Gesinnungspolizei

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„Heimatliebe ist kein Verbrechen“ am Gymnasium Ribnitz-Damgarten – von der Polizei konfisziert am 18.3.2024

 

Mathias Brodkorb: Von der exekutive abhängigen Verfassungsschutz (Gesinnungspolizei, Inlandsgeheimdienst) abschaffen
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Mathias Brodkorb: BfV – Verschwörungstheoretiker von Staats wegen
In keinem anderen westlichen Industrieland findet sich ein Inlandsdienst mit einer so eigentümlichen Aufgabenbeschreibung wie beim deutschen Verfassungsschutz. Es ist Zeit für seine Abschaffung.

Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es, Gefährder der Demokratie ausfindig zu machen. Das Dilemma: Gerissene Feinde der Demokratie geben sich als solche nicht unbedingt zu erkennen. Im Stillen zu agieren, nicht fassbar zu sein für staatliche Behörden und die Öffentlichkeit, gilt geradezu als notwendige Erfolgsbedingung des Umsturzes. Also kann es nicht nur darum gehen, rechtswidrige Handlungen aufzuspüren und zu bekämpfen. Man muss bereits in deren Vorfeld tätig werden. Die Handlungen sind bloß der Rauch, der auf das Feuer folgt. Es gilt, bereits das Feuer auszutreten. Und das Feuer, das sind die Gedanken. Dadurch aber, so Brückner, entstehe eine „Atmosphäre des universellen Verdachts“ (2). Im Grunde werde dem Staat so „jeder verdächtig“ (3).
Der Verdacht auf verfassungsfeindliche Bestrebungen kann schon dadurch entstehen, dass ein unbescholtener Bürger Kontakt zu einem offiziell Verdächtigen unterhält. Wie ein infizierter Staffelstab wird dann der staatliche Verdacht von Bürger zu Bürger weitergereicht. Die sogenannte „Kontaktschuld“ (4) ist für den Verfassungsschutz bis heute Anhaltspunkt, um seine Untersuchungsfelder auszuweiten. Ziel der Operation ist es, durch Öffentlichkeitsarbeit die Verdächtigen gesellschaftlich zu isolieren. Wenn man die Existenz von Extremisten schon nicht vollständig verhindern kann, sollen diese und ihr Denken zum Schutze der Demokratie zumindest vom Rest der Gesellschaft abgekapselt werden: „Berührungsfurcht soll sich (…) nicht nur an Personen, Einrichtungen und Aktionen heften, sondern auch an Begriffe. Kontaktschuld gibt es (…) auch gegenüber der Sprache.“ (5) Die Einschränkung des öffentlichen Diskurses ist also das ausdrückliche Ziel der hauptamtlichen Verfassungsschützer, die „Philosophie des Verdachts“ (6) ihre DNA.
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Verfassungsschützer sind Verschwörungstheoretiker
Immer dann, wenn jemand ohne schlüssige Beweise und gegen die Realität an einer Unterstellung festhält, nennt der Verfassungsschutz dies eine „Verschwörungstheorie“ (7). Anhänger von Verschwörungstheorien sind für ihn letztlich Menschen mit einem intellektuellen Defekt. Da sich ihre Ambitionen zugleich gegen das demokratische Gemeinwohl richten sollen, tritt ein moralischer hinzu. Beide Bestimmungsmomente haben wissenschaftliche Vorbilder. Eingeführt wurde der Begriff der Verschwörungstheorie im Jahre 1945 durch Karl Popper als „Verweltlichung eines religiösen Aberglaubens“ (8). Echte Verschwörungen müssten aber außerdem zum „Nachteil der Allgemeinheit“ (9) betrieben werden. Ihr Motor sei letztlich ein „perfider Plan“ (10). Neben die epistemische Überforderung des Begriffes tritt so eine normative. Bereits die Absprachen der Hitler-Attentäter um Claus Schenk Graf von Stauffenberg könnten so aber gar nicht mehr als (politische) Verschwörung erfasst werden. Das ist offenkundig unplausibel. Dieser auch im Alltagsverständnis etablierte Begriff von Verschwörungstheorie entpuppt sich als rhetorische Floskel zur Markierung einer moralisch überlegenen Erkenntnisposition und führt zu in der Sache unhaltbaren Konsequenzen.
Eine Verschwörung ist stattdessen das zielgerichtete Handeln eines Personenzusammenschlusses auf der Grundlage eines geheimen Planes: „Eine Verschwörungstheorie ist entsprechend der Versuch, (wichtige) Ereignisse als Folge derartiger geheimer Absprachen und Aktionen zu erklären.“ (11) Diese strukturell angelegte Definition hat Konsequenzen: Erstens ist der Inlandsgeheimdienst somit selbst dazu verdammt, sich als verschwörungstheoretische Behörde zu betätigen. Ausdrücklich geht es ihm darum, nicht auf „bloße Lippenbekenntnisse“ (12) zur Demokratie hereinzufallen, sondern hinter die mitunter „vorgespiegelte Fassade“ (13) der Staatsgefährder zu blicken und deren tatsächliche Absichten zu „entschlüsseln“ (14). Das ist kein Defekt, sondern der gesetzliche Auftrag. Verfassungsschützer sind Verschwörungstheoretiker im Auftrag des Staates. Und zweitens müssen Verschwörungstheorien nicht notwendig falsch oder irrational sein. Sie können ein solches Ausmaß an methodischer Komplexität erreichen, dass sie zu echten wissenschaftlichen Theorien aufsteigen. Sie haben dort ihre Berechtigung, wo die Vermutung der Existenz einer Verschwörung als wahr bewiesen werden kann (15).
Die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es daher, präziser gesprochen, berechtigte Verschwörungstheorien über tatsächliche Staatsfeinde zu verfertigen (16). Unberechtigte Verschwörungstheorien unterscheiden sich von berechtigten dabei entweder durch die erwiesene Falschheit ihrer Unterstellungen oder die anhaltende Nichtnachweisbarkeit ihrer Richtigkeit. Eine Verschwörungstheorie kann somit paradoxerweise unberechtigt sein, obwohl sie wahr ist. Das ist genau dann der Fall, wenn sie nicht als wahr nachweisbar ist (17). Es ist ein Erkennungsmerkmal unberechtigter Verschwörungstheorien, dass diese an ihren Unterstellungen selbst dann festhalten, wenn sich deren Richtigkeit gerade nicht belegen lässt. Die Verschwörung gilt dann gerade durch Abwesenheit eines Beweises als bewiesen. Wer so argumentiert, befindet sich allerdings „auf halbem Weg zum Wahn“ (18).
Der Verfassungsschutz gehört abgeschafft
Berechtigte Verschwörungstheorien sind somit nichts anderes als legitime Hypothesenbildungen zur Erklärung der Welt und unverzichtbares Handwerkszeug auch des Inlandsgeheimdienstes. Die Beziehung zu dessen Beobachtungsobjekten entpuppt sich allerdings als „mimetische Rivalität“ (19). In dem Versuch, den gerissenen Verfassungsfeind durch noch mehr Gerissenheit zu entschlüsseln und zu übertrumpfen, kann es zur Anverwandlung an das eigentlich zu bekämpfende Objekt kommen. Wird dieser Kipppunkt überschritten und das Feld ungerechtfertigter Verschwörungstheorien betreten, sind wahnhafte Schlussfolgerungen unvermeidlich. Man blickt dann auf eine spezifische déformation professionnelle. Das Grundgesetz verpflichtet die Staatsbürger aber nicht zum angemessenen Gebrauch ihrer Vernunft. Es ist nicht verfassungswidrig, irrational zu agieren oder verrückt zu sein. Genau deshalb aber taugen nicht einmal unberechtigte Verschwörungstheorien als Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen.

