Konsum

Home >Engagement >Verbraucher >Konsum

Blick nach Westen über Aitern und Holzinshaus (links) zum Belchen am 16.3.2013

 

schnee-silvester150101
(1) Silvester 1.1.2015 um 10 Uhr

Das Recht auf Konsum als linkes Kernanliegen
Nächster Halt: Schlaraffenland
von Konrad Adam
Arbeit! Arbeit! Arbeit!“ hieß der Slogan der SPD. Sie mußte es dreimal sagen, damit auch der letzte Genosse verstand. Das war einmal, ist längst vorbei. Der Slogan stammt aus einer Zeit, in der die Arbeitslosigkeit als Makel, ja als Schande galt, das Recht auf Arbeit proklamiert wurde und im Programm der SPD weit oben stand. „Sozial ist, was Arbeit schafft“ hieß das Dogma, das auch von anderen Parteien nachgesprochen wurde, und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, sogenannte ABM-Programme, genossen allerhöchste Dringlichkeit.
Damals stand die SPD noch im Schatten ihres Stammvaters Karl Marx. Dessen Schwiegersohn Paul Lafargue hatte ihm aber schon zu Lebzeiten widersprochen und das Recht auf Arbeit durch das Recht auf Faulheit ersetzt – ein Recht, das es im Unterschied zum Recht auf Arbeit, das immer nur versprochen, aber nie eingelöst worden ist, tatsächlich gibt. Faulheit war allerdings das falsche Etikett, und Lafargue war ehrlich genug, das auch einzugestehen. Statt sich mit ein paar Gramm zähen Fleisches zufriedenzugeben, schrieb er in seinem Loblied auf die Faulheit, sollten die Arbeiter täglich zwei Pfund saftiges Beefsteak essen, an Stelle von schlechtem Wein aus kleinen Bechern aus großen, bis an den Rand gefüllten Gläsern Bordeaux und Bourgogne trinken und das Wasser dem Vieh überlassen. So sah die konkrete Utopie aus, von der die Linke bis heute träumt.

Nüchterner als sein Schwiegervater hatte Lafargue einen Blick in die Zukunft geworfen. Das Problem der kapitalistischen Wirtschaft bestehe nicht darin, ihre Kräfte zu verzehnfachen und das zehnfache Warenangebot herzustellen, sondern darin, Konsumenten zu finden, ihre Begierden zu wecken und durch immer neue, immer wildere und immer falschere Begierden zu überbieten – nicht das Angebot, die Nachfrage zählt. Trotz ihrer unersättlichen Gefräßigkeit, polemisierte Lafargue, reiche die Masse der Arbeiter samt Frauen und Kindern nicht aus, all die Dinge zu verbrauchen, die sie, irregeleitet vom fälschlich so genannten Recht auf Arbeit, wie die Wahnsinnigen herstellten, ohne daran zu denken, ob es denn auch Leute genug gäbe, sie zu konsumieren. Bei acht bis neun Milliarden Erdbewohnern gibt es die Leute längst, und wo sie fehlen, hilft die Werbung nach. Fraglich ist nur, woher das viele Geld für die vielen Leute kommen soll, die zwar verbrauchen, aber nicht arbeiten wollen. Die Vereinigung der glücklichen Arbeitslosen, einer Sumpfblüte der Berliner Sozialbürokratie, hatte ja ganz recht, als sie verkündete, was dem Arbeitslosen fehle, sei nicht die Arbeit, sondern das Geld. Das leuchtete der SPD ein, und mit Unterstützung der Grünen, denen sich inzwischen auch die FDP angeschlossen hat, erfanden sie das Bürgergeld. Sozialminister Hubertus Heil, einer seiner Mit-Erfinder, bestreitet zwar, daß es sich hier um das Lieblingsprojekt der Linken, das bedingungslose Grundeinkommen handelt, doch Millionen von Antragstellern, die Hälfte von ihnen arbeitsfähig, aber arbeitslos, wissen es besser. Sie haben kalkuliert und festgestellt, daß es ein gutes Geschäft ist, auf ein paar Euro im Monat zu verzichten, dafür aber Tag für Tag ausschlafen und vor der Glotze sitzen bleiben zu dürfen.

