Fahrradfreundliches Freiburg

Freiburg ist eine fahrradfreundliche Stadt – dank Radlern wie Kommune. Zebrasteifen und Ampeln gelten auch fürs Velo, im düsteren Herbst ist die Beleuchtung an, an brenzligen Stellen klingelt die Fahrradklingel und Kinder (die nun mal gerne ausscheren und wegrennen) wie Alte (die dies nicht mehr können) erfahren Respekt. Seitens der Stadt bemessen sich die Ausgaben für Radwege exakt an der Verkehrsteilnehmerquote „Fahrrad/Pkw“. ….
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Leider ist all dies Wunschdenken
. So wurde am 3.11.2015 ein 77-jähriger Fußgänger von einem 23-jährigen Radfahrer auf einem Zebrastreifen zu Tode gefahren. Einfach so. Dabei wäre alles doch so einfach – mit etwas mehr Rücksichtnahme, auf dem Drahtesel, hinter dem Steuer, zu Fuß, in Freiburg.
17.11.2015
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Vorhersehbar und vermeidbar
Ein Fußgänger ist in Freiburg von einem Radler (23 Jahre alt, viel zu schnell, trat in die Pedale, ohne nach links und rechts zu schauen, so die Zeugen) auf einem Zebrastreifen so zugerichtet worden, dass er deshalb starb! Keineswegs unerwartet, sondern vorhersehbar und vermeidbar! Schon seit langem genießen in dieser Stadt die Bicyclisten eine Freiheit, die nur mit der Indiens heiliger Rindviecher zu vergleichen ist! Es wird in einem tierischen Tempo geradelt auf der Straße mit oder entgegen der Fahrtrichtung, auf dem Gehweg, Rotlicht was ist das? Radler haben immer grün in dieser unserer Stadt! Weist man diese Kämpfer mal auf das geltende Gesetz hin, ist die Demonstration des Stinkefingers noch das mildeste einem widerfahrende Mittel, ich wurde von diesen Leuten schon mehrfach verbal und auch tätlich angegriffen! Wie dem auch sei: Meine mehrfachen Hinweise an die Behörden blieben nicht unbeantwortet, im Gegenteil, man versprach vermehrte Kontrollen und Abhilfe. Geschehen ist Gewaltiges! Polizei rät Radlern: Rote Ampeln sind nicht nur Empfehlungen. Im Januar wurden sogar 18 rotlichtmissachtende Radler gestoppt. Monumental aber insuffizient! Bei dem Getöteten handelt es sich um einen Touristen, der aus dem Bus stieg, einen Geldbringer also. Es ist also dringendst eine wirtschaftliche Schädlichkeit der Polizei sowie des Ordnungsamtes für die Stadt anzunehmen, Abhilfe muss her, nicht schnell wie die Feuerwehr, zackig wie Kampfradler!
17.11.2015, Hans G. Hanagarth, Freiburg

