Exergie

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Blick von der Bergstation am Schauinsland nach Westen über den Rheintalnebel zu den Vogesen am 15.11.2012

  • (1) Primärenergie – Sekundärenergie – Endenergie – Nutzenergie – Energiedienstleistung
  • (2) Energie bleibt in der Summe immer gleich
  • (3) Exergie * Anergie = Energie
  • (4) Der Physiker spricht von Energie – der Techniker von Exergie 
  • (5) Energiewende? Exergiewende (3.4.2013)
  • Kraft-Wärme-Kopplung

 

(1) Begriffsklärung: Primärenergie – Sekundärenergie – Endenergie –  Nutzenergie – Energiedienstleistung 
Die in der Natur vorkommenden „Energiequellen“ nutzt der Mensch  entweder in ihrer ursprünglichen Form (man spricht von Primärenergie) oder nach Umwandlung (Sekundärenergie). Ist die Energie am Ort der Nutzung angelangt spricht man von Endenergie. Die Energie, welche tatsächlich von den eingesetzten Geräten benötigt wird ist die Nutzenergie. Die Energiedienstleistung beschreibt die Aufgabe, welche die eingesetzte Energie für den Verbraucher letztlich leistet.
Primärenergie:  Kohle-, Erdöl- und Erdgasvorkommen, Uran, Wasserkraft, Sonnenstrahlung, Windkraft, Erdwärme, Gezeitenenergie und Biomasse.

Sekundärenergien:  Kohlebriketts, Kraftstoffe, Biogase, Erdgas (in aufbereiteter Form, Edelgase) und auch  Strom (da  aus  Umwandlung von Primärenergien oder auch anderen Sekundärenergien gewonnen.

Endenergie: Vom Verbraucher bezogene Energie. Beispiele: Heizöl im Tank,  Strom aus der Steckdose.

Nutzenergie: Nach Umwandlung beim Verbraucher verfügbare Energie, zum Beispiel in Form von warmem Wasser, Heißluft  oder mechanischer Energie in einem Küchenmixer. 
Energiedienstleistung:  Auf diese Dienstleistung kommt es dem Verbraucher letztendlich an. Sie entsteht durch die Kombination von Nutzenergie, Energiewandler (Gerät) und dem Verbraucherverhalten.  Z.B. das Aufschlagen von Sahne oder die Verhinderung eines Absinkens der Raumtemperatur.

(2) Energie bleibt in der Summe immer gleich

Erster Hauptsatz der Thermodynamik   – Gesetz von der Erhaltung der Energie -Energiesatz
Energie kann weder erzeugt noch verbraucht werden, sondern allenfalls ihre Form ändern: als Wärme, Bewegung, Kernenergie, chemischer Stoff, Bewegungsenergie, Lageenergie oder Elektrizität.  Die Summe der Energie bleibt sich dabei immer gleich.

Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik – Entropiesatz
Entropie ist eine komplexe physikalische Größe, welche eng mit dem Wärmebegriff verbunden ist. Der zweite Hauptsatz besagt: In einem geschlossenen System kann die Entropie ohne äußeres Zutun nur anwachsen, aber niemals abnehmen. Oder einfacher ausgedrückt: Wärme kann nicht von selbst von einem Körper niedriger Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur übergehen.  Z.B. kühlt sich eine heiße Tasse Tee von selbst ab. Umgekehrt ist es aber unmöglich, dass die Wärme eines kälteren Körpers von selbst auf einen wärmeren Körper übergeht.

Dritter Hauptsatz der Thermodynamik:
Der absolute Nullpunkt der Temperatur von 0 Kelvin (minus 273,15°C ) kann nicht erreicht werden. Dass liegt vor allem daran, dass sich die Bausteine der Atome bewegen müssen und so immer Bewegung sprich Energie vorhanden ist.