Das Lohnabstandsgebot, die Heilige Kuh der Makro- und Mikroökonomen, bleibt damit gewahrt. Nur spielt es keine Rolle mehr, denn wenn man mit Bürgergeld, Wohngeld, Heizungsgeld und Kindergeld fast genauso gut, vielleicht sogar noch etwas besser dasteht als der arbeitswillige Nachbar, gibt man sich gern mit etwas weniger zufrieden. Das Bürgergeld ist ein Geschenk, ein Sonderangebot auf Dauer, das der gelernte Sozialstaatsbürger nicht ausschlagen wird. Warum sollte er auch? Die Umverteilung, die dem einen gibt und dem anderen nimmt, findet ja im verborgenen statt. Kein Mensch weiß, wer wen aushalten muß und wer von wem ausgehalten wird, die Umverteilungsströme fließen im Hintergrund. Wo der Bürger zum Konsumenten geschrumpft ist, hat der Staat nicht nur das Recht, er ist dazu verpflichtet, ihm das erforderliche Geld mit beiden Händen in die Taschen zu stopfen.

Das tut er auch. Unter dem Titel Bürgergeld gehen Milliarden an Leute, die zum allgemeinen Wohlstand nichts beigetragen haben, wahrscheinlich auch niemals etwas beitragen werden – Rechte ohne Pflichten, Leistungen ohne Gegenleistung, das ist die Quintessenz der sozial getarnten Gerechtigkeit. Während die Steuerlast zusammen mit den Zwangsbeiträgen zu der staatlich betriebenen Versicherungsindustrie die eine Hälfte des Einkommens auffrißt und die andere unter dem Druck der Inflation zusammenschmilzt, wird das Bürgergeld um zwölf Prozent, das Dreifache der Teuerungsrate, erhöht. Goldene Zeiten für alle, die es mit dem Recht auf Faulheit ernst meinen. Wer trotzdem arbeitet, ist, wie der Volksmund sagt, selbst dran schuld.

Wären die Linken ehrlich, würden sie ihren Ahnherren Marx durch Paul Lafargue, das Recht auf Arbeit durch das Recht auf Faulheit und den Wunsch nach Leistung durch den Anspruch auf Konsum ersetzen. Noch sind sie aber nicht so weit. Trotz gewaltiger Subventionen gilt die Absicht, sein Leben auf Kosten anderer zu führen, immer noch als ehrenrührig, als die moderne Form von Schnorrerei. Helmut Schmidt, einer der letzten Repräsentanten der bürgerlich gewendeten SPD, hatte solche Neigungen im Blick, als er von einer Verluderung des Sozialstaats sprach. Das ändert sich zur Zeit. Der Fortschritt drängt, die Stimmung kippt, der Wind springt um. Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen, hatte seinerzeit der Apostel Paulus gelehrt, doch davon wollen selbst die Kirchen nichts mehr hören. Sie wollen modern sein und beeilen sich, ihren Mantel in den Wind zu hängen. Ähnlich wie die SPD sind sie über ihre Gründungsheiligen längst hinaus und werben für einen Sozialstaat ohne Grenzen, ohne Regeln und ohne Anstand.

Für alle, die immer noch Arbeit suchen, wird das teuer. Umverteilt wird ja nach zwei Seiten, nicht nur nach unten, sondern auch nach oben. Genauso schnell, vielleicht sogar noch etwas schneller als die Masse der Betreuten sind die Heerscharen der Betreuer gewachsen, die teilhaben wollen am sozialen Fortschritt. Die Fürsorglichkeit soll sich lohnen, und sie lohnt sich auch. Das Soziale vom Geruch des Gotteslohnes zu befreien, war das erklärte Ziel sämtlicher Fachminister von Blüm bis Heil, „das Nonnen-Image muß weg!“ verlangten auch die Grünen – inzwischen ist es ja auch weg. Den Kirchenleuten war das recht, sie wußten sich schon immer beim Weiterreichen von Geld, das ihnen nicht gehörte, die Finger zu vergolden.

