Elsass kulturelle Gleichschaltung

Andrée Munchenbach, Präsidentin der elsässischen Regionalbewegung „Unser Land-Le Parti Alsacien“ referierte bei der Regionalgruppe Ortenau des Vereins Deutsche Sprache (VDS)  zum Thema „Die kulturelle Gleichschaltung des Elsass durch die französische Gebietsreform – eine historisch gewachsene europäische Region im verzweifelten Ringen um ihre Selbstbestimmung“. Die selbstbewußte Verfechterin elsässischer Selbstbestimmung stellte zunächst die geschichtlichen Grundlagen vor: Geschichte wie Geographie, so die Referentin, machen aus dem Elsass ein Land, dessen Schicksal von Deutschland und Frankreich bestimmt worden ist. Ursprünglich von germanischer Kultur und Sprache, gehören die Elsässer seit Ludwig dem XIV. – mit wichtigen Unterbrechungen – zu Frankreich, wo es aber keine offizielle Anerkennung für Minderheiten gibt.
Die Elsässer sind in einer ähnlichen Lage wie die Bretonen, die Basken oder die Okzitaner in einem zentralisierten Staat, der die Vielfalt seiner Volksgruppen nicht angemessen schätzt. Aber für das Elsass ist die Lage als Minderheit noch unbehaglicher und schwieriger, weil seine Sprache und Kultur die des angeblichen „Erzfeindes“ sind. Der französische Zentralismus ist die Folge der absoluten Monarchie. Verschiedene Provinzen mit ihren Eigenheiten und Sprachen wurden durch Eroberungskriege oder Heiratspolitik zusammengeführt, um das Königreich zu bilden. Die Französische Revolution hätte zum Föderalismus führen können, wonach die Girondins strebten. Doch die Jakobiner setzen sich durch und erzwangen eine künstliche Einheit, so daß der Nationalkonvent im Jahre 1795 bestimmte: „Die Republik ist einig und unteilbar.Sie kennt nur eine Nationalsprache“. Seit damals gibt es nur EINE Sprache, nur EINE Geschichte, in welcher die elsässische in der Bedeutungslosigkeit verharrt.
Die mit Unterstützung europäischer Institutionen geschaffene Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen, sie ermöglichte auch die Einführung von EU-konformen Minderheiten- regelungen in Osteuropa, wurde 1999 von Frankreich unterzeichnet aber bis heute -wohl aus Sorge eines Sprachenfrühlings in der Republik – nicht ratifiziert.
2013 gab es für die Elsässer im Rahmen eines Referendums (Zusammenlegung des Unter- und Oberelsass ) eine historische Gelegenheit zur politischen Behauptung des Elsass, die jedoch an einer zu geringen Wahlbeteiligung scheiterte. Vielmehr „ landete“ man ein Jahr später in der von der Pariser Zentrale verordneten unliebsamen Großregion, trotz massiver Demos und Proteste. In dieser Konstellation verschwinden die historisch gewachsenen Regionen in einem seelenlosen bürokratischen Gebilde, mit den dramatischen Auswirkungen eines weiteren Sprach- und Kulturverlusts für das Elsass. Die Wertschätzung und Förderung der regionalen Eigenschaften, insbesondere der regionalen Sprachen, so Frau Munchenbach, rechtfertigt sich um so mehr und besonders im Elsass, als sie wirtschaftliche Folgen hat. Die lokale und grenzüberschreitende Wirtschaft verlangt Deutsch und sollte gerade im Hinblick mittelmäßiger französischer Ergebnisse der internationalen OECD-Schulleistungsstudie sowie der PISA-Studie gebührende Berücksichtigung finden.
Eine anschließende Aussprache vertiefte den interessanten und faktenreichen Vortrag, den die VDS -Regionalgruppe im Sinne der deutsch-französischen Verständigung zu gegebener Zeit ergänzen möchte.
21.4.2016, Erich Lienhart, VDS Offenburg, erich.lienhart@web.de
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Unser Land-Le Parti Alsacien
https://www.unserland.org/de/

VDS – Verein Deutsche Sprache
https://vds-ev.de/regionalvertretung/region-7

Im Zuge der Gebietsreform in Frankreich (die Anzahl der Regionen von 22 auf 13  reduzieren) soll das Elsass mit dem benachbarten Lothringen und der ostfranzösischen Region Champagne-Ardenne zu einer großen Gebietskörperschaft mit rund 5,5 Millionen Einwohnern verschmolzen werden. Dagegen regt sich besonders im Elsass großer Widerstand.

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