Deutschland-Koalition

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Stein am Rhein zwischen Schaffhausen und Bodensee im Frühjahr 2021

 

Deutschland-Koalition: Schwarz – Rot – Gold

 

  • Deutschland braucht die Deutschland-Koalition (11.8.2021)

 

Deutschland braucht die Deutschland-Koalition
Das neue Regierungsbündnis für Sachsen-Anhalt aus CDU, SPD und FDP ist noch nicht in trockenen Tüchern, da sieht es sich schon jeder Menge Spott ausgesetzt. Der Name «Deutschland-Koalition», heisst es, sei ein Fehlgriff. Keinen Grund gebe es, den Liberalen jenes Gold als Leitfarbe anzudichten, das auf der deutschen Nationalflagge strahle. Es handle sich beim Magdeburger Bündnis bloss um Schwarz-Rot-Gelb. Solche wohlfeile Witzelei über einen grossen Begriff verfehlt den Kern des Geschehens: Die «Deutschland-Koalition» heisst zu Recht so, denn sie bildet einen breiten Teil der Bevölkerung ab. Sie wäre auch für die nächste Bundesregierung das beste Modell.
In der allgemeinen Aufregung über die Fehler der grünen Spitzenkandidatin und des Favoriten der Union gerät ein wichtiger Grundsatz in Vergessenheit. Weil in einer Demokratie alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht, ist eine Regierung dann besonders repräsentativ, wenn möglichst viele frei gewählte Abgeordnete ihr zustimmen können

Harte Koalitionsverhandlungen – na und?
Annalena Baerbock mag theoretisch mit der Unterstützung von SPD und FDP das Kanzleramt erobern – sie hätte, wenn überhaupt, eine knappe Mehrheit der Sitze, aber keine Mehrheit im Volk. Ähnlich verhielte es sich in derselben Konstellation mit dem allfälligen SPD-Kanzler Olaf Scholz an der Spitze. Solche Verbindungen versprühen den Charme des Neuen, der allerdings keineswegs ein Garant ist für eine dauerhaft gute Politik
Wie anders stellt sich doch die Lage dar bei Schwarz-Rot-Gelb. In keiner neuen Umfrage kommt diese Trias auf weniger als 55 Prozent Zustimmung unter den Wahlberechtigten. Gewiss, die Koalitionsverhandlungen würden hart, und vielleicht müsste das Kabinett Merkel bis tief in den Winter hinein kommissarisch seines Amtes walten. Es gäbe enorme programmatische Differenzen. Teile der SPD sehen in der FDP gefühlskalte Marktradikale am Werk. Die Liberalen wiederum haben das Feindbild vom blind umverteilenden Sozi liebgewonnen. Und die Union müsste erklären, warum eine solche «grosse Koalition plus» nicht den eigenen Ansprüchen zuwiderläuft, ein «Modernisierungsjahrzehnt» zu organisieren, das den Namen verdient.
Der Aufwand würde sich dennoch lohnen. Es entstünde eine pragmatische Koalition der Mitte, ein vielleicht langweiliges, aber respektables Bündnis der Vernunft, getragen von einer Mehrheit im Volk. Wenn die Sozialdemokraten klug sind, verweigern sie sich nicht. Ihre vernünftigen Kräfte im bisherigen Kabinett könnten darin eine Chance erblicken, sich von den Radaulinken der SPD zu emanzipieren und die sozialistischen Lautsprecher in die Schranken zu weisen

Eine Regierung ohne die Grünen schützt das soziale Klima
Die Union wiederum würde die Anliegen des Umweltschutzes und die Interessen der Wirtschaft auszubalancieren versuchen, und die FDP könnte zeigen, wie weit ihre Innovations- und Digitalisierungskonzepte in der Praxis und gegen Widerstände tragen.
Demokratie lebt vom Wechsel. Die personell ausgelaugte, programmatisch entkernte Union hätte sich eine Auszeit auf den Oppositionsbänken verdient. Doch Politik ist immer auch die Kunst des Machbaren, und solange CDU und CSU als stärkste Fraktion aus den Wahlen hervorgehen, sollten sie die Kraft aufbringen, nach dem Kanzleramt zu greifen.
Vor allem aber: In einer «Deutschland-Koalition» blieben die ideologiegetriebenen Parteien vom rechten wie vom linken Rand aussen vor. Es wäre ein Bündnis ohne die Grünen und insofern ohne pseudobürgerliche Alarmpolitik, aber nicht ohne Umweltschutz. Das grüne Kernthema ist relevant, es sollte jedoch nicht alle Politikfelder dominieren. Eine grüne Nichtregierungsbeteiligung schützt das gesellschaftliche Klima, denn Grüne an der Macht würden den Alarmismus als Normalzustand, die Dauerpolitisierung von allem und jedem und nicht zuletzt das Denken in Absolutheiten weiter vorantreiben. Auch das spricht für eine «Deutschland-Koalition» nach den Bundestagswahlen im Herbst.
… Alles vom 11.8.2021 von Eric Gujer bitte lesen auf https://www.nzz.ch