Entropie bzw. Zerstreuung als Maß für die molekulare Unordnung eines Systems
Entropie kann verstanden werden als ein Maß für die Wahrscheinlichkeit eines beobachteten Zustandes. Umso mehr Möglichkeiten es gibt zu einem beobachteten Zustand zu gelangen umso wahrscheinlicher ist er. Z.B. ist es gibt es nur verhältnismäßig wenig Gründe warum ein Auto sich mit all seinen Atomen gerichtet entlang der Straße bewegt, wohingegen es wesentlich mehr mögliche Ursachen gibt dass ein Raum eine Temperatur von 20 °C aufweist. Diese Temperatur könnte beispielsweise durch Heizung von außen, Sonneneinstrahlung, Abwärme elektrischer Geräte, Körperabwärme, Konservierung der Lufttemperatur eines 20 °C Tages durch Dämmung etc. erreicht werden, während das Auto sich nur in Richtung der Straße bewegt, wenn in diese Richtung eine Kraft auf das Auto wirkt, die ausreichend groß ist.
Entropie ist auch ein Maß für den physikalischen Grund der Beobachtung, dass es in der Natur unumkehrbare Prozesse gibt: Der Schneemann schmilzt,  Ziegel fallen vom Dach (aber noch kein Ziegel ist ‘selbständig’ auf’s Dach hochgewandert), jede Statue zerbröselt früher oder später einmal. Generell ist ein Zustand geringer spezifischer Entropie ein hochwertigerer Zustand als einer bei dem die spezifische Entropie größer ist.

   
(3) Energie * Energiequalität = Exergie
 
Die Exergie ist eine physikalische Größe, welche sich aus Energie, Umgebungstemperatur und Entropie berechnen lässt. Die physikalische Gleichung für die Exergie kann man jedoch vereinfacht als Energie * Energiequalität = Exergie auf den Punkt bringen. In dieser Gleichung bezeichnet die Energiequalität den Anteil zu welchem sich ein betrachteter Energiestrom im Idealfall in elektrische Energie oder mechanische Arbeit umwandeln lässt. Elektrische Strom und mechanische Arbeit sind gleichermaßen hochwertig und weisen eine Energiequalität von 100% auf.
 Die Exergie ist somit ein Maß für das maximales Stromäquivalent eines betrachteten Energieflusses, vor dem Hintergrund seiner natürlichen Umgebung. Sie ist gleichzeitig ein Maß für die minimale Menge an elektrischem Strom, die notwendig wäre, um den betrachteten Energiefluss ausschließlich aus Stoffen und Energie der natürlichen Durchschnittsumgebung zu erzeugen.
Die Exergie ist eine physikalische Zustandsgröße, die sich nur unter Berücksichtigung der Umgebung bestimmen lässt. Man unterscheidet die Exergie geschlossener Systeme und die Exergie von Stoff- und Energieströmen. Auch wenn die Exergiebetrachtung im wesentlichen auf Stoffströme angewandt wird, so lässt sie sich doch am besten an geschlossenen Systemen erklären:
Ein Fahrradreifen mit einem Druck von 4  bar und einer Temperatur, die gleich der Umgebungstemperatur ist, enthält in einer Umgebung mit einem Druck von 1 bar eine gewisse Exergie. In einer Umgebung mit 4 bar jedoch null Exergie. In einer Umgebung mit 10 bar  jedoch enthält der Reifen wieder Exergie. Fazit: Jedem System und jedem Stoff- oder Energiefluss, die sich von den Umgebungsbedingungen in Druck, Temperatur, Konzentration oder chemische Zusammensetzung unterscheidet, kann ein Exergiewert zugeordnet werden. Je mehr es sich den Umgebungsbedingungen nähert, desto geringer wird die Exergie. Bei Umgebungsbedingungen kann einem Stoff- oder Energiefluss oder einem geschlossenen System keine Exergie mehr zugeordnet werden.
Häufig findet sich in der Literatur zum Thema Exergie die Gleichung: Energie = Exergie + Anergie übersetzbar in: Energie = nützliche Arbeit + wertloser Energierest. Diese Gleichung ist jedoch wenn überhaupt nur für vereinfacht für Wärme, Arbeit und Strom gültig und kann die Exergie von Kälte, Druckluft und chemischen Elementen nicht beschreiben. Ein zentrales Missverständnis in dieser Gleichung ist die Annahme Exergie sei ein Teil der betrachteten Energie. Bei genauer Überlegung wird klar, dass die Exergie nur ein Maß für die Möglichkeit ist, aus der betrachteten Energieform im Kontext mit der zur Verfügung stehenden Umwelt Strom oder mechanische Arbeit zu erzeugen. D.h. Exergie kann mit Energieflüssen und sogar mit Stoffflüssen verknüpft werden, ist jedoch selbst nur als Möglichkeit (ein sogenanntes Potenzial) vorhanden. Vorteil dieses Verständnisses ist, dass Exergie als Möglichkeit Strom zu erzeugen (oder als Minimum des aufzuwendenden Stromes) allen Energie- und Stoffströmen zugeordnet werden kann und so die Übersetzung komplexer Energie- und Stoffwandlungsprozesse in ein einheitliches Fließbild ermöglicht auf dessen Basis Gesamtsysteme besonders fundiert optimiert werden können.
  