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Mehr Aufklärungsarbeit über richtiges Verhalten
Wie immer in dieser dunklen Jahreszeit tauchen sie wieder auf: Sie bewegen sich flink und flott auf zwei Rädern, sind gekleidet schwarz wie die Nacht, kommunizieren mit ihrem Smartphone und fühlen sich dabei ziemlich wichtig und sicher. Das zeigen sie auch, denn rote Ampeln sind für sie ebenso wenig ein Hindernis wie motorisierte Verkehrsteilnehmer. Im Gegenteil, sie wechseln teils abrupt auf deren Wegenetz, ohne auch nur den geringsten Blick in Richtung ihrer Kollegen im Straßenverkehr zu werfen. Sie ahnen es bereits, die Rede ist von jedem zweiten Radfahrer in Freiburg. Der Tod eines 77-jährigen Fußgängers, der bei der Kollision mit einem Radfahrer unglücklich gestürzt ist, ist ein tragisches Beispiel für die Folgen, die unachtsames Verhalten im Straßenverkehr haben kann (ohne mir anmaßen zu wollen, dem Radfahrer in diesem Fall die Schuld zusprechen zu wollen).
Neben der Rücksichtslosigkeit vieler (nicht aller!) Radfahrer einerseits und ihrem mangelnden Risikobewusstsein andererseits überrascht mich auch immer mehr die Tatsache, dass Polizeifahrzeuge in dämmrigen Abendstunden oder gar nachts an unbeleuchteten Radfahrern vorbeifahren, ohne diese auch nur mit dem geringsten Hinweis auf ihr ordnungswidriges Verhalten zu konfrontieren.
Verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich fahre gerne mit dem Rad durch unsere schöne Stadt, bin jedoch mindestens genauso häufig mit dem Auto unterwegs. Vielleicht ist es diese Sicht eines Autofahrers, die vielen Radfahrern in Freiburg fehlt, um zu verstehen, dass eine vernünftige Fahrradbeleuchtung mehr bewirkt, als auf unbeleuchteten Wegen etwas zu sehen, und dass auch ein funktionierendes Rücklicht ebenso seine Daseinsberechtigung hat wie Reflektoren oder der Blick über die Schulter. Damit Freiburg auch weiterhin eine attraktive Fahrradstadt bleibt, sollte meines Erachtens nach seitens der zuständigen Behörden mehr Aufklärungsarbeit bezüglich des richtigen Verhaltens von Radfahrern im Straßenverkehr betrieben werden. Gleichzeitig sollte sich jeder Radfahrer einmal Gedanken über die Ausstattung seines Drahtesels machen. Dies würde auf Dauer sicherlich zu einem harmonischeren und sichereren Miteinander von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern führen.
17.11.2015, Bastian Nagel, Freiburg
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Freiburgs große Investitionen in den Radverkehr seit 2005
Von 2005 bis 2007 investierte die Stadt über eine Radpauschale jährlich jeweils 110 000 Euro in den Radverkehr. 2008 kamen dem Radverkehr zusätzlich noch Mittel für die Ochsenbrücke (250 000 Euro), durch den Masterplan (400 000) und aus dem Klimaschutz (80000) zugute. 2009 und 2010 flossen jeweils knapp 470 000 Euro an städtischen Mitteln in den Radverkehr, 2011 und 2012 jeweils 460 000 Euro.
2013 und 2014 betrug die Pauschale für das Radwegenetz im städtischen Haushalt jeweils 175 000 Euro, 2015 und 2016 liegt sie bei jeweils 100 000 Euro (im ursprünglichen Haushaltsentwurf waren gar keine Mittel dafür vorgesehen).
Seit 2013 fließen darüber hinaus jährlich Mittel in den Ausbau der drei Radvorrangrouten: 2013 insgesamt 2 Millionen Euro (davon 1,1 Millionen Landesmittel), 2014 insgesamt 1,1 Millionen (davon 560 000 Zuschuss vom Land). 2015 kostet der Ausbau der Radschnellwege 1,3 Millionen Euro (Land: 545000 Euro), im kommenden Jahr 1 Million Euro (Landeszuschuss: 420000 Euro).

Frank Uekermanns Ärger über das Schwarzbuch
Frank Uekermanns Ärger über das gestern veröffentlichte Schwarzbuch „Nachhaltiger Verkehr in Freiburg“ des Verkehrsforums war groß (siehe BZ von gestern). Der Garten- und Tiefbauamtsleiter sieht sich und sein Amt zu Unrecht in der Kritik. Freiburg sei sehr wohl eine fahrradfreundliche Stadt, eher mehr als weniger denn je. Mit dem 41-Jährigen Bauingenieur und Verkehrsplaner sprach Frank Zimmermann. ….
„Die (das Verkehrsforum) haben ganz andere Vorstellungen, die sind der Meinung, dass man den Autoverkehr komplett ausblenden kann. Der Meinung bin ich fachlich nicht. Deshalb werden wir uns nicht einig werden. … Die fragen, warum wir bei den Radwegen nicht überall die Maximalbreite bauen. Weil ich nicht in der Sahara baue, sondern in einer historischen Stadt. Weil ich nicht für jede zehn Zentimeter ein Gebäude abreißen kann. Weil ich nicht überall den Autoverkehr soweit verdrängen kann, dass die Autofahrer anfangen, die Radfahrer zu hassen.“ …..
Alles vom 18.1.2015 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/ich-baue-ja-nicht-in-der-sahara–113797720.html

