Digitalkompetenz bei jung? alt?

Die Vermittlung von Digitalkompetenz wird an den Schulen weiterhin vernachlässigt. Dies zeigt sich an der Besetzung im deutschen Bundestag: „Nach den Lebensläufen zu urteilen, verfügen gerade einmal ein Prozent der 736 neuen Abgeordneten über eine tiefergehende Digitalkompetenz“so die Freiburger Informatikprofessorin Hannah Bast (s.u.). Ein Armutszeugnis, wenn man davon ausgeht, daß das Parlament ein Spiegelbild der Gesellschaft darstellt.
Unsere Bildungspolitiker scheinen nach der geradezu törichten Devise zu agieren: Da die Digitalisierung viele Gefahren in sich birgt (Datenschutz, Datenmißbrauch in Computer-Netzen, Unterordnung Mensch-Maschine, KI), streichen wir die Thematik einfach aus den Lehrplänen der Schulen.

In Ostasien erlernt die Jugend zwei Programmiersprachen. Eine, um Grundbegriffe der Algorithmik wie Auswahl (Selektion), Schleife (Iteration) und Unterablauf (Rekursion) zu erfahren. Eine zweite, um Software hardwarenah (z.B. mit der Programmiersprache C) zu entwickeln.
Währenddessen diskutieren die Zurschulegehenden in Deutschland, wie die gendermäßig EINE Toilette für die Männleins, Weibleins und X-leins zu gestalten ist und wie unser kleiner  1,8% Anteil an CO2-Ausstoß weltrettungsmäßig nachhaltig zu vermindern ist. Diese krasse Formulierung ist nicht abwertend gegen die Themen Gender oder Klima gerichtet; sie weist vielmehr darauf hin, daß es neben der Digitalkompetenz auch an Gender- und Klimakompetenz mangelt. Die Diskussion um den menschengemachten Klimawandel gründet auf mathematischen Prognosemodellen, die – da nicht ex-post, sondern ex-ante formuliert – (noch) nicht falsifizierbar sind. Wann lernen Schüler das Grundprinzip solcher wissenschaftlichen Modelle im Unterricht kennen? Wann erfahren sie etwas über Wissenschaftstheorie? Nie und nirgends! Auch um die Klimakompetenz der Jugend ist es schlecht bestellt.

Chinas Jugend lebt „Lust auf Innovation“, während unsere Jugend zwar Robotik „super geil“ findet, dazu aber lieber brav per Mausclick bei der allwissenden Alexa nachfragt – so der Wissenschaftsjournalist Yanga Yogeshwar deprimiert nach seiner Asienreise.

Natürlich ist es verlockend, weil bequemer, über etwas zu sprechen als sich mit demselben auseinanderzusetzen – die Flucht vor/aus der Realität in die Meta-Ebene bzw. virtuelle Welt ist derzeit „in“.

Wenn unsere Jugend mit 16 oder 18 Jahren die Schule verläßt und sich ihre Erfahrungen mit Digitalisierung mehr oder weniger auf Gaming (Jungen) und Social Media-Chats (Mädchen) beschränken, dann …, ja was dann? Dann ist dies wunderbar für ein Land, das im Grunde nur über einen einzigen Produktionsfaktor verfügt – die „Bildung„. Es ist ein Jammer, wie unsere Bildungspolitiker mit unserer Jugend bzw. Zukunft umgehen und Bildungprekariat und Bildungsmisere pflegen.
8.11.2021
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Digitalkompetenz lässt sich nicht auslagern
Hannah Bast stellt eine weitverbreitete Abwehrhaltung gegen ein Fortschreiten der Digitalisierung fest .
Ich wünsche der neuen Regierung unseres Landes viel Glück. Vor allem wünsche ich mir, dass wir beim Thema Digitalisierung endlich einen großen Schritt vorankommen. Immerhin haben sich das die vier stärksten Parteien alle auf ihre Fahnen geschrieben. Hinsichtlich konkreter Vorschläge und Problemanalyse bleibt es aber schwammig. Von einem Digitalministerium ist da die Rede und dass die Verwaltungsabläufe digitalisiert und effizienter werden müssen.
So weit, so vernünftig, aber schauen wir mal etwas genauer hin. Der Blick in die Zusammensetzung des neuen Bundestages ist ernüchternd. Nach den Lebensläufen zu urteilen, verfügen gerade einmal ein Prozent der 736 neuen Abgeordneten über eine tiefergehende Digitalkompetenz. Damit meine ich Menschen, die nicht nur selbstverständlich mit Handy und Computer umgehen können (die sogenannten „digital natives“, deren Zahl erfreulicherweise immer größer wird), sondern die auch die Technik dahinter kennen und verstehen. Diesem einen Prozent stehen gegenüber etwa 20 Prozent Juristen und Juristinnen, 15 Prozent aus den Geistes- und Sozialwissenschaften und 15 Prozent aus dem kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Bereich.

