Freiburgs Münsterturm saniert

Seit 2006 kann der Freiburger Münsterturm, der schönste gotische Turm der Christenheit, endlich wieder ohne Gerüst bewundert werden. Dank der Sanierungskunst der ca 25 Steinmetze und Restauratoren des Münsterbauvereins. Eine schwierige Arbeit – so mussten 700 Jahre alte Eck-Sandsteine ausgetauscht werden, während auf ihnen 40 Tonnen an Gewicht lasten.
Nach über 200.000 Arbeitsstunden in 12 Jahren auf Freiburgs höchster Baustelle laden der Münsterbauverein und das südbadische Handwerk die Bürgerschaft zum zweiten Müntertreff ein:
Freitag, 15. Juni 2018, ab 18 Uhr. Nach einer Feierstunde im Münster gibts einen Hock auf dem Münsterplatz vor dem Münsterportal und der Turmwerkstatt der Münsterbauhütte an der Westseite der Kirche. Genauere Infos unter www.muenstertreff-freiburg.de
2.6.2018
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Nach zwölf Jahren wird das Gerüst am Münsterturm abgebaut
In mehr als 200.000 Arbeitsstunden werkelten Handwerker und Restauratoren auf Freiburgs höchster Baustelle. Ende August soll der Münsterturm dann erstmals wieder gerüstfrei in voller Pracht zu sehen sein. …
Alls vom 29.5.2018 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/nach-zwoelf-jahren-wird-das-geruest-am-muensterturm-abgebaut–153101403.html
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Auf wenige Stoffe konzentrieren

