Dreisam wird renaturiert

Die Aufwertung der Dreisam schreitet voran: Nachdem mehrere Fischaufstiege – etwa am Sandfang – gebaut wurden, soll Ende 2013 mit der Renaturierung eines 850 m langen Flussabschnitts bei der Kartaus begonnen werden. Später sind auch auf Höhe von Littenweiler kleinere Maßnahmen geplant. Ziel ist die Verbesserung des ökolo­gischen Zustands dieses Fließgewässers wie von der europäischen Wasserrahmen-Richtlinie gefordert.

Dass sich die Dreisam zwischen der Sandfang-Brücke und dem Ottiliensteg beim Mage-Solar-Stadion bald wieder mehr in die Breite ausdehnen darf, hat sie letztlich der Deutschen Bahn zu verdanken: Da nämlich der Bau des dritten und vierten Gleises der Rheintalbahn mit Eingriffen in die Natur – bei­spielsweise im Mooswald – verbunden ist, werden von Ge­setz­es wegen ökologische Ausgleichsmaßnahmen nötig. Und bei der Suche nach geeigneten Örtlichkeiten und Projekten stießen die Verantwortlichen auf bereits vorhandene Pläne zur Renaturierung des besagten Dreisam-Abschnitts: Ein solches Vor­haben wird nämlich schon länger als sinnvoll erachtet, konnte bislang aber nicht realisiert werden. Also holte man die al­ten Unterlagen wieder aus der Schublade, aktualisierte sie und lässt sich das Ganze nun von der Bahn finanzieren – rund 600.000.- Euro sind im Gespräch. Das wasserrechtliche Verfahren ist bereits eingeleitet, außer für Flora und Fauna sind auch für den Hochwasserschutz Verbesserungen zu erwarten.

Ein Mehr an Lebensräumen und Artenvielfalt
Nach Abschluss der Arbeiten – vermutlich schon im nächsten Jahr – dürfte die teilweise kanalartig wirkende Dreisam in dem genannten Bereich wieder an eine natürliche Flusslandschaft erinnern: Bei Hochwasser überflutete, bis zu 30 Meter breite Überschwemmungsbereiche werden neue Lebensräume schaffen und so zu einer Erhöhung der Artenvielfalt sorgen. Kiesinseln mit Pionierpflanzen sind dabei ebenso vorstellbar wie ein Mosaik aus strömungsberuhigten Zonen, das vielen Wasser­insekten eine Heimat bietet. Aber auch der Lachs und andere Wanderfische sollen von der Umgestaltung profitieren und mittelfristig wieder im Freiburger Osten heimisch werden. Die Bäume am Nordufer können übrigens stehenbleiben und sollen bei Hochwasser künftig wie kleine Inseln wirken, den betroffenen Uferweg will man ein Stück weiter nördlich verlegen. Das genaue Szenario lässt sich indes kaum vorhersagen: Letztlich wird sich die Dreisam nämlich ihren eigenen Weg bahnen und dabei auch immer wieder mitgeführtes Material, Geschiebe und Pflanzenteile anschwemmen. Regelmäßige Unterhaltungsarbeiten zur Gewährleistung der Flussdynamik erscheinen deshalb ebenso möglich, wie Bekämpfungsmaßnahmen ge­gen Knöterich und andere Wucherpflanzen, welche die Ufer­stabilität gefährden können. Das veränderte Landschaftsbild – eine Ähnlichkeit mit der Isar bei München, die von breiten Kiesflächen gesäumt wird, ist durchaus wahrscheinlich – dürfte indes aber auch eine Kehrseite haben: Die Attraktivität als Naherholungsgebiet wird näm­lich ebenfalls steigen, weshalb eine Verschärfung des be­reits jetzt schon bestehenden Müll- und Lärmproblems erwartet wird.

Anwohner erwarten ein vorausschauendes Konzept
Bei einem Informationsabend in der Laubenhof-Begeg­nungs­stätte zeigte sich vor wenigen Wochen, dass die Anwohner dem Vorhaben dennoch aufgeschlossen gegenüber stehen. Aller­dings erwarten sie von der Stadt ein vorausschauendes Kon­zept, für das es auch schon erste Vorschläge gibt: Demnach könnten auf Höhe der beiden Brücken am Sandfang und beim Stadion zwei Plätze zur Freizeitnutzung geschaffen werden. Die restlichen Bereiche des neu gestalteten Nordufers soll­ten indes baulich so gestaltet werden, dass sie nicht oder nur schwer zugänglich sind. Weitere Einzelheiten will man dem­nächst bei einem Runden Tisch erörtern, zu dem der Bür­ger­verein Oberwiehre-Waldsee auf Anregung der Stadt verschiedene Interessengruppen einlädt.

Richtlinie fordert guten ökologischen Zustand
Die anstehende Renaturierung des Abschnitts bei den Kartaus­wiesen ist übrigens nur eines von mehreren Projekten zur Auf­wertung der Dreisam. Hintergrund ist letztlich die europäische Wasserrahmen-Richtlinie aus dem Jahr 2000: Mit ihr wurde der Blickwinkel von der bis dahin als vordergründig be­trach­teten Wasserqualität hin zu einer ökologisch definierten Ge­wässerqualität auf Basis von Lebensgemeinschaften verscho­ben. Deshalb schreibt diese Richtlinie vor, dass auch ver­än­derte Fließgewässer künftig wieder in einen guten ökologischen Zustand versetzt werden müssen.
Bis dieses Ziel überall an der Freiburger Dreisam erreicht sein wird, bedarf es indes noch mehrerer Eingriffe: Neben der Ent­fer­nung von Sohlschwellen im westlichen Teilabschnitt muss vor allem noch das Schwabentorwehr fischpassierbar gestaltet werden. Aber auch auf Höhe von Littenweiler (zwischen der Eb­neter Nepomuk-Brücke und dem Wasserwerk) sind kleinere Maßnahmen angedacht, etwa Verbesserungen der Sohlstruktur. Ufer- und Vorlandumgestaltungen werden dort jedoch wegen der teilweise nahen Uferbebauung wohl nur in kleinerem Umfang möglich sein, vorwiegend im südöstlichen Bereich – aufgrund bestehender Gas- und Wasserleitungen aller­dings höchstens in kleinem Umfang. Einen genauen Plan gibt es noch nicht, zu gegebener Zeit soll eine öffentliche In­for­mationsveranstaltung stattfinden.
10.6.2013, Andreas Braun, Littenweiler Dorfblatt

 

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