Der Inlandsgeheimdienst deutscher Prägung passt aus doppeltem Grund nicht mehr in die Zeit. Die Demokratie ist trotz aller aktuellen Krisen nicht so labil und gefährdet, wie sie es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst war. Auch im Jahr 2023 zählen Experten Deutschland zu den erfolgreichsten demokratischen Systemen der Welt (20). Der Verfassungsschutz aber schwingt sich immer mehr zu einer Sprach- und Gedankenpolizei auf und schreckt dabei auch vor ungerechtfertigten verschwörungstheoretischen Methoden nicht zurück. Dies ist immer dann der Fall, wenn er an seiner Verfolgungsabsicht entgegen der Beweislage festhält. Es gibt nachweislich Fälle, in denen der Verfassungsschutz selbst die Nichtexistenz von Beweisen zu einem Beweis umdeutet und sich in wahnhaften Operationen verfängt. Dass diese Einschätzung aus Gründen der Anschaulichkeit zwar zugespitzt, aber in der Sache richtig ist, soll in diesem Buch gezeigt werden.

Nach dem ersten Kapitel wird in sechs Fallstudien auch anhand interner Unterlagen des Verfassungsschutzes gezeigt, mit welchen teils manipulativen Methoden die Behörde arbeitet und dabei Ergebnisse fabriziert, die sich rechtsstaatlich kaum noch rechtfertigen lassen. Grenzüberschreitungen betreffen dabei nicht nur die politische Linke (Bodo Ramelow und Rolf Gössner) oder Rechte (Institut für Staatspolitik, Martin Wagener und die AfD). Inzwischen kann aufgrund der Beliebigkeit der Arbeitsbegriffe buchstäblich jeder Bürger Beobachtungsobjekt des deutschen Inlandsgeheimdienstes werden. Dafür genügt im Zweifel schon eine robust formulierte kritische Meinung zum Regierungshandeln. Die Wahrnehmung des Bürgerrechts auf Meinungsfreiheit und Regierungskritik nennt der Inlandsgeheimdienst dann verklausuliert, aber wortgewaltig die „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ (Kapitel 7). Sie ist der vielleicht größte, weil allumfassendste Skandal in der Geschichte des deutschen Inlandsgeheimdienstes. Von den etablierten Medien wird er indes auf erstaunliche Weise ignoriert.
Während ich selbst lange ein glühender Anhänger der Behörde war, bin ich heute mit Claus Leggewie und Horst Meier davon überzeugt, dass sie es nicht einmal „verdient, reformiert zu werden“ (21). Der Verfassungsschutz ist kein Teil der Lösung mehr, sondern selbst ein Teil des Problems. Er gehört abgeschafft.

Dies ist ein Auszug aus dem Buch
Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Von Mathias Brodkorb,
erschienen am 4. März 2024 im zuKlampen Verlag, für 25,00 Euro, hier bestellbar.