In einem Staat, der ein Drittel seines Etats für sozial genannte Zwecke ausgibt, hat jeder ausgesorgt, der sich darauf versteht, das Sozialkapital an der richtigen Stelle anzuzapfen. Der Chef der Treberhilfe, hoch subventioniert von der Berliner Wohlfahrtsbürokratie, fuhr einen Maserati als Dienstwagen und residierte in einer Villa im vornehmen Westen der Stadt. „Das Teuerste, was sie haben!“ soll der Geschäftsführer der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt bei seinem Lieblingsitaliener bestellt haben, als er für ein millionenschweres Flüchtlingshilfsprojekt den Zuschlag erhalten hatte. Auf den Geschmack gekommen, gründete er ein weiteres, gemeinnützig genanntes Sub-Unternehmen, die AWO-Protect, die ihm weitere Millionen aus öffentlichen Mitteln in die Kasse spülen sollte. Man braucht nicht einmal unsozial zu sein, um die Gesellschaft zu ruinieren, hat ein Kenner des Betriebs dazu bemerkt, „vielleicht führt man das Unglück gerade dadurch herbei, daß man sozial ist“. Oder so tut, als ob. Gerhard Schröder, Sigmar Gabriel, Andrea Nahles – für jeden dieser drei Sozialdemokraten, die kurz nacheinander den Vorsitz innehatten, war die Partei nur eine Stufe auf dem Weg nach oben. Und oben war da, wo das Geld floß, viel Geld. Schröder heuerte als Aufsichtsrat bei Putin an, Andrea Nahles wurde zunächst mit einem gut dotierten Posten in Bonn, danach mit einem noch besser dotierten Posten in Nürnberg abgefunden, und Gabriel erhielt einen Sitz im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, nachdem er als Cheflobbyist der deutschen Automobilindustrie nicht zum Zuge gekommen war.

Das eindrucksvollste Beispiel für die Kunst, Politik und Geschäft miteinander zu verweben, stammt allerdings von einem Gewerkschafter, dem ehemaligen Arbeitsminister Walter Riester. Er hatte das nach ihm benannte Rentenmodell so kompliziert entworfen, daß ihn alle Welt um Rat und Hilfe bitten mußte. So kam es, daß Riester auf jener Liste, die Auskunft gibt über die Nebeneinkünfte der Bundestagsabgeordneten, den Spitzenplatz eroberte. Für ihn hatte sich die Sache gelohnt, für Banken und Versicherungen, denen er einen neuen lukrativen Geschäftszweig eröffnet hatte, natürlich auch; nur für die Bürger, die vielen kleinen Leute nicht, die sich auf ihn und seine Kunst verlassen hatten. Inzwischen gilt die Riester-Rente als gescheitert.

Als er die SPD noch führte, hatte Sigmar Gabriel seinen Parteifreunden geraten, dorthin zu gehen, wo es brodelt, riecht und stinkt. Das haben sie noch niemals gern getan, und niemals widerwilliger als heute. Wie alle Funktionäre des Parteibetriebs leben sie in einer Welt für sich, abgehoben von den Menschen draußen im Lande, dem Mob, dem Pack und dem Gesindel. Schon Clemenceau, der alte Tiger, hatte sich über die Genossen mokiert, die immer noch so reden wie die da unten, aber so leben wie die da oben. Der deutsche Sozialstaat macht es ihnen leicht, er füttert beide Seiten. Aufkommen dafür muß die noch immer arbeitsame Mitte der Gesellschaft, die Masse der Steuer- und Abgabepflichtigen; sie weiß das nur nicht, will das auch gar nicht wissen. Die Unwissenheit gibt uns Ruhe, die Lüge Glück, mit dieser Sentenz hatten sich schon die Opfer der Französischen Revolution Trost zugesprochen, wenn sie der Zweifel überkam und sie am Sinn des Fortschritts irre wurden. Sie wollten nicht wissen, sie wollten glauben. Und leider wollen sie das immer noch.
… Alles vom 8.3.2024 von Konrad Adam bitte lesen in der JF 11/24, Seite 18
https://www.junge-freiheit.de

Dr. Konrad Adam, Jahrgang 1942, war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent der Welt. Adam beteiligte sich 2013 an der Gründung der Alternative für Deutschland (AfD) und war bis 2015 einer ihrer Bundessprecher.

