Geschichte nur 3% Studierende

Nur 3% aller Studierenden wählen das Fach Geschichte. Zum einen gelten Geschichtsstudenten als Spießer, die dann jobmäßig im Museum landen. Zum anderen wird Geschichte in der Schule oft miserabel vermittelt mit Auswendiglernen von Kriegen, Daten und Namen. In seiner Antrittsvorlesung an der Universität Jena „Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?“ unterscheidet Friedrich Schiller zwei Menschentypen: Den Brotgelehrten, der als Spezialist isoliert die einzelnen Fakten sieht, und den Philosophischen Kopf, den die Zusammenhänge interessieren. Letzterer stellt Fragen, erkennt verborgene Abhängigkeiten und gewinnt aus dem Gestern große Ideen für die Zukunft. Solche Geschichtsstudenten und Historiker werden gerade in der globalisierten, vernetzten und kurzzeitgetakteten Welt gebraucht. Beispiel Ukraine: Hier geht es nicht nur um Donezk-Stahlindustrie und Grenzziehungen, sondern um die uralte Rivalität zwischen Kiew und Moskau als Zentrum der Orthodoxie, um die Ukrainer im 2. Weltkrieg (die mit als auch gegen die Nazis kämpften) und um die Deportation Hunderttausender Ukrainer durch Russen wie Deutschen. Je schlechter die ökonomische Lage, desto ausgeprägter ist das Geschichtsbewußtsein: Für die Ukraine trifft dies zu, Journalisten berichten, dass im Donbass, in Kiew wie auf der Krim das Weltkriegsende 1945 gerade gestern war.  Für Deutschland auch, wenn 25 Jahre nach der Wende nur noch 1/3 aller Schüler etwas genaueres zur „Berliner Mauer“ zu sagen weiß
Fazit: Wenn wir wissen wollen, wohin wir gehen, sollten wir wissen, woher wir kommen. Dieses schillersche Verständnis von Geschichte läßt sich auch von Internet, StartUps, Reproduktionsmedizin, Big Data und Social Networking nicht kleinkriegen – im Gegenteil. Studiert Geschichte, als Idealisten der großen Zusammenhänge, denn diese werden mehr und mehr gebracht, auch mit Laptop auf dem Knie, Smartphone in der Hand und Stöpsel im Ohr.
3.10.2014

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