Mathias Brodkorb (*1977 in Rostock) ist ein deutscher Journalist. Er war Finanz- und Bildungsminister in Mecklenburg-Vorpommern und Vorsitzender der dortigen SPD-Landtagsfraktion.
… Alles vom 23.3.2024 von on Mathias Brodkorb. bitte lesen auf
https://www.achgut.com/artikel/verschwoerungstheoretiker_von_staats_wegen
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Einige Kommentare:
Wenn andere westliche Demokratien sowas nicht haben, brauchen wir das auch nicht. Wenn man überdies sieht, wie eine Inneministerin Faeser (SPD) sich den Laden gefügig machen kann, um gegen die Opposition vorzugehen oder einen angeblichen Rentnerputsch zu inszenieren, dann brauchen wir sowas gleich zweimal nicht. Und unter Haldenwang (CDU) handelt der Verfassungsschutz inzwischen doch wohl ganz ungeheim öffentlich und lautstark verfassungsfeindlich, also brauchen wir das schon dreimal nicht. S.L.
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Laut einer INSA Umfrage halten 48 Prozent der Deutschen es für wahrscheinlich, dass der Verfassungsschutz politisch missbraucht wird. Nur 31 Prozent halten das für unwahrscheinlich, das berichten NIUS und JF. Der sog. Verfassungsschutz ist ein Relikt der Nachkriegszeit, er ist heute Instrument der Herrschenden gegen die Opposition. Es gibt weltweit keine Demokratie mit einer vergleichbaren Behörde. Wenn wir eine Verfassung hätten, gäbe es ihn nicht. S.H.
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Unter dem ‚Amt für Verfassungsschutz’ konnte die RAF gedeihen, kann die grüne Klebe-RAF gedeihen, konnte und kann islam-grüner Terror gedeihen, konnte und kann Antifa gedeihen. Denn das Amt ist seinen ursprünglich ‚angedachten’ [?] Aufgaben für die Nachkriegszeit nie nachgekommen. … I.G.
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Man hat einen Verfassungsschutz zum Schutz der Regierung und man hat weisungsabhängige Staatsanwälte – das ideale Rezept für einen totalitären Staat, unabhängig davon wer gerade die Regierung bildet die um jeden Preis dort bleiben will. K.Sch
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Nur mal nebenbei bemerkt; Wenn in Deutschland der Verteidigungsfall festgestellt wird, dann ist die Bundesinnenministerin Nancy Faeser CHEFIN DER DEUTSCHEN POLIZEI, weil die Befugnisse der Länder dann auf den Bund übergehen. Faeser wäre dann gewissermaßen BUNDESFÜHRERIN DER DEUTSCHEN POLIZEI, mit einer einzigartigen Machtfülle, wie sie nur zweimal in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts vorgekommen ist. Als Bundesinnenministerin wäre Faeser dann Chefin des Bundeskriminalamts, der Bundespolizei, des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Polizei der Länder icl. polizeilichen Staatsschutz. Bei Feststellung des Verteidigungsfalls ist der Gemeinsame Ausschuß das NOTPARLAMENT, weil Bundestag und Bundesrat dann von der Gesetzgebung ausgeschaltet sind. Der Gemeinsame Ausschuß besteht aus lediglich 45 Mitgliedern aus Vertretern Bundestag und Bundesrat. Das NOTPARLAMENT tagt nach seiner Geschäftsordnung unter Ausschluß der Öffentlichkeit und kann im Schnelldurchgang nahezu komplett sämtliche Gesetze ändern. Wahlen sind während des Verteidigungsfalls ausgesetzt, der Gemeinsame Ausschuß kann auch den Bundeskanzler wählen. Die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschuss stehen bereits fest- u.a. sämtliche Ministerpräsidenten, darunter Ramelow von der Linken. Ein Blick ins Internet zum Thema GEMEINSAMER AUSSCHUSS, NOTPARLAMENT, VERTEIDIGUNGSFALL informiert. Wann endet übrigens der Verteidigungsfalls: Nun, wenn die Beendigung des Verteidigungsfalls festgestellt wird,siehe auch dazu die entsprechenden Seiten Bundestag und Bundesrat. Die wenigsten wissen um die Modalitäten des Verteidigungsfalls und der Notstandsgesetze. Die Ausrufung des Verteidigungsfalls könnte allerdings die politischen Machtverhältnisse in Deutschland für die nächsten, Jahre möglicherweise Jahrzehnte, irreversible festlegen- einmal Ermächtigungsgesetz, immer Ermächtigungsgesetz! Und wie beschrieben: Nancy Faeser ist im Verteidigungsfall Chefin der gesamten deutschen Polizei, gewissermaßen BUNDESFÜHRERIN. Inge Minos
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Das Hauptproblem dieser Behörde ist die (theoretische, nur ein Gedankengang, keine Behauptung..) Möglichkeit, politisch missbraucht zu werden. R.B.
