BVerfG: Merkel vs Grundgesetz

Der „unverzeihlich“-Eingriff von Angela Merkel in die Regierungsbildung in Thüringen (Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) am 5.2.2020 zum Regierungschef im Erfurter Landtag) verstieß gegen das Grundgesetz – so urteilte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) über zwei Jahre danach.
Auf den AfD-Eilantrag vom Februar 2020 hin hätte das BVerfG eigentlich bis zum Sommer 2020 reagieren müssen. Doch mit der Löschung der Aussagen der Kanzlerin auf den Internetseiten der Bundesregierung entfiel die Eilbedürftigkeit. Denn „Grund für die Löschung soll nach „BILD“-Informationen ein dezenter Hinweis aus den Reihen des Gerichts gewesen sein“ (siehe unten (1)). Das bedeutet, daß die Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative in Deutschland nicht mehr gegeben ist: Das Bundesverfassungsgericht (Judikative) kontrolliert die Merkel-Regierung (Exekutive) nicht mehr als unabhängige Instanz, sondern beide Gewalten agieren als Komplizen, sind also voneinander abhängig. Siehe (2). Das wäre nichts anderes als das Ende des demokratischen Rechtsstaates.
„Unverzeihlich“ nannte die Kanzlerin die ihr nicht genehme Wahl eines Thüringer Ministerpräsidenten und verfügte die Rückgängigmachung der demokratischen Wahl. Über zwei Jahre brauchte das BVerfG, um die Gesetzeswidrigkeit dieses Merkel-Diktums „Rückgängig, weil unverzeihlich“ festzustellen. Immerhin. Aber Konsequenzen hat dieses Urteil (siehe (4)) keine – schlechte Aussichten für die Zukunft, denn: „Thüringen 2020 steht für den größten Schaden an den Werten der Demokratie seit der Gründung der Bundesrepublik“ (siehe (3) unten).
17.6.2022
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(1) Die Kanzlerin und ihre Richter: Viel zu gute Freunde
Diese Entscheidung trifft Angela Merkel (67, CDU) hart: Die Verfassungsrichter rügen die Altkanzlerin und verurteilen ihre umstrittene Äußerung zur Thüringen-Wahl 2020! Merkel habe mit ihrem Kommentar zur Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich (56) zum Thüringer Ministerpräsidenten im Februar 2020 klar gegen die Verfassung verstoßen, so die Karlsruher Richter am Mittwoch.

Doch warum kommt das Urteil erst 6 Monate nach Merkels Amtszeit-Ende? Die AfD hatte zunächst auch einen Eilantrag gestellt. Über diesen hätte das Gericht wohl schon im Sommer 2020 entscheiden müssen. Wenn die Regierung nicht vorher die Merkel-Ansagen zu Thüringen von den Web-Seiten der Bundesregierung gelöscht hätte. Damit entfiel die für den Eilantrag erforderliche Eilbedürftigkeit – und das Gericht hatte keinerlei Entscheidungsdruck mehr.
Grund für die Löschung soll nach BILD-Informationen ein dezenter Hinweis aus den Reihen des Gerichts gewesen sein.