Dieses Ungleichgewicht ist ein Problem, denn praktisch alle Gremien des Parlaments werden von Abgeordneten geleitet und sind auch größtenteils mit ihnen besetzt. Selbstverständlich werden je nach Thema auswärtige Sachverständige mit entsprechender Expertise eingeladen. Aber die sind eben nur eingeladen und sitzen nicht am Steuer. Für das, was am Ende herauskommt, ist aber ganz entscheidend, wer führt.

Dieses Problem gibt es nicht nur in der Politik. Auch in vielen Organisationen herrscht nach wie vor die Auffassung, man könne sich die Digitalkompetenz einkaufen oder sie auf andere Weise auslagern. Das ist ein fataler Irrtum. Kaum einer traut sich heute noch, ein wichtiges Entscheidungsgremium ausschließlich mit Männern zu besetzen und zu argumentieren, dass man bei Bedarf ja kompetente Frauen um ihren Rat bitten könnte. Es ist längst Konsens, dass die Frauen mit dabei sein müssen und zwar nicht nur eine, sondern ein angemessener Anteil, und nicht nur mit dabei, sondern mit an der Spitze. Es haben auch inzwischen die meisten verstanden, dass es nicht darum geht, die eine Gruppe gegen die andere auszuspielen, sondern darum, miteinander zu Lösungen kommen, die ganzheitlich und praxistauglich anstatt einseitig und realitätsfern sind. Beim Thema Digitalisierung sind wir immer noch am Anfang, es hapert selbst noch am Problembewusstsein.
Ich sehe dafür vor allem zwei Gründe. Erstens herrscht nach wie vor eine weit verbreitete, teilweise unbewusste Abwehr gegen ein Fortschreiten der Digitalisierung, und zwar sowohl in der breiten Masse der Bevölkerung als auch in Führungskreisen. Letztere stimmen zwar vom Kopf her inzwischen alle zu, dass das Thema wichtig und zukunftsentscheidend ist. Viele sind aber selber nicht digitalkompetent und oft nicht einmal „digital natives“. Manch einer im letzten Abschnitt des Arbeitslebens hofft, dass dieser Kelch noch an ihr oder ihm vorübergeht. Es überwiegen dann die Bedenken und insgeheim ist es vielen wohl ganz recht, wenn es nicht so schnell voran geht, wie es könnte.

Zweitens mangelt es vielen technisch versierten Menschen an Enthusiasmus oder der Bereitschaft, in der Politik oder anderen Entscheidungsgremien mitzuwirken. Wir haben ja durchaus Digitalkompetenz in unserem Land, aber für viele dieser Personen ist es eher eine Horrorvorstellung, sich in ein Umfeld zu begeben, in dem für ihr Gefühl viel geredet und wenig getan wird und das nicht den klaren Gesetzmäßigkeiten folgt, die sie an ihrem Gebiet so lieben. D
ie enorme Nachfrage nach Fachpersonal in den IT-Berufen macht es ihnen noch leichter, in ihrer Komfortzone zu bleiben. Auch ein Digitalministerium wird uns nichts bringen, wenn es in der bisher bekannten Manier besetzt wird: mit Personen, die selber nicht digitalkompetent und womöglich nicht einmal „digital natives“ sind.
Wir brauchen dringend mehr Anreize, um Menschen zu einer technisch tiefen Ausbildung zu motivieren und noch mehr Anreize, um einen Teil dieser Menschen in die Kreise zu bringen, in denen politische Entscheidungen getroffen werden. Es ist kein Luxusproblem, sondern unser zukünftiger Wohlstand hängt entscheidend davon ab.
..Alles vom 6.11.2021 von Hannah Bast bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/digitalkompetenz-laesst-sich-nicht-auslagern–206226382.html