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Ist so ein Amt geschaffen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Sache in falsche Hände gerät und verwahrlost. Jedes Angebot schafft seine Nachfrage. Eu glauben, man könnte den VS abschaffen, ist naiv. Dafür wird es nie Mehrheiten genen, da jede Partei in der Hoffnung lebt, irgendwann die Hand draufhalten zu können. Bei mir in F gibt es keinen (deutschen) VS, sonst wären 80 % der Politiker im Knast und 80 % der Bevölkerung unter Verdacht. Im Vergleich zu Zemour, Melenchon oder MLP sind AFDler laue Linksliberale. Es gibt allerdings den PNF (Parquet National Financier), diese Staatsanwaltschaft wurde von der linken Hollande Regietrung gegründet und wird politisch gegen rechts eingesetzt. Es ist kein Geheimnis, dass der PNF illegal und auf Druck der Regierung den Kandidaten Francois Fillon abgemurkst hat, um dem Macron den Weg zur Ptäsidentschaft zu ebnen. Das war 2017 eine beispiellose Schmutzkampagne basierend auf Ermittlungen und einer politisch erzwungenenen Anklagerhebung. So unschuldig sind also andere Demokratien nicht. U.N.
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Wenn potenzielle Verfassungsfeinde an die Regierungsmacht kommen, finden sie immer Opportunisten, die für ihre persönlichen Karrierechancen den Verfassungsschutz zum Staatssicherheitsdienst gegen die Opposition umfunktionieren. Zur Zeit müsste der Verfassungsschutz eigentlich gegen sich selbst tätig werden. J.L.
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Empfehle, mal das Gespräch zwischen Frank Henkel und Dr. Rupert Scholz (Berlin Direkt) anzuhören. Der Staatsrechtler und ausgewiesene Experte in Sachen Verfassung hat sich eindeutig besorgt um unsere Demokratie geäußert. Die wird nämlich aktuell von Leuten wie Haldenwang und Faeser bedroht. So dass ich der Aussage “Die Demokratie ist trotz aller aktuellen Krisen nicht so labil und gefährdet, wie sie es nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zunächst war” überhaupt nicht zustimmen kann. Unser Land befindet sich auf einem ganz gefährlichen Weg, und das sollte man nicht immer wegreden. H..J.
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“Wer den Verfassungsschutz abschaffen will, ist selbst ein Fall für den Verfassungsschutz”. Aber Ironie beiseite: Bei den wirklich wichtigen Themen versagt der BfV. Mohammed Atta und seine Freunde konnten nur deshalb 9/11 ungestört vorbereiten, weil es die BfV Gurkentruppe gab und daran hat sich seither nichts geändert. Die Existenz des BfV gefährdet die Demokratie und macht den deutschen Staat zum Tummelplatz für Extremisten aus aller Welt. Die eigenen Extremisten, die es auch gibt, fallen dabei nicht ins Gewicht. Zwischen den islamischen Terroristen und deren Anhängern, die hier zu zigtausend herumlaufen und den RAF-Rentnern liegen im wahrsten Sinne ganze Welten. J.L.
Ende Kommentare
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Rezension zu Mathias Brodkorb: Gesinnungspolizei im Rechtsstaat?
Verschwörungstheoretiker im Auftrag des Staates
Die Bundesrepublik Deutschland ist die einzige westliche Demokratie, die sich einen Inlandsgeheimdienst leistet, der die eigenen Bürger zum Zwecke einer vorsorglichen Gesinnungsprüfung staatlicher Überwachung aussetzt. Verteidigt wird die Existenz einer solchen Behörde meist mithilfe des Schlagwortes von der „wehrhaften Demokratie“. Man sei gezwungen, die Verfassung gegen Extremisten aller Couleur proaktiv zu verteidigen.
Wer Mathias Brodkorbs neues Buch gelesen hat, wird zu einer gegenläufigen Einschätzung kommen müssen. Brodkorb, ehemaliger Bildungs- und Finanzminister (SPD) von Mecklenburg-Vorpommern und heute freier Publizist, ist studierter Philosoph und ein guter dazu. Das zeigt sich an seiner Fähigkeit, begriffliche Klarheit zu schaffen und komplexe Zusammenhänge einer messerscharfen Analyse zu unterziehen. Mit diesen Mitteln macht er deutlich, dass der Verfassungsschutz von einer Logik des Verdachts lebt, die schlicht alles als inkriminierendes Indiz zu deuten geneigt ist. In den pointierten Worten des Autors: „Verfassungsschützer sind Verschwörungstheoretiker im Auftrag des Staates.“