Merkel und das Verfassungsgericht! 2020 wurde ihr Parteifreund und damaliger CDU/CSU-Fraktionsvize Stephan Harbarth (50) Präsident des Gerichts. Im Juni 2021 lud Merkel mit Ministern die Richter des 1. und 2. Senats zum vertraulichen Abendessen ins Kanzleramt. Das Verfassungsgericht selbst wollte einen langen BILD-Fragenkatalog gestern nicht beantworten. „Das Verfahren ist nach den Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) durchgeführt worden“, teilte Gerichtssprecher Pascal Schellenberg lapidar mit.
… Alles vom 16.6.2022 bitte lesen auf
https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/verfassungsgericht-bewahrten-richter-merkel-vor-frueherem-urteil-80414340.bild.html
(2) Unglaublich: Diskreter „Tipp“ aus Karlsruhe ans Kanzleramt?
Komplizenschaft statt Gewaltenteilung?
Angesichts der Entwicklung des Karlsruher Gerichts von einer Kontrollinstanz zur Abstempel-Maschine von Regierungsentscheidungen wirkt der Bericht der BILD mehr als glaubwürdig. Wenn die Informationen tatsächlich zutreffen, ist damit ein neuer Tiefpunkt erreicht, was die Aufhebung der Gewaltenteilung und die schwindende Unabhängigkeit der Justiz unter Angela Merkel angeht – die ja schon mal die Verfassungsrichter zum trauten Abendessen ins Kanzleramt eingeladen hat, wo dann auch über laufende Verfahren gesprochen wurde.
Allein der Verdacht eines solchen „Durchstechens“ von Karlsruhe ins Kanzleramt wiegt ungeheuerlich und könnte das Grundvertrauen in die Demokratie nachhaltig erschüttern. Nach 16 Jahren Angela Merkel ist dieses aber ohnehin so gering, dass man sich kaum noch wundert. Und dass außer der „Bild“ kaum ein anderes großes Medium über den naheliegenden Verdacht berichtet oder ihm nachgeht. Mit einer funktionierenden Opposition müsste es hier eigentlich einen Untersuchungsausschuss geben. Wetten, dass es den nicht gibt? Die Missstände in Sachen Demokratie sind im „besten Deutschland aller Zeiten“ Norm, und zum „Demokratiefeind“ wird erklärt, wer auf diese Missstände hinweist…. Alles vom 16.6.2022 bitte lesen auf
https://reitschuster.de/post/unglaublich-diskreter-tipp-aus-karlsruhe-ans-kanzleramt/

Einige Kommentare:
Die Menschen im Wertelosewesten
– „Blühende Landschaften“ (1989)
– „Deutschland ist stark. Und soll es bleiben“ (2013)
– „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ (2017)
– „Solide Finanzen, Entlastungen und Investitionen für eine sichere Zukunft“ (2017)
– „„SPD – Scholz packt das an“ und FDP „Nie gab es mehr zu tun“ (2021)
Außer heiße Luft und nichts sagende Sprüche um an der Macht zu bleiben.
Zuerst sollte man die parasitäre Politkaste und die Lügenpresse komplett abschalten, Wahlen durchführen mit dem Ziel Volksentscheide ins Grundgesetz zu verankern nach Schweizer Vorbild.
Sonst wird es im Bürgerkrieg enden, wenn man kein Vertrauen mehr in die Justiz hat.
16.6.2022, G.M.

Das BVG ist genauso wie der VS längst zur politischen Waffe
der Regierung verkommen und alles andere als überparteilich. Wundern tut mich das alles schon lange nicht mehr, da ich spätestens seit der Annullierung der Wahl in Thüringen den Glauben an diesen Staat verloren habe.
16.6.2022, Ete

Welche Demokratie, wo soll die sein?
Ich habe mir gestern noch das „Urteil“ durchgelesen. Das kann ich nur jedem im Widerstand ans Herz legen, sich diese Zeit zu nehmen. Das ist die dokumentierte Würdelosigkeit eines würdelosen politischen Personals. Siehe Homepage BVerfG, Urteil vom 15. Juni 2022 – BvE 4/20 und BvE 5/20 Ein Gästebuchleser hatte mich auf das knappe Abstimmungsergebnis von 5:3 hingewiesen. Spannend. Wer wenig Zeit hat, kann sich nacheinander die Schlagworte „Ansehen, Glaubwürdigkeit, Kosten“ in die Suchmaske eintippen. Wie heißt dieser Paragraph gleich nochmal? Ach ja, § 81 StGB und weitere.
16.6.2022, d.P.

