EU-Agrarexporte nach Afrika

Die EU subventioniert die Produktion von Tomatenmark in Apulien/Italien, die dann u.a. nach Ghana/Afrika exportiert wird. Dort zu Dumpingpreisen angeboten, zerstört sie den heimischen Tomatenanbau und zwingt die Kleinbauern, als saisonale Erntehelfer in Süditalien Tomaten zu pflücken. Die Wirkungskette „Industrielle Agrarproduktion der EU zerstört kleinbäuerliche Landwirtschaft in Afrika“ wurde also zum Teufelskreis „Billiges Tomatenmark gegen billige Saisonarbeiter“ erweitert, wobei die arbeitslosen afrikanischen Kleinbauern gezwungen werden, als Saisonarbeiter in Süditalien die Tomaten zu ernten, die eigenen Tomatenanbau in Ghana kaputt macht. Welch perfider, menschenverachtender Teufelskreis sich die EU hier geschaffen hat.
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(1) Das größte Tomatenanbaugebiet Europas liegt in Apulien. In einer hochmodernen Agrarfabrik in Foggia werden 400.000 Tonnen Tomaten (Oro rosso, Rotes Gold) im Jahr zu Tomatenmark verarbeitet, davon 80% für den Export wie z.B. nach Afrika. 50 Lkw können gleichzeitig mit Konservendosen beladen werden.
Die kleine Tomatenmark-Fabrik in Pwalugu im Norden von Ghana hingegen machte 2014 bankrott, da sie mit den Dumpingpreisen der Importware aus Foggia nicht konkurrieren konnte. Auf der einen Seite die hochsubventionierte Agrarindustrie der EU mit ihren Hightech-Fabriken, auf der anderen Seite in Afrika verzerrte Bauernmärkte, verrottete Fabrikhallen und winzige Äcker.
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(2) Mehrere Hunderttausend ausländische Erntehelfer arbeiten saisonal in Süditalien, billige Arbeitskräfte, die die EU-Lebensmittelkonzerne mit Gemüse und Obst versorgen. Darunter viele Flüchtlinge. Westlich der Stadt Cerignola nahe der Tomatenmetropole Foggia in Apulien hausen alljährlich zur Erntezeit ca 800 Afrikaner im „Ghetto Ghanese“, darunter ehemalige Tomatenbauern, die nun 12 Stunden am Tag für maximal 50 Euro hier die Tomaten ernten – eine tragische Situation. Italienische Gewerkschaftler sprechen von „moderner Form der Sklaverei“.
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(3) „Wir können mit den hoch subventionierten Agrarprodukten aus Europa nicht mithalten. Freihandel zwischen Europa und Afrika ist wie ein Fussballspiel zwischen Real Madrid und der Schulmannschaft von Boli Bamboi“ – so der ghanaische Ökonm Kwabena Otoo. Wobei die Spieler von Madrid noch gedopt sind: durch die Subventionen aus Brüssel.
WPA (für Wirtschaftspartnerabkommen) heißen die geplanten Handelsverträge zwischen der EU und Afrika. Doch diese kleinen, armen Geschrister von TTIP interessieren die Öffentlichkeit in der EU kaum.
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(4) 40% des EU-Budgets fließt in Agrarsubventionen, der Agrarhaushalt ist der mit Abstand größte der EU. Allein Italien kassiert zwischen 2014 und 2020 knapp 1,5 Mrd Euro (genau10.444.380.767 Euro) jährlich. Mit diesen Milliardensubventionen werden Tomatenmark aus Italien, Tiefkühlhhnchen aus Deutschland, Milchpulver aus Dänemark usw. verbilligt nach Afrika verschifft, um die Tomatenbauern in den Feuchtgebieten, die Geflügelwirtschaft in Ghana und die Milchbauern in Westafrika in den Ruin zu treiben.
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(5) Wie scheinheilig ist die Forderung von Bundeskanzlerin Merkel, man müsse die Ursachen der Flüchtlingswelle bekämpfen. Würde sie es ehrlich meinen, dann wären die EU-Agrarsubventionen der Exporte nach Afrrika sofort zu stoppen – schließlich stammen die Gelder der EU-Agrartransferzahlungen großenteils aus Deutschland.
Mehr als 170.000 Afrikaner sind 2014 nach Europa geflohen. Viele arbeiten als Erntehelfer in Italien und Spanien. Dort pflücken sie jene Tomaten, die später in ihre alte Heimat in Afrika exportiert werden und die Existenz der heimischen Tomatenbauern vernichten. 2015, 2016, … fliehen immer mehr Afrikaner in die EU – solange die EU ihre Agrarsuvbventionen nicht abbaut.
18.12.015
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Mehr zum Thema auch auf „Ein Mann pflückt gegen Europa – Wie Tomaten aus der EU afrikanische Bauern zu Flüchtlingen machen“, DIE ZEIT vom 17.12.2015, Seite 23-24

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