Badisch-Elsaessische-Buergerinitiativen

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Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen – Ihr Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit gegen Atomkraft und für Alternativen am südlichen Oberrhein und anderswo Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen – Ihr Widerstand gegen das Atomkraftwerk Wyhl und weitere Standorte und die Folgen bis Fukushima – lieber aktiv als  radioaktiv
von Dr. Georg Löser

Einleitung und Zusammenfassung
1. Das drohende „Ruhrgebiet am Oberrhein“
2. Zur Vorgeschichte ab 1969/70: Atomkraftprotest zu Kaiseraugst (CH), Fessenheim (F) und Breisach (D)
3. „Marckolsheim“ und „Wyhl“ und die Gründung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen
4. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und der lange Kampf um das Atomkraftwerk Wyhl
5. Fessenheim (II): Breite Proteste und die Kontrollkommissionen
6. Erfolge und Misserfolg: Schwörstadt und Heitersheim/Baden, Gerstheim und Heiteren/Elsass
7. Die Europa-Erklärung, die ersten Wyhl-Jahrestage
8. Auswirkungen und Folgewirkungen der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen
8.1. Unterstützung des Widerstandes bei Atomstandorten außerhalb der Region
8.2. Denk-Male
8.3. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen nach 2000 bis heute
8.4. Neue Initiativen gegen das Atomkraftwerk Fessenheim
8.5. Weitere Folgewirkungen und Nachwirkungen am Oberrhein und anderswo
9. Fazit und Ausblick
Anhang 1: persönliche Anmerkungen / Widmung
Anhang 2: zum Autor
Anhang 3: Literaturhinweise
Anhang 4: Abbildungen aus der Präsentation vom 12.4.2002 und andere Abb.
© Dr.rer.nat. Georg Löser

Einleitung und Zusammenfassung

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und mit ihnen breite Schichten der Bevölkerung in der Region beiderseits am südlichen Oberrhein haben Geschichte gemacht. Höhepunkte und Brennpunkte ihrer Arbeit und Aktionen waren die Kämpfe um die geplanten Atomkraftwerke Wyhl/Baden, Fessenheim sowie Gerstheim/Elsass ebenso wie um eine geplante Bleichemiefabrik in Marckolsheim/Elsass Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen entstanden formell mit ihrem internationalen Komitee am 25.8.1974 in Weisweil und mit ihrer damaligen „Erklärung der 21 Bürgerinitiativen an die Badisch-Elsässische Bevölkerung“. Sie wuchsen bald auf fast 50 Initiativen an. Sie sind im Zusammenhang zu sehen mit den etwa zeitgleichen Kämpfen um das geplante Atomkraftwerk Kaiseraugst bei Basel und weitere Atomanlagen im Dreiländereck, dem schon zuvor begonnenen Protest gegen das Atomkraftwerk Fessenheim, mit der erste in Europa, und – bereits sehr intensiv, mit  großer Resonanz und erfolgreich – gegen das geplante Atomkraftwerk bei Breisach. Sie widersetzten sich der drohenden Vision einer weitgehenden, streckenweise großflächig geplanten atomkraftbetriebenen Industrialisierung am südlichen Oberrhein. Hinter dem bei Marckolsheim, Wyhl und Kaiseraugst besonders eskalierten Protest stand und steht primär die gemeinsame Sorge von Menschen um die Existenzgrundlagen: für Leben und Gesundheit auch künftiger Generationen, für Weinbau und Landwirtschaft, die schöne Heimat, für gute Arbeitsplätze. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen haben mit ihrem Widerstand und vielfältigen Aktionen den Grundstein gelegt für einen atomenergiekritischen Konsens im Dreiländereck, der politisch und zugleich früh am klarsten – nach Volksabstimmungen – in den beiden Baseler Kantonen Ausdruck fand und findet, der aber u.a. auch in einem „Schwur“ elsässischer Bürgermeister, Kommunalvertreter und Vereinigungen gegen weitere Atomkraftwerke sowie in Südbaden in der Verhinderung mehrerer geplanter Atomenergieanlagen gipfelte. Die Bürgerinitiativen haben auf der Ebene aktiver Bürgerschaft Beispiele grenzüberschreitender Zusammenarbeit und Verständigung gesetzt. Sie haben hierdurch auch die offizielle regionale Zusammenarbeit befruchtet und vorangetrieben. Ihre „Volkshochschule Wyhler Wald“ hat über 13 Jahre auf besetzten Bauplätzen und in Dörfern und Städten der Region als Kommunikations- und Informationszentrum, als innovativer, volksnaher Bildungsträger, als „geistiges Kraftwerk“, neu-alemannisches Kulturzentrum und Aushängeschild der  Initiativen gewirkt. Aus dem Contra heraus wurden mit den populären Sasbacher Sonnentagen 1976-78 konkrete positive Energie-Visionen entwickelt, die sich als populäre Öko-Spezialmessen in Rouffach sowie fortgesetzt in Colmar/Elsass, direkt und zuerst aber als ÖKO-Solar-Energie- und Umwelt-Messen in Freiburg sowie anderswo in Deutschland und anderen Ländern weiterentwickelten. Eine Reihe bedeutender regionaler bis nationaler Umweltschutz- und Alternativenergie-Vereinigungen der BürgerInnen sowie Ansätze zu einer Umwelt- und Solar-Modellregion am Oberrhein sind im Gefolge entstanden, gewachsen bzw. weiterhin am Entstehen.
Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, auch heutzutage in kleinerer Form und mit neuen Instrumenten weiterbestehen, haben mit ihrem Wirken und ihrer Streitkultur auf schwierigem Feld – im Ringen mit dem Staat, Konzernen und einer Staatsgrenze – ein Stück „Demokratie von unten“ verwirklicht. Dieses fand vor allem mit dem gemeinsamen Kampf um Wyhl auch weltweite Beachtung und zeigt über die Region am südlichen Oberrhein hinaus zahlreiche und weitreichende positive Folgewirkungen.

1. Das drohende „Ruhrgebiet am Oberrhein“

Die negative Vision einer „Rheinschiene“ von Rotterdam bis Basel als die europäische Hauptwirtschaftsachse, verbunden mit einem „Ruhrgebiet am Oberrhein“ und einer krebsartig in die Landschaft wuchernden Industrie-Megapolis, stand zu Beginn der Protestbewegungen am südlichen Oberrhein drohend im Raum. So schrieb der Staatsanzeiger Baden-Württemberg am 23.9.1972: „Rückt nämlich die EG noch näher zusammen, (……) so wird das Rheintal zwischen Frankfurt und Basel die Wirtschaftsachse überhaupt werden. Ob dann noch Platz für  Umweltschutz ist, muß bezweifelt werden. Sachverständige Leute sind deshalb der Ansicht, die Ebene sollte für die gewerbliche und industrielle Nutzung freigegeben werden, während die Funktionen `Wohnen`, `Erholung` und so weiter in der Vorbergzone und in den Seitentälern des Rheins angesiedelt werden sollten.“ Der Landesentwicklungsplan, 1971 vom Landtag in Stuttgart verabschiedet, schuf auf der deutschen Rheinseite die gesetzliche Basis hierfür mit breiten Entwicklungsachsen und großen Zonen für die Industrialisierung, die beispielsweise den Kaiserstuhl einschnüren würden. (Industrieansiedlung, 1974; Gemeinschaftseinspruch von Freiburger Studenten gegen das Atomkraftwerk Wyhl, 1974; Wüstenhagen, 1975). Entsprechend wiesen damalige Planungen z.B. im Breisgau  längs des Rheins große Industrieflächen aus u.a. bei Breisach im Rheinwald, zwischen Sasbach a.K. und Wyhl, kombiniert mit großen Kiesabbaugebieten, des weiteren breite Industrie- ntwicklungsachsen von Breisach bis Kirchzarten und von Sasbach bis Waldkirch (Wyhl-Buch II, S. 70).

Vorab sei dazu ein wichtiger Teilerfolg der Bürgerproteste gegen die Industrialisierungspläne vermerkt: Als direkte Folge des Kampfes gegen das Atomkraftwerk Wyhl und der damit verbundenen Offenburger Vereinbarung von 1976 wurde der Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 1979 um eine „Kaiserstuhl-Novelle“ ergänzt, welche die Industriealisierungsplanungen im Kaiserstuhl-Bereich deutlich abschwächt. Und in den späteren, auch ökologisch besseren Planungen des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein z.B. sind die Industrieflächen stark geschrumpft. (Wyhl-Buch II,1982, S. 76) Dasselbe drohende Muster und noch intensiver auf der anderen Rheinseite: in der Ebene, vor allem am Rhein Vorrang für die Industrie.

Im Elsass waren entlang der 183 km langen Rheinlinie 65 km Industriegebiet ausgewiesen, wovon seinerzeit (ca. 1974) erst rund ¼ belegt war. Im Elsass lockten dabei  die günstigeren Bedingungen: niedrigere Löhne, geringere Umweltauflagen, stärkere Finanzhilfen des Staates, billigere Grundstücke. Für das „Ruhrgebiet am Oberrhein“ auf elsässischer Seite standen folgende Schwerpunkte an (Jean 1976, nach Südwestfunk SWF 2.1.1975): Lauterburg (4 km 2), Straßburg (4,4 km2), Marckolsheim (9 km2), Neu-Breisach (5,5 km2 ), Namsheim/Balgau bei Fessenheim (6 km 2), Ottmarsheim (10 km2 ). Nur die Zone in Neu-Breisach war seinerzeit schon wesentlich belegt. Ein Drittel der elsässischen Rheinlandschaft würde Industriegebiet. Und das Regierungspräsidium Freiburg vermerkte 1974: Es seien „bereits zu viele grenznahe Betriebe und Projekte auf schweizerischer und französischer Seite in Betracht zu ziehen, wenn es um die Frage geht, ob umweltschädliche Auswirkungen auf deutsches Gebiet möglich sind“ (Jean 1976). Südlich von Fessenheim entstand bereits seit den 70erJahren längs des Rheins eine große Zone mit Schwerindustrie, die zeigt, wie eine „europäische Hauptwirtschaftsachse“ aussehen würde, samt der  damit verbundenen Luft- und Rheinverschmutzung. Ein Zeitsprung voraus: Waldsterben im Schwarzwald ab Anfang der 80erJahre – welche Ursachen? Und wie eine Kette würden sich längs des Oberrheins auf beiden Seiten Atomkraftwerke reihen: in Südbaden von Meißenheim über Wyhl und Breisach bis Schwörstadt (deutscherseits am Hochrhein bei Basel) und im Elsass von Lauterburg über Gerstheim, Marckolsheim bis Fessenheim, wo sich 1974 bei der „Explosion“ der Bürgerproteste schon zwei von bis zu sechs geplanten Reaktoren im Bau befanden. All dies war aus der Sicht aufwachender Winzer, Landwirte, BürgerInnen, Naturschützer und Heimatfreunde überhaupt kein Eldorado, sondern ein kommendes InfernoGemeinsame unwiderlegte Sorgen waren und sind die Gefahren der Atomenergie für das Leben und die Gesundheit der Menschen und für die Natur. Im Falle der umkämpften und verhinderten Atomkraftplanungen in Kaiseraugst/Schweiz bei Basel und in Breisach am Kaiserstuhl – desgleichen später bei Wyhl – kamen die befürchteten Auswirkungen von Kühlturmschwaden auf das Lokalklima hinzu, beim Kaiserstuhl eine Bedrohung für die Landwirtschaft und den Weinbau als Existenzgrundlage des großen bodenständigen Teils der Bevölkerung. Die Atomkraftwerke – mit Großindustrie und dem drohenden „Ruhrgebiet“ am Kaiserstuhl und Oberrhein im Gefolge – stellten eine Horrorvision dar für breite, nun engagiert protestierende Schichten der Bevölkerung der so schönen und fruchtbaren Landschaft am Oberrhein. Schon früh, zumeist um 1970, bildeten sich im Elsass grenzüberschreitende Zusammenarbeit suchende Umweltschutz-Vereinigungen wie
– „S.O.S. Plaine du Rhin“
– „Comité de Sauvegarde de Fessenheim et de la Plaine du Rhin » (CSFR, Bürgerinitiative zur Rettung von Fessenheim und der Rheinebene), gegründet 1970,
– AFRPN, schon 1965 als Naturschutzvereinigung gegründet, Vorläufer von Alsace Nature, heut bedeutender Umwelt- und Naturschutzverband im Elsass.
Auf der badischen Seite entstanden vor allem 1971 die ersten, ebenfalls für grenzüberschreitende Zusammenarbeit offene Umweltschutz-Vereinigungen, u.a.:
– „Freiburger Aktionsgemeinschaft gegen Umweltgefährdung durch Atomkraftwerke Breisach und Fessenheim“ (später „Aktionsgemeinschaft gegen Umweltgefährdung durch Atomkraftwerke e.V.“)
– „Oberrheinisches Komitee gegen Umweltgefährdung durch Atomkraftwerke“ von Winzern am Kaiserstuhl gegen das AKW Breisach
– „Aktion Umweltschutz e.V.“, ein wissenschaftlich-bürgerlicher moderner Umweltschutzverein und wichtiger Vorläufer des BUND e.V. in Baden-Württemberg, mit einer
– Hochschulgruppe kritisch zu Atomkraft arbeitender Studenten vor allem der Chemie,
– „Rheintalaktion“ (1972), ein Vorläufer des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU e.V.), mit Helmut Wüstenhagen als Vorkämpfer gegen Atomkraft an der Spitze (s.a. Wüstenhagen, 1976)

2. Zur Vorgeschichte: die Kämpfe um Kaiseraugst (CH), Fessenheim (F) und Breisach (D):

Der Widerstand gegen Atomkraft begann in der Region bereits um 1970
Der Widerstand gegen die Kette geplanter Atomkraftwerke am Ober- und Hochrhein begann schon Jahre vor „Wyhl“: Im Raum Basel braute sich seit 1969/70 massivster Protest gegen das geplante Atomkraftwerk Kaiseraugst zusammen. 1970 wird von aktiven Bürgern das „Nordwestschweizerische Aktionskomitee gegen das geplante Atomkraftwerk Kaiseraugst NWA“ gegründet, 1973 die Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst GAK, beide auch heute bestehend, mit Verbindungen in die Regional- und Bundespolitik. Großdemonstrationen mit badischer und elsässischer Beteiligung, die vorentscheidende Bauplatzbesetzung (1.4. bis 19.5.1975) und erfolgreiche Anti-Atom- und energiepolitische Gesetzesinitiativen in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft führen zum schrittweisen Rückzug der Betreiber und der Schweizer Bundesregierung. (Kaiseraugst 1975; Kaiseraugst, 1984; s.a. Wyhl-Buch II, 1982)
Die ersten beiden Reaktoren des Atomkraftwerks Fessenheim/Elsass wurden 1971 genehmigt. Es kommt ebenfalls 1971 im April zur ersten größeren Demonstration auf dem Rheindamm bei Fessenheim, vermutlich in Europa die erste große Demonstration gegen Atomkraft. Schon 1971 veröffentlichte die elsässische Umweltorganisation „Comité pour la Sauvegarde de Fessenheim et de la Plaine du Rhin“ (CSFR) die 60-seitige 2. Auflage der Broschüre „Fessenheim – vie ou mort de l´Alsace“ (Fessenheim – Leben oder Tod des Elsass). Im Mai 1972 führen oben genannte Organisationen mit beachtlicher Publizität die erste grenzüberschreitend gemeinsame europäische Großdemonstration gegen Atomkraft als Sternmarsch nach Fessenheim durch – mit 10 000 TeilnehmerInnen (Fessenheim, 1980a)
Der kurze, intensive und erfolgreiche Kampf 1971/72 gegen die vier bei Breisach/Burkheim  geplanten Atomreaktoren bereitete den späteren Widerstand gegen das AKW Wyhl und die Bleichemiefabrik in Marckolsheim vor. So wurden vor allem 1972 wichtige Erfahrungen gesammelt:
– 65 000 Unterschriften für den Sammeleinspruch,
– Traktorendemonstrationen mit bis zu 560 Traktoren,
– großangelegte, z.T. noch heute sichtbare Plakat- und Beschilderungsaktionen an Häusern und in den Weinbergen,
–  Ausnutzen des offiziellen Erörterungstermins für Proteste,
– Aktivwerden auch von Wissenschaftlern gegen das Atomkraftwerk, hier insbesondere zu Kühlturmauswirkungen,
– erste Protestparolen und Leitsätze aus der betroffenen Bevölkerung, die Geschichte machten wie „Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv“, und gegen Atomkraft angewandte neu-alemannische Dichtung wurden erfunden und demonstrativ vorgetragen.
– das Selbstbewußtsein der Menschen erwachte, zunächst vor allem am Kaiserstuhl.

Im richtigen Moment für Breisach – zu spät aber betreffend Fessenheim – kam dann die erwähnte erste grenzüberschreitend gemeinsame große Demonstration gegen Fessenheim Anfang Mai 1972, welche die Aktiven beiderseits des Rhein zusammenführte. Die seinerzeit in der Rheintalaktion zusammengeschlossenen deutschen und französischen Bürgerinitiativen trafen sich im Januar 1974 in Bad Dürkheim zu einer Tagung, die mit einem Positionspapier mit 16 Punkten die Kriterien der Ablehnung der Atomkraft und die gemeinsamen Forderungen zusammenfasste. Es wurde von aktiven BürgerInnen nachgewiesen, dass der Atomkraftausbau der Staaten am Ober- und Hochrhein ohne gegenseitige Planungsabstimmungen  durchgeführt wurde und dass hier die weltweit größte Konzentration von Atomkraftwerken drohte. (Wüstenhagen, 1975, S. 26ff).

Der Widerstand wurde alsbald von breiten Bevölkerungsschichten getragen. Winzer, Bauern, besorgte Eltern, Pfarrer, Ärzte, Wissenschaftler, Lehrer, Unternehmer, Christen, Natur -und Umweltschützer; insbesondere auch Frauen, Studierende und andere junge Menschen engagierten sich intensiv.

3. „Marckolsheim“ und „Wyhl“ und die Gründung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen

In dieser Situation wollten die Chemischen Werke München (CWM) in Marckolsheim  gegenüber von Sasbach am Kaiserstuhl ein Bleichemiewerk ansiedeln. Bereits die erste große Informationsveranstaltung der Gegner ist  grenzüberschreitend  bei den Hauptrednern: der Tierarzt M. Siegel, bald langjähriger Bürgermeister von Marckolsheim und der Mediziner Bühler aus Sasbach. Mehrere Tonnen Bleistaub würden jährlich verseuchend und krankmachend auf die Umgebung niederrieseln. Der Bleiskandal von Nordenham/Weser war frisch in Erinnerung.  Umweltverseuchungen aus aller Welt werden bekannt. Der Club of Rome hatte vor weiteren und wachsenden Umweltproblemen eindringlich gewarnt. – Der Gemeinderat Marckolsheim lehnt die Ansiedlung knapp ab. Der Präfekt in Straßburg genehmigt trotzdem. 2000 Menschen demonstrieren im Juli 1974, 100 Traktoren fahren auf.  Etwa gleichzeitig machen die schon bestehenden Umweltvereinigungen und zahlreiche neue Bürgerinitiativen mobil gegen das geplante Atomkraftwerk Wyhl: fast 100 000 Unterschriften für die Sammeleinwendung gegen das Atomkraftwerk. Der offizielle Erörterungstermin der Einwender mit dem Land Baden-Württemberg und den Betreibern im Juli 1974 in Wyhl scheitert aus Sicht der Atomkraftgegner. Die Bürgerinitiativen und ihre Aktiven verlassen unter massivem Protest demonstrativ den Saal. Die Landesregierung will das Projekt weiterhin durchboxen.

