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Abriss Schulgebäude Kapriole in 2019

Abriss Schulgebäude Kapriole in 2019

 

 

Eberhard Hamer: Mittelstandsvernichtung
Das Mittelstandsinstitut Niedersachsen hat seit 40 Jahren nicht so viele echte Notrufe von Unternehmern bekommen wie zurzeit. In der kommenden Rezession der nächsten drei Jahre könnten wir ein bis zwei Millionen unserer fünf Millionen Unternehmen verlieren, weil die Rahmenbedingungen inzwischen so schlecht geworden sind, dass in einigen Branchen trotz bester unternehmerischer Tüchtigkeit keine Überlebenschancen mehr bestehen. Das Mittelstandsinstitut rechnet deshalb mit dem größten Mittelstandssterben seit dem zweiten Weltkrieg.

Bisher waren Produktions- und Marktprobleme die größte Herausforderung der Unternehmer, welche sie auch in den vergangenen 70 Jahren glänzend bestanden haben. Nun aber kommen Kosten- und Produktionsprobleme hinzu, die nicht in ihrer Gestaltungsmacht liegen, sondern politisch geschaffen worden sind.
Dies betrifft insbesondere den Einkauf. Handwerker berichten schon seit Monaten, dass sie Aufträge nicht mehr ausliefern können, weil einzelne Zulieferteile, zum Beispiel bei den Tischlereien Beschläge, bei den Installateuren Pump- und Messgeräte unter anderem, wochenlang nicht geliefert würden und wenn, dann auch nur in begrenzter Stückzahl. Das hängt offenbar damit zusammen, dass die Zulieferteileindustrie nicht mehr alle Teile dauerhaft produziert, sondern bestimmte Teile nur zu bestimmten Jahreszeiten oder nur alle paar Monate, um damit Umrüstungskosten zu sparen. Für die Handwerker ist es aber verhängnisvoll. Wenn sie zum Beispiel eine Heizungsanlage installiert haben, aber das letzte Teil mehrere Wochen nicht bekommen, ist die Heizung nicht fertig und bekommen sie auch den Preis nicht, bleiben also auf den Vorlieferkosten (Material und Lohn) wochenlang sitzen. Das kann nur aushalten, wer ein finanzielles Polster besitzt, die meisten aber nicht.
Noch schlimmer ist es mit Zulieferungen von Teilen, die bisher aus Russland kamen und durch die von unserer Regierung verhängten Sanktionen nicht mehr kommen. Bei chinesischen Zuliefererteilen spielen Corona-Lockdown und Schiffstransportprobleme eine Rolle für monatelange Verzögerungen von Lieferungen.

Nun zeigt sich, dass die bisherigen Vorteile der Produktions-Globalisierung sofort umschlagen, wenn die USA den Finanz- oder Wirtschaftskrieg gegen für uns notwendige Teile der Welt erklären und wenn unsere Regierung die Welt-Arbeitsteilung durch inbrünstigen Mitvollzug der Sanktionen zerstört und damit den Im- und Export schädigt, von dem ein Drittel unserer Industrie und unseres Wohlstandes abhängen.

Noch stärker als die von unserer Regierung unserer Wirtschaft bescherten Liefer- und Produktionsprobleme sind aber inzwischen die Inflations- und Kostenprobleme geworden. Handwerker, Tagungshotels oder Baufirmen können langfristige Bestellungen nicht mehr zu Festpreisen annehmen, weil sie nicht wissen, wie sich die beschleunigende Inflation auf die Materialpreise in einigen Wochen oder Monaten auswirken. Handwerker, die einen Festpreis mit Lieferung in mehreren Monaten oder einem halben Jahr zugesagt haben oder Baufirmen, welche einen Festpreis vereinbart hatten, geraten sofort in Verluste, wenn die Materialpreise weiter um zehn bis 30 Prozent Inflation steigen. Festpreis ist für viele Betriebe mit längerfristiger Produktion Todesgarantie. Auf variablen Preis lassen sich aber die Auftraggeber nicht ein, weil dann das Risiko für sie unkalkulierbar ist. Die Folge dieser Kostensteigerung ist Auftrags-, Umsatz- und Produktionsrückgang bis hin zum Untergang solcher Betriebe, welche diese Inflationsrisiken nicht beachtet haben und an den Verlusten zugrunde gehen.