 

 

Kleiderwahn führt zum „Kollaps des Systems“: 60 Klamotten pro Kopf
HAMBURG. Mehr als 80 Milliarden Kleidungsstücke werden jährlich hergestellt. Davon kaufen Deutsche 60 Stück pro Kopf und Jahr. Ein Fünftel davon werde kaum getragen, klagt das Greenpeace Magazin (1/21). 15 Kilo Textilien landeten jährlich im Altkleidercontainer. Der Verband Textilrecycling warne vor einem „Kollaps des Systems“. Billigteile taugten nicht mal als Putzlappen oder Dämmstoff. Zudem würden 20 Millionen Smartphones jährlich neu gekauft, obwohl es 200 Millionen Altgeräte gebe. Welchen Anteil die „Fridays for Future“-Jugend an dieser Wegwerfkultur hat, verrät Greenpeace nicht. (ft) https://www.greenpeace-magazin.de
… Alles vom 5.2.2021 bitte lesen in der JF, 6/21, Seite 23

 

 

Einwanderung: Soll unsere spaßorientierte Konsumgesellschaft Grenzen schließen?
Stellen Sie sich vor, Sie hätten Politik im Stil von Angela Merkel betrieben, hätten die Grenzen geöffnet, Fremde unkontrolliert ins Land gelassen, die Verfassung gebeugt und den Rechtsstaat mißachtet und das Volk, dem Sie ihr Mandat verdanken, als einen Popanz lächerlich gemacht.

Stellen Sie sich weiter vor, Sie wären damit bei eben diesem Volk nicht gut angekommen, hätten Widerspruch und Widerstand provoziert, den zu überwinden Ihnen trotz gewohnter Rücksichtslosigkeit in der Wahl Ihrer Mittel nicht gelungen wäre. Nehmen Sie an, das Vertrauen in Ihre Regierungskunst wäre geschwunden, das Land käme nicht zur Ruhe, die Wähler würden abtrünnig und, größtes aller Übel, die Partei stünde nicht länger wie ein Hampelmann hinter Ihnen. Was dann?

Dann wäre Corona genau das richtige für Sie, wahrhaftig ein Geschenk des Himmels. Denn dann könnten Sie den Leuten klarmachen, wohin es führt, wenn man die Grenzen sperrt, die Einwanderung drosselt und das Reisen untersagt. Dann dürften Sie die Polizei aufrüsten, Grundrechte suspendieren, alte Behörden mit neuen Kompetenzen ausstatten und sich Strafen ausdenken, die in keinem Gesetzbuch vorgesehen sind – Not kennt schließlich kein Gebot.

Kurz und gut: Sie könnten dem Trieb, der in der Politik der mächtigste ist, dem Hunger nach Macht und Einfluß, die Zügel schließen lassen, ohne zu befürchten, daß Ihnen jemand vorschnell in die Parade fährt.

Denn alles, was Sie unternähmen, diente ja dem Schutz des höchsten, nein: des einzigen Gutes, über dessen Wert sich die große, bunte, diverse, grenzenlose, globalisierte, multikulturelle Welt noch einig ist, dem Schutz der Gesundheit. Um die zu erhalten oder wiederherzustellen ist schlechthin alles erlaubt. Die Formel „Bleiben Sie gesund!“ hat ja nicht zufällig das ehedem gebräuchliche „Schönen Tag auch noch!“ ersetzt.