Die Gründung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und die «Erklärung der 21»
Am 25. August 1974 haben 21 Bürgerinitiativen – 11 aus Baden und 10 aus dem Elsass – anschließend an ihre gemeinsame große Demonstration in Wyhl gegen die Bleifabrik Marckolsheim und das Atomkraftwerk Wyhl im Gasthaus Fischerinsel in Weisweil, Nachbardorf von Wyhl, mit dem „Internationalen Komitee der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen“ die Föderation der 21 badischelsässischen Bürgerinitiativen gegründet und einen Ausschuss beauftragt, ein Manifest zu verfassen. Badischerseits hat Walter Mossmann federführend zu Wyhl den Text formuliert und danach etliche Tage lang bei den zahlreichen jeweiligen Wortführern der örtlichen Bürgerinitiativen am Kaiserstuhl sowie in Freiburg und im Elsass die Zustimmung eingeholt. Die Version zur Bleifabrik Marckolsheim analog zu „Wyhl“ hat Jean-Jacques Rettig (CSFR) verfasst und die Übersetzungen erstellt. (Mossmann, Walter, 2004)
Danach ging das bekannte zweisprachige grünfarbene Plakat mit der „Erklärung der 21 Bürgerinitiativen an die badisch-elsässische Bevölkerung“ in Druck und wurde ab Anfang September am Oberrhein, später auch überregional, breit verteilt und vielfach nachgedruckt. Am 28.9.84 erschien es als Anzeige in der Badischen Zeitung. Symmetrisch gegen das Atomkraftwerk Wyhl und das Bleiwerk Marckolsheim wird nach eindringlicher Begründung erklärt: „…Deshalb haben wir beschlossen, die vorgesehenen Bauplätze für das Atomkraftwerk Wyhl und das Bleiwerk in Marckolsheim gemeinsam zu besetzen, sobald dort mit dem Bau begonnen wird. Wir sind entschlossen, der Gewalt, die uns mit diesen Unternehmen angetan wird, solange passiven Widerstand entgegenzusetzen, bis die Regierungen zur Vernunft kommen.“  (Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen 1974: 1. Erklärung : Wyhl-Buch I, S. 239) Diese unmißverständliche Kampfansage an die Vorhaben und die Selbstermächtigung der Initiativen gegenüber den Regierungen mußte aus der Sicht der Betreiber bzw. der Behörden als schockierende Ungeheuerlichkeit, als Aufkündigung des Gehorsams gegenüber der Staatsgewalt gewertet werden. Ohne Gespür für die Belange der Betroffenen gibt es weiter grünes Licht für die Atomkraft-Betreiber. Aus der  Sicht der Bürgerinitiativen und ihrer Aktiven springt aber auch die Verzweiflung  ins Auge: Man sah aus der Erfahrung der vorangegangenen Jahre heraus keine andere Chance , die bedrohlichen Projekte zu verhindern. Man sah sich wie in einer schicksalhaften Tragödie gezwungen, das Angekündigte auf sich zu nehmen. Auch die Begründung  in der Erklärung weist eine selbstbewusste, kraftvolle, dramatische und zugleich bewundernswerte Sprache auf: Sie fasst die Erfahrungen und das Wissen der Initiativen konzentriert und zugespitzt zusammen und gipfelt in den Aussagen im Atom-Teil:
….weil wir nicht abwarten können bis die Katastrophe da ist
….weil wir nicht abwarten können, bis diese Illusionen explodieren (gemeint sind die Pro-Atom-Parolen und Illusionen der Betreiber und Regierungen zur Sicherheit der Atomkraft usw.)
…weil wir nicht dulden können, dass unser Recht derart missachtet wird und im Bleichemie-Teil: dass wir alle jetzt verantwortlich handeln und die Zukunft unserer Kinder verteidigen müssen. Die Aussagen im Atomteil nehmen beinahe prophetisch die Katastrophen von Harrisburg (1979), Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) vorweg. Die moralische Grundlage entspricht Menschenrechten, auf deutscher Seite speziell den Grundrechten auf Menschenwürde  (Art.1), hier gegenüber zu gefährlichen Technologien sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit  (Art. 2.2.) und Eigentum (Art. 14), hier der BürgerInnen. Vorweggenommen werden hier u.a. auch die Erklärung von Kardinal Höffner, 1979, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, zur Atomenergie und die spätere Erweiterung des deutschen Grundgesetzes für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen (Art. 20 a.). Vier Wochen nach der Gründung der Badisch-Elssässischen BIs wird der Bauplatz in Marckolsheim gut geplant grenzüberschreitend gemeinsam und zunächst auf Dauer besetzt. Zur Räumung bereitstehende Polizei wird nicht eingesetzt. Auf dem Platz wird ein Freundschaftshaus für die Besetzer errichtet – Der staatliche Präfekt lässt daraufhin zwei Rheinbrücken für Fahrzeuge aus dem Kreis Emmendingen sperren, um die Initiativen zu spalten. Südbadische Bauern und Umweltschützer besetzen daraufhin die Brücken zwecks völliger Sperrung und werden hierbei in Deutschland und Frankreich über die Presse national bekannt. Bei den Gemeinderatswahlen in Marckolsheim gewinnen die strikten Gegner des Bleiwerks. Die BürgerInnen müssen jedoch noch bis zum 25.2.1975 warten , zwei Tage nach der erfolgreichen Wiederbesetzung des Baugeländes in Wyhl, bis sie von der französischen Regierung aus Paris mehr als drei Monate alte Gerüchte schriftlich bestätigt erhalten, dass die Platzbesetzer auch die Hauptsache gewonnen haben: Das Bleichemiewerk wird nicht gebaut. Die Bauern säen nun Weizen auf dem Gelände an….
Das Freundschaftshaus  ist kein «Keltischer Holzrundbau», sondern exakt nach dem Modell eine Lappen-Jurte gebaut, wie sie die deutsche Jugendbewegung heute noch bei ihren Zeltlagern aufstellt. In der Praxis war > es in Marckolsheim 1974 und später in Wyhl 1975 <auf dem besetzten Plätzen so etwas wie «spontane Architektur» – zuerst das Feuer (Herbst, kalt), drumrum im Kreis die Leute (Platzbesetzung), hinter den Besetzern nach und nach Windschutz (Oktober…), zum Schluss das Dach (Herbstregen) mit Feuerloch (Herbst, kalt, s.o.). So einfach war das, wenn auch beispielgebend>.
Mossmann, 2004:

Heute kann man sich die ungeheure Dramatik  der damaligen Monate, ja Jahre, und die intensive körperliche und seelische Anspannung der vielen beteiligten BürgerInnen kaum vorstellen. Vor allem auch die Frage des zivilen Ungehorsams und gewaltfreien Widerstandes bei Platzbesetzungen und gegen die Staatsgewalt führte zu langen Diskussionen. Solange Fernex (CSFR, Ecologie et Survie, später MdEP der Verts) bewertete Marckolsheim  wie folgt (Fernex 1975, Jean 1976):
1. Weil es eine deutsche Firma  war, die hier Platz und Luft zur Verdünnung ihrer giftigen Emissionen suchte, konnten die Bürgerinitiativen die Platzbesetzung unter gemilderten Bedingungen durchführen – wie eine Generalprobe für Wyhl.
2. Das Wichtigste sei wohl die grenzüberschreitende Kooperation der Bevölkerung  gewesen. Der Erfolg schmiedete die vielfältige Front der Umweltschützer zusammen. Haupterkenntnis war, dass legale Mittel versagt hätten.
3. Ideologische Streitfragen linker Gruppen mussten hintenangestellt werden. Bauern und Bürger wachten politisch auf und durchschauten wirtschaftliche Zusammenhänge.
4. Die gewaltfreie Linie des Widerstandes bestätigte sich gegenseitig beim Erfahrungsaustausch mit der Larzac-Bewegung des Massif Central, die von wenigen Menschen (rund 100 Bauern) auf 190 000 anwuchs: mit den „Waffen“ Wahrheit, Gerechtigkeit und Mut statt Reichtum, Gewalt und Macht. – Parallel zum Elsass lief ein solcher Vorgang auch bei der Bevölkerung am Kaiserstuhl und Teilen der Bevölkerung im Breisgau ab.
5. Frauen  waren sehr aktiv als Demonstrantinnen und Platzbesetzer. Sie brachten Zeit, Mut und ihre Kinder mit. Sie brauchten in ihrer damaligen Situation anders als ihre Männer meist keine Angst vor dem Druck auf Arbeitplätze oder Betriebe zu haben.
6. Eine alemannische Demonstrations- und Volkskultur  brach plötzlich hervor, auf alten Wurzeln, nur jetzt als Instrument des Widerstandes anstelle von Nostalgie. Die Schranken der als künstlich  empfundenen Rhein-Grenze und der gesellschaftlichen Gruppen brachen. Sorgen, Wünsche, Ansichten wurden ausgetauscht, bevorzugt auf alemannisch, dem gemeinsamen Dialekt. Dichter und Sänger wurden zu den anstehenden Themen aktiv. Fast 50 Lieder, meist nach elsässischen Mustern, entstanden binnen eines Jahres von aktiven Umweltschützern, teils Liedermacher, teils Bauern oder Studenten. Der Naturschutzwart M. Schwörer aus Wyhl brachte es auf den Punkt in Marckolsheim: (übersetzt aus dem Alemannischen): „ich mein´ grad, etwas profitieren wir doch bei dem ganzen Krieg, der über uns geht . Wir sehen wieder einmal, dass wir zusammengehören,  …. mit unserer eigenen Sprache…., die sie in Paris nicht verstehen, die sie in Bonn nicht verstehen und die sie in München auch nicht verstehen.“ (in Jean, 1976) Der Elsässer André Weckmann fasste das kaum fassbare Geschehen in wenigen Zeilen zusammen und dichtete (Marckelse ist Marckolsheim)
En Marckelse hets aangefange , (…..)
en Marckelse han mer s guldene kalb gstoche,
en Marckelse han mer d demokratie entdeckt,
en Marckelse han mer d granze gesprangt (…..)

Anfang Oktober 1974 entstand von Walter Mossmann, zunächst unter dem Pseudonym Jos Fritz, einem Anführer im Bauernkrieg des 16. Jh., als Kampflied zu Marckolsheim und Wyhl die Ballade „Die Wacht am Rhein“. Schon dieser Titel und die entsprechende Stelle „ gemeinsam eine andere Wacht am Rhein“ in der ersten Strophe sind entscheidend und Symbol: Die bekannte Wochenzeitung Stern schrieb bald dazu über Marckolsheim eine große Reportage mit dem Titel „Die Wacht am Rhein“. Auch ein zweites Hauptlied gegen Großchemie und Atomkraft, das neu-alemannische „In Mueders Stübele“ – nach einem alten Bettlerlied – ist sich der ganz neu und anders kriegsähnlichen Situation bewusst: Der Begriff «Wacht am Rhein»  in Bezug auf die Rolle der Bürgerinitiativen wurde vom Schullehrer Gilg (PSU) aus Marckolsheim geprägt. Walter Mossmann hat <die geniale Idee dann u.a. mit dem Lied in den folgenden Jahren durch die Bundesrepublik Deutschland getragen.> (Mossmann, 2004 a) Heute und bei der „anderen“ Wacht am Rhein sind die Gegner der Region beiderseits des (südlichen) Oberrheins, die kriegerisch und oft quasi wie Besetzer die Region heimsuchten – nicht die Fürsten des Spät-Mittelalters, als „die Grenze zwischen oben und unten“ verlief, – nicht Habsburg/Österreich, – nicht Preußen wie 1848/49 als Zerstörer der badischen demokratischen Revolution, – nicht wie z.B. 1870/71 und später Frankreich bzw. Preußen/Deutschland. Sondern es sind umwelt-, heimat-, existenz- und  lebensbedrohende Industrien , hinter denen großes Kapital steht und die von den Regierungen begünstigt werden.  Aber etwa in Analogie zum frühen 16. Jahrhundert: Aktive, betroffene Teile der Bevölkerung beiderseits des Rheins, aus dem Elsass und aus Baden, wehren sich grenz- bzw. rheinüberschreitend gemeinsam. Man will sich nicht gegeneinander ausspielen lassen und weiß, dass Umweltverschmutzung und Atomgefahren an Grenzen und am Rhein nicht halt machen. Eine neue Art badisch-elsässischer Freundschaft entsteht . (Näheres siehe z.B. die Beiträge von W. Mossmann im „Wyhl-Buch I“, 1976) Der gesamte Block dieser Identität stiftenden Widerstandskultur  umfasste aber neben Liedern und Dichtung noch viel mehr: Filme, Fotos, Zeitungen wie „Was wir wollen“ und – in und um Wyhl – den „Umwelt-Boten“, Transparente, Aufkleber, Leserbriefe, Vorträge, Demonstrationen, Reden. Walter Mossmann dazu: „(wir) konsumieren … diese Kultur nicht mehr, die uns einschläfert, indem sie vorgibt, uns zu unterhalten und zu informieren. Wir machen unsere eigene Kultur.“ (in Jean, 1976) Was hierzu in Marckolsheim und Breisach begann, wurde beim weiteren Kampf gegen die Atomkraftwerke Fessenheim (in Betrieb ab 1977), Wyhl (geplant) fortgesetzt, erweitert 1977 durch das elsässische Piratenradio „Radio Verte Fessenheim (später legal als „Radio Dreyeckland“ aus Freiburg), vor allem aber durch die wandernde freie „Volkshochschule Wyhler Wald“  der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen (1975-1988) und durch ab 1976/77 beginnende Ansätze zu einer „Solar-Kultur“  in der Region (weiter siehe Teile 4 und 8). <Zwei Texte über Wyhl, die in der Anfangszeit überregional eine Rolle gespielt haben, sind: Geschrieben im Winter 1974, veröffentlicht April 1975.
«DIE BEVÖLKERUNG IST HELLWACH!»
Berlin, Kursbuch 39, vielfach nachgedruckt im In- und Ausland. – Ausschnitte daraus heute beim Deutschen Historischen Institut (Washington) unter «Schlüsseltexte des XX. Jahrhunderts». Außerdem über die Volkshochschule Wyhlerwald vom Dezember 1975.

 «DIE VOLKSHOCHSCHUL FÜRS VOLKSGEWUHL»  , in der Zeitschrift: «betrifft : erziehung», dann nachgedruckt unter dem Titel VOLKSHOCHSCHULE WYHLERWALD in: Freiheit zum Lernen, Dauber, Rowohlt 1976 (1977 in: éditions du Seuil,  «lutte antinucléaire et université populaire der Wyhlerwald», und  «La science sur le terrain, L’Université populaire de Wyhlerwald» in: ESPRIT, N.6 juin 1977. Sowie in: Arnoldo Mondadori Editore «L’università popolare di Wyhlerwald», Milano 1979. und:  FOLKHÖKSKOLAN WYHLERWALD , in: KRUT 6, Stockholm, 1978 etc. etc> (Mossmann 2004)

4. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und der lange Kampf um das Atomkraftwerk Wyhl

4.1. Eine Bauplatz-Besetzung macht Geschichte
Was war geschehen? Die Kernkraftwerk Süd, gemeinsame Betreibergesellschaft von Badenwerk/ Energieversorgung Schwaben EVS, und die Landesregierung waren 1972/73 vor dem massiven Protest der Kaiserstühler Bevölkerung gegen das bei Breisach geplante Atomkraftwerk zum einige Kilometer nördlich gelegenen Standort im Rheinauenwald bei Wyhl (sprich „Wiel“) ausgewichen. Fast 100 000 Unterschriften werden für Einwendungen gesammelt. Der Gemeinschaftseinspruch junger NaturwissenschaftlerInnen der Universität umfasst 111 Seiten. Im Gefolge wachsender Proteste und Enttäuschung über die aus Atomgegnersicht empörende Einseitigkeit der Landesregierung kommt es am 18.2.1975, einen Tag nach Baubeginn, d.h. Rodung eines Waldstücks im Rheinwald, zur dramatischen Zuspitzung, der ersten Wyhler Bauplatzbesetzung  durch einige hundert Personen aus der Region. Dies erfolgt wie in der ersten Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen (s.o.) von 1974 angekündigt. Zwei Tage später wird der Platz gegen den passiven Widerstand von 150 Besetzerinnen und  Besetzer polizeilich brutal geräumt und mit Panzerdraht umzäunt. 10 Elsässer sind unter den über 50 gezielt Festgenommenen. Am 23. Februar gelingt es anläßlich einer Großkundgebung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen mit über 20 000 Teilnehmern, den Bauplatz trotz polizeilicher Bewachung erneut und zunächst auf unbestimmte Zeit zu besetzen. Auch hierbei sind viele elsässische Bürgerinnen und Bürger mit großem persönlichen Einsatz wieder aktiv (dazu siehe Berichte im Wyhl-Buch I, 1976). Diese Geschehnisse sind in den „Wyhl-Büchern I und II “ (Wyhl, 1976, Wyhl, 1982) von über 30 bzw. 42 deutschen und französischen Autoren aus Reihen der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und in vieler weiterer Literatur ausführlich dargestellt (z.B.: Wüstenhagen, 1975; Gladitz 1976; Sternstein 1978). Wichtig ist auch, dass die Wyhl-Bücher kein Produkt politischer Resignation sind, sondern jeweils das Ende einer ersten Phase und den Beginn einer zweiten des Kampfes um Wyhl darstellen, mit dem Willen zu lernen und die Stärken und Schwächen zu kennen und weiterzukämpfen (siehe auch Vorwort im Wyhl-Buch I, 1976)

4.2. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zu beschreiben, ist ein „kühnes Unterfangen“, so schon der Stuttgarter Konfliktforscher Wolfgang Sternstein (in Wyhl-Buch I). Das gilt entsprechend auch für deren grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Viele ihrer Mitgliedsinitiativen waren für ihre Gegner kaum berechenbar und unfassbar. Das Bundesforschungsministerium setzte eigens Forscher des Batelle-Instituts zur Erkundung der Bürgerinitiativen an. Die folgenden Absätze greifen teilweise Sternsteins Ausführungen von 1976 und 1978 (Sternstein 1978) auf und ergänzen sie.
(1) Mit ihrer Entschlossenheit, das Atomkraftwerk Wyhl, ein Milliardenprojekt, und das Bleichemiewerk zu verhindern, mit ihrer Macht zu informieren , fast 100 000 Menschen zu Einwendungen und fast 30 000 Menschen in den Wyhler Wald zu moblisieren und dem „langen Atem“ vieler Menschen, sich jahrelang intensivst zu engagieren, sind die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen wie die nordwestschweizerischen Atomgegner ein neuer Faktor in der Atom- und Umweltkontroverse im Mitteleuropa.
(2) Mit Wyhl als Beispiel und Symbol  sowie den folgenden massiven Protesten gegen andere Standorte in Deutschland und anderswo stand die Atomenergiepolitik der Bundesrepublik, der Europäischen Gemeinschaft sowie anderer Staaten auf dem Spiel. „Wenn Wyhl Schule macht …“ wird das Land – in der bisherigen Form – „unregierbar“, nannte es die Landesregierung in Stuttgart für ihren Bereich. „Wyhl“ hat nicht nur badisch-elsässische oder baden-württembergische, sondern über Deutschland und Frankreich hinausgehende internationale Bedeutung (siehe auch Abschnitt 8)
(3) Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen umfassen schon bald nach ihrer Formierung mit der Erklärung der21 Initiativen vom August 1974 rund 50 Initiativen und Vereinigungen , die auch auf den weiteren gemeinsamen Erklärungen von 1976 und 1982 einzeln aufgeführt sind. Sie setz(t)en sich zusammen aus vier Arten von Gruppen
– die ländlichen in den Orten um Wyhl und vom Kaiserstuhl, die zahlreichsten,
– die elsässischen , ca. 14 teils örtliche, teils das ganze Elsass umfassende Organisationen,
– die ländlichen vom Schwarzwaldrand des nördlichen Breisgaus bis in die Ortenau/Offenburg
– die städtischen aus Freiburg, darunter „bürgerliche“ und mehrere studentische Initiativen.

(4) Die Bürgerinitiativen umfassten bzw. erreichten mit ihren Mitgliedern und Informationen so gut wie alle gesellschaftlichen Gruppen – eine wichtige Grundlage ihrer Stärke – darunter zunehmend auch viele Lokalpolitiker und heimlich manche Polizeiangehörigen sowie auch einige Juristen. An sozialer Herkunft und ursprünglicher Hauptmotivation der Aktiven kann man drei Gruppen unterscheiden:
– die Bauern und Winzer  sowie Handwerker der Region, jeweils mit ihren Frauen: Sie sind zunächst Standortgegner und fürchten um ihre berufliche Existenz wegen Kühlturmnebel und Industrieansiedlung und wollen ihre Heimat verteidigen.
– die Bürgerlichen und ArbeitnehmerInnen  (Lehrer, Apotheker, Ärzte, Pfarrer, Wissenschaftler, Angestellte, Arbeiter, Gewerkschafter u.a.). Sie können im weiteren Sinn als Umwelt- und Naturschützer bezeichnet werden. Sie warnen vor den Gefahren der Atomkraft und wollen die so schöne Landschaft am Kaiserstuhl und am Oberrhein erhalten. Viele sehen auch künftige Nachteile für Arbeitsplätze.
– die Jüngeren (meist Studierende, SchülerInnen, Lehrlinge, Arbeitslose, auch etliche KünstlerInnen und Medienschaffende): Sie sind oft eher links eingestellt. Ihnen geht es oft um mehr Demokratie, auch um Umweltschutz und teilweise auch um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen.

(5) Der gemeinsame Lernprozeß  dieser Gruppen und die gegenseitige (teilweise) Integration der verschiedenen Auffassungen sowie die weitgehende gegenseitige Prägung mit den Motiven der anderen Gruppe ist eine herausragende Leistung der Bürgerinitiativen und ihres gemeinsamen Kampfes. Es wurde trotz verbleibender Unterschiede und Differenzen eine weitgehende Aktionseinheit von Land -und Teilen der Stadtbevölkerung, von Intellektuellen und anderen Bevölkerungsschichten erreicht . Jede Gruppe bzw. Initiative wusste beinahe wie bei einem Organismus, mit welcher Maßnahme und mit welchen Begabungen sie beitragen konnte. Trotzdem gab es in einzelnen Initiativen, wie in Weisweil oder bei der (bürgerlichen) Aktion Umweltschutz in und um Freiburg sehr unterschiedliche Denkweisen. Und in Wyhl  selbst, einer armen Gemeinde, blieb die Bevölkerung nicht zuletzt aufgrund finanziellen Drucks von außen lange Jahre etwa 1:1 gespalten, oft quälend mitten durch Familien. Insgesamt aber konnten sich die Initiativen zumindest im Landkreis Emmendingen einer gewaltigen Mehrheit  in der Bevölkerung gegen das Atomkraftwerk sicher sein: 75 – 80% äußerten in Umfragen Ablehnung oder Bedenken. Noch höhere Werte (85%) wurden später auf elsässischer Seite bei Gerstheim bekannt. Und es wurde  renzüberschreitend zusammengearbeitet.

