in Harmonie funktioniert habe. Auch die Koexistenz muslimischen Mauren mit den katholischen Spaniern war nicht friedlich (Massaker von Granada 1066). „Welche Lehren können wir aus diesen Beispielen ziehen? Zunächst, dass die multikulturelle Gesellschaft ergeblich stärkeren Fliehkräften ausgesetzt ist als eine kulturell homogene Gesellschaft. … Die Integration verschiedener Kulturgruppen in eine einzige Gesellschaft führt zur Entstehung zusätzlicher und nicht zur Minderung bestehender konflikte. Die Möglichkeit zur positiven Befruchtung der eigenen Kultur durch die neuen Mitbewohner soll nicht geleugnet werden, aber jene Phasen des kreativen Miteinanders , das übrigens eher ein desinteressiertes Nebeneinander darstellte, waren immer nur von kurzer Dauer. … Zudem ist festzustellen, daß Multikulturalität nur selten mit wirklichem Pluralismus zusammenging, sondern vielmehr mit einer mehr oder weniger gleichmäßigen Unterdrückung aller Völker durch einen autoritären Staat, der seine Energie aus dem gegenseitigen Ausspielen der jweiligen Untertanen zog. …
Kann man auf der Basis dieser geschichtlichen Erfahrungen etwas anderes tun, als die ich zwangsläufig ergebenden Konsequenzen anzuerkennen und sie im Rahmen des Gegebenen so menchlich wie möglich zu gestalten? Sicher ist jedenfalls, daß die Perspektiven für die Zukunft Europas düster sind. Zumindest in Westeuropa wird der Königsweg einer friedlichen Integration bei partieller Assimilation und unter Beibehaltung einer christlich-abendländischen Leitkultur immer unwahrscheinlicher. Die rasche, bewußte und weitgehend gegen den Willen der einheimischen Bevölkerung durchgesetzte Multikulturalisierung des Kontinents hat nicht nur einen jahrhundetelang gewachsenen Zustand empfindlich verletzt, sie hat auch den folgenden Generationen eine gewaltige historische Hypothek aufgeladen. Ganz gleich, worauf die Entwicklung hinausläuft –
a) auf die weitgehende Verdrängung der einheimischen Bevölkerung,
b) auf den verzweifelten Versuch, erneut eine homogene, abendländische Kultur zu erzwingen,
c) oder auf eine Separierung der betreffenden betroffenen Gruppen,
keine dieser drei Varianten wird langfristig ohne Leid, Kummer und Blutvergießen bleiben.
Selbst wenn sich die Lage mit Hilfe von multikultureller Ideologie und Zwangsmaßnahmen wie der Umsiedlung und Verschmelzung von Bevölkerungsgruppen vorübergehend stabilisieren läßt, wird diese Welt von morgen mit dem Ideal einer „bunten“, „freien“ und „diversen“ Gesellschaft weniger gemein haben als mit der grauen Tristesse des sozialistischen Völkerfriedens.“
… Alles bitte lesen: David Engels: „Eine Frage der Macht – Ein Blick in die Geschichte zeigt, daß es eine dauerhaft gleichberechtigte und friedliche multikulturelle Gesellschaft nie gegeben hat“, CATO 6/2019, Seite 77-81, https://www.cato-magazin.com
David Engels: Die verlorene Mitte – Multikulti in Brüssel (4.12.2017)

21.10.2019

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