Dass dies nicht übertrieben ist, belegen die sechs Fallstudien, die im Zentrum von Brodkorbs Werk stehen. Es ist haarsträubend, was Brodkorb über die Machenschaften des Verfassungsschutzes zutage fördert. Um nur eines von vielen schlagenden Beispielen zu nennen: Der Rechtsanwalt und linke Bürgerrechtler Rolf Gössner wurde gut vierzig Jahre vom Verfassungsschutz bespitzelt, bis schließlich 2021 nach fünfzehnjährigem juristischem Kampf höchstrichterlich festgestellt wurde, dass seine Überwachung rechtswidrig war. Kaum etwas dürfte die erwähnte Logik des Verdachts so gut zum Ausdruck bringen wie die Tatsache, dass der Verfassungsschutz sogar den Umstand, dass Gössner „nicht Mitglied in einer als extremistisch geltenden Organisation“ war, als Zeichen seiner verfassungsfeindlichen Gesinnung verstanden wissen wollte.
Auch das politisch derzeit heißeste Eisen, den insbesondere vom Verfassungsschutz geführten „Kampf gegen rechts“, spart Brodkorb nicht aus, sondern widmet ihm gleich drei Fallstudien: eine über das Institut für Staatspolitik um den Publizisten und Verleger Götz Kubitschek, eine über die AfD und eine über den Hochschullehrer Martin Wagener. Es ist ein intellektueller Genuss zu lesen, mit welch unerbittlicher Präzision und Objektivität Brodkorb die Argumentation des Verfassungsschutzes in diesen Fällen auseinandernimmt.