Wenn die Informationen aus dem Artikel stimmen,
hat sich das Bundesverfassungsgericht einmal mehr als Komplize für rechtswidriges Handeln der Bundesregierung „nützlich“ gemacht. Das ist zwar nicht neu, aber diesmal taten sie möglicherweise etwas, von dem sie glaubten, es würde keiner erfahren. Fast hätte ich vergessen zu schreiben, wie pervers es ist, dass genau dieses Bundesverfassungsgericht dann auch noch den Fall selber behandelt. Das folgenlose Urteil „gegen“ Merkel tarnt die Verwicklungen des Gerichts. Schon allein deswegen mussten sie so entscheiden.
16.6.2022, Fra

Demokratie in D?
Berlin-Wahl – das Ergebnis ist demokratisch nicht legitimiert.
Thüringen – auf die versprochene Neuwahl warten wir heute noch.
Sie können machen, was sie wollen. Selbst wenn es aufgedeckt wird, es gibt keine Konsequenzen.
16.6.2022, San

Demokratiesimulation
“ wiegt ungeheuerlich und könnte das Grundvertrauen in die Demokratie nachhaltig erschüttern. “
Ach, das überrascht doch wirklich null. Ein Gericht, dass mit der Regierung essen geht und danach alles durchwinkt, das nicht nur einmal, ist eben Erfüllungsgehilfe der Regierung – da wird eben auch Mal „durchgestochen“. Mit Schutz von Grundrechten haben die eh längst nichts mehr am Hut.
Überhaupt welches (Grund)vertrauen? Lachnummer. Da ist nichts mehr, was nur ansatzweise mit „Vertrauen in die Demokratie“ zu tun hat. Passender wäre „Demokratiesimulation“. Und das Bundesverfassungsgericht simuliert eben Grundrechtsschutz.
16.6.2022, R.L.

Unfassbar, wir sind schon politisch in eine DDR 2.0 gerutscht,
jetzt folgt das wirtschaftliche. Dafür bin ich 89 nicht auf die Straße gegangen
16.6.2022, B.B.

Dem deutschen Volk ist die Zivilcourage abhanden gekommen.
Je länger desto mehr erhärtet sich der Eindruck von „aussen“, dass in Deutschland sich die Bürgerausbildung seit Jahren mit schweren Defiziten auseinander zu setzen hat. Denn der Zustand der politischen Bildung, bzw. Aufklärung und damit das Bewusstsein, in einer „Demokratie“ zu leben, scheint weitgehend abhanden gekommen zu sein. Wie ist es sonst möglich, dass eine solche, sich von der Realität von Beginn an entfernende Regierung ohne jeglichen nennenswerten Widerstand, in ihrer Macht weiterhin uneingeschränkt unbehelligt über den Souverän hinwegsetzen kann?
Dem deutschen Volk ist die Zivilcourage völlig abhanden gekommen. Was wohl im Sinne des „grossen Plans“ ist.
16.6.2022, Kpu
Ende Kommentare

(3) Merkel, Thüringen und das Verfassungsgericht 2022
von Dushan Wegner
Zweieinhalb Jahre später stellt das Verfassungsgericht fest, dass Thüringen 2020 eine demokratische Schweinerei war. Merkel ist nicht mehr Kanzlerin, doch die Politiker, die dabei mitmachten, sind weiter aktiv – und teils in hohen Ämtern.