(6) Die Arbeitsweise  der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen bestand aus folgenden Kernpunkten:
1.
Beschaffung und Verbreitung von Informationen
Hierzu dienten neben Pressearbeit, Infoblättern, Plakaten, Informationsständen, Podiumsdiskussionen, Briefen, Vorträgen, Büchern, Fotos, Filmen usw. auch eigene oder nahestehende Publikationsorgane und Instrumente:
Der Umwelt-Bote der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen: ein über 18 Jahre hinweg in vielen Dörfern im und am Kaiserstuhl an alle Haushalte verteiltes Infoblatt zu aktuellen Fragen, das in wichtigen Situationen jeweils über 10 000 Menschen direkt erreichte. Es wurde in den ersten Jahren formell nicht von den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, sondern vom nahestehenden Regionalverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Südlicher Oberrhein e.V. herausgegeben. Der Umweltbote 40 zum Beispiel, vom April 1988 zu Tschernobyl und Fessenheim, erschien zweisprachig.
„Was wir wollen“
, erstellt aus Reihen nicht formell in die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen eingebundener Aktiver, eine aktuelle Zeitung (anfangs als Platzbesetzerzeitung), die über mehrere Jahre zu Marckolsheim, Wyhl, Fessenheim, Kaiseraugst, Heiteren, Gerstheim und aus aller Welt Berichte und Erfahrungen einbrachte.
Radio Verte Fessenheim  zunächst seit Juni 1977 illegal im Elsass, später als „Radio Dreyeckland“ legal in Freiburg,
– die Volkshochschule Wyhler Wald:  Sie wirkte am langfristigsten und auch außerhalb des Kaiserstühler Bereichs. Sie war aktiv von ihren ersten Veranstaltungen im April 1975 auf dem besetzten Platz in Wyhl bis 1988, mit 80 Vierwochenprogrammen und annähernd 600 Veranstaltungen am südlichen Oberrhein, davon allerdings nur einige im Elsass, dort vor allem bei Heiteren in den Monaten der Strommastbesetzung. Sie war kostenlos und wurde ehrenamtlich organisiert. Niemand erhielt Honorar. Die wandernde Volkshochschule Wyhler Wald war treffend gesagt ein „geistiges Kraftwerk“ gegen das geplante Atomkraftwerk. Sie bildete eine Grundlage für die Dauerhaftigkeit des Widerstandes. Sie wirkte als ein Kommunikations-, Informations- und Kulturzentrum  der Bürgerinitiativen. Ihre Themen waren äußerst vielfältig und aktuell angepasst sowie volksnah, wie es die 80 Vierwochenprogramme belegen: von Atomkraft bis zu Alternativen, von Umweltproblemen bis zu Sängertreffen (vgl. auch Mutz, 2002). Man konnte dabei auch Politiker wie Erhard Eppler sowie Atombefürworter als Referenten gewinnen. Besonders hohe Besucherzahlen, mehrere hundert, wurden bei Heimat- und kulturellen Veranstaltungen, Atomdiskussionen sowie Diskussionen mit Politikern erreicht. Alle Referenten, die aus unterschiedlichsten Kreisen, z.T. aus anderen Kontinenten (USA, Japan, Brasilien usw.) kamen, mussten sich bei den Veranstaltungen parteipolitisch neutral verhalten und sich oft intensivsten Diskussionen mit dem Publikum unterziehen. Die Rollenverteilung Referent-Lernende wurde vielfach aufgehoben zugunsten eines gemeinsamen Lernprozesses. Häufig berichtete die Presse ausführlich. Der sehr hohe Stellenwert der VHS Wyhler Wald für die Bewegung lässt sich kennzeichnen durch:
– hohen Sympathiewert und Attraktivität, Kontinuität,
– Anerkennung in der Öffentlichkeit als Gegengewicht zur Informationspolitik der Landesregierung und Atomkraftbetreiber,
– Bindeglied zwischen „Platz“ und Ortschaften, Schaffung eines Zusammengehörigkeitsgefühls,
– Aktualität in den Themen und Mitteilungen,
– schöpferische Tätigkeit als positiver Gegenpol zum „Verneinungsakt der Platzbesetzung“.

2. Demonstrationen und Kundgebungen  einschließlich z.B. Protestfahrten mit Traktoren,

3. Aktionen  wie Protesttelegramme, Unterschriftensammlungen usw.,

4. gewaltfreie direkte Aktionen: Bauplatzbesetzung, Sitz- und Straßenblockaden,

5. juristische Maßnahmen  wie Einzel- und Sammeleinsprüche, Klagen vor Gericht,

6. überparteilich-politische Maßnahmen: Wahlempfehlungen und „eigene“ Kandidaten.

(7) Die Organisationsstruktur der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen

Die Struktur der Mitglieder reichte von spontan gebildeten Initiativen bis zu formalen Vereinen. Viele waren nur örtliche, andere waren flächenhafte Organisationen. Das galt für die badische und die elsässische Seite. Parteiorganisationen waren ausgeschlossen. Formiert hatten sich die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen wie oben geschildert ab dem 25.8.1974 mit ihrem internationalen Komitee  als Gremium für Entscheidungen. Bei Abstimmungen erhielt jede Initiative ab Mai 1975 nur eine Stimme.
– Später ging man zur Delegiertenversammlung  über.
– Einladungen erfolgten alsbald durch die ehrenamtlich geführte Weisweiler Geschäftsstelle.
– Gewählt für Verhandlungen mit der Landesregierung Baden-Württembergs wurden eine fünfköpfige Verhandlungsdelegation, die begrenzte Kompetenzen erhielt, und eine 18köpfige erweiterte Verhandlungskommisssion
– Im Herbst 1975 wurde ein Arbeitsausschuß  (mit 2 elsässischen Mitgliedern) eingerichtet mit Aufgabe, das Internationale Komitee bzw. die Delegiertenversammlung zu unterstützen und die Arbeitskreise, d.h. die „Volkshochschule Wyhler Wald“, „Der Umwelt-Bote“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ (u.a: Pressesprecher) sowie die (Besetzer-)Zeitung „Was Wir Wollen“ zu koordinieren und ggf. Streit zu schlichten. Für die Platzbesetzung und – ab Beginn der Verhandlungen mit der Regierung – für die Platzbewachung wurden dörferweise Besetzerpläne aufgestellt, bei denen sich die benachbarten Elsässer beteiligten. Später, ab 1978, kamen weitere Arbeitskreise hinzu (siehe auch Teil 5):
– die Internationale Kontrollkommission zu Fessenheim (IKK),
– die von Freiburg aus koordinierte Arbeitsgruppe Fessenheim

(8) Die Erfahrungen und Lehren aus dem Wirken der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen sind zahlreich (im folgenden in Erweiterung von Ausführungen Sternsteins, Sternstein 1976, 1978). Zum einen ist die Einmaligkeit der Situation  zu beachten:
– der vorherige Kampf gegen die Atomkraftwerke Fessenheim und Breisach,
– der gerade zuvor eskalierte Kampf gegen das Bleichemiewerk Marckolsheim. Zum anderen war das Umfeld günstig:
– die Nachbarschaft Frankreichs mit seiner revolutionären Tradition,
– die eigene revolutionäre Tradition Badens (Bauernkrieg 1525, demokratische Revolution 1848),
– die anhand der Kämpfe verstärkt wiederentdeckte gemeinsame alemannische Identität im Dreiländereck bzw. Dreyeckland,
– die geplante, gefürchtete Industriealisierung im Oberrheingebiet,
– die um ihre wirtschaftliche Existenz (Landwirtschaft und Weinbau) und später verstärkt auch um Gesundheit und Leben besorgte einheimische Bevölkerung, von der erhebliche Teile ein fast unglaubliches Engagement und gegenseitige Mobilisierung und Solidarität zeigten,
– das große Potential an engagierten Wissenschaftlern an den oberrheinischen Universitäten, insbesondere in Freiburg, und die hierdurch erzielte auch wissenschaftliche Seriosität der Protestbewegung,
– der steigernde Einfluß der 1968er Protest-Ereignisse auf das Engagement vieler,
– das „brennende Interesse“, Erfahrungen anderer kennenzulernen und zu nutzen,
– das Interesse der Medien, auch wenn die eine oder andere Zeitung gelegentlich an saubere Berichterstattung erinnert werden musste, und die Medienkompetenzen der Bürgerinitiativen und ihres Umfeldes (u.a. des BUND-Vorläufers am südlichen Oberrhein, Aktion Umweltschutz e.V.),
– dichte Besiedlung, die Kontakte erleichterte,
– eine dichte Vereinsstruktur, z.B. in Weisweil mit 20 Vereinen bei ca. 1500 Erwachsenen,
– in den Dörfern weitgehend intakte Gemeinschaften,
– eine besonders schöne und verteidigenswerte Region. Und: ein orts- und regionalbezogenes demokratieverständnis  fast schweizerisch-alemannischer Art, das an sich auch im deutschen Grundgesetz im Artikel  20.2 „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ einen Ansatzpunkt hat. „Die Parteien wirken bei der politischen  Willensbildung des Volkes (Anmerkung: nur)…. mit“ (aus Art. 21.1). Die von bedrohlichen Planungen Betroffenen  wollten ohne eigene Zustimmung sich nicht beugen: „Nit allem sich neige, s´ Eige zeige“, hieß es in einer großen Zeitungsanzeige von aktiven Winzern und Handwerkern am 25.2.1975 in der Badischen Zeitung, in dem´sie ihren Austritt aus der CDU verkündeten. Entscheidende weitere Gründe für den großen Erfolg der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen waren nach Auffassung verschiedener Beobachter die drei Grundsätze:

Gewaltfreiheit, aber: bürgerlicher Ungehorsam bis hin zu illegalen Aktionen wie Platzbesetzung (nicht durch Vereine, sondern durch Einzelpersonen) als äußerste Mittel in bestimmten Situationen,
– Überparteilichkeit,  keine Parteipropaganda und kein Parteienstreit im Rahmen der Arbeit der Bürgerinitiativen,
Verbindlichkeit von Mehrheitsbeschlüssen , mit dem steten Versuch, Konsens zu erzielen und Kampfabstimmungen zu vermeiden. Als wesentlich sind auch folgende Prozesse anzuführen:
– intensives „Politisches Lernen“ aller Beteiligten,
– die Aktivierung von StaatsbürgerInnen,
– die Aufhebung der Trennung von Wissenschaft und Leben, von Theorie und Praxis,
– Erlernen von Toleranz und das Ertragen der Andersartigkeit anderer,
– der Abbau von Angst vor Regierenden und Behörden,
– Wachsamkeit und Aktion gegen Ausgespieltwerden unterschiedlicher Gruppen und gegen Spaltungsversuche seitens der Regierung und Betreiber,
– paralleles Beschreiten auch des Rechtsweges im Falle Wyhl,
– Aufzeigen von konstruktiven Alternativen zur Atomkraft,
– Wachsen eines Zusammengehörigkeits- und Gemeinschaftsgefühls und
der Rhein wurde nicht (mehr) als Grenze gesehen.
Kurz: Der Souverän war erwacht . Die Geschlossenheit des Widerstandes war beispielhaft, die Loyalität der von den Aktivisten der Region als Menschen wahrgenommen Polizei „schwindend“, die anders wiederum die Aktiven der Bürgerinitiativen überwiegend als seriöse BürgerInnen wahrnehmen konnte – ziemlich anders als bei vielen späteren Antiatomkämpfen in Norddeutschland und z.B. in Malville/Rhone.

4.3. Die „Offenburger Vereinbarung“ – ein Staatsvertrag

Die zweite Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen. Die Landesregierung versuchte, den illegalen Zustand des besetzten Bauplatzes angesichts der Stärke der Bürgerinitiativen schließlich durch Verhandlungen zu beenden. Die Bürgerinitiativen ließen sich unter dem Druck drohender polizeilicher Räumung und schwerer finanzieller Schadenersatzansprüche und Strafandrohungen gegen die Initiativen (800 Mio. DM) und Einzelpersonen (bis 0,5 Mio. DM) darauf ein und erklärten, dass der besetzte Bauplatz während der Verhandlungen verlassen, aber bewacht bleibe. In der sogenannten „ Offenburger Vereinbarung “ vom 31. Januar 1976 zwischen Land, Bürgerinitiativen und dem Betreiber Kernkraftwerk Süd KWS (100%ige Tochter des Badenwerk und der Energieversorgung Schwaben) wurde hauptsächlich vereinbart (siehe auch Wyhl-Bücher I und II):
– zu den wichtigsten strittigen Sachfragen werden zusätzliche unabhängige Gutachten eingeholt,
– die KWS verzichtet auf Schadenersatzansprüche, alle Strafverfahren werden eingestellt,
– die Bürgerinitiativen bekennen sich zur Gewaltlosigkeit und räumen den Bauplatz,
– die Bürgerinitiativen beschränken sich auf politischen Widerstand und den Rechtsweg,
– die Landesregierung behält sich die Entscheidung darüber vor, wann sie die Bedenken der Bevölkerung ausgeräumt sieht. Bei den Bürgerinitiativen waren die Verhandlungen und deren Ergebnis ziemlich umstritten. Geschichtlich war man sich auch einer gewissen Parallele zu den Offenburger Verträgen des Bauernkriegs von 1525 bewußt, die damals alsbald zur vernichtenden Niederlage der Bauern führten. Trotzdem nahmen sie die Vereinbarung mit großer Mehrheit an bei Enthaltung der elsässischen Initiativen und Gegenstimmen vor allem aus Reihen der städtischen Initiativen. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen setzten nun weiter auf politischen Druck und Information und traten 1976 u.a. mit ihrer Zweiten gemeinsamen Erklärung  an die Öffentlichkeit (wiedergegeben im Wyhl-Buch II):
– Man habe die Offenburger Vereinbarung nur akzeptiert in der Erwartung, dass die Regierung nicht wieder versucht, das Atomkraftwerk gegen den Willen der Bevölkerung  durchzusetzen.
– Widerlegt seien die Behauptungen der Atombefürworter zur Energiepolitik und zu Arbeitsplätzen.
– Nicht widerlegt seien die Gründe der Bürgerinitiativen gegen die Atomkraft.
– Die Bürgerinitiativen seien stärker geworden an Zahl und haben auch den Kampf gegen die Resignation gewonnen.
– Falls die Regierung die Bedenken der Bürgerinitiativen nicht respektiere, müssten sie Mittel und Wege finden,  sich und die Heimat zu schützen
– die Bevölkerung wird aufgerufen, den Rechtsweg  finanziell zu unterstützen, den die „Wyhl-Kläger“ stellvertretend für die BürgerInnen wahrnehmen. Nach einem Jahr Streit zwischen Land und Bürgerinitiativen um die Unabhängigkeit der Gutachter sowie um den Inhalt und die Unvollständigkeit der Gutachten im Gefolge der Offenburger Vereinbarung erklärte das Land im Dezember 1977 die Erfüllung  der Offenburger Vereinbarung. Die Bürgerinitiativen stellten die Nichterfüllung  der Offenburger Vereinbarung fest (Wyhl-Buch II, 1982). Voraussetzung für Ihre Annahme der „Offenburger Vereinbarung“ waren u.a. folgende die Grundsätze:
– Über Leben und Gesundheit kann man nicht verhandeln. Solange unsere Bedenken nicht ausgeräumt sind, darf das Atomkraftwerk nicht gebaut werden. Zu diesen Punkten sei auf die Anmerkungen zum Demokratieverständnis in Anschnitt 4.2. hingewiesen.

4.4. Der Rechtsweg – wichtige Rückendeckung, aber schließlich enttäuschend

Die dritte Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen Die wichtigen Erfolge der Wyhl-Kläger  1975 im Sofortverfahren vor dem Verwaltungsgericht Freiburg und der Sieg im März 1977 im Hauptsacheverfahren ebenfalls vor dem Verwaltungsgericht Freiburg gab den Bürgerinitiativen, für die stellvertretend einige Bürger klagten, jeweils  die erhoffte zeitliche Rückendeckung bis zum November 1981, der Niederlage im Hauptsacheverfahren  beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Während das Verwaltungsgericht Freiburg entsprechend den Darlegungen der Wyhl-Kläger und Ihrer Anwälte Sicherheit vor Reaktorkatastrophen und deswegen eine Berstsicherung für den Reaktordruckbehälter verlangte, versagten die höhere Instanz in Mannheim und das Bundesverwaltungsgericht aus Bürgerinitiativen-Sicht mit ihren abweisenden Urteilen Anfang und Mitte der 80er Jahre (siehe u.a. „Der Umwelt-Bote“ 30 und 35). Schließlich war doch nach Harrisburg (USA, 1979) und diversen Beinahe-Unfällen sowie mit der offiziellen Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke (Phase A, 1979; erst recht mit deren Phase B, 1989) erneut  dargestellt: Schwere Unfälle und Katastrophen bei Atomkraftwerken sind real möglich und können jederzeit beginnen. Eine Konsequenz: Der Atomkraftwerksbetrieb widerspricht den Grundrechten der BürgerInnen auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie auf Menschenwürde. Dies ergibt sich aufgrund der vorgenannten Fakten in Verbindung mit dem sogenannten Kalkar-Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom September 1978 zum damals in Bau befindlichen, nie fertig gestellten Atomkraftwerk des Typs „schneller Brüter“ in Kalkar/Niederrhein. Mit der auch finanziellen Solidarität vieler MitbürgerInnen, die den Klageweg per „Rechtsschutz-Bon“ unterstützten, und einiger Gemeinden um Wyhl konnte den Wyhl-Klägern die große finanzielle Last der hohen Prozesskosten abgenommen werden. Das Wyhl-Buch-II mit Anhang zum Mannheimer Urteil, erneute Großveranstaltungen in Sasbach im Januar 1982 und Aktionstage am Oberrhein vom 16. bis 18. Sept. 1982 von Marckolsheim über den Kaiserstuhl bis Kaiseraugst/Basel mit Kundgebung und „Beistandspakt “ am Rhein in Wyhl sind  Reaktionen auf die neue Lage. Und die „Dritte Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zu Wyhl„, beschlossen von ihren Delegierten am 2.4.1982 in Forchheim bei Wyhl stellt klar (wiedergegeben im separaten Anhang des Wyhl-Buchs II):  In Wyhl hat die Bevölkerung selber Geschichte gemacht; in Wyhl fällt die Entscheidung über unsere Zukunft. ….Von Wyhl ging eine demokratische Hoffnung aus und die Erkenntnis, dass die Menschen nicht zwangsläufig ihre Lebensgrundlagen zerstören müssen“ „… unser Lebensraum hört nicht an der Landesgrenze auf..“  …Deutsche, schweizerische und französische Betreiber machen überall in unserer Region nationalistische Propaganda, um dann ein AKW hinter das andere an den Oberrhein zu setzen.“ Die Initiativen verlangen die Stillegung des Atomkraftwerks Fessenheim  und würden ein Atomkraftwerk auch in Marckolsheim  gemeinsam verhindern. Im Falle Wyhl drohen die Initiativen der Landesregierung, sollte diese versuchen, den Bau gewaltsam durchzusetzen, mit äußerstem gewaltfreien Widerstand, ja mit Unregierbarkeit, z.B. mit Grenzblockaden von beiden Seiten. Und: „.. wir erklären, dass wir kein Recht haben, unseren Widerstand aufzugeben , wir tragen auch die Verantwortung für unsere Kinder….. wir haben einen langen Atem“. Die 3. Erklärung zu Wyhl hat Walter Mossmann für die Bürgerinitiativen  während der Dreharbeiten zum Wyhl-Film verfasst und in den Film eingebaut. Beschlossen wurde sie am 2.4.1982. <(…) schon Ende des Monats fand in Endingen am Kaiserstuhl im Pfauensaal die Premiere statt (27.4.1982): S’WESCHPENÄSCHT – DIE CHRONIK VON WYHL, zusammengebaut aus allen verfügbaren Materialien über die Anti-AKW-Bewegung am Oberrhein 1970 bis 1982 – Marckolsheim, Wyhl, Fessenheim, Kaiseraugst, Gerstheim, Heiteren,> (…): In der Folge gab es dann über 100 Aufführungen in der Region um Wyhl. (Mossmann, 2004; S’Weschpenäscht – die Chronik von Wyhl, 1982). Der Film zeigt auch, wie die Menschen am Kaiserstuhl mit ihrem Widerstand über sich hinaus wuchsen. 2010 anläßlich der Diskussionen in Deutschland um die Atomkraft-Laufzeitverlängerung und nach dem Unfall in Fukushima (2011) erlebte dieser Film in Freiburg und Region erneute Aufführungen vor altem und jungen Publikum.