Verkehrsforum bringt Schwarzbuch heraus: Kritik an Verkehrspolitik – Ist Freiburg seine Vorreiterrolle los?
Wie fahrrad- und fußgängerfreundlich ist Freiburg? Das Verkehrsforum holt mit einem Schwarzbuch zum Schlag aus – und übt scharfe Kritik an der städtischen Verkehrspolitik. …
Alles vom 17.11.2015 bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/freiburg/kritik-an-verkehrspolitik-ist-freiburg-seine-vorreiterrolle-los–113743676.html 

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Alles wird ignoriert und missachtet
„77-Jähriger stirbt nach Zusammenprall mit Radfahrer“ vom 4.11.2015: Die Folgen dieses „Zusammenpralls“ sind leider außergewöhnlich und die schlimmsten, die eintreten können, der Tod eines Menschen. Allerdings beinhaltet schon die Formulierung über scheinbar „einen mehr oder weniger normalen Radunfall“ die für Freiburg typische und unverschämte Einordnung von Unfällen beziehungsweise deren Verursachern. Wäre denn eine weniger schlimme Verletzung dann weiterhin ein „normaler Radunfall“? Der Hergang, der zu dieser fahrlässigen Tötung, wie die Polizei richtigerweise feststellt, geführt hat, wiederholt sich an Zebrastreifen in ganz Freiburg im Minutentakt. Fahrradfahrer allen Alters fahren auf Fußgängerübergänge mit gleichbleibender oder bergab mit zunehmender (zum Beispiel Wallstraße, Ecke Holzmarkt) Geschwindigkeit zu, egal ob ein Fußgänger sich dem Übergang nähert, ihn betritt oder sich schon darauf befindet.
Wenn ich mit Schulklassen diesen oder andere Zebrastreifen in Freiburg überquert habe, fuhren Radfahrer durch die Gruppe der Kinder. Wenn man auf das gefährliche und verbotene Verhalten hinweist, bekommt man üble Antworten und Stinkefinger gezeigt. Rote Ampeln? Fußgängerzonen? Zustiegszonen zur Straßenbahn? Richtungshinweise für Fahrradfahrer? Beleuchtung bei Dunkelheit? Alles wird ignoriert und missachtet.
Ich fahre mehrmals morgens auf Fahrradstraßen und Radwegen in Richtung Ebnet und mir kommen Fahrradfahrer mit 30 Stundenkilometer oder mehr in Dreierreihe entgegen. Diese werden von einem vierten oder fünften überholt und der Gegenverkehr hat sich selbstverständlich in Luft aufzulösen. Schaut man in die Gesichter dieser ach so liberalen Fahrradfahrer, denkt man eher an Kampfsport und Aggressivität.
Dies ist das für Freiburg mehr oder weniger normale Verhalten von Radfahren. Menschen, die auf zwei Rädern jegliche Rechte anderer Verkehrsteilnehmer ignorieren, nötigen und Verletzungen anderer Menschen in Kauf nehmen, um ja nicht in ihrer Freiheit Einschränkungen erfahren zu müssen. Sie haben nichts zu befürchten, die Polizei ist nicht Willens oder personell in der Lage, einigermaßen Präsenz zu zeigen.
Die Stadt Freiburg entwirft Plakate, auf denen die Rücksichtnahme von Rad- und Autofahrern beworben wird. Was für eine Realitätsverweigerung und Absurdität angesichts der „mehr oder weniger normalen Radunfällen“, die jeden Tag stattfinden, und den vielen Beinahe-Unfällen, die durch das Zurücknehmen der eigenen Rechte nicht zustande kommen. Wie in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens entziehen sich staatliche Institutionen ihrer und der Rechtsstaat seiner Verantwortung. Die leider zu erwartende milde Bestrafung des „unachtsamen Radlers“ wird dies bestätigen. Rechtsstaat ade.
18.11.2015, Achim Hausen, March

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