(4) Der Physiker spricht von Energie  und Entropie – der Techniker von Exergie 

Wird ein Holzscheit im offenen Grillfeuer verbrannt oder ein Elektroheizer angeschaltet, dann ist für den Physiker klar, dass keine Energie  vernichtet wurde, sondern die Energie  vom Zustand geringerer Entropie in einen solchen höherer Entropie überführt wurde – sie steckt nun im gegarten Grillschnitzel bzw. im erwärmten Zimmer.
Für den Techniker hingegen ist der Holzscheit unwiderruflich verbrannt und der Strom durch die Glühfäden des Elektroheizers verbraucht. Da im physikalischen System für diese “derart aufgezehrte” Energie kein Begriff vorgesehen ist, hat der Techniker eine eigene Bezeichnung erfunden namens “Exergie”. Exergie ist dabei ein Maß für die Möglichkeit elektrischen Strom oder mechanische Arbeit zu erzeugen – oder vereinfacht ausgedrückt Dinge passieren zu lassen,  ”Exergie” lässt das Feuer lodern, ein Mühlrad drehen,  eine Herdplatte erwärmen  und ein Haus beheizen oder sonstige nützliche Arbeit verrichten. Diese Exergie kann auch – im Unterschied zur Energie – tatsächlich verbraucht werden, indem die Energie, welcher ein Exergiewert zugeordnet wird, sich von Ihren Eigenschaften zunehmend der Umgebungsenergie annähert.
Aufgabe des Technikers ist, Maschinen, Anlagen und Technologien so zu verschalten, dass die Energiequalität in möglichst vielen Stufen abgebaut wird und so mit einer Energieeinheit möglichst viele energetische Bedarfe durch Energienachnutzung gedeckt werden können. Z.B. Kann in einer Gasturbine Strom erzeugt werden und mit der Abwärme werden Gebäude geheizt. Auch die Nutzung des elektrischen Stroms erzeugt aufgrund des Energieerhaltungssatzes Wärme und auch diese könnte wieder genutzt werden. Z.B. braucht man Räume nicht heizen in denen ausreichend viele elektrische Maschinen betrieben werden.
Ein Maß für die Ausnutzung der Exergie, also der Möglichkeit Strom zu erzeugen, ist der exergetische Wirkungsgrad. Dieser kann aufgrund des Entropiesatzes (2. Hauptsatz der Thermodynamik) niemals 100% überschreiten. 
Nicht jede Kilowattstunde ist in der Anwendung gleich viel wert. Im Rahmen des Energiewendeprozesses ist es notwendig, stärker zu unterscheiden, welche Energiearten wo genutzt werden. Über den Begriff der  Exergie kann man energetische Prozesse besonders gut und vollständig technisch beurteilen und bewerten. Dazu als Beispiel die Kraft-Wärme-Kopplung: Bei jeder Stromerzeugung (Kraft)  entsteht Wärme. Im  Blockheizkraftwerk (BHKW) wird beides kombiniert genutzt – ein BHKW erzeugt z.B. 50% Wärme und 38% Strom. Beides wird in kWh (Kilowattstunden) gemessen und angegeben. Wenn man beides einfach addiert, dann impliziert man, dass Strom und Wärme dieselbe Energiequalität hätten. Dem ist aber nicht so: Strom „besteht“ zu 100% aus Exergie und ist sehr wertvoll. Bei der Wärme von 80°C liegt die Energiequalität bei ca. 17 % . 
  