4.5. Allmählicher weiterer Rückzug der Landesregierung und endgültiger Verzicht auf Wyhl

Der „lange Atem“ und die intensive weitere Informationsoffensive  der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, ab Anfang der 80er Jahre verstärkt zusammen mit der Landesgeschäftsstelle des im Gefolge von Wyhl besonders hier, aber auch landesweit stark gewachsenen Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Freiburg, führten 1982/83 zu Gemeinderatsmehrheiten  in nahezu allen Städten und Gemeinden des mittleren und nördlichen Breisgaus. Im Juni 1983, acht Jahre nach „Wyhl“, im 4. Anlauf nach intensiver Lobbyarbeit der Bürgerinitiativen und anderer, stimmte endlich auch der Gemeinderat von Freiburg i.Br. mit einer Stimme Mehrheit, der des Oberbürgermeisters Dr. Rolf Böhme, gegen das Atomkraftwerk Wyhl (Badische Zeitung, 29.6.1983), eine entfernte Analogie zum Bauernkrieg 1525? In Freiburg hatte sich zuvor eine von den dortigen Bürgerinitiativen erzwungene offizielle Bürgerversammlung nachdrücklich gegen das Atomkraftwerk  Wyhl ausgesprochen. Das Land zog sich in der Folge unter Ministerpräsident Lothar Späth schrittweise weiter von den Wyhl-Planungen zurück. Aber erst im Frühjahr 1994 wurde das bisherige Bauvorhaben der zwei Wyhl-Reaktoren endgültig eingestellt, später auch die Standortsicherung in der Landesplanung zurückgezogen, der Messmast abgebaut, das Gebiet auf Drängen der bürgerlichen und behördlichen Umwelt-und Naturschützer unter Naturschutz gestellt. Das Gelände gehört aber weiterhin den Betreibern, die es nicht rückverkaufen wollen, was die Bürgerinitiativen misstrauisch hält.

5. Fessenheim (II) und die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen: Breite Proteste und die Kontrollkommissionen

Der Wind wehe meist ins Badische, beruhigte ein Bürgermeister dem Vernehmen nach seine elsässischen MitbürgerInnen. Der Baubeginn der beiden Reaktoren am Rhein in Fessenheim/Elsass war Anfang 1971, die Inbetriebnahme 1977. Große Demonstrationen fanden seit Mai 1971 statt, 1972 ausdrücklich als grenzüberschreitender Protest , im Mai 1975 erstmalig als Veranstaltung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen. Die Klagen elsässischer Umweltschützern gingen 1978 verloren. Zuvor, im Herbst und Winter 1976/77 steigern die elsässischen Atomgegner ihre Anstrengungen nochmals erheblich. Eine große Koalition von Vereinigungen, Kommunalpolitikern und Persönlichkeiten fordert vor Inbetriebnahme die Erfüllung von vier „Grundgarantien„:
– eine unabhängige Kontrollkommission,
– die Veröffentlichung des Evakuierungsplans (Katastrophenplan),
– Alarmübungen,
– die Befragung der Bevölkerung.
Ein über dreiwöchiger Hungerstreik  von Atomkraftgegnern in Roggenhouse, darunter die spätere Europaabgeordnete Solange Fernex, erreicht zwar große Solidarität in der Bevölkerung, auch über das Elsass hinaus, aber in der Sache nur die Einsetzung der (nationalen) lokal-regionalen Kontrollkommission aus Generalräten, Bürgermeistern und Vertretern von elsässischen Bürgervereinigungen (siehe Wyhl-Buch II). Die Kommission besteht auch heute noch und stellt Fragen an die Werksleitung. Deren Antworten kommen in aller Regel spät und sind  ager. Die Kommission wurde um Vertreter vier deutscher Nachbargemeinden aus dem 5-km-Radius (Neuenburg, Hartheim, Bad Krozingen und Eschbach) und ab 2009 um Vertreter des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald sowie des Regierungspräsidiums Freiburg erweitert, tagt presseöffentlich. Sie wird umbenannt in CLIS, als Informationskommission, nicht primär zur Kontrolle. Der Katastrophenplan für die deutsche Seite wird den Bürgerinitiativen von Unbekannt in Teilen kopiert zugespielt und von ihnen, insbesondere von der Gewaltfreien Aktion Freiburg, im März 1977 in Freiburg unter den Augen der Staatsanwaltschaft der Öffentlichkeit vorgestellt und  kommentiert: Der Planinhalt ist katastrophal – er schützt sozusagen den Ablauf der Katastrophe (Fessenheim  980a). Die Behörden sind verärgert, Gespräche der Initiativen mit Landtag und Landesregierung in Stuttgart zum Thema erbringen nichts Wesentliches. Die Landesoberen wirken wie zuvor bei Wyhl parteiisch pro Atomkraft. Die überwiegend landeseigene Badenwerk AG hatte sich nämlich an den Baukosten von Fessenheim beteiligt und sich dadurch bei den beiden 900 MW-Blöcken Bezugsrechte in Höhe von insgesamt 300 MW (Megawatt) elektrischer Leistung gesichert. Weitere 300 MW gehen entsprechend in die Schweiz. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen bilden daher eine eigene ehrenamtliche Internationale Kontrollkomission (IKK). Sie soll politische und öffentliche Kontrolle bewirken, indem sie die ungelösten Probleme des Reaktorbetriebs in die Öffentlichkeit bringt. Der erste Fragenkatalog der IKK bleibt 1978 beiderseits des Rheins – bei der Werksleitung und bei Ministerpräsident Späth – in  der Sache völlig unbeantwortet. 1980 kann die IKK der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zusammen deren  Arbeitsgruppe Fessenheim und dem 1977 in Freiburg gegründeten Öko-Institut interne französische Unterlagen über Rissbildungen in wichtigsten Reaktorbauteilen dokumentieren und öffentlich vorstellen Risse in Fessenheim , Fessenheim 1980 b). Die Risse-Thematik dominiert zwar zeitweise die öffentliche Diskussion zu Fessenheim in den Folgejahren, führt zwar zu Aktivitäten der Betreiber und der offiziellen deutsch-französischen Reaktorsicherheitskommission, aber nicht zur vorzeitigen Stillegung der Reaktoren. Es kommt in den Jahren ab 1977 auch auf badischer Seite zu breiten Protesten gegen den Betrieb des Atomkraftwerks Fessenheim (LehrerInnen, Ärztinnen und Ärzte, SchülerInnen usw.). Zahlreiche Vereinigungen aus dem Dreiländereck wollen zu Pfingsten 1981 eine sternförmige Radtour nach Colmar durchführen mit einer Abschlusskundgebung. Die Badener RadlerInnen werden von CRSPolizeieinheiten an der Grenze gestoppt, die gemeinsame Großdemonstration in Colmar ist verhindert. Die drei Grenzübergänge südlich von Kehl sind daraufhin von den Demonstranten blockiert. Das Echo in den Medien in Südbaden ist positiv für die Initiativen. Aber die Geschlossenheit des pronuklearen Establishments im Elsass, erst recht in Paris, ist noch nicht ernsthaft gestört. Weitere Pfingstaktionen der Bürgerinitiativen zuvor und in Folgejahren finden statt, können aber zu Fessenheim keine Stillegung erreichen. (Wyhl-Buch II, 1982). Das gilt vorerst auch für die Aktionen nach 2000, siehe unten und Abschnitte 7 und 8. Fachgespräche der Bürgerinitiativen zu Reaktorsicherheit sowie Katastrophenschutz  mit Vertretern der Bundesregierung, der deutschen Reaktorsicherheitskommission (RSK) und der Landesregierung führen zu den Einsichten:
– wenn die Bürger recht hätten, müßte das Atomprogramm gestoppt werden, so ein Bonner Staatssekretär
– die von der RSK propagierte Basissicherheit der Stähle beruht auf dem Prinzip Hoffnung
– „Bei schweren Reaktorunfällen können wir nichts machen“, so der für den Katastrophenschutz in Baden-Württemberg zuständige Staatssekretär. Trotzdem versuchen die Behörden beiderseits der Rheins bis zum heutigen Tag, d.h. bis März 2011, bis zur Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, als die Illusionen „sicherer westlicher  Atomkraft“ endgültig explodieren, immer wieder, die BürgerInnen mit Hochglanzbroschüren zum Katastrophenschutz zu beruhigen. Deren Inhalt brandmarken die Bürgerinitiativen mit einer Broschüre und viel verteilten Infoblättern mit dem Titel „Im Ernstfall hilflos“.  Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen lassen nun zwei Gutachten  erstellen zu den katastrophalen Folgen möglicher Unfälle in Fessenheim. Sie werden in Kurzform 1993 auch in „Der Umwelt-Bote“ Nr.43 veröffentlicht. Das extrem strahlenverseuchte Katastrophengebiet würde bei Südwestwind über Stuttgart hinaus bis etwa Nürnberg reichen. Offizielle französische Reaktorstudien, z.B. EPS 900 für die älteste Klasse der 900-Megawatt-Druckwasser-Reaktoren wie die in Fessenheim, ergaben ähnlich wie die offizielle deutsche Risikostudie Kernkraftwerke DRS das Eingeständnis der realen Möglichkeit, dass Reaktorkatastrophen stattfinden  können. Politik und Behörden beiderseits des Rheins versagen daraufhin erneut  bei ihrer Pflicht, die Bevölkerung vor solchen Gefahren zu schützen. Zur Fachtagung des BUND Baden-Württemberg, bei der die offiziellen Studien 1990 in der Katholischen Akademie in Freiburg vorgestellt werden, kommen sie nicht. Ein Teilerfolg waren Anzeichen, dass die Blöcke3 und 4 von Fessenheim nicht gebaut werden:
– EDF-Direktor Boiteux ließ verlauten, dass es ohne einen Minimalkonsens der deutschen Bevölkerung am Rhein, dem besten Standort (Kühlwasser!), nicht ginge (Der Umwelt-Bote Nr.40, 1988) – kannte er den Schwur von Gerstheim nicht mehr (siehe Teil 6)?
– Fessenheims damaliger Kraftwerksdirektor Bonnet erklärte, „Ich glaube nicht, dass die elsässische Bevölkerung mit dem Bau zweier zusätzlicher Blöcke in Fessenheim einverstanden wäre“ (Badische Zeitung 30.9.1988)
– Und der französische Staatspräsident Mitterand ließ den protestierenden Bürgermeistern des Markgräflerlandes (Region südlich Freiburgs) brieflich erklären, dass ein dritter und vierter Block nicht mehr vorgesehen sei (Badische Zeitung 3.12.1988). Aktive der Bürgerinitiativen fürchten aber, die EDF könnte eines Jahres als Ersatz für die bisherigen Reaktoren einen neuen Antrag für einen sogenannten Euro-Reaktor (EPR, European Power Reactor) von Areva/Siemens) stellen, der in Westfrankreich bei Nantes/Le Carnet wegen zu großen Widerstands der Bevölkerung bisher nicht errichtet werden konnte. Der Rhein als Kühlwasser für die gewaltigen Abwärmemengen der Atomkraftwerke und das großen Baugelände in Fessenheim locken. Bei den bisher zwei einzigen EPR-Neubauten in Finnland und in der Normandie – nach von Frankreich und Deutschland (Bayern!) staatlich gestützten Festpreis-Billigangeboten – treten zu Lasten des Anbieters aufgrund technischer und Sicherheitsprobleme sowie zahlreicher billiger Subunternehmer-Auftragsvergaben extreme Verzögerungen und Kostensteigerungen auf. Die Aktivitäten der Bürgerinitiativen lassen in den Folgejahren zumindest vorübergehend nach. 2001 gelingt wieder eine große Demonstration in Colmar  für den Atomenergie-Ausstieg, zusammen mit dem neuen gesamtfranzösischen Anti-Atomnetzwerk Sortir du Nucleaire. Südbadische Atomgegner sind auch als Redner vertreten.

6. Erfolge und Misserfolg: Heitersheim, Schwörstadt, Gerstheim, Heiteren

Weitere weniger breit bekanntgewordene Brennpunkte des Widerstandes von BürgerInnen und Bürgerinitiativen gegen Atomkraft am südlichen Oberrhein sind die folgenden vier Orte: Heitersheim: Parallel zu Wyhl führt 1973-75 die Auseinandersetzung um die geplante Uran- und Plutoniumverarbeitungsfabrik („Brennelementefabrik“) der Babcock-Brown Boveri-Reaktor GmbH (BBR) in Heitersheim schließlich zum Abbruch des Projektes und zur Verlagerung in das Emsland aufgrund des dort geringeren Widerstandes (Heiterheim 1975). In Heitersheim war spätestens dann  das Projekt vor Ort strikt abgelehnt worden, als durch Bürgernachfrage bekannt wurde, dass die zunächst als Uran-Brennelementfabrik vorgestellte Anlage später auch Plutonium verarbeiten könnte oder sollte. Schwörstadt bei Lörrach, schon am Hochrhein gelegen: Gegen den dortigen Atomkraft-Standort wehrt ich die Bürgerinitiative AGUS Schwörstadt in Kooperation mit schweizerischen, badischen und elsässischen Bürgerinitiativen. Die Standortsicherung wird in den 90er Jahren vom Landtag in Stuttgart widerrufen.

Gerstheim 1977 – „ eine Bilderbuchplatzbesetzung“
Kaum ist der Messmast für den künftigen Atomkraft- und Urananreicherungs-Standort Erstein-Gerstheim südlich von Straßburg von der EDF errichtet, besetzen BürgerInnen von Gerstheim und umliegenden Gemeinden am 26.1.77 den Standort. Vier Tage später demonstrieren 5000 Atomgegner, darunter viele Südbadener . Die Platzbesetzer, überwiegend ältere Menschen, kommen aus 50 Gemeinden. Das Platzleben mit Freundschaftshaus und Veranstaltungen entwickelt sich wie 1974 in Marckolsheim und 1975 in Wyhl. 86% der Bevölkerung der örtlichen Umgebung sind gegen Atomkraft. Am 24.8.1977 verkündet das Organisations- und Verteidigungskomitee der Gerstheimer Platzbesetzung (CODSEG) nach Zusage des Abbaus des Messmastes seinen Sieg und das Verlassen  des Platzes. Zugleich erklären mehr als 60 VertreterInnen von Gemeinden und Vereinigungen der Umgebung und aus dem ganzen Unterelsass in Form ihres „Schwurs von Gerstheim “ auf französisch und deutsch,
– sich mit allen Mitteln, die man für gut halte, gegen alle weiteren Atomenergieplanungen  in Gerstheim und in der Rheinebene zu widersetzen,
– die Solidarität mit allen, die in Frankreich und jenseits dessen Grenzen gegen Atomenergie kämpfen,
– das Verlangen zum Stopp aller Nuklearprogramme und zum Erforschen der alternativen Energiequellen und der Energieeinsparung (s.a. Wyhl-Buch II, 1982).
Diese „Sprache“, deren Ausdrucksweise an die erste und zweite Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen (s.o., 1974/76) anknüpft, wurde von der Politik und der EDF ein Stück weit verstanden.

Heiteren 1977
Parallel zu Gerstheim findet seit März 1977 bei Heiteren nahe Fessenheim eine weitere Bauplatzbesetzung um einen halb fertigen riesigen Hochspannungsmast  statt. Er ist Teil der Leitung, die den Strom von Block II Richtung Paris transportieren soll. Weil der zuletzt noch sehr intensive Protest gegen Fessenheim nach der Inbetriebnahme des Blocks 1 im März 1977 geschwächt und in Fessenheim selbst und der nächsten Umgebung relativ schwach ist, beteiligen sich badische Besetzer aus gegenüberliegenden Ortschaften und aus Freiburg intensiv und übernehmen die Besetzung mittwochs. Nach Mitternacht am 13/14.7. führen 10 z.T. militärisch gekleidete Männer mit Molotowcocktails einen Brandanschlag auf das Freundschaftshaus und die Schlafstätten aus. Ein Freiburger muß bei schweren Verbrennungen fast mit dem Leben bezahlen. Es wird auch von der örtlichen Polizei vermutet, dass Schlägermilizen oder der staatliche Service d´Action Civic (SAC) in die Aktion verwickelt waren. Sprecher der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen erläutern, dass bei Heiteren und Fessenheim versucht wird, Elsässer und Badener zu spalten und alten Chauvinismus aufzuheizen. Die weitere Platzbesetzung wird wenig später von Polizeieinheiten brutal beendet. (Wyhl-Buch II und andere Dokumente)

7. Die „vierte“ (Europa-) Erklärung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen von 1991 und die ersten Wyhler Jahrestage

7.1. Die Europa-Erklärung

Zusammen mit rund 20 weiteren Umweltschutzvereinigungen und -verbänden aus dem Dreiländereck am südlichen Oberrhein gingen die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen 1991 mit einer vierten gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit. Diese Erklärung mit dem Titel Das Europa, das wir bekommen, ist nicht das Europa, das wir wollen. Die Umweltzerstörung im Dreyeckland, im Herzen Europas, geht weiter. schließt an die Schreckensvision eines möglichen „Ruhrgebietes am Oberrhein“ an vom Anfang der 70er Jahre. Sie zeigt die in den 20 vergangenen Jahren verhinderten gefährlichen Anlagen auf und solche, die nicht verhindert werden konnten oder in Planung sind. Die Erklärung wendet sich gegen das „Europa der Konzerne, ein Europa der Zerstörung, in dem die Menschen gegeneinander ausgespielt werden.“ Die Erklärung betont: „Ein Europa, das nur von Wirtschafts- und Wachstumsinteressen bestimmt wird, ein Europa, das kein Europa der Menschen und Regionen wird, kann langfristig keinen Bestand haben.“ Die Vereinigungen wollen weiter grenzüberschreitend Widerstand leisten gegen umweltzerstörende Großprojekte. Entgegen setzen Sie ihre Vision vom „Dreyeckland“ als das blühende Herz eines ökologischen Europas „.
Diese Erklärung fand laut Recherchen der Bürgerinitiativen in der elsässischen Presse keinerlei Echo, obwohl sie übersetzt wurde. Im Badischen und in der Nordwestschweiz gab es ein gutes Presse-Echo. Die Erklärung findet im Jahre 2001 eine gewisse Fortsetzung im Kooperations-Vertrag der Umweltverbände  am Oberrhein für den „Zukunftsfähigen Oberrhein“, weitere Entwicklungen siehe Teil 8.

7.2. Die Wyhler Jahrestag-Treffen 1995, 2000

Der Begleittext für die Veranstaltung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zum 20. Jahrestag  der ersten Wyhler Platzbesetzung reflektiert die erheblichen Erfolge der Bewegung von Wyhl über Kaiseraugst bis Gerstheim. Er analysiert die Stärken der Menschen der Bewegung vor 20 Jahren – u.a. Selbstvertrauen, Kompetenz, Unberechenbarkeit, Emotionalität, Zorn und Wut – und Veränderungen seitdem. 20 Jahre nach Wyhl gebe es eher mehr als weniger zu tun, die regionalen und weltweiten Umweltprobleme hätten trotz mancher Entschärfung massiv zugenommen. Das Ziel der Bürgerinitiativen sei weiterhin ein Dreyeckland, in dem nachhaltig und erdverträglich gelebt und gewirtschaftet werde (vgl. die Erklärung von 1991). Der Text der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen für die Veranstaltung in 2000 zum 25. Jahrestag der Wyhler Bauplatzbesetzung betont den weiter notwendigen Druck zur Stillegung der Atomkraftwerke „anderswo“, z.B. in Fessenheim, und den weiter notwendigen Druck von unten : „unser Druck“. Vor 25 Jahren habe man Nein zur Atomenergie, aber Ja zum Leben  gesagt. Die ökologischen Energiealternativen, damals Vision, seien heute „am Boomen „. Die Referenten kommen auch von Gorleben, aus Kaiseraugst bei Basel und natürlich aus dem Elsass.

8. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen im Rückblick und heute. Auswirkungen und Folgewirkungen

8.1. Unterstützung des Widerstandes bei Atomstandorten außerhalb der Region

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen betrieben keineswegs „Sankt-Florians-Politik“, was auch einer ihrer Wahlsprüche „Kein Atomkraftwerk in Wyhl und anderswo“  beweist. Vielmehr nahmen per langen Sonderzügen jeweils über 1000 ihrer „Mitglieder“ teil an den großen Anti-Atomdemonstrationen u.a. 1979 in Hannover und Bonn gegen die Atommüllpläne der Regierungen für Gorleben und gegen die Pro-Atompolitik der Bundesregierung. Vielfältige Kontakte und Wirkungen  bestanden bzw. bestehen zum Widerstand in anderen Atomregionen: u.a. am Hochrhein, Wackersdorf, Gorleben und im Ausland, insbesondere auch nach Japan (näheres siehe jeweils Wyhl-Buch II) mit bekannten Folgen auch für Freiburg mit zahlreichen Verbindungen nach und Besuchern aus Japan. Auch im Herbst 2010 beim Protest gegen die geplanten Laufzeitverlängerungen für Atomkraft in Deutschland gelingen wieder Sonderzüge aus Südbaden, diemal nach Biblis und nach Berlin. Keine St. Florianspolitik – das stimme, so Walter Mossmann: <Im Gegenteil: Wir haben ganz bewusst von Anfang an missioniert. Ich war z.B. (als «Bote von Wyhl») bei der ersten Demo in Brokdorf (30.10.1976. Grußadresse aus Wyhl, Rede und «Ballade von Seveso»), bei der ersten Demo in Gorleben (12. März 1977, Lieder und Text zusammen mit Heinz Brandt), aber auch bei allen Vorbereitungsveranstaltungen der Wiener AKW-Gegner wegen Zwentendorf (erstmals 13.11.1976). Andere überregional bekannte Missionare (Anm: der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen) waren seinerzeit vor allem Belz, Karl Meyer (Bottingen) , Lore Haag (Weisweil).> (Mossmann 2004). Die drei genannten Aktiven sind leider schon verstorben: Belz, d.h. Balthasar Ehret war Wirt der Fischerinsel in Weisweil, Gründungsgaststätte der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen. In Zwentendorf bei Wien stand das durch eine landesweite Volksabstimmung verhinderte betriebsfertige Atomkraftwerk Österreichs. 1988 kam im Rahmen einer von Freiburger Wyhl-Aktiven (u.a. federführend der Autor) koordinierten bundesweiten Aktion eine Delegation von VertreterInnen verschiedener vom Uranbergbau betroffener Ureinwohnervölker aus aller Welt in den Wyhler Wald und nach Weisweil. Hieraus  entstanden in den  Folgejahren eine Reihe weiterer oft international vernetzter Anti-Uranbergbau-Aktionen und Initiativen in Deutschland. Und: Der in Deutschland in 2000 beschlossene, viel zu langsame Atomenergieausstieg  geht in seinen Ursprüngen (mit) auf die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zurück.

8.2. Denk-Male

Das Interesse an den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen riß auch nach 2000 nicht ab. Ein neuer Anziehungspunkt ist seit 2000 der Gedenkstein Nai hämmer gsait“  der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen im Wyhler Wald am Parkplatz nahe der „Natorampe“ am Rhein, nun mit ausdrücklicher Zustimmung der Gemeinde und des Gemeinderats von Wyhl, wo sich seit den Atomkatastrophen von Harrisburg und Tschernobyl die früheren Spaltungen allmählich vermindert hatten. Viele deutsche Märchen enden mit „Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute“. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen haben da vorgesorgt: Sie haben zum Nachdenken, zur Erinnerung und für ihre weitere Wirkung selber „Denk-Male“ gesetzt:
– ihr Widerstand als Symbol und Beispiel für viele andere Atom-Standorte,
– ihre großen Erfolge: Marckolsheim, Wyhl, Gerstheim und weitere Wirkungen,
– ihr – ungenügender -Teilerfolg bei Fessenheim,
– ihre vier Erklärungen,
– die Offenburger Vereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg,
– die Wyhl-Bücher, die Filme und Fotos, die Lieder, Dichtung und Sprüche,
– die Aufkleber und Plakate, die Umwelt-Boten,
– die 80 Vierwochen-Programme der „Volkshochschule Wyhler Wald“,
– die vielen Ausgaben von „WasWirWollen“,
– die zahlreichen anderen Erklärungen und Tausende Einzeldokumente,
– seit 2000 den Gedenkstein „Nai hämmer gsait!“ im Wyhler Wald  nahe dem früheren Bauplatz.
– die Veränderung in den Köpfen und Herzen sehr vieler Menschen,
– die Überwindung der Rheingrenze und einen Anschub zum Abbau der Grenzen am Oberrhein. (Anmerkung: Löser, 2002)

Das Besondere der Badisch-Elsässischen  ist meiner Ansicht nach nicht die Tatsache, dass hier eher die «Bürgerlichen» das Bild bestimmten, sondern der föderative Charakter des ganzen Unternehmens. Das haben sie im Norden* nicht verstanden. Überall sonst haben sie eine hierarchische BI-Spitze installiert>, und es kam zu Machtkämpfen. (Mossmann 2004) * gemeint ist hier vor allem Norddeutschland. Die Bürgerinitiativen am Oberrhein haben viele Erfolge gehabt. Aber es kann auch noch alles vergebens sein , falls im Atomkraftwerk Fessenheim  oder auch bei entsprechenden Windrichtungen in den nordwestschweizerischen Atomkraftwerken und anderswo schwere Unfälle passieren. Besonders im ersteren Fällen könnte das gesamte Dreiländereck am südlichen Oberrhein samt angrenzenden Gebirgen Schwarzwald, Vogesen, Schweizer Jura unbewohnbar werden, mit Millionen Opfern.

8.3 Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen nach 2000 bis heute

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen bestehen auch heute  noch. Sie sind aber als solche deutlich weniger aktiv und strukturiert als in den „heißen“ 70er und 80er Jahren. Sie verfügten bis Anfang 2004 über eine ehrenamtlich betreute Geschäftsstelle und Pressesprecher. Sie finden weiter Interesse bei Besuchern aus aller Welt, bei der Geschichtsforschung. Viele ihrer ehemals Aktiven wirken in der Region oder anderswo in ihrem Sinne weiter. Andere, auch viele ihrer Aktiven haben wieder ein „normales“ Leben angenommen oder mussten dies tun aus diversen Rücksichtnahmegründen. Es entstanden ungezählte dauerhafte Freundschaften, auch bi- und trinational. Im Streit um die Sache oder auch wegen des enormen persönlichen Engagements vieler Beteiligter gab es aber auch manche menschliche Beziehungstragik. Und einige der vordersten MitkämpferInnen der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen sind inzwischen verstorben. Die Bürgerinitiativen gedenken ihrer. Lore Haag, die langjährige ehrenamtliche Leiterin der Geschäftsstelle der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen in Weisweil ist leider Anfang 2004 verstorben. Drei Jahrzehnte hat sie unermüdlich für die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen gewirkt und vor Ort und anderswo in der Welt und für aus vielen Ländern angereiste Interessenten die Kontakte wahrgenommen. Anläßlich der Trauerfeier in der Kirche in Weisweil trafen sich zahlreiche Aktive der Bürgerinitiativen aus der Region und von anderen Atomkraft-Standorten und berieten anschließend, wie sie die große entstandene Lücke schließen könnten.  Die Reaktivierung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen: Am 28. Juli 2004, 30 Jahre nach Gründung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, wurden bei einer Bürgerinitiativen-Versammlung von 24 Atomkraftgegnerinnen und -gegnern, darunter zwei langjährig Aktive aus dem Elsass, in Weisweil in der Gaststätte Fischerinsel am historischen Ort der Gründung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen von 1974 zunächst drei kommissarische Sprecher für ein neues Sprechergremium ohne Gegenstimme gewählt: Bernd Nößler, Wyhl, Erhard Schulz, Emmendingen, Heinz Siefritz, damals Umkirch (früher in Weisweil). Am 3. November 2004 wurden bei einer Folgeversammlung SprecherInnen aus dem Elsass hinzugewählt: Philippe Hugoniot, Biesheim, und Colette Marchal, Bouxwiller. Die beiden elsässischen SprecherInnen konnten aus persönlichen, beruflichen Gründen nur rund zwei, drei Jahre aktiv mitwirken. Als Aufgaben setzte man sich zunächst die Veranstaltungen zum 30 Jahrestag zu „Wyhl“, noch in 2004, das Archiv zu errichten, den Kampf gegen das Atomkraftwerk Fessenheim zu intensivieren und eine Internetpräsenz aufzubauen. Außerdem sollte eine Stromwechsel-Aktion initiiert werden, um die Atomstromfirmen auch über Kundenverlust anzugreifen. Als „föderales Dach“ mit dem bisherigen Namen „Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen“ (Associations Antinucléaires de Bade et d’Alsace) reaktivierten die Versammlungen einige schon früher vorhandene Strukturen; zunächst:
– die Versammlung der Initiativen und Aktiven
– den Sprecherkreis, siehe oben, auch mit der Funktion Pressearbeit
– einen Finanzausschuss
– und neu eine Archivgruppe.
Bald waren formlos wieder mehr als 12 Initiativen und Vereine – darunter einige große und einige neu gegründete, davon 3 aus dem Elsass, vertreten, mit wachsender Tendenz. Die zweisprachige Internetpräsenz www.badisch-elsaessische.net der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen besteht seit Herbst 2004. Sie enthält Presse- und historische Informationen sowie die aktuellen Kontakte der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen.

Das Archiv der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen in Weisweil gibt es seit dem 25.2.2005. Es befindet sich neben dem Heimatmuseum im Rathaus der Gemeinde Weisweil, Nachbargemeinde von Wyhl im Kreis Emmendingen. Es ist nach Terminvereinbarung geöffnet. Der Inhalt des Archivs wird nach und nach ergänzt und katalogisiert. Es enthält u.a. die Akten und Nachlässe mehrerer Wyhl-Kläger, Plakate, Infos, Bücher und Broschüren, die Schriften der Bürgerinitiativen und vieles andere. Kontakt unter www.badisch-elsaessische.net

Die Stiftung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen wurde errichtet als Stiftungsfonds bei der GLS Treuhand e.V., Bochum, um über Zuwendungen und Zustiftungen die Finanzkraft der Bürgerinitiativen insbesondere für die Aufklärung der Öffentlichkeit über die Gefahren der Atomenergie und über die Alternativen zu stärken. Mitbürgerinnen und Mitbürger sind eingeladen, sich steuerlich begünstigt mit Spenden oder Zustiftungen in den „Vermögensstock“ zu beteiligen (Konto und Kontakt: Stiftung, 2005)
2005: Veranstaltungen zum 30. Jahrestag der Besetzung des Wyhler Bauplatzes
Vom 25.-27.2.2005 fanden umfangreiche Veranstaltungen der Bürgerinitiativen statt zum 30. Jahrestag der Besetzung und Wiederbesetzung des Bauplatzes des Atomkraftwerks Wyhl. Zur Erinnerung:
Mo. 17.2.1975: Baubeginn
Di. 18.2.1975: erste Bauplatzbesetzung durch einige 100 Bürgerinnen und Bürger der Region
Do.20.2.1975: Räumung der Besetzung mit polizeilicher Gewalt
So. 23.2.1975: Große Demonstration und Wiederbesetzung des Bauplatzes
Am 25.2.2005 wurde das Archiv der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen  im Rathaus der Gemeinde Weisweil eröffnet mit zwei Lesungen und Diskussionen. Motto: „Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen machen Geschichte“. Universitätsforscher zur Widerstandsgeschichte gegen Atomkraft aus Sendai, Japan, hatten sich angesagt, sie nutzten als erste das Archiv als Studienort für mutiges Bürgerengagement. Bei der großen Jahrestag-Veranstaltung  am 26. Februar 2005 in der Weisweiler Rheinwaldhalle mit mehreren hundert Gästen gab es Berichte gegen das AKW Fessenheim, zurErdbebengefährdung, Tschernobyl und Stromwechsel u.a.. Kanadische Indianer berichten über die Gefahren des Uranbergbaus für ihren Lebensraum. 20 Vereine, Institutionen und Bürgerinitiativen von beiden Seiten des Rheins und stellten Informationsstände zum Gespräch und für Aktionen. Am Sonntag, 27. Februar 2005 fand nach dem Familiengottesdienst am Gedenkstein am Rhein in Wyhl (Nato-Rampe) eine gemeinsame Wanderung durch den Wyhler Rheinauewald statt, die zum ehemals besetzten Bauplatz führte.

Moderne Kreuzwege: Die Bürgerinitiativen mahnen anlässlich Tschernobyl und Fukushima: Zum 20. und 21. Jahrestag des Beginns der Atomkraftwerks-Katastrophe von Tschernobyl führten die Badisch-Elsässischen BIs im Bündnis zu der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (AKC) und vielen Einzelgemeinden jeweils eine mehrtägige spektakuläre Aktion mit vielen hundert TeilnehmerInnen und großem regionalen Presseecho durch. Um die Bevölkerung wieder wachzurütteln angesichts der fortdauernden Bedrohung durch Atomkraft, zog man mit dem etwa vier Meter hohen großen Holzkreuz aus dem Wyhler Wald, das früher von AKW-Befürwortern angebrannt worden war, von dort durch die Dörfer zunächst über 30 km bis nach Freiburg i.Br., ein Mahnmarsch als moderner Kreuzzug gegen Atomkraft. Am 27./28. April 2007 folgte ein ähnlich langer Mahnmarsch von Freiburg an die Rheinbrücke nahe dem Atomkraftwerk Fessenheim.
Zum 25. Tschernobyl-Jahrestag, wenige Wochen nach der Atomkatastrophe von Fukushima in Japan erreichten die Bürgerinitiativen zusammen mit dem ACK, dass das Kreuz aus dem Wyhler Wald im Rahmen eines großen ökumenischen Gedenkgottesdienstes für Opfer der Atomkraft am Ostermontag-Nachmittag im Freiburger Münster  geweiht wurde, dies auch unter Mitwirkung vieler Gäste aus der Ukraine. Erhard Schulz für die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen hielt dabei die Gedenkansprache. Nur ein, zwei Stunden zuvor hatten um die 5000 Deutsche und Franzosen auf der Rheinbrücke bei Breisach gegen Atomkraft demonstriert, weitere rund 15.000 auf anderen Rheinbrücken. Neben diesen „Leuchtturm-Veranstaltungen“ führten die Bürgerinitiativen auch nach 2004/5 in Weisweil und anderswo eine Reihe weiterer Informationsveranstaltungen in eigener Regie durch oder waren als Mitveranstalter aktiv. Bei einigen neuen der neuen Aktionen gegen das Atomkraftwerk Fessenheim wirkten sie mit, siehe folgender Abschnitt:

8.4 Neue Initiativen gegen das Atomkraftwerk Fessenheim

Trinationale Koordination zu Fessenheim
Mit großer Sorge blickten die Bürgerinitiativen auf das weiter in Betrieb, genauer gesagt häufig in gestörtem Betrieb befindliche Atomkraftwerk Fessenheim an der oberelsässischen Rheinseite. Am 1. Oktober 2004 wurde in Colmar/Elsass auf Initiative aus dem Elsass von alten und neuen Aktiven aus dem Elsass, Südbaden und der Nordwestschweiz die Trinationale Koordination gegen das Atomkraftwerk Fessenheim ins Leben gerufen, die sich monatlich bis zweimonatlich abwechselnd in den drei Regionen trifft. Als Sekretär wurde Philippe Hugoniot aus dem Sprecherkreis der Badisch-Elsässischen BIs gewählt. Später ging die Federführung über an den BUND-Regionalverband in Freiburg. Hugoniot konzipierte den Widerstand gegen das Atomkraftwerk als breite  Volksbewegung (siehe sein Konzept in: ECOtrinova, 2005). Dies wurde aber von den größeren meist mehrthematischen und im Elsaß teils von Staatsgeldern abhängigen Umweltverbänden nicht ausreichend aufgegriffen, und die alten Anti-Atomkraft-Bürgerinitiativen waren aktuell nicht stark genug dafür. Dafür entstand Bewegung in der Lokalpolitik: Nach vielen neu bekannt gewordenen und weiter vorhandenen alten Mängeln und Gefahrenherden des Atomkraftwerks Fessenheim kam es 2004/5 deutscherseits am südlichen Oberrhein überraschenderweise zu einer Vielzahl kommunaler und kreisweiter Resolutionen pro Stillegung der Reaktoren. In Freiburg forderte der Gemeinderat im Mai 2004, erstaunlicherweise durch die CDU-Fraktion verschärft, die Bundesregierung einstimmig auf, sich für „eine sofortige Stilllegung des Kraftwerks in Verhandlungen mit der französischen Regierung“ einzusetzen. Leider wurde dies entwertet durch diplomatisch ausweichende Antworten des Bundesumweltministers und auf der Ebene des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald durch das Verhalten von CDU-Bürgermeistern, die anders als zuvor in ihren Gemeinden, wo sie deutliche Resolutionen mit trugen, mit der FDP eine sehr schwache, eher parteipolitisch gefärbte Resolution durchboxten. Anders und ganz konkret dagegen BürgerInnen und Bürgerinitiativen: uch Alain Foechterle, verstorbener Bürgermeister von Fessenheim, der 2001 in Colmar der überzeugenden Antiatom- und Energietagung elsässischer Umweltschutz- und Antiatomkraft-Verbände beiwohnte, hätte laut gut unterrichteten Kreisen lieber ein Gaskraftwerk, bei Erhalt von Arbeitsplätzen und Gewebesteuer. Zusammen mit einem rheinüberschreitenden Alternativenergiezentrum wären damit Ideen der Bürgerinitiativen teilweise aufgegriffen. Den ersten Punkt, ein hocheffizientes Erdgasheizkraftwerk als Ersatz für die Atomkraft am Standort Fessenheim, hatte der Verein CSFR, Elsässisches Mitglied der Badisch-Elsässischen BIs vorgeschlagen. Der zweite Punkt – 2000 von einer Freiburger Initiative kreiert – wurde 2005 von den Badisch- Elsässischen BIs übernommen. Die Idee wurde beim 1. Öko-Gipfel der Umweltvereine im neuen Eurodistrikt Freiburg-Colmar-Mulhouse von der Jury des Bürger- und Vereine-Wettbewerbs von ECOtrinova e.V. zu nachhaltiger Entwicklung im Eurodistrikt preisgekrönt: „ Neu Fessenheim“:  Das heißt, Fessenheims zwei Atomkraftblöcke stillegen, kein neues EPR-Atomkraftwerk (EPR: European Power Reaktor von Areva seinerzeit mit Siemens), sondern Produkte und Dienstleistungen für Energieeffizienz und Alternativenergien herstellen bzw. anbieten im Rahmen eines grenzüberschreitenden Informationszentrums und Gewerbegebiets. (ECOtrinova 2005) Grenzüberschreitende Kundgebung – Manifestation Transfrontalière – Tour de Fessenheim. Zum „Prolog“ der Tour de France anti-nucléaire am 24.4.2004:  kamen fast 3000 Menschen nach Fessenheim/Elsass, darunter mehrere hundert Badener per Rad, die zuvor schon in Breisach eine Kundgebung absolvierten, darunter sehr viele junge Menschen. Redner forderten die umgehende Stillegung der Reaktoren in Fessenheim wegen untragbarer Gefahren und den Ausbau der Energie-Alternativen. Sie wandten sich gegen Atomkraftneubauten und erinnerten an den Beginn der Atomreaktorkatastrophe in Tschernobyl 18 Jahre zuvor, von der auch die Region am Oberrhein hinsichtlich Strahlenverseuchung nicht unberührt blieb. Gemeinsam aufgerufen hatten CSFR, sortir du nucléaire (Netzwerk von 688 französischen Anti-Atom-Initiativen), Alsace Nature, BUND Regionalverband, Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg LNV, Eltern für atomfreie Zukunft Schönau/Schwarzwald, ECOtrinova, Nordwestschweizer Aktionskomitee gegen Atomkraftwerke und viele andere. (Info in Dwww.bund-freiburg.de). Die Aktion veranlaßte Schülerinnen aus Breisach zu einem Rockkonzert gegen Atomkraft in Breisach im Dezember 2004. Das mittelschwere Erdbeben bei Waldkirch/Schwarzwald Anfang Dezember 2004 erbrachte zusammen mit den neueren Erkenntnissen französischer Behörden und Forscher zur Erdbebenunsicherheit der Reaktoren in Fessenheim und der Weigerung der kostenscheuen EDF, die erforderlichen teuren Umbauten vorzunehmen, die Bürgerinitiativen erneut dazu, im Januar 2005 auf der Basis fachlicher Expertise auch im Fernsehen akut warnen zu müssen. Im Elsass wurde es gesendet; der SWR gab einer Fasnachtssendung den Vorrang…. Die Bürger haben es begriffen, die Medien öfters, die hohe Politik und Kraftwerksbetreiber nicht, was die fünf elsässischen Umweltverbände, analog die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und viele Gemeinden am Oberrhein nicht erst seit dem 16.2.2004 fordern:
Fessenheim-Résolution 2004
Alsace Nature, Alter Alsace Energies, Consommation Logement et Cadre de Vie CLCV
Comite pour la Sauvegarde de Fessenheim et de la Paine du Rhin (CSFR )
Mouvement Rural de Jeunesse Chrétienne MRJC (….) nous demandons, avant qu’il ne soit trop tard, la fermeture définitive de la centrale nucléaire de Fessenheim et la mise en place d’un calendrier pour son démantèlement
Colmar, le 16 février 2004 Also : Endgültig stillegen, bevor es zu spät ist! Der nächste Unfall, der uns den „Rest“ gibt, könnte schon heute beginnen.