Jetzt, da die Karenzzeit zu Ende geht und die Kosten des Abstandhaltens fühlbar werden, kann die Regierung vor die Bürger treten und sie fragen: Wolltet ihr das? Auf die vielen schönen Dinge verzichten, die ihr genießen konntet, weil ihr euch im Kinderglauben an den immerwährenden Fortschritt daran gewöhnt hattet, das Zweitauto, den dritten Urlaub und das vierte Smartphone, den australischen Rotwein, das Rinderfilet aus Argentinien und die Uhr mit dem Kroko-Armband für selbstverständlich zu halten?

Wollt ihr in Zukunft auf die billigen Dienstboten verzichten und eure Pakete selbst austragen, eure Büros selber putzen und selbst den Müll zusammenkehren, den ihr in Massen hinterlasst? Anders gefragt: Wollt ihr für die Folgen eures exzessiven Lebensstils selbst aufkommen oder andere bezahlen lassen?

Die Frage stellen heißt die Antwort kennen. So haben sich die Deutschen das Leben auf Distanz natürlich nicht vorgestellt. Sie wollen das Spaß-Leben noch ein bißchen weiterleben, und dazu braucht es zweierlei, die offenen Grenzen und die falschen Preise. Nur wenn die Preise lügen, kann man für ein Taschengeld nach Mallorca fliegen und die Kreuzfahrt in die Karibik zum Schnäppchenpreis von 399 Euro ergattern.
Und nur wenn die Grenzen offen sind, kann man die armen Schlucker importieren, die alles das erledigen, für was kein Deutscher mehr zu haben ist: den Spargel stechen, die Schweine schlachten und die Kartoffeln aus der Erde buddeln, auf die man im Mai nicht gern verzichten will.
Zu schweigen von den Siechen und den Hochbetagten, die in ihren Altensilos satt und sauber gehalten werden sollen: Von wem, wenn nicht von irgendwem, nur nicht von uns?

Die Deutschen sind auf Zuzug angewiesen, wollen das aber nicht wahrhaben. Sie sprechen nicht von Einwanderungsgesetz, sondern von Fachkräftezuwanderungsgesetz, obwohl es doch nicht die Spezialisten sind, die fehlen, sondern die modernen Tagelöhner, die irgendwelche unentbehrlichen, aber schlechtbezahlten Tätigkeiten verrichten.

Die Pflegeindustrie würde von heute auf morgen zusammenbrechen, sollte Horst Seehofer die Grenzen wirksam kontrollieren; wo blieben dann die Polinnen, die den Vietnamesinnen gefolgt sind und denen weitere Pflegekräfte aus aller Welt folgen werden, weil ohne Nachschub die Seniorenrepublik Deutschland heute schon am Ende wäre?

Ganze Wirtschaftszweige hängen am Tropf, rufen nach Arbeitskräften und werden erhört werden: denn warum sitzt Sigmar Gabriel im Aufsichtsrat der Deutschen Bank, wozu ist Dirk Niebel für Rheinmetall und Hildegard Müller für die deutschen Autobauer tätig? Sie alle fordern: Grenzen auf! Die AfD denkt ebenso, auch sie will die Wirtschaft möglichst schnell wieder hochfahren, sie hat sich nur daran gewöhnt, mit gespaltener Zunge zu sprechen, und sagt deswegen ja und nein zugleich.
Wachstum ist nötig, darüber sind sich alle Parteien einig; und Wachstum verlangt offene Grenzen. Heiko Maas und Jean Asselborn sind vorangegangen, haben sich an der Grenze getroffen, die Sperren beseitigt, die Masken vom Gesicht genommen und das Wiederaufleben der vier europäischen Freiheiten, des freien Austauschs von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Arbeitskräften, gefeiert. Die Wirtschaft soll brummen, der Bürger kaufen, reisen und sich amüsieren wie zuvor. Angela Merkel verspricht die Rückkehr in die Welt von gestern: sollten die Wähler ihr dafür nicht dankbar sein?
20.5.2020, Konrad Adam, JF, Seite 2

Dr. Konrad Adam war Feuilletonredakteur der FAZ und Chefkorrespondent der Welt.