Erneuerbare Energien und Exergie
Auch erneuerbare Primärenergien „haben“ Exergie. Allerdings darf man sie nicht über einen Kamm scheren. Sonne, Wind und Strömungen sind nur dann für uns nützlich, wenn wir sie jetzt auch nutzen. Tun wir das nicht, ist die heutige Wind-, Sonnen- oder  Strömungsenergie für uns unwiederbringlich verloren. Bei Biomasse, Holz und Biogas, handelt es sich allerdings um bereits speicherbare Energieformen. D.h. Wir  können Sie im Prinzip aufbewahren, bis wir einen möglichst effizienten Nutzungsweg gefunden haben.
Alle erneuerbaren Primärenergien sind wertvoll und haben eine Energiequalität von 100% oder bei Solarstrahlung fast 100%. Für die Technologieauswahl muss aber berücksichtigt werden, dass nur bei Biomasseprodukten wie Holz und Biogas eine effiziente Nutzung unbedingt geboten ist. Für Sonne und Wind ist eine effiziente Nutzung zwar auch erstrebenswert, allerdings ist es wichtiger sie überhaupt zu nutzen als effizient – denn morgen sind die Energieeinheiten aus Wind, Sonne und Strömung die heute zur Verfügung stehen verloren.
Physikalisch gesehen gibt es auf der Erde nur 4 Primärenergien: Solare Strahlung, Kernenergie, Erdwärme (aus Kernenergie) und Gravitationsenergie. Alle fossilen Rohstoffe sind letztlich aus solarer Strahlung entstanden. Für einen gerechten Vergleich auf Primärenergiebasis könnte man daher alles auf die ursprünglich benötigte solare Strahlung zurückrechnen. Allerdings wäre das kompliziert und sehr fehleranfällig. Eine einfachere Möglichkeit Systeme in Hinblick auf Ihre Effizienz fair zu vergleichen ist der Bezug auf die Exergie der „nach Bedarf einsetzbare Primärenergie“. D.h. erst die Sekundärenergie Strom oder Wärme wird im Fall von Solar, Wind oder Strömungsenergie als Primärenergie angesehen. So sind diese Energiequellen rechnerisch wesentlich effizienter als die fossilen Alternativen. Für Biomasseprodukte wie Holz und Biogas bleibt der Aufwuchs auf einer Fläche der Bezugspunkt. Aufgrund  der Tatsache das es technisch aufwändiger ist Biomasse als fossile Brennstoffe energetisch zu nutzen sind Energieerzeuger auf Biomassebasis sogar häufig weniger exergetisch effizient als wenn die selbe Technologie mit fossilen Brennstoffen betrieben wird.
Biomasse für Technologievergleiche muss also exergetisch ähnlich wie ein fossiler Brennstoff betrachtet werden, da diese auch direkt aus Biomasse hervorgegangen sind. Ihr Vorteil gegenüber den fossilen Brennstoffen liegt in der Möglichkeit bei angemessener Landbewirtschaftung die Treibhausgasemissionen pro verbrauchte Energieeinheit rechnerisch gegen Null zu senken.
Die Treibhausgasemissionen sind ein Bewertungskriterium, welches es erlaubt einen zentralen „Verschmutzungsaspekt“ zu bewerten. Der Verbrauch an nach Bedarf einsetzbarer Exergie der Primärenergie ist ein paralleles Bewertungskriterium und bewertet den „Ressourceneinsatz“. Beide Aspekte sollten möglichst getrennt betrachtet werden, da sonst eine Nachvollziehbarkeit des Bewertungsergebnisses nicht immer gewährleistet werden kann.


(5) Energiewende? Exergiewende!