Yvonne Faller ist seit 2005 als Münsterbaumeisterin verantwortlich für den Erhalt des Freiburger Münsters
bzw. seines äußeren Steinwerkes. Im Gespräch mit dem Stadtkurier blickt sie zurück auf die Sanierungszeit des Turmhelms.
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SK: Frau Faller, seit wann wird der Turm jetzt saniert und was wurde alles gemacht?
Yvonne Faller: Wir haben 2006 mit der Turmsanierung angefangen und haben uns auf zwei Schwerpunkte konzentriert: die reine Steinkonservierung und die statische Konsolidierung. Bei der Steinkonservierung wurden alle gerissenen oder abgeplatzten Steine ausgetauscht, Fugen wurden erneuert, Eisen ersetzt und die Oberfläche gereinigt, also von Schmutz und Bewuchs (Flechten) befreit.
SK: Was waren die besonderen Herausforderungen?
Yvonne Faller: Nachdem wir 2006 mit der Steinsanierung begonnen hatten, entdeckten wir 2009, dass im Bereich der tragenden Ecksteine Risse zu sehen waren, die auf eine statische Überlastung schließen ließen. Wir haben dann zunächst mit umfangreichen Untersuchungen begonnen um herauszufinden, warum an diesen Stellen die Risse aufgetreten sind. Ob es am Steinmaterial, an rostenden Eisen, am System oder an der Ermüdung des 700 Jahre alten Systems liegt. Als es klar wurde, dass einige dieser Ecksteine so geschwächt waren, dass sie ausgetauscht werden müssen, war es die besondere Herausforderung, das Gewicht von bis zu 40 Tonnen aufzufangen und umzuleiten um den alten Stein aus- und den neuen wieder einzubauen. Dass die Arbeiten in bis zu 95 Meter Höhe stattfanden, hat
die Arbeiten nicht einfacher gemacht. Insgesamt brauchten wir für den Austausch eines Steines mit allen Vor- und Nachbereitungen drei bis vier Monate. Wir haben acht tragende Steine auf diese Weise ausgetauscht.
SK: Konnte möglicherweise auf Erfahrungen von anderen Bauwerken zurückgegriffen werden?
Yvonne Faller: Nein. Der Freiburger Münsterturm ist als erster und einziger Turmhelm in dieser filigranen Konstruktion bereits im Mittelalter gebaut worden.
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SK: Gibt es Arbeitsweisen von damals, die zum Einsatz kommen oder neue Ideen, die entwickelt wurden?
Yvonne Faller: Wir haben erkennen müssen, dass die „Verbesserungen“ der Baustoffe nicht immer geeignet waren für das mittelalterliche Bauwerk. Wir versuchen deshalb mit den Materialien zu arbeiten, die damals zur Verfügung standen. Es hat sich bewährt, sich auf wenige Baustoffe zu konzentrieren. Das Eisen, das im Mittelalter eingebaut wurde, war Schmiedeeisen, ein durch die Bearbeitung so reines Eisen, das im Zusammenspiel mit dem eisenhaltigen Sandstein nicht rostete. Wir haben für einige Klammern, die wir ersetzen mussten ebenfalls Schmiedeeisen verwendet, das wir in England gekauft haben, da es dieses hier nicht mehr gibt. Auch beim Einsatz von Mörtel haben wir uns an der alten
Rezeptur orientiert, um den deutlich weicheren Mörtel herzustellen, der frei ist von modernen Zuschlagstoffen. In den letzten Jahrzehnten wurde der Mörtel mit Zement vergütet, damit er härter und damit widerstandsfähiger wurde. Aber er hat gleichzeitig auch verhindert, dass Feuchtigkeit, die immer im Sandstein vorhanden ist, entweichen konnte. So kam es an den Stellen, an denen dieser Mörtel eingesetzt wurde zu Korrosion am alten Eisen. Für den Einsatz von Metall haben wir uns nach einer Reihe von Untersuchungen für Titan entschieden. Ob das auch die richtige Entscheidung ist, kann man erst in einigen Jahren bzw. Jahrzehnten beurteilen.
SK: Wann ist das Gerüst endgültig verschwunden und wie lange bleibt der Turm ohne Gerüst?
Yvonne Faller: Wir beginnen im Juli mit dem Gerüstabbau und werden Mitte September fertig sein. Es ist nicht ganz einfach, einen zuverlässigen Zeitplan zu erstellen, da wir auch in hohem Maße vom Wetter abhängig sind. Außerdem muss aus Sicherheitsgründen der Münsterplatz immer wieder gesperrt werden, wobei wir hier Rücksicht auf Veranstaltungen wie das Weinfest nehmen.
Den Abschluss der Arbeiten am Turm werden wir mit einem großen Turmfinale vom 11. bis 14. Oktober feiern. Gemeinsam mit dem Münsterfabrikfonds, der die Sanierung des Glockenstuhls und der Türmerstube beenden
wird. Wie lange der Turmhelm dann ohne Gerüst sein wird könnenwir heute nicht vorhersagen. 50 Jahre
sollten es schon sein.
SK: Wie viele Menschen waren an den Sanierungsarbeiten beteiligt?
Yvonne Faller: Insgesamt waren es 25 Steinmetze und Restauratoren, im Durchschnitt waren zehn, in Spitzenzeiten 15 gleichzeitig am Turm.
SK: Was steht als nächste Großprojekt an?
Yvonne Faller: Wir haben bereits 2013 mit der Sanierung des Chores begonnen, ein Projekt, das ich mir zu Beginn meiner Tätigkeit vor 13 Jahren vorgenommen hatte, aber zugunsten der Turmsanierung zurückstellen musste. Dies Maßnahme wird sich in Abschnitten wohl über die nächsten 30 Jahre hinziehen.
SK: Was hat die Turmsanierung gekostet und wie wurden die Kosten finanziert?
Yvonne Faller: Wir haben die Schlussabrechnung noch nicht, aber man kann mit Kosten von einer Million Euro pro Jahr rechnen. Finanziert wurde dies zum Teil durch Zuwendungen von der Erzdiözese Freiburg, dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Freiburg. Der größere Teil wurde durch Stiftungen und Spenden finanziert.
SK: Was empfinden Sie jetzt am Ende der Turmsanierung?
Yvonne Faller: Vor allem Dankbarkeit. Ich bin dankbar dafür, dass nichts passiert ist und dankbar für das große Engagement aller Unterstützer. Es ist für uns alle eine große Hilfe und Motivation, wenn wir den Zuspruch so viele Münsterfreunde finden.

Mit der Münsterbaumeisterin Yvonne Faller sprach Nils Kickert.
1.6.2018, www.stadtkurier.de

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