STOP Fessenheim – wichtige neue Bürgerinitiative im Elsass
Ende Januar 2005 hat sich im Elsass die Bürgerinitiative und Verein STOP Fessenheim gegründet, um die Arbeit der anderen Vereine (wie der seit 1970 bestehende CSFR) und Gruppen gegen das Atomkraftwerk Fessenheim zu ergänzen und durch Zusammenarbeit zu verstärken. Dies gelang: Ganz neu war das Eindringen in das elsässische politische Establishment, Teil der französischen die „Nukleokratie“, wozu parallel auch die im Elsass erstarkten Grünen (Les Verts) beitrugen: STOP Fessenheim erreichte es, im Laufe der ersten Monate über 100, bis Anfang 2011 an die 300 gewählte Politikerinnen und Politiker aus allen politischen Lagern, darunter zahlreiche Abgeordnete aller Ebenen sowie Bürgermeister, zur Unterzeichnung eines Feierlichen Appells an den Staatspräsidenten zu bewegen, und zwar für die sofortige Stillegung des Atomkraftwerks. Damit war ein Einbruch in das politische Kartell der Atomkraftbefürworter schließlich auch im Elsass erreicht. Und die Presse war dadurch offen für die Berichterstattung über die Arbeit der Bürgerinitiativen. Die große trinational angelegte Anti-Atomkraftdemonstration in Colmar am 3.Oktober 2009  wurde von der Stadt und von den Behörden nach Kräften unterdrückt. Man durfte nicht durch die Stadtmitte ziehen, diese war mit hohen Brettern quer über Straßen vernagelt. Trotzdem kamen um die  10.000 zum genehmigten Kundgebungsort beim Bahnhof am Stadtrand. Den deutschen TeilnehmerInnen wurde der  Rückweg Richtung Rhein zeitweise von Spezialpolizei-Einheiten provokativ versperrt. Schürte die elsässische Presse zuvor mit gemeinsam mit hoher Politik Angst vor den befürchteten Chaos-Demonstranten, so schüttete sie hinterher Spott aus über die Angst der Behörden und hohen Politikern vor den vielen Familien mit Kindern, die einen Großteil der Demonstranten stellten – ein moralischer Sieg der Bürgerinitiativen.

TRAS: trinationaler Atomschutzverband auf dem Rechtsweg –Kommunen aktiv gegen Atomkraft
In Anlehnung an die auch auf dem gerichtlichen Weg 1997 erstrittene endgültige Stillegung des französischen Superphénix, des großen schnellen Brutreaktors bei Creys-Malville an der Rhône westlich von Genf, kamen Antiatom-Vereine und -Bürgerinitiativen aus der Nordwestschweiz, dem Elsass und Südbaden überein, gegen das Atomkraftwerke Fessenheim erneut auch auf dem Rechtswege vorzugehen.

Sie gründeten am 17. Juni 2005 in Basel den Trinationalen Atomschutzverband TRAS ( französisch ATPN, Association trinational de protection nucléaire, www.atomschutzverband.ch). Federführend war hierbei der „alte“ und noch sehr mitgliederstarke Verein NWA (das Nordwestschweizerische Aktionskomitee gegen Atomkraft), der sich inzwischen mit Verwenden des alten Kürzels „Nie wieder Atomkraftwerke“ nannte. Mit Hilfe des Kantons Basel-Stadt und der kürzlich erwachten „kommunalen Bewegung“ deutscherseits am südlichen Oberrhein gelang es, durch Mitgliedschaften von zahlreichen Städten und Gemeinden, darunter auch Freiburg i.Br., Klagen mit einem renommierten französischen Anwaltbüro, das der früheren Umweltministerin Corinne Lepage, vorzubereiten und einzubringen. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen halfen in der Startphase von TRAS vor allem im Kreis Emmendingen wichtige Städte wie Waldkirch und zahlreiche Dörfer für den Beitritt zu TRAS zu gewinnen und sind bei TRAS Mitglied auf Gegenseitigkeit. Pikant: Aktive BürgerInnen mussten die Mitgliedsbeiträge der Stadt Freiburg trotz eines „Grünen“ Oberwürgermeisters zunächst teilweise übernehmen. Die Klage von TRAS beim Verwaltungsgericht in Strasbourg ging am 9. März 2011, nur zwei Tage vor dem Katastrophenbeginn im japanischen Fukushima, zunächst in den Hauptpunkten der Reaktorunsicherheit und zur Frage der Rechtskräftigkeit der Genehmigungen aus den 1970er Jahren verloren, indem das Gericht einfach die Meinung der EDF und der französischen Atomsicherheitsbehörde ASN übernahm, ohne technische Abklärungen im Detail vornehmen zu lassen. TRAS erklärte dazu (TRAS 2011): Die angebliche Erdbebensicherheit des Atomkraftwerks stützt sich damit nicht auf konkrete Befunde, sondern auf bloße Behauptungen des Betreibers EDF und der Aufsichtsbehörde ASN. Untersuchungen nach dem heutigen Stand der Technik, mit einer probabilistischen Methodik, wurden nicht durchgeführt. Ein Nachweis, dass Fessenheim vor einem starken Erdbeben geschützt ist, liegt damit konkret nicht vor. Er kann technisch auch nicht vom Kläger erbracht werden, wie dies vom Verwaltungsgericht unter Umkehr der Beweislast verlangt wird, sondern müsste von den Betreibern beigebracht werden….. Die Bandbreite möglicher Erdbeben, die am Standort Fessenheim zu erwarten sind, hat in keiner der heute vorliegenden Erdbebenexpertisen Eingang gefunden. Eine aktualisierte Risikoanalyse müsste zudem die Vorkommnisse in Fukushima berücksichtigen. Dazu gehört neben der Analyse der Gefährdung der laufenden Reaktoren auch die Analyse der Abklingbecken, die mit Plutonium und anderen Isotopen befrachtet sind. Viele weitere Fragen im Zusammenhang mit einem Bruch des Rheinseitenkanals wurden vom Gericht nicht ausreichend in Betracht gezogen.“ In Nebenpunkten, etwa zum Immissions- und Wasserrecht, konnten die Kläger punkten. Der Rechtsweg  wird in die Revisionsstufe gehen und auch auf EU-Ebene verfolgt, soll aber nicht das einzige Instrument des Kampfes der Bürgerinitiativen sein, sondern die Proteste und die überparteilich-politische Arbeit ergänzen. Eine Parallelität: Auch der Wyhl-Prozess beim Bundesverwaltungsgericht ging, dort aber endgültig, kurz vor Beginn des Atomkraftkatastrophe in Tschernobyl verloren – die Geschichte gab den Klägern recht. TRAS gehören zwar inzwischen (Sommer 2011) eine Mehrheit der deutschen Kommunen der Kreise Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen an sowie Freiburg i.Br. und seit Sommer 2011 nach Fukushima auch der CDU-dominierte Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald als solcher. Aber aufgrund politisch-finanziellen Drucks, auch aufgrund von Finanzzuweisungen der EDF an Kommunen im Großraum Fessenheim, sind es nur bis zu drei elsässische Kommunen. Dazu gehört Wattwiller mit dem Bürgermeister-Senator Jacques Muller, Partnergemeinde von Wasenweiler/Kaiserstuhl, ebenfalls TRASMitglied. Andererseits erreichte TRAS, dies im Gefolge der oben genannten Appell-Aktivitäten von STOP Fessenheim, dass wie in der Nordwestschweiz und am deutschen südlichen Oberrhein auch im Elsass jeweils über 40 Kommunen eine Erklärung unterzeichneten, in der die Stillegung des Atomkraftwerks Fessenheim gefordert wird. TRAS verlangt natürlich auch von der Schweizer Regierung, die dortigen Atomkraftwerke schnellstmöglich stillzulegen, die bis auf eine Ausnahme, Mühleberg bei Bern, alle in der  Nordwestschweiz liegen. Elsässische Städte und Parlamente für die Stillegung des AKW Fessenheim Nach Fukushima war es zwar immer noch ein gewisses Wunder, aber verständlicher, dass der Stadtrat von Strasbourg im Frühjahr 2011 fast einstimmig die sofortige Stillegung des AKW Fessenheim forderte, ähnlich die Stadtgemeinschaft Strasbourg aus 26 Kommunen. Auch die Parlamente (Generalratsversammlungen) des Unter- und Ober-Elsaß votierten in Richtung Stillegung, ebenso die benachbarte Region Franche-Compté um Besançon. Im elsässischen Regionalrat behaupteten sich dagegen noch die Atomkraftbefürworter. Und im trinationalen Oberrheinrat wagte man nach harter konsensorientierter Debatte, d.h. mit Rücksichtnahme auf Frankreich, leider nicht, offen die Linie von TRAS und der weit über 120 Städte und Kommunen zu übernehmen. Der Stillegungs-Schlüssel liegt in Paris, der bewegt sich aber nicht ohne massivsten Protest auf allen Ebenen. Die Stufe ist noch nicht ganz erreicht. Die französische Atombehörde ASN hat im Frühsommer 2011 zum Entsetzen der Bürgerinitiativen grünes Licht gegeben für weitere 10 Jahre Betrieb des Reaktors 1 von Fessenheim, jedoch unter kostenträchtigen Auflagen. Die Regierung in Paris will sich für den endgültigen Bescheid Zeit lassen bis November 2011, um Ergebnisse des so genannten EU-Stress-Tests für Atomkraftwerke für Fessenheim abzuwarten.. Der EU-Stress-Test enthält auf Drängen von Frankreich und Großbritannien wohlweislich keine Untersuchungen zu Flugzeugabstürzen und Terror und findet nur auf dem Papier statt.

8.5 Weitere Folgewirkungen und Nachwirkungen der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen am Oberrhein und anderswo

Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen haben in verschiedenen Schichten der Bevölkerung vor Ort und andereso über die „heißesten Jahre“ 1974-77 hinaus ein großes Potential an geistiger Energie und Folgewirkungen  freigesetzt. Hierzu eine Reihe von Informationen und Thesen:

(1) Am bekanntesten ist Wyhl als Vorbild und Beispiel für den Widerstand  gegen Atomenergieanlagen andernorts, nicht nur in Deutschland, etwa im Rahmen des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) und vieler Standortbürgerinitiativen von Gorleben/Niedersachsen bis Wackersdorf/Bayern, sondern auch international.

(2) Südbadische Bürgerinitiativen und erste Energiewende-Ansätze im Elsass Im Gefolge der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen wirkten von 1986 nach der Tschernobyl-Atomreaktorkatastrophe bis 2001 die Südbadischen Bürgerinitiativen  mit Schwerpunkt im Markgräflerland, d.h. südlich von Freiburg i.Br.. Diese führten zweimal jährlich grenzüberschreitende   Sitzungen mit den elsässischen Umweltgruppen Alsace Nature und CSFR  durch zu regionalen, auch grenzüberschreitenden Themen des Umweltschutzes, teils auch zum Atomkraftwerk Fessenheim.  Im Elsass ist der Verein CSFR (siehe Teil 1) weiter aktiv. AFRPN hat sich umbenannt zu Alsace Nature und weist über 150 assoziierte weitere Vereinigungen auf, darunter CSFR und die 1977 nach dem Hungerstreik gegen Fessenheim gegründete und bei Alsace Nature assoziierte Energiewende-Vereinigung Alter Alsace Energies . Letztere erzielte inzwischen erste Erfolge und ist bei Projekten Partner von entsprechenden südbadischen und nordwestschweizerischen Vereinigungen. Für das Elsass wurde schon 1983 von der Organisation „ Projet Alter Alsace „, an der auch einige der elsässischen Partner der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen beteiligt waren, die  Studie  „Les Energies de l´Alsace“ veröffentlicht. Vorgeschlagen wurde eine Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien, ähnlich wie es schon 1978 von den Wissenschaftlern der Groupe de Bellevue mit dem Projet Alter vergeblich für ganz Frankreich dargelegt wurde. Beide Ansätze wurden aber von der zentralistischen Pro-Atompolitik in Frankreich mehr als 20 Jahre fast völlig beiseite gedrängt.

(3) Neue Netzwerke und Projekte auf Bürgervereinsebene
Die hauptamtlich ausgestatteten großen Umwelt- und Naturschutzverbände der Region am Oberrhein haben inzwischen die Hauptarbeit bei der grenzüberschreitenden Kooperation der BürgerInnen im Natur- und Umweltschutzbereich übernommen. Sie führte zu einem Kooperationsvertrag von 2001 für das 5-Jahres-Projekt „ Zukunftsfähiger Oberrhein“ mit dem langfristigen Leitbild einer  Öko-Modellregion Oberrhein. Partner sind Alsace Nature, BUND und der nordwestschweizerische Verband BASNU. Die Zusammenarbeit ist allerdings gehemmt infolge der zunehmenden Sprachgrenze deutsch-französisch statt des Alemannischen als eine Grundlage der Verständigung und durch die bürokratischen Schwierigkeiten, Fördermittel für grenzüberschreitende Arbeit zu erhalten, insbesondere für kritische Arbeit, die nicht zu den Interessen der in der Region herrschenden Stromkonzerne passt. Zum Bereich Energiealternativen haben sich am Oberrhein ab 2002 weitere Netzwerke gebildet: Energie-3Regio heißt das Netzwerk von fast 30 Bürgervereinen und Initiativen, das am 14.3.2003 in Freiburg gegründet wurde, dies im Rahmen der „Begegnungen am Oberrhein/Rencontres du Rhin Supérieur“ als schmal EU-gefördertes Projekt „Initiative Energie TriRhena“, zunächst von 10 Vereinenaus dem Elsass, der Nordwestschweiz und Südbaden. Die Initiative kam von Georg Löser vom Stiftungsfonds ECO-Stiftung, die Trägerschaft liegt beim Förderverein Zukunftsenergien SolarRegio Kaiserstuhl aus Wyhl, vgl. Ziffer (8). Eine gemeinsame zweisprachige Deklaration fordert und nennt konkrete Schritte zur Energiewende am Oberrhein, fordert das Oberrheingebiet als Modellregion und den Atomenergieausstieg. Ein deutsch-französisches Energie-Wörterbuch, auch im Internet, hilft Sprachbarrieren abbauen. Am Netzwerk beteiligt sind auch sieben Vereine aus Reihen der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen und diese selber: www.energie-3regio.net. Die Deklaration wurde an die Regionalpolitik verbreitet und Ende 2006 von der offiziellen Deutsch-Französisch-Schweizerischen Oberrheinkonferenz  der Landes- bzw. Regionalregierungen in einer Resolution als Ziel „Modellregion“ für die Energiewende und Klimaschutz aufgegriffen, allerdings ohne den Atomenergieausstieg. Immerhin wurde dort die irrige Forderung nach Atomkraft für den Klimaschutz verhindert. Atomkraft ist nicht erwähnt, da strittiges Thema. Mehr siehe Abschnitte (9) und (10).

Agenda21-Netzwerk Energie und Wasser am Oberrhein
Ein weiteres, hier binationales Bürgervereins-Netzwerk zu Energie und Wasser/Gewässern wurde ab Anfang 2005 aufgebaut, gefördert im Rahmen des Landeswettbewerbs Baden-Württemberg für Agenda21-Projekte. Ziel ist, mit den Ideen aktiver BürgerInnen und ihrer Vereine Projektideen „von unten“ zu den Themen Energie sowie Gewässerschutz in den „Eurodistrikt Region Freiburg/Centre et Sud Alsace“ einzubringen, der von offizieller Seite geplant wurde. Die BürgerInnen und ihre Vereine hat man von offizieller Seite bisher nicht eingebunden, ein Fehler wie schon in den 70er Jahren. Und als weitere unangenehme Überraschung fehlt im Arbeitsprogramm des „offiziellen“ Eurodistrikts das Thema Energie und Klimaschutz, vom Atomausstieg oder dem Hauptproblem der Region, Atomkraftwerk Fessenheim, ganz zu schweigen. (ECOtrinova, 2005) Mit den ersten zwei rheinüberschreitenden Sonnen-Energie-Wegen im Eurodistrikt  gelang auf Bürgervereinsebene ein besonders schönes Folge-Projekt, initiiert von ECO-Stiftung und ECOtrinova unter Mitarbeit u.a. der Badisch-Elsässischen BIs, ebenfalls gefördert vom Landesumweltministerium beim Landeswettbewerb für Agenda21-Projekte. Die Wege stellen beiderseits des südlichen Oberrheins zwischen Schwarzwald- und Vogesenhöhen 51 besuchbare Vorbildstationen zur Energiewende in Wort und Bild zweisprachig vor (www.ecotrinova.de). Das Projekt gewann Umweltpreise der Stadt Freiburg 2011 und beim Wettbewerb Ideen-Initiative-Zukunft von DM-UNESCO 2010/2011.

(4) Der Einfluß auf die Parteien und Parteienlandschaft
In ihrer strikten Überparteilichkeit und durch die überparteiliche Mitwirkung vieler Parteimitglieder bei den Bürgerinitiativen haben die Bürgerinitiativen alle Parteien  in der Region intensiv beeinflusst. Beispielsweise haben die CDU Südbaden – mit ihrer Grünen Charta  – und die Junge Union Südbaden gerade im Bereich Energie den Bürgerinitiativen sowie den Umweltschutzverbänden relativ nahestehende Positionen, die deutlich von der CDU-Landespolitik abweichen. In der Region beiderseits der Oberrheins, bei Freiburg und im OberElsass entstanden wichtige Ursprünge und Hochburgen der modernen grünen parlamentarischen Bewegung bzw. Parteien Deutschlands und Frankreichs: hier für die Partei der Grünen (insbesondere ab der Europawahl 1979), dort zunächst für Ecologie et Survie (11% bei den Generalratswahlen 1976 im Elsass). Das Engagement der Ökologisten im Elsass  wirkte sich regionalistisch aus: regionale Selbstbestimmung und Aufklärung zum Schutz vor der profitorientierter Zerstörung des Lebensraumes. (Jean, 1976). Mit Solange Fernex kam aus den Reihen der elsässischen Bürgerinitiativen bald eine Europaabgeordnete, später folgten die MdEPs Winfried Telkämper und Josef Leinen aus Reihen der ehemals in der hiesigen Protestbewegung Mitwirkenden. Die grüne Partei in Deutschland wiederum stellt(e) für die Ökologiebewegung in vielen anderen Staaten ein Vorbild dar. Sie hatte und hat zusammen mit den Umweltverbänden deutlichen Einfluß auf die Positionierung anderer Parteien.

(5) Freiburg im Breisgau auf dem Weg zur Öko- und Solarhauptstadt, dank „Wyhl“
In Freiburg wurde 1977 das Öko-Institut e.V. mit Sitz in Freiburg gegründet, dies ausdrücklich mit Bezug auf den Streit um die Atomkraft, insbesondere Wyhl . Hier wurden die nationalen  Energiewende-Studien des Öko-Instituts herausgegeben (I, 1980) bzw. entwickelt (II, 1985). Seit 2006 hat das Öko-Institut seine Hauptgeschäftsstelle im Sonnenschiff der Solarsiedlung Freiburg, nebst weiteren Zentren in Darmstadt und Berlin. In Freiburg wurden (vom Autor dieser Schrift) von 1979 bis in die 90er Jahre maßgeblich bzw. federführend die bundesweiten Positionen und Studien des BUND in der 80er und 90er Jahren zu Energiefragen entwickelt. Freiburg weist mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme  FhG-ISE das zumindest europaweit größte Zentrum für Solarenergieforschung  auf. Dessen Gründer Professor Adolf Goetzberger führt als Motiv für die Institutsgründung in 1981 die Suche nach  lternativen zur Atomkraft und insbesondere auch „Wyhl“ an. In Freiburg fand nach 2000 bis 2007 mit der Intersolar  mit internationaler Ausrichtung die wichtigste deutsche und internationale Messe für Solarenergie statt, die ab 2008 wegen zu starken Wachstums nach München umzog und inzwischen weltweit Filialen erhielt in Kalifornien, China, Indien u.a., aber weiterhin von Freiburg (städtische Gesellschaft FWTM Freiburg Wirtschaft, Touristik, Messe) und Pforzheim (Solar Promotion GmbH) aus gemeinsam geführt wird. Dies ist als gewisse Fortsetzung der sehr publikumswirksamen Sasbacher Sonnentage von 1976-78  des BUND bzw. der Bürgerinitiativen und der daraus hervorgegangenen Umwelt- und Sonnenenergieausstellungen sowie ÖKO-Messen  des BUND Baden-Württemberg bis 2000 zu sehen. Die Sasbacher Sonnentage können zumindest für Europa als Mutter der „Umweltmessen “ und der Solartage vieler Gemeinden auch anderswo bezeichnet werden.

(6) Öko-Ausstellungen auch im Elsass
Der berühmte in 2011 schon 30. Foire ECObiologique, Rouffach, des Comité de la foire européenne, jährlich fünf Tage ab Himmelfahrt, die 3. Journées des Energies Renouvelables . St.Amarin, im Mai 2004 im Vallée Thur, veranstaltet von THUR Ecologie et Transports, unterstützt sowie der Salon Solaire Ville Illkirch-Graffenstaden ab 2004 und ab 2008 die Holz- und Energietage Natur’enVie im elsässischen Munster /Vogesen waren gut besucht. Sie sind direkt bzw. indirekt auf die Sasbacher Sonnentage von 1976-78, also auf die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zurückzuführen. Die populäre Rouffacher Veranstaltung überzeugte z.B. 2004 auch mit einem 5-tägigen Vortragsprogramm gegen Atomkraft und Verstrahlung, das in den Medien nationale Aufmerksamkeit erregte. Wegen ihrer Größe´wurde sie inzwischen nach Colmar in die Messehallen verlegt, hat aber ihren Öko-Charme behalten. Die Messe wird geleitet von mehreren Anti-Atomkraft-Ökowinzern, die auch in den elsässischen Antiatomkraftgruppen aktiv sind. Von diesen beteiligte sich z.B. Jean-Pierre Frick, Pfaffenheim, führend am 2011er Hungerstreik elsässischer  Atomkraftgegner in Colmar, der u.a. von der 2010 gegründeten Antiatomgruppe Freiburg solidarisch unterstützt wurde.