Es gibt verschiedenwertige Energiequellen und verschieden hohe Ansprüche an Energiequalität. Überall, wo hohe Temperaturen benötigt werden, müssen Technologien und Energiequellen eingesetzt werden, mit denen diese hohen Temperaturen überhaupt erreichbar sind. Wo niedrige Temperaturen ausreichend sind, ist es Verschwendung, wenn zu deren Erreichung eine Energiequelle benutzt wird, die auch höherwertige Ansprüche erfüllen könnte. Erdöl durch direkte Verbrennung in Hausheizungen zu verwenden, ist deshalb Verschwendung. Mit Erdöl ließen sich sehr hohe Temperaturen herstellen oder es könnte, eingesetzt in Verbrennungsmotoren, mechanische Energie bereitstellen, sogar um Flugzeuge anzutreiben. Ebenso lassen sich komplexe Moleküle aus Erdöl vergleichsweise einfach – unter Verwendung von wenig zusätzlicher Exergie – erzeugen. All dies können z.B. solarthermische Anlagen nicht, aber die von ihnen gelieferten Temperaturen reichen aus, um ein Haus und Wasser zu erwärmen. Daher wäre es exergetisch sinnvoll, z.B. Häuser konsequent mit Niedrigtemperaturheizsystemen auszustatten und die Umgebungs- und Strahlungswärme zu nutzen zum Beispiel durch Solarthermie oder den Betrieb von Erdwärmepumpen in Kombination mit Windstrom oder Photovoltaik. Natürlich gibt es eine Menge weiterer Prozesse die exergetisch sinnvoller sind als die direkte Verbrennung von Erdöl in Heizkesseln zur Wärmeerzeugung, wie z.B. die angesprochene Kraft-Wärme-Kopplung, Geothermie oder die Nutzung industrieller Abwärme. Diese Energiequellen können allerdings meist nur über Nah- oder Fernwärmesysteme eingebunden werden und sind somit nur in relativ dicht besiedelten Gegenden wirtschaftlich einsetzbar. Fest steht: exergetisch hochwertigere Energieträger wie Erdgas oder Erdöl aber auch Holz sollten für jene Prozesse und Anwendungen aufgespart bleiben, für die eine Abwärmenutzung oder der Einsatz von Solar- oder Tiefengeothermie nicht möglich ist. Vor dem dargestellten physikalisch-technischen Hintergrund wäre es genau genommen sinnvoller statt von der Energiewende von einer Exergiewende zu sprechen.

Fachliche Überarbeitung am 5.11.13 von Dr. Andrej Jentsch
Richtvert | Energiesystemberatung, www.richtvert.de

Hinweis: Dieser Artikel stellt eine Überarbeitung des auf dieser Seite ursprünglich eingestellten Artikels zum Thema Exergie dar (siehe unten). Dieser wiederum baute auf dem Artikel “Energiewende? Exergiewende“ von Norbert Rost und Kristof Neminis vom 3.4.2013 auf: https://www.heise.de/tp/artikel/38/38742/1.html  
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(1) Primärenergie – Sekundärenergie – Endenergie – Nutzenergie – Energiedienstleistung
 

Die in der Natur vorkommenden Energiequellen nutzt der Mensch entweder in ihrer ursprünglichen Form (man spricht von Primärenergie) oder nach Umwandlung (Sekundärenergie).
Primärenergie: Kohle-, Erdöl- und Erdgasvorkommen, Uran, Wasserkraft, Sonnenstrahlung, Windkraft, Erdwärme, Gezeitenenergie und Biomasse.
Sekundärenergien: Kohlebriketts, Kraftstoffe, Biogase, Erdgas (in aufbereiteter Form, Edelgase) und auch Strom (da aus Umwandlung von Primärenergien oder auch anderen Sekundärenergien gewonnen.
Endenergie: Vom Verbraucher bezogene Energie. Beispiele: Heizöl im Tank, Strom aus der Steckdose.
Nutzenergie: Nach Umwandlung beim Verbraucher verfügbare Energie, zum Beispiel in Form von warmem Wasser, Heißluft oder mechanischer Energie. 
Energiedienstleistung: Auf diese Dienstleistung kommt es dem Verbraucher letztendlich an. Sie entsteht durch die Kombination von Nutzenergie, Energiewandler (Gerät) und dem Verbraucherverhalten. 

 

(2) Energie bleibt in der Summe immer gleich

Erster Hauptsatz der Thermodynamik  – Gesetz von der Erhaltung der Energie – Energiesatz
Energie kann weder erzeugt noch verbraucht werden, sondern allenfalls ihre Form ändern: als Wärme, Bewegung, chemischer Stoff, Bewegungsenergie, Lageenergie oder Elektrizität. Die Summe der Energie bleibt sich dabei immer gleich.

Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik – Entropiesatz
In einem geschlossenen System nimmt die Wärmeenergie ständig ab, sie strebt unaufhaltsam und unumkehrbar einem Zustand völliger Zerstreuung (Entropie) zu. Anders ausgedrückt: In einem geschlossenen System kann die Entropie ohne äußeres Zutun nur anwachsen, aber niemals abnehmen.
Wärme geht von wärmeren auf kältere Körper über – die heiße Tasse Tee kühlt sich ab. Umgekehrt ist es aber unmöglich, daß die Wärme eines kälteren Körpers von selbst auf einen wärmeren Körper übergeht. Sie ist deshalb wertlos für die Umwandlung in Arbeit – es sei denn, es fände sich ein Körper, der noch kälter ist.