Thüringen 2020 steht für den größten Schaden an den Werten der Demokratie seit der Gründung der Bundesrepublik. Demokratie bedeutet, dass wir Bürger in freier Wahl bestimmen, wer uns vertritt. Und dann, dass die Volksvertreter bestimmen, wer etwa Ministerpräsident wird, niemandem als ihrem Gewissen unterworfen. Was ist eine Wahl wert, die bei Nichtgefallen von oben her rückgängig gemacht werden kann?
….
Merkel ist nicht mehr Kanzlerin. Das Bundesverfassungsgericht bequemt sich also, über Merkels wenig demokratische Einlassungen festzustellen:
„Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt.“ (https://www.bundesverfassungsgericht.de, 15.6.2022). …
Um das festzustellen, brauchten diese Leute zweieinhalb Jahre? Es ist ein Hohn.
Nun, jetzt wurde immerhin quasi-amtlich festgestellt, dass Merkel der Demokratie geschadet hat.
Geht Merkel dafür ins Gefängnis?
Wird einer von Merkels Schemelhaltern und Kofferträgern bestraft werden?
Wird der Verfassungsschutz jetzt die politischen Netzwerke der Frau Merkel ins Visier nehmen?
Ich bitte Sie.
Der Verfassungsschutz wird weiter darauf achten, dass die Querdenker nicht allzu frech werden.
… Alles vom 16.6.2022 bitte lesen auf
https://www.dushanwegner.com/thueringen-2022/

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(4) Urteil des BVerfG, 2. Senat, vom 15. Juni 2022 (2 BvE 4/20, 2 BvE 5/20)
Nachfolgend ist die die kurze Zusammenfassung zum Urteil vom 15. Juni 2022 (2 BvE 4/20, 2 BvE 5/20) in der Pressemitteilung des BVerfG wiedergegeben. Die Entscheidung selbst ist 37 Seiten lang und enthält außer Detalis nichts prinzipiell Neues zur Rechtsprechung des BVerfG zur Neutralitätspflicht von Regierungsmitgliedern:
Mit Urteil vom 15. Juni 2022 (2 BvE 4/20, 2 BvE 5/20) „hat der Zweite Senat entschieden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel durch eine im Rahmen einer Pressekonferenz mit dem Präsidenten der Republik Südafrika am 6. Februar 2020 in Pretoria getätigte Äußerung zur Ministerpräsidentenwahl in Thüringen und deren anschließende Veröffentlichung auf den Internetseiten der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in ihrem Recht auf Chancengleichheit der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG verletzt hat.
Im Februar 2020 war Thomas Kemmerich (FDP) im dritten Wahlgang zum Ministerpräsidenten des Freistaats Thüringen gewählt worden. An der Wahl wurde wegen der angenommenen Mitwirkung von Abgeordneten sowohl der AfD- als auch der CDU-Landtagsfraktion heftige öffentliche Kritik geübt. Die Bundeskanzlerin äußerte sich dazu am Tag nach der Wahl im Rahmen eines Staatsempfangs mit dem Präsidenten der Republik Südafrika dahingehend, dass die Ministerpräsidentenwahl mit einer ‚Grundüberzeugung‘ gebrochen habe, ‚für die CDU und auch für mich‘, wonach mit ‚der AfD‘ keine Mehrheiten gewonnen werden sollten. Der Vorgang sei ‚unverzeihlich‘, weshalb das Ergebnis rückgängig gemacht werden müsse. Es sei ‚ein schlechter Tag für die Demokratie‘ gewesen.

Bundeskanzlerin Merkel hat mit der getätigten Äußerung in amtlicher Funktion die Antragstellerin negativ qualifiziert und damit in einseitiger Weise auf den Wettbewerb der politischen Parteien eingewirkt. Der damit verbundene Eingriff in das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am Prozess der politischen Willensbildung aus Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG ist weder durch den Auftrag des Bundeskanzlers zur Wahrung der Stabilität der Bundesregierung sowie des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland in der Staatengemeinschaft gerechtfertigt, noch handelt es sich um eine zulässige Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung. Durch die anschließende Veröffentlichung der Äußerung auf den Internetseiten der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung haben die Antragsgegnerinnen außerdem auf Ressourcen zurückgegriffen, die allein ihnen zur Verfügung standen. Indem sie auf diese Weise das in der Äußerung enthaltene negative Werturteil über die Antragstellerin verbreitet haben, haben sie die Antragstellerin eigenständig in ihrem Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb verletzt.“
https://www.bundesverfassungsgericht.de 

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