.

 

Die 20 größten Konsumsünden

Unser Alltag ist von Konsum geprägt. Doch unser Konsum hat häufig die Ausbeutung von Mensch und Natur zur Folge. Bei vielen Produkten wissen wir das und beruhigen unser Gewissen mit Emissionszertifikaten, „Fairtrade“-Produkten und Bio-Siegeln. Wir suchen Entschädigungen für unser verschwenderisches Leben – doch eines möchten wir nicht: unseren Lebensstil ändern. Wir haben unsere Zuschauer gefragt, worauf sie auf keinen Fall verzichten wollen
www.3sat.de/konsum oder https://www.3sat.de/page/?source=/specials/167253/index.html

(1) Elektrogeräte
In Deutschland fallen jährlich 750.000 Tonnen Elektroschrott an – Wegwerfkultur. 142.000 Tonnen  in der Mülltonne und nur 40 Prozent in zertifizierten Recyclinganlagen. Eingebaute Qualitätsmängel, Sollbruchstellen – Obsoleszenz.

(2) Kaffee
150 l pro Person trinkt jeder Deutsche, also mehr als Mineralwasser, 30% mehr als vor 5 Jahren. Kaffee-Monokulturen zerstören die Böden. Nur 3% wird fair gehandelt. Bereits in jedem 4. Haushalt steht eine Kapselkaffeemaschine – erstaunlich, da die Kapsel bis zu 6-mal teurer ist als „500 gr. Jakobs Krönung gemahlen“ für den Filterkaffee. Kaffee ist nach Erdöl das zweitwichtigste Handelsgut der Welt und Deutschland nach den USA der zweitgrößte Kaffeeimporteur.

(3) Auto
„Freie Fahrt für freie Bürger“ – dieses Motto gilt weiterhin. Heute hat der durchschnittliche deutsche Dienstwagen 138 PS . Und PS-starke SUVs sind in der Mode, um mit 2.5 t Gewicht in die City zum Shopping zu fahren.

(4) Süßigkeiten
Zucker ist das einzigste Nahrungsmittel, das zur Sucht führen kann.  Der deutsche Durchschnittsbürger verzehrt 36 Kilo Zucker im Jahr mit dramatischen Konsequenzen für die Gesundheit: Fettleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislaufstörungen. Seit 1963 hat sich der Zuckerkonsum verdreifacht.

(5) Fernsehen
Wir schauen im Schnitt über 4 Studen täglich fern. TV macht dick: Ein Kind, das mit 4,5 Jahren 18 Stunden pro Woche vor dem Fernseher sitze, habe mit zehn Jahren durchschnittlich 7,6 Millimeter mehr Hüftumfang als ein Kind, das nicht ferngesehen habe. Allabendlich schauen 30 Millionen Deutsche fern. Kein Medium wird so parallel genutzt wie das Fernsehen: Oft wird währenddessen gebügelt, gekocht oder gegessen. Sehr häufig läuft die Dauerberieselung auch parallel mit Laptop, Tablet oder Smartphone.

(6) Fleisch
Qualvolle Massentierhaltung, Klimakiller, Antibiotikaresistenzen: Die Massenproduktion von Fleisch hat negative Konsequenzen. Deutschland gilt als härtester Lebensmittelmarkt der Welt. Ein Landwirt verdient an einem gewöhnlichen Huhn nur noch wenige Cent. Wir essen heute doppelt so viel Fleisch wie vor 100 Jahren. Auf Massenfarmen werden 400000 Tiere pro Tag getötet. Gemischtes Hack im Angebot ist billiger als Katzenfutter. Fleisch hat einen riesigen ökologischen Rucksack: 70% der weltweiten Agrarflächen dienen der Fleischproduktion.  Initiative „Vegetarischer Donnerstag“ in Bremen: Wenn sich die 550.000 Einwohner der Stadt einen Tag pro Woche fleischfrei ernähren, ersparen sie der Atmosphäre ein Kohlendioxid-Abgasäquivalent von 40.000 Autos pro Jahr.