Als ein Grundübel erweist sich dabei der Hang der Behörde, „Begriffe aus Gummi“ zu verwenden. Bereits für den essenziellen Begriff des Extremismus verfügen die Verfassungsschützer offenbar über keine sachlich sinnvolle oder juristisch haltbare Definition. Völlige Konfusion herrscht schließlich beim Begriff des Volkes. Die von Brodkorb mit vorbildlicher Klarheit dargelegte Unterscheidung zwischen dem politischen Staatsvolk (Demos) einerseits und der historisch-kulturellen Abstammungsgemeinschaft (Ethnos) andererseits ist für den Verfassungsschutz bereits tabu. Wer die bloße Existenz eines Ethnos anerkennt, denkt laut dieser Behörde schon extremistisch.
Die Kombination aus verschwörungstheoretischer Verdachtslogik und unreflektierten Gummibegriffen führt, wie Brodkorb überzeugend argumentiert, letztlich sogar dazu, dass der Verfassungsschutz sich immer mehr nicht nur als Meinungs-, sondern auch als „Gedankenpolizei“ betätigt. Bestimmte Dinge sollen schlicht undenkbar werden.

Zu Recht weist der Autor darauf hin, dass die Gefahr, die vom Verfassungsschutz ausgeht, trotz mangelnder polizeilicher Befugnisse enorm ist: Die Tatsache, dass die Behörde nicht nur Vereinigungen, sondern inzwischen auch Einzelpersonen öffentlich als extremistisch und verfassungsfeindlich brandmarken darf, hat im Informationszeitalter für die Betroffenen, die nichts Illegales getan haben, gravierende Konsequenzen, die teilweise genauso schwer wiegen können wie strafrechtliche Sanktionen.

Am bedrohlichsten ist aber vielleicht, dass es inzwischen jeden treffen kann, wie Brodkorb mit Verweis auf das neue Konzept einer „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ zeigt. So tauchten etwa im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2021 sogar jene „Kümmerer“ auf, die den Opfern der Überschwemmung im Ahrtal private Hilfe leisteten. Diese hätten dadurch nämlich den Eindruck erweckt, „dass“ – so der Wortlaut des offiziellen Dokuments – „staatliche Stellen bewusst nur unzureichend an der Verbesserung der Versorgungslage arbeiten würden beziehungsweise mit der Bewältigung der Lage komplett überfordert gewesen seien“. Der Verfassungsschutz ist, wie Brodkorb richtig schlussfolgert, damit längst zum Regierungsschutz verkommen.
Im Interesse des freiheitlichen Rechtsstaates ist zu hoffen, dass dieses furiose Buch möglichst vielen Menschen, allen voran politischen Entscheidungsträgern, die Augen öffnet: Der Verfassungsschutz gehört abgeschafft.
… Alles vom 20.3.2024 von Sebastian Ostritsch bitte lesen auf
https://www.die-tagespost.de/kultur/literatur/verschwoerungstheoretiker-im-auftrag-des-staates-art-249212
oder

Mathias Brodkorb, Gesinnungspolizei im Rechtsstaat? Der Verfassungsschutz als Erfüllungsgehilfe der Politik. Sechs Fallstudien. Zu Klampen Verlag, Hardcover mit Überzug, 250 Seiten, 25,00 €