Emil Kreutz aus Oberried 87 Jahre – Bewegte Lebensgeschichte

Krieg und Tod, Willkür und Gewalt, russische Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit zu unmenschlichen Bedingungen, Hunger und Unterernährung – das war das Schicksal von etwa drei Millionen deutschen Soldaten. Ein Drittel überlebte das nicht. Viele blieben vermisst und diejenigen, die zurückkamen waren oftmals gezeichnet und traumatisiert – auch wenn es diesen Begriff damals noch nicht gab. Der gebürtige Oberrieder Emil Kreutz war einer von ihnen. Als 17-Jähriger wurde er zuerst zum RAD (Reichsarbeitsdienst) eingezogen und später zur Wehrmacht. Als er im Mai 1945 bei Linz an der Donau zusammen mit fast 25.000 anderen von den Amerikanern entwaffnet wurde, hoffte er noch auf amerikanische Kriegsgefangenschaft. Diese Hoffnung wurde zerschlagen, denn sie wurden in Richtung Osten geschickt, in Rumänien in Waggons verladen und in die Ukraine verfrachtet.
Dem Tod ist er in jener Zeit nicht nur einmal von der Schippe gesprungen. Kurz vor dem Hungertod wurde er ins Lager-Lazarett eingeliefert. Dort päppelte ihn ein aus Freiburg stammender Arzt, der als Kriegsgefangener im Lazarett eingesetzt war, wieder auf. Das war aber nur möglich, weil Kreutz sich zum Sanitätsdienst auf der TBC-Station mit hochinfektiösen Patienten, die die Station selten lebend verließen, meldete.
Zurück nach Oberried kam er erst 1953 und zwar am 29. November. Dieses Datum ist sein zweiter Geburtstag, den er nach wie vor jedes Jahr feiert, genauso wie er sich bisher Jahr für Jahr mit anderen Überlebenden trifft. Beim Heimkehrerfest bot ihm der damalige Landrat Osswald einen Job als Chauffeur an. Als er 1956 heiratete, blieb er als Hausmeister an der Berufsfachschule für Landwirtschaft weiterhin im Dienst des Landratsamtes bis zu seiner Pensionierung 1986. Seither lebt er mit seiner Frau Frieda, mit der er nun schon über 50 Jahre verheiratet ist, in seinem Elternhaus in einem kleinen fast schon alpinen Seitental Oberrieds auf etwa 700 Höhenmetern.

Ehepaar Emil und Frieda Kreutz vor ihrem Haus in einem Oberrieder Seitental

Kreutz hadert nicht mit seinem Schicksal. Er ist dankbar, dass er seinen Lebensabend genießen kann. Die Jahre, die ihm in seiner Jugend genommen wurden, bekomme er heute zurück, so der 87-jährige, sehr rüstige und naturverbundene Rentner, der auf dem Hof, den der Sohn mit Familie im Nebenerwerb bewirtschaftet, immer noch tatkräftig mit anpackt.
Aber das Leben besteht nicht nur aus Arbeit. Kreutz pflegt auch seine Hobbys. Im Sommer geht er regelmäßig wandern, egal ob es regnet oder stürmt. Im Winter frönt er, wann immer es möglich ist, seiner großen Leidenschaft: dem Skifahren.
Dem Ehepaar wird es weder langweilig noch vereinsamen sie und es kann durchaus vorkommen, dass das unternehmungslustige Seniorenpaar auch mal erst nachts um halb zwei nach Hause kommt, wenn nämlich in St. Märgen das „Alte Liedersingen“ etwas länger gedauert hat.
Gefragt, wie man gesund alt werden kann, antwortet Kreutz, dass er immer auf gesunde Ernährung geachtet habe, nach wie vor viel in Bewegung sei und auch immer etwas für seine geistige Fitness getan habe. Eine weitere seiner Leidenschaften sei das Rezitieren von Gedichten. Es sei unglaublich, so seine Frau Frieda, wie viele Gedichte er auswendig könne.
Das wichtigste aber sei, so Kreutz, dass er die schönen Momente im Leben genieße und das Leben insgesamgt mit Humor nehme.
Dagmar Engesser, 27.7.2012, www.dreisamtaeler.de
www.freiburg-schwarzwald.de/oberried5.htm

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