(7) Umwelt- und Solarhauptstadt Freiburg
Freiburg wurde als Folge der Arbeit der Bürgerinitiativen bzw. von „Wyhl“ ab Ende der 70erJahre national und bald auch international ein Mekka des Umweltschutzes und später deutsche Umwelthauptstadt“  Die Bürgermeister samt Oberbürgermeister erwähnen stets „Wyhl“, wenn es um die Freiburger Umwelt- und Energiegeschichte geht. Freiburg entwickelte Ende der 1990er Jahre das Markenzeichen „Solarregion Freiburg“ und war hiermit auf der  eltausstellung Expo 2000 in Hannover der einzige Aussteller ausschließlich zu erneuerbaren Energien. In Freiburg wurden eine Reihe sehr weitreichender Konzepte für solares Bauen entwickelt und demonstriert: zuerst das Freiburg- Tiengener Solarforschungshaus von 1978 (vom regionalen Arbeitskreis Sonnenhaus des BUND Baden-Württemberg mit der Sektion der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie DGS in Terminen mit den Bürgerinitiativen am Kaiserstuhl erstmals vorgeschlagen), das frühe energieautarke Haus des Fraunhofer-ISE in Freiburg auf der Haid, das sich mit der Sonne drehende Heliotrop genannte erste Plus-Energie-Solarhaus (mit jährlichem Primärenergie-Überschuß) von 1994, die Plus-Energiehäuser der Öko-Solarsiedlung Freiburg am Schlierberg. Freiburger Persönlichkeiten der Solararchitektur, hier als Vorreiter Rolf Disch, der Solarforschung, der Solarwirtschaft und praktischen Anwendung, manche von ihnen vormals aktiv gegen Atomkraft oder am Rande der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, erhielten zahlreiche überregionale Preise und hohe Anerkennungen. 2010 war die Solarsiedlung Freiburg mit Architekt Rold Disch sogar eingeladen zur Weltausstellung EXPO 2010 in Schanghai. Freiburg wurde wiederholt in der Solaren Bundesliga des Deutschen Umwelthilfe (DUH) e.V in der Klasse Großstädte Deutsche Solarhauptstadt, zuletzt 2004, in engem Zweikampf mit Ulm, das sich seit Jahren am Maßstab Freiburg mißt, also auch eine „Spätfolge“ von Wyhl. Auch die DUH selber kann u.a. „Enkelin von Wyhl“ nennen, da sie mit wesentlichen Aktivitäten aus Freiburg, nämlich u.a. vom dort durch Wyhl erstarkten BUND Landesverband Baden-Württemberg gegründet wurde. 2004 wurde Freiburg im bundesweiten DUH-Wettbewerb „Zukunftsfähige Kommune“ Sieger in der  Katagorie Städte, dies nicht zuletzt aufgrund der Anstrengungen zu Energiealternativen. Und 2004 erhielt Freiburg auch einen Deutschen Solarpreis von Eurosolar e.V., wobei die Förderung bürgerschaftlichen Engagements für die erneuerbaren Energien als Hauptgrund angeführt wurde. Auch Freiburg als deutsche Klimaschutz-Hauptstadt 2010 hat infolge obiger Leuchturmprojekte eine Teilursache in „Wyhl“. Quantitativ bisher wesentlich bedeutender sind bisher allerdings die in den letzten Jahren weiter gewachsenen Freiburger kommunalen, Industrie- und Universitätsheizkraftwerke, die gut die Hälfte des in Freiburg verbrauchten Stroms produzieren. Zusammen mit – nach unsäglichem Streit mit einigen übertreibenden Windkraftgegnern auch aus hohen Kreisen – 2 Prozent Strom aus Windkraft istein Großteil des vom Gemeinderat Freiburg vor 25 Jahren beschlossenen Atomenergieausstiegs vor Ort geschafft. Aber das AKW Fessenheim ist immer noch nicht stillgelegt. Ambitioniert war der Beschluß der Stadt in 2004, bis 2010 den Stromverbrauch in Freiburg insgesamt um 10 Prozent zu senken und den Anteil des in Freiburg produzierten Stroms aus erneuerbaren Energien von 3 bis 4 Prozent auf 10 Prozent   zu erhöhen. Beides wurde deutlich erfehlt, ersteres durch zu geringe Aktivitäten der Stadt, letzteres durch intensive Hemmnisse seitens der Landesregierung insbesondere gegen Windkraftausbau und Verzögerungen bei der Umstellung des Universitäts-Heizkraftwerks auf Holzpellets als Ersatz für teilweisen Kohle-Einsatz. Klar ist inzwischen: Ohne Umstellung der meisten Heizungen auf stromerzeugende Heizungen, d.h. auf Mini- und Mikro-Blockheizkraftwerke, wird der 100prozentige Atomkraftausstieg vor Ort in Freiburg nicht gelingen, und ohne Zusammenarbeit mit der Region nicht der Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien. In Freiburg siedelten sich zahlreiche Institutionen zu Umweltschutz und Energie  an. Beispiele, die in den Bürgerinitiativen und „Wyhl“ direkt oder indirekt ihren Ursprung haben, sind:
– die Landesgeschäftsstelle des BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland ab 1976,
– die Solarausstellungen und ÖKO-Messen des BUND von1980 bis 2000 als Folge der Sasbacher Sonnentage von 1976-78, s.o.,
– das ÖKO-Institut ab 1977, s.o,
– das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (FhG-ISE), s.o., 1981, In deren Gefolge wiederum gelangten nach Freiburg:
– der Internationale Rat für kommunale Umweltinitiativen (ICLEI) mit seinem Europasekretariat,
– die Internationale Gesellschaft für Sonnenenergie (ISES) mit ihrer Weltgeschäftsstelle,
– der deutsche Fachverband Solarenergie (DFS) einige Jahre lang,
– die Solarmesse Intersolar, s.o., bis 2007.

In Freiburg gibt es seit 1986 die erste Ökostation  in Deutschland, Vorbild für viele andere Umweltzentren, erstmals erstellt vom BUND (unter Mitarbeit des Autors). In Freiburg entstand unter führender Mitwirkung von Wyhl-Aktiven mit  dem Ökomedia-Institut  das erste ökologische Filmfestival, das sich viele Jahre im Geiste der Bürgerinitiativen und von „Wyhl“ intensiv mit Medien zu Atomenergie und Alternativen befasste und u.a. stark nach Japan ausstrahlte. Leider gibt es inzwischen bei den „alten“ Institutionen bedauerlichen Aderlaß:
– Die BUND-Landesgeschäftsstelle, 25 Jahre lang antiatom-aktiv auch für die Region, wurde nach hartem Ringen nach Stuttgart verlegt. Die selbstständige und antiatom-aktive Regionalgeschäftsstelle blieb aber erhalten.
– Die Solar- und Ökomessen des BUND, aus „Wyhl“, d.h. aus den Sasbacher Sonnentagen von 1976-78 hervorgegangen, sind nach 2000 in wesentlich kleinerer Form unter dem Namen Ecotrend nur für ein paar Jahre Teil der Jahresmesse der Messe Freiburg geworden.
– Der Deutsche Fachverband Solarenergie DFS ist nach Berlin verzogen, eine Folge der Wiedevereinigung.
– Der Messestandort für die Intersolar wanderte erfolgsbedingt nach München.
In Freiburg wurde der erste Umweltbürgermeister  in Deutschland eingesetzt. Sogar bei den Industrie-und Handelskammern ( IHKs)  übernahm die IHK Südlicher Oberrhein in Freiburg mit ihrem Geschäftsbereich Umwelt die Leitung für Umweltschutz sowie Energie für ganz Baden-Württemberg. Auch die Handwerkskammer  Freiburg besitzt das Umweltzentrum für alle Handwerkskammern in Baden-Württemberg. Seit 2002 hat Freiburg mit fast Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen auch den ersten „grünen“ Oberbürgermeister unter den deutschen Großstädten.

(8) Außenwirlungen und zweite Welle neuer Vereine in der Region – für die Energiewende
Auffällig ist, dass auf deutscher Seite, insbesondere in Freiburg, die Tätigkeiten vieler Institutionen, die der Folgewirkung von „Wyhl“ und den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen zugerechnet werden können (z.B. Öko-Institut, FhG-ISE, BUND-Landesgeschäftsstelle bis zu deren Verlagerung nach Stuttgart in 2000, ICLEI, zahlreiche mittelständische Dienstleistungsunternehmen), überwiegend „exportorientiert“ nach außerhalb der Region gerichtet sind und so zur Öko-Reputation Freiburg wesentlich beitragen. Diese Situation führte aber dazu, dass die Auswirkungen auf das tatsächliche Energie-Geschehen und den Energiemarkt in der Region, abgesehen von den großen Erfolgen gegen geplante Atomanlagen, in den 80er und 90er Jahren quantitativ überraschend gering blieben´ Daher bildeten sich nach 1990 neue Vereinigungen und Institutionen die überwiegend regional arbeiten: FAUST e.V. als Arbeitsgemeinschaft Freiburger Umweltinstitute (1992), seit 2002 umbenannt in ECOtrinova e.V., der Förderverein Energiespar- und Solaragentur Regio Freiburg fesa e.V. (1993), die Energieagentur Regio Freiburg, Fördervereine für erneuerbare Energien bzw. Zukunftsenergien im Dreisamtal östlich Freiburgs und in Wyhl vor allem für den Kreis Emmendingen samt Kaiserstuhl, weitere neue Energiewende-Bürgerinitiativen etwa in Freiburg und Waldkirch und z.B. der in der Region wirkende Stiftungsfonds ECO-Stiftung für Energie-Klima-Umwelt (2000, gegründet vom Autor dieses Beitrags). Mehrere dieser Organisationen, zu denen zeitweise die Basel Agency for Sustainable Energ (BASE) mit Regionalbüros in Freiburg und Straßburg hinzutrat, die aber noch am Anfang quantitativ wesentlicher Wirkungen stehen, wollen am südlichen Oberrhein eine atomkraftfreie Solarregion aufbauen, dies möglichst grenzüberschreitend. Die ECO-Stiftung hat mit Bürgerorganisationen aus dem Dreiländereck ab Mitte 2002 das bereits erläuterte Netzwerk Energie-3Regio  zu Energie- und Stromeinsparung sowie zu dezentraler Stromerzeugung gebildet, s.o., – dies als Beitrag zum Klimaschutz und zur Stillegung des Atomkraftwerks Fessenheim. Ziel ist eine europäische Umwelt- und Energie-Modellregion am südlichen Oberrhein.
Der 2001 als Folge von „Wyhl“ gegründete Förderverein Zukunftsenergien SolarRegio Kaiserstuhl  e.V.  in Wyhl hat unter Leitung von Klaus Bindner († 2007), Wyhl, und Mitaktiven die regionale Solarliga am Kaiserstuhl geschaffen und zahlreiche Bürgergemeinschafts-Solarkraftwerke bewirkt. In den Dörfern am nördlichen Kaiserstuhl sind hierdurch binnen ein, zwei Jahren über 2000 kW an Solarkraft in Betrieb genommen worden. Die Anti-Atomkraft-Gemeinde Weisweil mit ihren kaum über 2000 Einwohnern wurde 2004 in der Solarbundesliga bei Kommunen über 2000 Einwohner sogar Sieger in Baden-Württemberg: www.SolarRegio.de
Ende
2009 sind pro Einwohner 319 Watt Solarstromanlagen und 0,4 Quadratmeter Solarwärmeanlagen in Betrieb. (Förderverein, 2010) Der erzeugte Solarstrom erreicht etwa die Hälfte des jährlichen Gesamtverbrauchs der Einwohner. Der Förderverein will über verschiedene praktische Projekte wie Dritte-Welt-Klimaschutz-Schul-Projekt, Solarwettbewerb und Information die dringend notwendige Energiewende vom Bürger aus hin zu unerschöpflichen Energiequellen organisieren. Der Förderverein Energie- und Solaragentur Regio Freiburg (fesa e.V .) hat mit der separaten fesa GmbH ein Unternehmen für die weitere Umsetzung von Bürgergemeinschaftsprojekten zu  neuerbaren Energien geschaffen. Seit 1999 gibt fesa e.V. die informative Zeitschrift „Die Solarregion“ heraus. Mit dem neuen Nachrichtendienst „ ECOtrinova-Nachrichten  für Ökologie, nachhaltiges Wirtschaften, Region und ein ECOvalley am Oberrhein“ will der aus der Arbeitsgemeinschaft Freiburger Umweltinstitute, darunter einige bei den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen aktive Vereine und Personen bzw. infolge von „Wyhl“ entstandene Vereine wie das Öko-Institut e.V., hervorgegangene regionale Umweltschutzverband ECOtrinova e.V.  die ökologische Energiewende am Oberrhein auch grenzüberschreitend katalysieren. Oben genannte Projekte „Nachhaltigkeit rheinüberschreitend“ und „Sonnen-Energie-Wege“ sind erste wichtige Schritte dazu: www.ecotrinova.de.

(9) Der Einfluß auf die grenzüberschreitende Politik am Oberrhein
Festzustellen ist, dass die Politik beiderseits des Oberrheins durch die Ereignisse von 1974/75, insbesondere die Kämpfe um Wyhl, Marckolsheim und Kaiseraugst entscheidende Anstöße  erhielt, um die grenzüberschreitende Kooperation  zu intensivieren, die Planungen für Industrieansiedlungen zu reduzieren und zu modifizieren (siehe auch Teil 1: Kaiserstuhlnovelle) und die weiteren Atomkraftpläne zurückzustellen oder annullieren. Für die Regionalplanungen und die Neubildung von trinationalen Institutionen am Oberrhein zeigen das u.a.
– die Chronologie der Infobest-Beratungssstellen (www.infobest.org) für 1975/76 ff,
– das „Bonner Abkommen“ von 1975 zur Prüfung und Lösung von nachbarschaftlichen Fragen
– sowie Berichte in der Badischen Zeitung (15.9.1975und 7.5.1975): zum Beispiel die Bildung der Commission Tripartite Ende 1975/1976, Vorläuferin der Deutsch-Französisch-Schweizerischen Oberrheinkonferenz. Ausdrücklich wird in der Presse auf den starken Druck der Bevölkerung hingewiesen, der wesentlich zu dieser Entwicklung führte. Auch ist im Oberelsass Anfang 1975 als Folge der Proteste gegen Marckolsheim ein erstes deutliches Umdenken gegen überzogene Industriealisierung zu erkennen (Badische Zeitung 19.4.1975). Ähnliches berichtete Senator Daniel Hoeffel am 12.4.2002 bei einem Kolloquium „Deutsche und Franzosen im zusammenwachsenden Europa 1945-2000″ an der Universität Freiburg, und zwar für seine damalige Zeit bei der Industrie- und Handelskammer des Unterelsass. Allerdings ist eine im Vergleich zu damaligen Plänen sanftere, aber in der Fläche über die Jahre doch flächenfressende und ökologisch problematische Ausbreitung von Industrie und Gewerbe zu beobachten, z..T. am Rhein südlich Fessenheims, z.T. bei Marckolsheim, oft jedoch verteilt bei den Städten und Dörfern in der Rheinebene. Teilweise ist dies aber auch auf Verlagerung aus Ortschaftskernen an die Ortsränder bzw. in neue Gewerbegebiete zurückzuführen. Ein massiver Ausbau der regionalen und überregionalen Verkehrswege tritt hinzu. Der Hintergrund: Die Region liegt mitten in der Hauptentwicklungsachse der Europäischen Union „Blaue Banane“ genannt, die von London bis Mailand reicht. Der Druck auf die Region bleibt also bestehen. Und neue Risiken, etwa ein „als <Biovalley> getarntes „Gentechnik-Tal“ (BUND Regionalverband, 1996) am Oberrhein oder die weitere Konzentrierung der schweizerischen Atomwirtschaft am Hochrhein, mit Atommüll-Einrichtungen zusätzlich zu den Atomkraftwerken, treten hinzu zu alten, wie die hohe Erdbebengefährdung, die gefährliche Technologien in der Region eigentlich  völlig verbietet. – Der Einfluss der Bürgerinitiativen speziell auf die Energiepolitik wird im folgenden  Abschnitt näher erörtert.