(7) Smartphone
Der nach TV größte Zeitfresser: 83 Minuten täglich ist jeder deutsche im Schnitt online, zunehmend mobil. 80 Mio alte Handys lagern in den Schränken. Das Smartphone verrät mehr über seinen Besitzer als der Personalausweis: E-Mails checken, Facebook-Status aktualisieren und noch rasch die Twitter-Nachricht mit einem Hashtag versehen.

(8) Alkohol
In Deutschland fordert der Alkohol jedes Jahr 74.000 Menschenleben.  9,5 Millionen Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren haben Alkoholprobleme,  1,3 Millionen davon sind abhängig. Jeder Deutsche trinkt alljährlich 10 Liter reinen Alkohol. Der durch Alkohol verursachte volkswirtschaftliche Schaden beträgt 24 Milliarden Euro.

(9) Flugreisen
Beim Flug Frankfurt – New York verbrennt ein Jumbo 78 Tonnen Treibstoff – umgerechnet auf einen Passagier die Menge Benzin, die ein Auto im ganzen Jahr verbraucht. In 1990 fliegen etwa 24 Millionen Menschen in Deutschland , in 2012 über 75 Millionen.

(10) Mode
„Der Rückschluss ‚höhere Qualität gleich höherer Preis gleich weniger Chemikalieneinsatz‘ geht nicht auf.“ so Christiane Huxdorff von Greenpeace; die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie fernost (aus China 24%, Türkei 13% und und Bangladesch 12%) sind das Problem. Kinderarbeit bei Nähen der Kleider.

(11) Kosmetik
Ausgaben für Kosmetika 30 Milliarden Euro Jährlich – Tendenz steigend. Die Männer holen auf. Tierversuche für kosmetische Produkte seit 1998 in Deutschland , aber Schlupfloch: Für Inhaltstoffe, die nicht nur für Kosmetik verwendet werden, sondern auch für Waschmittel, sind Tierversuche nicht nur erlaubt, sondern sogar vorgeschrieben. 2,86 Millionen Versuchtiere gibt es in Deutschland, davon sind 80 Prozent Ratten und Mäuse. Man geht davon aus, dass 80% der Kosmetika üble Nebenwirkungen für den Menschen haben.

(12) Schnittblumen
Die Hälfte des gesamten Rosenanbaus in Kenia befindet sich in deutschen Händen, neben den Rosen wird also auch die Wertschöpfung exportiert. Einheimische Erntearbeiter mit 30 Euro Lohn pro Monat k kommen mit giftigen Pestiziden in Berührung, Schutzkleidung gibt es kaum. Am Kilimandscharo dürfen die Menschen von 8 bis 16 Uhr Wasser nutzen, danach wird umgeschaltet in die riesigen Gewächshäuseer: Um eine Rose zu produzieren braucht man fünf Liter Wasser, das den Menschen fehlt.
2012 hatten die Verbraucher rund 8,7 Milliarden Euro für Schnittblumen, Garten- und Zimmerpflanzen ausgegeben,  Pro-Kopf-Ausgaben auf 106 Euro gestiegen. Schnittblumen-Ranking: Rose 38 Prozent, Chrysantheme 10 Prozent, Tulpe 9 Prozent und Gerbera 7 Prozent. Bei den Zimmerpflanzen: Orchidee mit 31 Prozent vorne.

(13) Wintersport
Skifahren ist ein ökologisches Desaster: Schneekanonen berieseln in Bayern bereits 13 % der Pistenfläche, in der Schweiz 19 % und in Österreich sogar 59 %. Immer größere Gebiete werden abgeholzt, viele Skipisten werden planiert. Erwärmung: Bis 2050 gelten voraussichtlich weniger als 50 % der knapp 700 Skigebiete als schneesicher, da wird noch mehr Kunstschnee produziert.. Wintersportorte hinterlassen einen ganz dicken CO2-Fußabdruck in den Bergen.