Hannah Bast ist Professorin im Fach Informatik an der Ui Freiburg. Sie war Dekanin der Technischen Fakultät und Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zur „Künstlichen Intelligenz“ KI.
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Einige Kommentare:
Es geht um die Daten, nicht um die Digitalisierung
Das öffentliche Gejammer über unzureichende „Digitalisierung“ des Landes ist fake und ein Ablenkungsmanöver. Es muss doch einem Gesetzgeber vollkommen egal sein, welche (ggf. irgendwie „digitalen“), jedenfalls zulässigen W e r k z e u g e ein Unternehmen zum Einsatz bringt, um seinen legalen Geschäftszweck zu erreichen, und um der Allgemeinheit benötigte und nützliche Produkte zu liefern – und hat dabei Erfolg. Es ist dem Gesetzgeber in der Tat auch egal.
Denn es geht diesem Gesetzgeber in Wahrheit um die  D a t e n  der Unternehmen. Die sollen nicht nur in herkömmlichen oder digitalen Datenspeichern im Land herum liegen , sondern möglichst viel auf irgendwelchen „Datenbautobahnen“ unterwegs sein, die vielen isolierten Datenspeicher sollen untereinander vernetzt sein, die Daten sollen leichter unter Marktteilnehmern ausgetauscht werden können.
Als ob die Urheber dieser Daten das immer so gern hätten ! Denn dieser Austausch verunklart massenhaft Urheberrechte, und macht die Daten von außen angreifbar, stehlbar, manipulierbar, blockierbar, verschlüsselbar, zerstörbar. Die Hacker-Angriffe sind ja real, und sie passieren weltweit jeden Tag. Jeden Tag lösch schon ich Privatmensch zweifelhafte eMails ungeöffnet.
Diese Daten sollen unterwegs sein, weil daran viel Geld zu verdienen ist. Und damit. Drum schreib auch ich seit Langem „die Klaut“. Ganz besonders regt mich dieses Ansinnen auf, wenn es um Patientendaten gibt. Dass die der Zappelspahn gern der Firma Arvato zuschustern will, einer 100-%-Tochter von Bertel’s Frau, das hat er lange vor Amtsantritt publiziert („App vom Arzt“, 2016, Herderverlag). Er hat sich damit bereits vor der Vereidigung als schamloser Lobbyist geoutet. Ich finds zum Verrücktwerden, dass das niemals öffentlich thematisiert worden ist. Danke für Ihre Aufmerksamkeit !
6.11.2021, P.R.
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Die Gleichsetzung „digital“ mit „effizienter“ ist hanebüchen
Lobbyistengeschwafel. Unerträglich.
1. Wenn etwas (etwa ein Werkzeug, und sei es ein „digitales“) sich im Alltag eines Marktteilnehmers bewährt, braucht es kein Akzeptanzmarketing sondern setzt sich in kürzester Zeit durch.
2. Die Gleichsetzung „digital“ mit „effizienter“ ist hanebüchen schwachsinnig. Wer sowas schlankweg behauptet, war noch nie den Unbilden unerwarteter Software-Updates zur Unzeit ausgesetzt. Ich glaube nicht, dass so jemand zu Zeiten des Bill Geiz auf der Welt überhaupt noch existiert.
3. Wo digital nachzurüsten ist, ist das in den Behörden des Staats höchstselbst
4. Dabei werden jahrzehntelange Übergangsfristen nicht zu umgehen zu sein, und dennoch datenvernichtende und viel viel Zusatzarbeit verursachende Systembrüche stattfinden
5. von der grundsätzlichen Unsicherheit und Unschützbarkeit „digital“ und weltweit vernetzt gespeicherter Inhalte ganz zu schweigen

Mein Thema war die informationelle Vernetzung. Wenn die Datenklau bedeutet, will ich die nicht. Wenn die Effizienz bedeutet, nutz ich die gern. Allein: dazu fehlt mir der Beweis.
6.11.2021, P.R.