(10) Energiepolitik und Energiewende am Oberrhein
In beiden Kantonen Basel Stadt und Land  konnte die Stimmbevölkerung die Politik schon seit den 70er Jahren per Volksabstimmungen direkt zwingen, weiterreichende Maßnahmen durchzuführen: z.B. die strikte Anti-Atomkraftpolitik (Beispiel: Kaiseraugst, 1984) sowie die Abgabe und Lenkungssteuer auf Strom. Die eine dient für Fördermittel, die andere wird sozial ausgleichend pro Kopf an die BürgerInnen im Kanton Basel Stadt ausgezahlt.
Lokal konnte außer in Basel zunächst nur in einigen wenigen Städten und Gemeinden vor allem in Südbaden eine ökologische Energiepolitik im Sinne der Bürgerinitiativen zumindest teilweise umgesetzt werden: so insbesondere in Freiburg, Schönau, Freiamt/Schwarzwald und in Waldkirch. In Freiburg gelang es bereits, den Atomstrombezug bis 2002 stark zu verringern und bis 2011 fast vollständig zu annullieren, dies in erster Linie durch neue, im übrigen energieeffiziente Heizkraftwerke und durch Wechsel der Vorlieferanten für den Rest. Schönau ist bundesweit bekannt durch die dortigen Stromrebellen und deren erfolgreichen Kampf um das Stromnetz nach Tschernobyl, Freiamt durch über 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien seit 2002, Waldkirch durch die per  ürgerinitiative Energiewende Waldkirch initiierten und 1998 gegründeten Stadtwerke. Der Anstoß für die angesprochenen Teilerfolge kam stets oder überwiegend aus der anti-atom-aktiven Bürgerschaft im Streit gegen widerstrebende Interessen aus der großen Stromwirtschaft und gegen Zögern bei der regionalen Stromwirtschaft. Auffällig ist, dass vor allem auf deutscher und französischer Seite die grenzüberschreitende Regionalpolitik bisher weit hinter den reellen Möglichkeiten für Umweltschutz und nachhaltige Energiewirtschaft zurückgeblieben ist. So gab es bis Ende 2006 ein konkretes gemeinsames Konzept für eine klare ökologische Energiewende hin zu Energieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbare Energien, keines für den Klimaschutz, keines für den Atomausstieg – eklatante, gefährliche Mängel . Als ein wesentlicher Grund hierfür anzunehmen ist der übergroße Einfluß der Stromkonzerne und der Energieabsatzwirtschaft insbesondere auf die nationale, Landes- und hiesige Regionalpolitik, anders als in den beiden Baseler Kantonen. Lediglich beim Leitbild der RegioTriRhena vom Mai 1998 wurde kurz, aber deutlich ausgeführt: „In der Energiepolitik ist eine Kehrtwende unabwendbar. Die Förderung von regenerativen nergiesystemen und der Aufbau dezentraler Versorgungskonzepte wie in Schönau müssen auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Ebenso wichtig ist, daß Energiesparmaßnahmen beim Neubau und der Sanierung von Gebäuden bevorzugt werden. Auch hier gilt: die einzelnen Länder müssen ihre Umweltrichtlinien aufeinander abstimmen.“ Eine Kurzstudie im Jahre 2000 für den Oberrheinrat kommt im Bereich Energie zu vergleichbaren Aussagen. Insbesondere seit 2001 gibt es vermehrt Anzeichen, dass über einzelne Städte und Gemeinden hinaus auch regional und triregional am Oberrhein von den offiziellen Gremien und Gebietskörperschaften die Energiewende konkreter angedacht wird, 30 Jahre zu spät, aber immerhin. Einige Beispiele:
– Die Region Alsace hat eine große Energiestudie mit Blick auf 2020 erstellen lassen, fördert, auch mit EU-Mitteln, Solaranlagen sowie energetische Biomassenutzung und hat seit 2010 nach dem Vorbild der Freiburger Solarsiedlung Plus-Energie-Bauweise als Ziel.
– Der Regionalverband Südlicher Oberrhein (Planungsverband für vier Kreise von Achern bis südlich von Müllheim) lässt in 2004/5 unter Leitung der Energieagentur Regio Freiburg eine relativ konkret  Umsetzungsorientierte Energie- und Klimaschutzstudie fertigen, die derzeit beste offizielle Initiative auf hiesiger regionaler Ebene.
– Politik, Kommunen und Energie-Unternehmen starten eine Reihe von Projekten zur tiefen Geothermie, um so künftig Strom und Wärme zu gewinnen. Auch der fesa e.V. aus Freiburg ist dazu aktiv. Die Hoffnungen werden aber arg gedämpft durch ein kleines Basler Erdbeben, ausgelöst durch Geothermie-Bohrungen in über 4 km Tiefe bei vorhandenen Spannungen im Grundgebirge. Derzeit sind nur Anlagen mit wenige Megawatt Strom- und Wärmeerzeugung in Betrieb bei Soultz-sous-Forêt im Unterelsass, bei Bruchsal und in der Südpfalz bei Landau.
– Über das EU-Programm InterregIIIA sind nach BASE, siehe Ziffer (14), weitere Energieprojekte in die zeitweise Förderung gelangt: Das neue BASE-Projekt RegioNER u.a. für Kommunen und Messebeteiligungen sowie das bei Trinationalen Umweltzentrum in Weil am Rhein angesiedelte Projekt Nachhaltiges Planen und Bauen am Oberrhein, u.a. mit einer trinationalen Energiekonferenz in Basel Anfang 2005. Einen auslandsorientierten, trinationalen Aufbau-Studiengang zu Energietechnik, Energieeffizienz, nachhaltiger Energieversorgung von Liegenschaften und Energiemanagement baute das Projekt Rhenergie unter Federführung der Fachhochschule Offenburg auf. Die offizielle, von den Regionalregierungen am südlichen und mittleren Oberrhein getragene Deutsch-Französisch-Schweizerische Oberrheinkonferenz  beschloss im September 2001, sozusagen 25 Jahre zu spät, aber immerhin, das Mandat seines Umweltausschusses auszuweiten auf erneuerbare Energien. Energie -und Stromeinsparung z.B. oder gar der Atomausstieg blieben dort außen vor. In ihrer Resolution vom Dezember 2006 will sie als Ziel eine „Modellregion“ für die Energiewende und Klimaschutz. Im Herbst 2010 wird ein trinationales Netzwerk Trion für Energiefac hleute eingerichtet. Dieses scheint aber die wesentlichen Punkte der Energiewende im Stromsektor, d.h. massives Stromsparen, Blockheizkraftwerke und mehr Strom aus erneuerbaren Energien als Kernpunkte begleitend zum Stillegen der Atomkraftwerke, kaum anzufassen, sondern konzentriert sich aufs Bauwesen. Indirekter Einfluß der Stromkonzerne auf Trion ist zu erkennen, erstens aufgrund genannter Ausklammerungen, zweitens weil enge Interessentenkreise sich für elektrische Wärmepumpen engagieren. Kommentar des Verfassers: Soweit so nett. Etwas Entscheidendes hinsichtlich Atomkraft ist dadurch aber nicht geschehen. Da helfen u.U. nur noch entsprechende und strenge EU-Richtlinien für Energieeinsparung und -effizienz beim Strom sparen sowie für viel mehr Strom aus erneuerbaren Energien und Kraftwärmekopplung, die Stillegung der Atomkraftwerke am Ober- und Hochrhein sowie hierfür Druck von unten, indem engagierte Bevölkerungskreise Einfluß auf die Politik nehmen. In Dänemark konnte durch den Umbau der Heizwärmeversorgung auf Kraftwärmekopplung bzw. Blockheizkraftwerke schon von 1987 bis 1995 die Stromversorgung auf über 50 Prozent Strom aus Kraftwärmekopplung umgesetzt werden, dies mit Unterstützung aus der Bürgerschaft und durch Gesetz. Auch die Region am südlichen Oberrhein besitzt eine derartige Chance auf teilweise Energieautonomie, zumal sie eine hohen Beitrag der Wasserkraft aus der Region an der Stromversorgung besitzt. Nach Fukushima und dem politischen Machtwechsel in Baden-Württemberg im März 2011 ist eine neue Lage entstanden:
– Das Land Baden-Württemberg einschließlich ihm unterstelltes Regierungspräsidium Freiburg interessieren sich ernsthafter für die Energiewende. Allerdings hat man die Kernpunkte Kraftwärmekopplung und Stromsparen bisher noch klein geschrieben bzw. unzureichend erkannt.
– Das Atomkraftwerk Philippsburg 1 bei Karlsruhe ist stillgelegt, auch die beiden Reaktoren weiter nördlich am Oberrhein in Biblis in Hessen.
– In Frankreich ist es auf politischer Ebene möglich geworden, über einen Atomkraftausstieg öffentlich nachzudenken, ohne politisch abgestraft zu werden.
– Die Schweiz hat einen Atomausstieg angekündigt, der aber noch weiteren Abstimmungen auch des Volkes unterliegt und in seiner Langsamkeit kaum zu übertreffen ist: ein Ausschleichen, was eigentlich Laufzeit-, treffender gesagt Gefahrzeitverlängerungen u.a. mehrerer uralter Reaktoren aus den 1970er Jahren gleichkommt. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen forderten angesichts der Atomkatastrophe von Fukushima am 12. März 2011 die  Landes- und Bundesregierung auf, nun endlich die von den im Bundestag vertretenen Parteien bereits nach der Atomreaktorkatastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 öffentlich gegebene Zusage zum Ausstieg aus der Atomenergie nach 25 Jahren zu vollziehen.(…) Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen fordern die Bürgerinnen und Bürger auf, keine Landtagskandidaten zu wählen, welche nun immer noch die Atomenergie protegieren und damit den Lebensraum für Mensch und Natur wissentlich gefährden.“ (Badisch-Elsässische 2011).

9. Fazit und Ausblick

In Marckolsheim und Wyhl und zu Fessenheim haben die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen mit ihrer grenzüberschreitenden Kooperation Geschichte gemacht. Sie haben im Ringen mit dem Staat und den Konzernen ein Stück kämpferischer „Demokratie von unten“ vorgelebt, das weltweite Beachtung fand und nicht nur am südlichen Oberrhein viele positive Folgewirkungen zeigt. Ihr teilweise sehr erfolgreicher Widerstand gegen Atomkraft und ihr Einsatz für Alternativen ist eng verflochten mit weiteren Anti-Atom- und Energie-Initiativen am Oberrhein. Dies wirkte und wirkt weiterhin als Vorbild in der Region, in Deutschland und in anderen Ländern. Einerseits kann zum Beispiel durch einen großen Atomenergieunfall in der trinationalen Region die Arbeit der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen in der Region weitgehend vergeblich werden. Andererseits aber kann als eine Spätfolge am Oberrhein – trotz des dortigen großen Entwicklungsdrucks auf diese zentrale Region der EU – immer noch eine europäische Modellregion für ökologische Energie und für die Entwicklung von Nachhaltigkeit entstehen. Dafür müssen jedoch die technischen, geistigen, gesellschaftlichen und politischen Potentiale von der regionalen Politik und den hiesigen Institutionen viel intensiver in dieser Richtung genutzt werden. Bei der offiziellen trinationalen Oberrheinkonferenz, und beim Oberrheinrat sind hierfür bisher nur zarte Ansätze erkennbar, umso mehr aber bei engagierten Teilen der Bürgerschaft und des Mittelstands sowie in inzwischen vielen Städten und Dörfern. Aus Erfahrung der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen sprechend, wird es nötig sein, dass aktive Teile der Bevölkerung und ihre Vereinigungen die Politik und Wirtschaft weiterhin anschieben und selber Verantwortung übernehmen.

Dr.rer.nat. Georg Löser, Gundelfingen/Freiburg i.Br., im April 2002, Februar 2005 und August 2011

Nachbemerkung:
Weil die sehr große Zahl berücksichtigenswerter Dokumente und Ereignisse und intensive eigene Erinnerung an viele aktive Jahre diesen Beitrag sprengen würden, muß die Darstellung des Themas notwendigerweise unvollständig, ausgewählt und deswegen unvermeidlich ein Stück weit subjektiv eingefärbt sein.

Anhang 1: Widmung und Danksagung
Dieser Beitrag ist den Mitstreiterinnen und Mitstreitern der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen gewidmet und allen, die sich für sie und ihre Ziele eingesetzt haben und für sie oder in ihrem Sinne weiterarbeiten. Besonders gedankt sei für freundlichen Rat bzw. Öffnung der Archive für die Fassung von 2002: Lore Haag († 2004; Geschäftsstelle der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, Weisweil), Erhard Schulz (vormals BUND-Landesgeschäftsführer, seit 2004 im Sprecherkreis der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen), dem Archiv für Soziale Bewegungen in Freiburg, Solange Fernex († 2007, vorm. MdEP, Alter Alsace Energies, CSFR), Axel Mayer und Jean-Paul Lacote (Aktion Umweltschutz e.V. – BUND Regionalverband), Dr. Frank Baum (vorm. langjährig aktiv für die VHS Wyhler Wald, Bürgerinitiative Umweltschutz Staufen). Dem Staatsarchiv Freiburg, insbesondere Dr. Kurt Hochstuhl und Dr. Martin Stingl, sei besonders gedankt für das Aufgreifen des Themas und die Ermutigung (2002), Walter Mossmann (Freiburg i.Br.) für die wertvollen Hinweise (2004) und Willi Baer (Laika-Verlag) für das nachhaltige Interesse an den Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen (2011), meiner Familie aber für die viele Geduld.

Georg Löser, im April 2002, Februar 2005 und August 2011

Anhang 2: zum Autor

Dr.rer.nat. Georg Löser, Diplomphysiker,
Jg. 1948, verheiratet, zwei Kinder. Physikstudium an der TU Clausthal, Universität Freiburg i.Br.
(Diplomphysiker) und University of Pennsylvania in Philadelphia (Fulbright-Stipendium).
Graduiertenstudium Biologie/Pflanzenphysiologie (Stipendium Evangelische Studienstiftung Villigst) an der Universität Freiburg i.Br. mit Promotion,
Seit 1972 ehrenamtlich aktiv in der Bürgerbewegung gegen Atomenergienutzung und pro Energiealternativen am südlichen Oberrhein und anderswo: u.a. bei der Hochschulgruppe der Aktion Umweltschutz e.V., Freiburg (1972-1978), als Student bei des ESG Freiburg, bei den Badisch- Elsässischen Bürgerinitiativen seit Beginn bis heute. 1978-2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter / wiss. Koordinator der BUND-Landesgeschäftsstelle in Freiburg i.Br. zu Energie und Umwelt.
Mitorganisator der Sasbacher Sonnentage 1976-78 und der Öko-Messen des BUND Baden-Württemberg bis 2000. 1980-1984 und 1989-2001 gewählter Leiter / Co-Leiter des Bundesarbeitskreises Energie sowie gewähltes Mitglied / stellv. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND / Friends of the Earth Germany); ab 1986 Mitglied der BUNDStrahlenkommission,
Seit 2000 Gründer und Leiter des Stiftungsfonds ECO-Stiftung für Energie-Klima-Umwelt bei der GLSTreuhand e.V., seit 2002 Vorsitzender von ECOtrinova e.V., Freiburg; vorm. Arbeitsgemeinschaft Freiburger Umweltinstitute e.V.,
Seit 2002 freiberuflicher Projektleiter und Autor, leitender Redakteur der ECOtrinova-Nachrichten für ein ECOvalley am Oberrhein, Leiter des Netzwerks „Energie-3Regio“ seit 2003, der Umweltbibliothek Freiburg (Archiv, seit 2003), 2006 Gründer und Leiter des Samstags-Forums Regio Freiburg kooperativ mit dem u-asta an der Universität Freiburg, Vereinen und Instituten, eine alternative Samstags- Universität und populärwissenschaftliches Wiederaufgreifen der VHS Wyhler Wald,
Seit 1977 Autor zahlreicher Broschüren Buch-, Sammelband- und Zeitschriftenbeiträge sowie Informationsblätter zu Energie und Umwelt, u.a.
– Sonnen-Energie-Fibeln des BUND Baden-Württemberg, Freiburg i.Br., 1977/78ff,
– BUND-Energiekonzept, 1983,
– „Der SuperGAU von Tschernobyl. Konsequenzen für Mensch, Natur und Umweltpolitik“, 1986, Hrsg.. BUND Baden-Württemberg;
– „Klimaschutz in Städten und Gemeinden – 41 vorbildliche kommunale Energieprojekte“, gefördert von Umweltbundesamt , Hrsg. BUND e.V., Bonn, 1992,
– „Grenzüberschreitende Kooperation am Oberrhein. Die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen“, in –
„Deutsche und Franzosen im zusammenwachsenden Europa“. Hrsg. Kurt Hochstuhl, Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Verlag W. Kohlkammer, Stuttgart, 2003,
– „Sonnen-Energie-Wege im Eurodistrikt“, Hrsg. ECOtrinova e.V., Freiburg i.Br., 2009.

Preise und Ehrungen:
1994 Europäischer Solarpreis (D) von Eurosolar e.V. für privates netzunabhängiges Solar- und Energiesparhaus, 2009 Klaus-Bindner-Zukunftspreis der SolarRegio Kaiserstuhl. Zahlreiche Ehrungen und Preise für initiierte und geleitete Projekte: Samstags-ForumRegio Freiburg (CO2NTRA Förderpreis 2006, Aesculap-Umweltpreis 2007, 1. Preis CO2-Sparer Stadt Freiburg, 2008, 2 Preis „Echt gut!
Ehrenamt in Baden-Württemberg 2009, 1. Preis Umweltschutz der Stadt Freiburg für Vereine 2011),
Sonnen-Energie-Wege: lokaler 1. Preis DM-UNESCO 2011 Ideen-Initiative-Zukunft.

Anhang 3: Quellenverzeichnis und ausgewählte Literaturhinweise
 Anmerkung zum Titel: Dieses Manuskript ist eine in 2005 und 2011 wesentlich ergänzte und aktualisierte Langfassung des Beitrags von Georg Löser zum Wissenschaftlichen Kolloquium: „Deutsche und Franzosen im zusammenwachsenden Europa 1945-2000″, Freiburg i. Br., 12. April 2002, 2003 herausgegeben von Kurt Hochstuhl und der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg im Rahmen der Dokumentation obigen Kolloquiums, erschienen beim W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart, 2003
Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen 1974 ff: siehe u.a.:
– die erste (1974), zweite(1976), dritte (1982) und vierte (1991) Erklärung (siehe Text)
– Wyhl-Buch I, Wyhl-Buch II, siehe dort
– „Wyhl – ein Jahr danach“. Hrsg.: AK Öffentlichkeitsarbeit der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen.
– Fessenheim-Broschüren der Bürgerinitiativen, siehe Fessenheim 1980 Badisch-Elsässische 2011: Presseinformation der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen: Zynische Atomlügen müssen ein Ende finden! 12. März 2011
BUND, 1996: „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Umweltverbänden und Bürgerinitiativen im Dreyeckland“. Flugblatt der Aktion Umweltschutz e.V./BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein, ca.1996

ECOtrinova e.V. 2005: Die Unterlagen von CSFR und zu „Neu Fessenheim“ sind enthalten in der Dokumentation des Projekts und Wettbewerbs „Nachhaltigkeit rheinüberschreitend für Energie-Klima und Wasser im Eurodistrikt Region Freiburg / Centre et Sud Alsace“ als pdf-Datei bei www.ecotrinova.de. Kontakt: ECOtrinova e.V., Freiburg/Gundelfingen, ecotrinova@web.de  und Regiowasser e.V., Freiburg, www.regiowasser.de
Fernex, 1975: Fernex, Solange: „Non-violence triumphant“ in: The Ecologist, Dez. 1975, wiedergegeben nach <Jean>, siehe dort
Fessenheim 1980a: „Fessenheim. Katastrophenplan“ Hrsg. „Arbeitsgruppe Katastrophenplan“, Freiburg i.Br., überarb. Auflage, 1980 (1. Auflage 1977)
Fessenheim 1980b: „Risse in Fessenheim ?! Dokumente zur Reaktorunsicherheit“. Hrsg. Arbeitsgruppe
Fessenheim der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, Freiburg i.Br.
Förderverein, 2010: Kaiserstühler Solarzeitung 7/2010, 6.4.2010, www.solarregio.de
Gemeinschaftseinspruch von Freiburger Studierenden, 1974: Hans-Dieter Stürmer et al., Freiburg, 1974, dort S. 47 – 52
Gladitz, 1976: Gladitz, Nina (Hrsg.): „Lieber heute aktiv als morgen radioaktiv. Wyhl: Bauern erzählen.
Warum Kernkraftwerke schädlich sind. Wie man eine Bürgerinitiative macht. Und wie man sich dabei vrändert.“ Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, 1976
Jean, 1976: >Jean<: „Elsass: Kolonie in Europa“. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin, 1976 Heitersheim 75: „Kein Plutonium nach Heitersheim“. Broschüre des Arbeitskreises Umweltschutz an der Universität Freiburg, Mai 1975
Industrieansiedlung 1974. „Industrienansiedlung im südlichen Oberheintal. Die Katastrophe vermeiden“. Studie der AG Südlicher Oberrhein der Jungsozialisten Breisgau-Hochschwarzwald, August 1974
Kaiseraugst, 1975: „Kaiseraugst. Chronologie. Hrsg. Gewaltfreie Aktion Kaiseraugst GAK, Liestal 36
Kaiseraugst, 1982: in Wyhl-Buch II, S. 95-97, 1982
Kaiseraugst, 1984: „Basel gegen KKW Kaiseraugst“. Broschüre. Hrsg. Kanton Basel Stadt, Juli 1984
Löser, 2002: Georg Löser. Eine persönliche Anmerkung: Nach meinem Vortrag beim deutschfranzösischen
Kolloquium in der Universität Freiburg am 12.4.2002 kam der frühere Freiburg MdB Dr.
Conrad Schröder (CDU) auf mich zu und sagte „So sehen wir das auch“. Mit „wir“ meinte er auch den französischen Senator und früheren Minister Daniel Hoeffel, seinen elsässischen Freund, der dem Vortrag ebenfalls beiwohnte.
Mossmann, 2004: Walter Mossmann, Freiburg i.Br., verdanken wir im Nachgang der Erstfassung dieser Dokumentation von 2002/3 einige wichtige Hinweise und Präzisierungen, die hier gern in enger Anlehnung an Mossmanns Darlegungen eingearbeitet oder zitiert (<…>) sind.
Mossmann, 2004 a: Dazu ist bei Rowohlt 1978/1980 ein Kapitel erschienen im Buch «Moßmann / Schleuning, Alte und neue politische Lieder, Seite S.17 – 81». Auflage 30.000, vergriffen, steht in Universitätsbibliotheken
Mutz, 2002: Mutz, Mathias: Die „Volkshochschul´ fürs Volksgewuhl“. Zur Bedeutung der „Volkshochschule Wyhler Wald“ für den Widerstand gegen das Kernkraftwerk Wyhl und darüber hinaus. Seminararbeit an der Universität Freiburg i.Br., Hauptseminar Umwelt und Politik in der Bundesrepublik.
Neue und Neueste Geschichte. 2002
Sternstein, 1976: in Wyhl-Buch I, siehe dort
Sternstein, 1978: Sternstein, Wolfgang: „Überall ist Wyhl: Bürgerinitiativen gegen Atomanlagen. Aus der Arbeit eines Aktionsforschers“. Haag und Herchen Verlag, Frankfurt/M. 1978; ISBN 3-88129-177-6
Stiftung, 2005: Konto: An GLS Treuhand e.V, Konto-Nr. 103.700.800 bei der GLS Gemeinschaftsbank eG, Bochum, (BLZ 430.609.67) mit dem Verwendungszweck „Stiftungsfonds der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen“. Kontakt: Badisch-Elsässische Bürgerinitiativen, c/o Erhard Schulz, Mitglied im Sprecherkreis, Kandelstr. 51, D-79312 Emmendingen.
„S’Weschpenäscht – die Chronik von Wyhl“, 1982: 105 Min. F.- S/W, U-Matic, Medienwerkstatt Freiburg, 1982 – mit Didi Danquart und Bertram Rotermund, Musik: Salpeterer (Schalmeienmotiv) und Roland Kirk (Wespenmotiv)
TRAS 2011: TRAS / ATPN, Trinationaler Atomschutzverband, Basel, Medienmitteilung vom 21. März  2011: TRAS geht in Berufung für Stilllegung von Fessenheim. www.atomschutzverband.ch
Wüstenhagen 1975: Wüstenhagen, Hans-Helmut: „Bürger gegen Kernkraftwerke. Wyhl – der Anfang?“ rororo aktuell 1949. Rowohlt, Reinbek, 1975.
Wyhl-Buch I, 1976: „Wyhl – Betroffene Bürger berichten“, inform Verlag, Freiburg 1976, 304 S., ISBN 3-921472-01-6
Wyhl-Buch II, 1982: „Wyhl – der Widerstand geht weiter“, 262 S., zahlr. Abb., Dreisam Verlag, Freiburg i.Br., 1982, herausgegeben mit Unterstützung des BUND Landesverbandes Baden-Württemberg. Mit separater Anhangsbroschüre: Büchele, Christoph (Hrsg): „Das Mannheimer Urteil. Inhalt – Tendenz – Kritik“, 1982. ISBN 3-921472-30-X

Anhang 4: Abbildungen der Präsentation vom 12.4.2002 und spätere Abbildungen

© Dr. Georg Löser, Weiherweg 4B, D-79194 Gundelfingen, im April 2002
glp052-fpc/Veröff/BEBILFE6.rtf =Badisch-Elss-Bis-Koll-2002-Langfassung endg 23.06.2002, korr. 040825
aktueller Stand: 28.8.2011