Die Inflations-Risiken waren allerdings vorauszusehen. Das Mittelstandsinstitut hat die Unternehmer seit Jahren davor gewarnt, dass hemmungslose Geldvermehrung durch EZB und EU mit Zustimmung unserer Regierung (Merkel, Scholz) zu Geldentwertung und schließlich Inflation führen müsse, sogar zum Zusammenbruch des Währungssystems. Insofern sind die inflatorischen Kostenfolgen für die Unternehmen im Prinzip, nicht aber in Zeit und Höhe voraussehbar gewesen.

Ein weiterer nationaler Positionsnachteil ist durch Fachkräftemangel in Deutschland entstanden. Konzerne und Regierung haben zwar die ungehinderte Massenimmigration nach Deutschland in Millionenstärke durchgesetzt, es kommen aber nicht Fachleute, sondern Unqualifizierte, Gescheiterte, Queere und Arbeitsscheue, die zu 70 Prozent in unseren Sozialsystemen Existenzsicherung ohne Arbeit suchen. Der Rest möglicher Arbeitskräfte will keine Fachausbildung, sondern allenfalls einen Job, den er als Unqualifizierter oder Hilfskraft in Konzernen findet, nicht aber in den mittelständischen Betrieben, in denen überwiegend ausgebildete Fachkräfte gebraucht werden.

Und dem deutschen Nachwuchs wird bereits in den Spaßschulen beigebracht, dass nicht Leistung, sondern Lebensqualität Lebensziel sei. Deshalb drängt die deutsche Jugend nicht in produktive Berufe, in denen nach Leistungsergebnis bezahlt wird, sondern in Beschäftigung, in denen – meist sogar höher – nach Zeitaufwand bezahlt wird, auch wenn ein Ergebnis nicht dabei herauskommt. Nur 30 Prozent unserer Wirtschaft ist deshalb noch marktproduktiv, 70 Prozent der Dienstleistung ist nur teilproduktiv, geringproduktiv oder – wie Gleichstellungs-, Umwelt-, Gender- und viele andere Berufe) – sogar kontraproduktiv, aber zumeist besser bezahlt als die durch den Preis des Produktionsergebnisses begrenzten produktiven Berufe.

Ein Handwerker kann seinem Gesellen nicht mehr geben, als er verdient. Und er bekommt sein Produkt auch nur bezahlt, wenn dies fertig, komplett und in Ordnung ist. Tausende Gender-Traumtänzer mit Umfeld dagegen dürfen unproduktiv schwadronieren und bekommen höhere Gehälter dafür als ein produktiver Handwerker. Und weil öffentliche Fernsehanstalten mit Staatsgeldern finanziert und genügend korrupt sind, bekommen ihre zweifelhaft produktiven Spitzenkräfte höhere Gehälter als Minister. Kein Wunder, wenn deshalb die Jugend zur bloßen Beschäftigung statt zu produktiver Arbeit drängt und wir hunderttausende unproduktiver Ideologie-Studenten trotz ebenso hunderttausend offener Lehrlingsstellen haben. Lehrlinge auszubilden war zu über 80 Prozent immer schon die Leistung der mittelständischen Betriebe. Inzwischen aber werden diese fachlich und auf Leistung ausgebildeten Mitarbeiter den mittelständischen Betrieben systematisch von Staat und Konzernen mit höherem Lohn für unproduktivere Beschäftigungen abgeworben, so dass immer größerer Fachkräftemangel im Mittelstand entstanden ist. Dies merken bereits heute die Konsumenten für die häuslichen Reparaturen. Diese werden immer teurer, knapper, viele Handwerksbetriebe können sie nicht mehr durchführen, ihnen fehlen die qualifizierten Mitarbeiter. Den Reparaturstau und Fehlschaden hat das Mittelstandsinstitut auf jährlich über sechs Milliarden Euro geschätzt.

Der größte Kostenhammer aber ist für unsere Betriebe durch die Energiekrise entstanden. Inzwischen haben sich die Energiekosten der Betriebe verdrei- oder vervierfacht, sind sie acht- bis zehnmal so hoch wie die der internationalen Konkurrenz, zum Beispiel in den USA.

Neben den Personalkosten sind die Energiekosten schon immer ein existenzentscheidender Posten für viele mittelständische Branchen gewesen und hatten wir jahrzehntelang das Glück, durch die Lieferung billigen russischen Gases stabile billige Energie für unsere Betriebe zu haben.