… die zwei Seiten der Digitalisierung
Frau Bast ist in Freiburg ja keineswegs unbekannt. Ihre Funktion an der Uni ist jedoch eine ganz andere als das, was wir in der Praxis brauchen. Ich nehme an, Frau Bast wird zustimmen, daß sie auf dem Gebiet der Grundlagenforschung arbeitet. Und ich denke, dort macht sie auch eine gute Arbeit. Die Anwendungsseite hat damit sehr wenig zu tun. Um es verständlich zu machen arbeitet Frau Bast an Algorithmen darüber, wie man Daten finden kann. Wie das dann in der Praxis geht, kennt man von Suchmaschinen wie Google oder eben auch für Arztinformationssysteme. Für beide Beispiele ist Frau Basts Arbeit höchst interessant für die Datensuche. Die Demarkationsline ist allerdings die Seite des Datenausspionierens.
Hier hat der Chaos-Computer-Club schon mehrfach gezeigt, wie leicht Suchmaschinen zur Ausspähung von eigentlich geschützen Daten mißbraucht werden kann … jüngstes Beispiel ist der simple Enkeltrick, bei dem mit täuschend echten Mails ahnungslose Mitbürger genötigt werden, geschützte Informationen wie PINs weiterzugeben.
Frau Bast wird zur Lobbyistin, wenn sie bedauert, daß so wenige Bundestagsabgeordnete über eine Digital-Kompetenz verfügen, ganz so als sei es eine höhere Entwicklungsstufe für die Gattung Mensch, sich mit Computern auszukennen. Sie beklagt, daß es unendlich mehr Juristen im Bundestag gibt. Die aber kennen die dunkle Seite der IT. Es sind Juristen, die ein ungezügeltes Voranschreiten der Digitalisierung bremsen, weil sie den Datenmißbrauch und die Offenlegung der Privatseite verhindern.
Was ist besser? Wir haben erlebt, wie die Forschung auf dem Bereich der Kernenergie nicht nur zum Bau von Atombomben mißbraucht wurde, sondern daß auch die friedliche Nutzung der Kernenergie zu nie gekannten Schäden geführt hat.
Frau Bast ist eine Grundlagenforscherin. Deswegen sollte sie sich kritischer auf dem Parkett der Digitalisierung bewegen. Vielleicht gerade weil die Grundlagenforschung so immens interessant ist. Würde aber Frau Bast das Mißbrauchpotential ihrer Ideen für ein schnelleres Finden von Daten nutzen, um wie in der Pharmaindustrie einen Beipackzettel zu schreiben über Risiken und Nebenwirkungen, dann würde sie sicher sehr schnell die Freundlichkeiten der Nutzerindustrie verlieren.
Herr Dr.Rapp und ich sind nun mal Ärzte und sehen sehr wohl, was passieren kann, wenn Patientendaten erste einmal in einer Cloud aufbewahrt werden.
6.11.2021, H-H.B.

Die Computerexperten vom Heiseverlag schreiben folgendes dazu
Digitalisierung: Einfach mal weniger wagen
http://www.heise.de/select/ct/2021/22/2031014540350429916
Digitalisierung im Gesundheitswesen verzögert sich weiter
http://www.heise.de/select/ct/2021/23/2128109101286064308
„E-Rezept & Co.: Ärzte fordern Digitalisierungspause im Gesundheitswesen“
Die Bundesärztekammer und andere Medizinervereinigungen monieren, dass die Telematikinfrastruktur und zugehörige Anwendungen überstürzt eingeführt werden.
http://www.heise.de/news/E-Rezept-Co-Aerzte-fordern-Digitalisierungspause-im-Gesundheitswesen-6250143.html
Digitalisierung: Der Hälfte geht’s zu langsam, jedem 7. gar zu schnell
https://www.heise.de/news/Digitalisierung-Der-Haelfte-geht-s-zu-langsam-jedem-7-gar-zu-schnell-6251809.html
6.11.2021, St.Z.

Für den Notfall drei Zettel im Portemonnaie
„Zettel im Portemonnaie“ – eeexakt so musses sein. Ich hab da immer drei Zettelchen drin. Einen mit den Telefonnummern meiner family, einen mit meinen Medis, und einen, auf dem steht (wie in der handgeschriebenen Verfügung im roten Ordner schräg gegenüber von mir), dass ich im Notfall nicht an die Maschine will sondern eine Palliativtherapie.

Diese Zettel findet immer sofort, wer mich mal wo auffinden sollte. Ohne Bill Geiz, ein Netz, Batteriestrom oder Passwörter bemühen zu müssen.
So muss es sein. Alles andere ist verlogenes Lobbyistengelaber, so wie das vom Zappelspahn.
6.11.2021, P.R.
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