Dritter Hauptsatz der Thermodynamik:
Der Zustand absoluter Entropie liegt beim absoluten Nullpunkt von minus 273,15°C .

Nach dem Entropiesatz der Thermodynamik strebt Energie innerhalb eines geschlossenen Systems unumkehrbar in einem Zustand völliger Zerstreuung. Ohne Sonne wäre dieser Zustand erreicht. Aber immer wenn die Sonne scheint, dann versorgt sie die Erde mit Energie höherer Wertigkeit. Die Sonneneinstrahlung beschenkt uns mit einer angenehmen mittleren Temperatur von ca 15 Grad bzw. mit einer Differenz von annähernd 300 Grad bis zum absoluten Nullpunkt bei minus 273,15 Grad. Diese Differenz zwischen geringeren und höheren Zuständen der Entropie können wir nutzen über unsere Methoden des Verbrennens von Kohle, Gas, Öl und Holz, durch die Nutzung von Wind- und Wasserkraft, durch direktes „Anzapfen“ der solaren Einstrahlung oder eine Wärmepumpe.

Entropie bzw. Zerstreuung als Maß für die molekulare Unordnung eines Systems
Badewannenwasser als Wärmemenge, die unaufhaltsam erkaltet und damit an Entropie zunimmt.
Der Zustand geringer Entropie ist energetisch der hochwertigere Zustand.
Entropie bezeichnet den Unterschied zwischen Zuständen höherer Ordnung und solchen geringerer Ordnung.
Chaos-Theorie: Ein sauber aufgeräumter Schreibtisch weist eine geringe Entropie auf. Bei wildem Durcheinander mit schwieriger Suche hat der Schreibtisch den Zustand großer Entropie erreicht.
Entropie bezeichnet den physikalischen Grund, daß es in der Natur unumkehrbare Prozesse gibt: Der Schneemann schmilzt, Ziegel fallen vom dach (aber noch kein Ziegel ist ’selbständig‘ auf’s Dach hochgewandert), jede Statue zerbröselt früher oder später einmal.

 

 

(3) Exergie + Anergie = Energie

In der Gleichung Exergie + Anergie = Energie bezeichnet Anergie den nicht mehr arbeitsfähigen bzw. nutzbaren Teil der Energie. Die Exergie gibt an, wie viel mechanische Arbeit maximal unter Beteiligung der Umgebung gewonnen werden kann. Exergie ist die Fähigkeit, Arbeit zu leisten.
Anergie und Exergie sind Zustandsgrößen, die sich nur unter Berücksichtigung der Umgebung bestimmen lassen: Ein Glas Wasser hat keinen objektiv feststellbaren Wert – in der Wüste (Umgebung Sahara) ist sein Wert höher als an einem verregneten Novembertag (Umgebung Freiburg). Entsprechend verhält es sich mit der Exergie: Ein Fahrradreifen mit einem Druck von 4 bar und einer Temperatur, die gleich der Umgebungstemperatur ist, enthält in einer Umgebung mit einem Druck von 1 bar eine gewisse Exergie. In einer Umgebung mit 4 bar jedoch null Exergie, sondern nur Anergie. In einer Umgebung mit 10 bar jedoch enthält der Reifen wieder Exergie. Fazit: Jedes System, dass von den Umgebungsbedingungen (Druck, Temperatur, Konzentration) nach oben oder unten abweicht, enthält Exergie. Je mehr es sich den Umgebungsbedingungen nähert, umso höher wird der Anergieanteil, bis das System in dem Moment, da es im thermodynamischen Gleichgewicht mit der Umgebungszustand ist, nur noch aus Anergie besteht.

