Fleisch Verbraucher Regionales

Freiburg diskutiert: Was ist uns gutes Fleisch wert? – Regionales als Gegenbewegung. Pferdefleisch – und kein Ende. Das Thema dominiert seit Tagen die öffentliche Debatte. Ohne Frage: Die Fleischpanscher sind kriminell. Doch statt hysterisch nach mehr Kontrollen zu verlangen, sollte sich der Verbraucher auch selbst hinterfragen.  
Man muss erstaunt sein, dass es anscheinend immer noch Leute gibt, die sich bei jedem neuen Nahrungsmittel-Skandal empören, als hätte es so etwas noch nie gegeben. Vom Rinderwahn über Dioxin-Eier, Antibiotika-Geflügel bis hin zum Gammelfleisch sind Lebensmittelskandale doch fast schon ein Stück Alltag. Nun ist es also  billiges Pferdefleisch, das unter dem Etikett des teureren Rindfleischs verkauft wird. Fleischpanscher haben daran verdient und den machtlosen Verbraucher betrogen. Für Axel Mayer, Geschäftsführer der BUND-Regionalgeschäftsstelle in Freiburg, trägt Letzterer jedoch auch Mitschuld: „Wer sich für 1,49 Euro Fertig-Lasagne kauft, muss sich nicht wundern, wenn ihn das Billigprodukt anwiehert.“
Ein paar Fakten: Der Fleischkonsum in unserer Gesellschaft befindet sich auf einem äußerst hohen – Kritiker würden sagen ungesunden – Niveau: 85 Prozent der Deutschen essen nahezu jeden Tag Fleisch. Mit rund 60 Kilogramm pro Jahr essen die Deutschen doppelt so viel Fleisch wie die Menschen in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern. Über die schlechte Ökobilanz dieser Angewohnheit macht sich kaum jemand Gedanken. Vielmehr herrscht beim Durchschnittsverbraucher eine Es-muss-billig-sein-Mentalität. Dass diese Erwartungshaltung und die daraus resultierende Preiskampfpolitik das eigentliche Problem sind, das hinter dem  Pferdefleischskandal steht, geht in der hysterischen Debatte fast unter.
In Freiburg, dessen Bewohner bekanntlich den Ruf genießen, beim Essen etwas genauer hinzuschauen und – in frankophiler Tradition – für Schmackhaftes etwas mehr ausgeben, sieht man sich gerne als Speerspitze einer Verbraucher-Gegenbewegung: regional, saisonal und nicht industriell soll sein, was auf den Tisch kommt. Dieses Bewusstsein findet immer mehr Anhänger.
„Wenn wir ehrlich sind, folgt Nahrungsmittelskandal auf Nahrungsmittelskandal, alle sechs Monate wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, sagt Axel Mayer. Er sieht die Politik unter Zugzwang: „Es genügt nicht, wenn sich die Industrie selbst zu Kontrollen verpflichtet, auch der Staat muss noch viel stärker kontrollieren. Und es muss mehr Transparenz her.“ Auf der anderen Seite müsse die kleine und mittlere Landwirtschaft, wie es sie in Südbaden gibt, gestärkt werden.
Martin Armbruster, beim BadischenLandwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) für Erzeuger- und Marktfragen zuständig, ist der Ansicht, dass die Gesetze wie auch die Kontrollen ausreichend seien. „Schließlich wurde der Betrug ja durch eine Kontrolle aufgedeckt. Bei entsprechender krimineller Energie werden sich immer irgendwelche Schlupflöcher finden“, ist er überzeugt. Kritischer sieht er die radikale Entfernung des Verbrauchers vom Lebensmittel tierischen Ursprungs. „Wenn hier mehr Bewusstsein vorhanden wäre, würde sich auch das Konsumverhalten ändern“, ist er überzeugt.

Der Bezug zum Tier ist auch für Bertold Disch, Obermeister der Fleischer-Innung in Freiburg, ein wichtiger Punkt – wenn auch aus anderer Perspektive: „Unsere Fleischereibetriebe schlachten entweder selbst oder beziehen ihr Fleisch von Quellen, die sie genau kennen.“ Dass solches Fleisch nicht zum Discounterpreis zu haben ist, müsse der Verbraucher nachvollziehen können. „Ich frage mich immer, warum immer noch so viele Menschen die billigen Preise für Fleisch nicht hinterfragen. Im Gegenteil: Wenn die Leute ein Kotelett für unter zwei Euro sehen, sagen sie: Das ist aber günstig. Wenn man denen aber einen neuen Mercedes zum Preis eines gebrauchten Kleinwagens anbieten würde, würden sie denken, irgendwas kann hier nicht stimmen“, erläutert Disch.  Sven Meyer
22.2.2013, Sven Meyer, www.freiburger-wochenbericht.de

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