(14) Haustierbedarf
15 % der Deutschen haben einen Vierbeiner. Qualzucht-Hunderassen nehmen zu. Französische Bulldoggen, Möpse und andere „kurzschädelige“ Rassen können schlecht oder gar nicht durch die Nase atmen, würgen bei der Futteraufnahme, schnarchen selbst im wachen Zustand und kollabieren im Sommer – für viele Tierärzte sind sie deshalb das Ergebnis von Qualzucht.

(15) Wassersport
Wasser-Jetskis sind nur in der Schweiz verboten. Ölfilm gefähret Wasservögel, Fische und Menschen.

(16) Feuerwerk
Jede der 50 Millionen Neujahrsraketen erzeugt 3,5 Liter Rauch und Gas in der Luft. Mit der Energie aller Feuerwerkskörper kann man ein Jahr lang 650 Energiesparhäuser oder 180 normale Häuser heizen. Deutschland ist Knallweltmeister mit 110 Millionen Euro für Böller pro Jahr.
Siegessäule in Berlin Silvester 2012: 1 Million Menschen, 6000 Raketen, nach 11 Minuten Feuerwerk 30 Tonnen Müll. In ganz Deutschland kommt ein Silvester-Müllberg aus 10.000 Tonnen Pappe, Holz, Papier und Plastik zusammen, der 500.000 Mülltonnen füllt.

(17) Dekoartikel
Nippes als Wegwerfartikel. Laut „Butlers“ sind 80 % der Kunden Frauen, in der Regel Akademikerinnen. Europaweit  160 Filialen setzen sinnlosen Wohnaccessoires um – von 2500 Artikeln aus dem Sortiment werdenalljährlich 2000 ausgetauscht.
Verbraucher haben 2012 allein 2,7 Milliarden Euro für Weihnachts- und Festartikel ausgegeben. „Wir haben in Deutschland bei allen Dingen, die das Leben schön machen, ein hohes Konsumniveau erreicht. Dies gilt auch für saisonale Dekoration.“ Thomas Grothkopp, Geschäftsführer des Bundesverbands für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur e.V. (GPK) .

(18) Schmuck
Diamanten sind meist Blutdiamanten (Kinderarbeit). Vor allem in Sierra Leone, Angola und Liberia handeln Rebellengruppen illegal mit dem wertvollen Rohstoff und finanzieren damit Bürgerkriege.

(19) Kreuzfahrten
WWF zur Ostsee: 80 Millionen Passagiere jedes Jahr auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Abwässer weitgehend ungeklärt entsorgt –  bis zu 100 Millionen Klospülungen ins Ostseewasser, plus Bakterien, Viren und Schwermetalle. Allein während der Sommermonate lassen 350 Kreuzfahrtschiffe 18 Tonnen Phosphor und 74 Tonnen Stickstoff ins Ostseewasser.
Dreckschleuder Kreuzfahrtschiff „Queen Mary II“: Strombedarf einer 200.000 Einwohner-Stadt, mit billigem Schweröl erzeugt. Legt sie in Häfen an, stößt das Schiff während der Liegezeit weiter viel Kohlendioxid, Stick- und Schwefeloxide aus, was die Gesundheit der Anwohner gefährden kann. Lichtanlagen, Restaurants oder die Beheizung der fünf Schwimmbecken müssen mit Strom am Laufen gehalten werden. Die mit schadstoffreichem Schweröl angetriebenen Motoren laufen zur Stromerzeugung deshalb auch im Hafen auf Hochtouren.
Besonders die Seniorengeneration AUS (Apotheke, Urlaub, Sucht) sorgt für den Kreuzfahrten-Boom.

(20) Plastikspielzeug
Über 80% des Plastics enthalten krebserregende PAL (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstiffe).
Eine Stunde Plastikente im Mund lutschen entspricht 40 Zigaretten rauchen.

Schreibe einen Kommentar