(4) Der Physiker spricht von Energie – der Techniker von Exergie 
  
Wird ein Holzscheit im offenen Grillfeuer verbrannt oder ein Elektroheizer angeschaltet, dann ist für den Physiker klar, dass keine Energie vernichtet wurde, sondern die Energie vom Zustand geringerer Entropie in einen solchen höherer Entropie überführt wurde – sie steckt nun im gegarten Grillschnitzel bzw. im erwärmten Zimmer. Für den Techniker hingegen ist der Holzscheit unwiderruflich verbrannt und der Strom durch die Glühfäden des Elektroheizers verbraucht. Da im physikalischen System für diese „derart aufgezehrte“ Energie kein Begriff vorgesehen ist, hat der Techniker eine eigene Bezeichnung erfunden namens „Exergie“. Diese Art von Energie läßt sich für den Menschen in Arbeit umsetzen läßt, „Exergie“ läßt das Feuer lodern, ein Mühlenrad drehen, eine Herdplatte erwärmen und ein Haus beheizen oder sonstige nützliche Arbeit verrichten läßt. Diese Exergie kann auch – im Unterschied zur Energie – tatsächlich verbraucht werden, indem sie zum Teil in eine niederwertigere Energieart umgewandelt wird. Die restliche, nicht nutzbare bzw. entweichende bzw. verpuffte Energie bezeichnet der Techiker als „Anergie“ geprägt, woraus folgende Gleichung resultiert:
Energie = Exergie + Anergie
Energie = nützliche Arbeit + wertloser Energierest 
Aufgabe des Technikers ist, der Energie möglichst viel Exergie abzuringen – unter Beachtung des Wirkungsgrades. Ein hoher Wirkungsgrad beinhaltet also eine möglichst geringe Anergie.
Nicht jede Kilowattstunde ist in der Anwendung gleich viel wert. Im Rahmen des Energiewendeprozesses ist es notwendig, stärker zu unterscheiden, welche Energiearten wo genutzt werden. Nur über den Begriff der Exergie kann man energetische Prozesse beurteilen und bewerten. Dazu als Beispiel die Kraft-Wärme-Kopplung: Bei jeder Stromerzeugung (Kraft) entsteht Wärme. Im Blockheizkraftwerk (BHKW) wird beides kombiniert genutzt – ein BHKW erzeut z.B. 50% Wärme und 38% Strom. Beides wird in kWh (Kilowattstunden) gemessen und angegeben. Wenn man beides einfach addiert, dann impliziert man, dass Strom und Wärme dieselbe Energie-Qualität hätten. Dem ist aber nicht so: Strom besteht zu hundert Prozent aus Exergie und ist sehr wertvoll. Bei der Wärme hingegen wird der Exergie-Gehalt  vom relativ geringen thermodynamischen Wirkungsgrad begrenzt. 

 

(5) Energiewende? Exergiewende

Es gibt verschiedenwertige Energiequellen und verschieden hohe Ansprüche an Energiequalität. Überall, wo hohe Temperaturen benötigt werden, müssen Technologien und Energiequellen eingesetzt werden, mit denen diese hohen Temperaturen überhaupt erreichbar sind. Wo niedrige Temperaturen ausreichend sind ist es Verschwendung, wenn zu deren Erreichung eine Energiequelle benutzt wird, die auch höherwertige Ansprüche erfüllen könnte. Das gilt umso mehr, wenn nicht Wärme bereitgestellt werden soll, sondern mechanische Energie (z.B. Antriebsenergie für Fahrzeuge) oder Strom für den Betrieb von Elektronik. Erdöl in Hausheizungen zu verwenden, ist beim Stand der Dinge deshalb Verschwendung. Mit Erdöl ließen sich sehr hohe Temperaturen herstellen oder es könnte, eingesetzt in Verbrennungsmotoren, mechanische Energie bereitstellen, sogar um Flugzeuge anzutreiben. Es lassen sich sogar komplexe Moleküle aus Erdöl vergleichsweise einfach – unter Verwendung von wenig Exergiegefälle – erzeugen. All dies können solarthermische Anlagen nicht, aber die von ihnen gelieferten Temperaturen reichen aus, um ein Haus und Wasser zu erwärmen. Daher wäre es exergetisch sinnvoll, Häuser konsequent mit Niedrigtemperaturheizsystemen auszustatten und die Umgebungs- und Strahlungswärme zu nutzen. Exergetisch hochwertigeres Erdgas oder Erdöl sollte für jene Prozesse und Anwendungen aufgespart bleiben, für die Solar- oder Geothermie nicht ausreicht. ….
Kompletten Artikel „Energiewende? Exergiewende!“ von Norbert Rost und Kristof Neminis vom 3.4.2013 lesen auf
https://www.heise.de/tp/artikel/38/38742/1.html
www.regionalentwicklung.de
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