Aus Russland-Hass hat eine von den USA getriebene EU-Kommission mit deutscher Zustimmung das billige russische Gas gekündigt („auf ewig“ – Baerbock), ohne der auf die Energie angewiesenen Wirtschaft Alternativen zu bieten. Man hat sogar die Alternativen der Atomenergie und der Kohle ebenfalls gestoppt. Eine ökonomische Narrenschar Regierender hat also die wirtschaftlichen Grundlagen unserer Betriebe mutwillig und langfristig zerstört und damit nicht nur die Verfügbarkeit, sondern auch den Preis der Energie für unsere Betriebe unbezahlbar gemacht. Als die Täter merkten, welchen Schaden sie angerichtet hatten, haben sie Entlastungsgeschenke nur für die unproduktiven Bevölkerungsgruppen (Rentner, Studenten, Hartz-IV-Bezieher) beschlossen, mit keinem Gedanken aber an die Existenz unserer mittelständischen Betriebe gedacht, sondern ihnen nur geraten, sie müssten „dann eben aufgeben“ (Habeck).

Der Autor weiß aus vielen Gesprächen, was es heißt, wenn ein Unternehmer mit den Erträgen seines Betriebes die Kosten nicht mehr auffangen kann, also in die Verluste gerät. Sofort stürzen sich Finanzamt, öffentliche Kassen, Versicherungen, Banken und Gläubiger zusätzlich auf den Betrieb, auf das Vermögen des Inhabers und vernichten beide. Nur Unternehmer haften nämlich in unserer Wirtschaft persönlich für alles und mit der höchsten Dauer (30 Jahre). Niemand anderes haftet so stark, so umfangreich und so lange in unserer Gesellschaft. Wir werden also bald hunderttausende oder sogar eine Million Unternehmer haben, die ihren Untergang nicht eigenen Fehlern, sondern den mutwilligen Fehlern einer ideologischen Regierung verdanken, aber dafür persönlich büßen müssen, während die Regierungstäter mit Spitzenpensionen auch dann noch gefüttert werden, wenn der Wähler sie aus dem Amt jagt.

Die tragische Situation des Mittelstandes ist nicht nur die, dass er bisher von den Randgruppen nach oben (Konzerne) und unten (Sozialpotenzial) ausgebeutet wurde, sondern dass er auch darüber hinaus als größter Leistungsträger unseres Volkes am meisten durch Abgaben um seine eigene Leistung betrogen – ausgeplündert – wurde und dass nun mehr als eine Million Unternehmer nicht wegen eigener Fehler, sondern trotz eigener Tüchtigkeit wegen der Fehler unserer Regierung (Sanktionen, Billiggaskündigung an Russland, Verhinderung von Alternativenergie, bürokratische Strangulierung) aufgeben müssen.
Der Verlust von eine Millionen Unternehmen würde uns in den nächsten zwei Jahren
– ein Viertel unserer produktiven, werteschaffenden Wirtschaftspotenzials kosten,
– mehr als vier Millionen zusätzliche Arbeitslose schaffen,
– das Sozialprodukt um mehr als zehn Prozent senken, uns also alle ärmer machen,
– die öffentlichen Einnahmen um ca. 20 Prozent vermindern
– und damit auch den verfetteten Staat zum Abschlanken um mindestens zehn Prozent zwingen,
– dafür die Sozialausgaben um etwa 16 Prozent steigern,
– statt Üppigkeit eine Mangelwirtschaft mit sinkenden Realeinkommen, sinkender materieller, gesellschaftlicher und gesundheitlicher Versorgung entstehen lassen.
Schon in den 30er Jahren des vorherigen Jahrhunderts ist der Mittelstand durch staatliche Fehler (Überschuldung) um ein Drittel reduziert worden, in ein soziales Loch gefallen und hat sich, weil die Parteien ihm nicht helfen wollten, radikalisiert. Unternehmer und ihre Mitarbeiter, die durch eine ideologische, wirtschaftsfremde, fremdgesteuerte und chaotische Politik ihre Betriebe und Existenzen verloren haben, werden dann auch künftig nicht mehr ruhig bleiben.
… Alles vom 11.11.2022 von Prof Eberhard Hamer bitte lesen auf
https://mittelstandsinstitut-niedersachsen.de

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CO2-Vemeidungskosten zerstören die Wirtschaft
Solange die CO2-Vemeidungskosten nicht weltweit, sondern nur bei uns gelten, entziehen wir unserer Industrie die Konkurrenzfähigkeit. Will sie überleben, muß sie sich andere Standorte suchen. Deutschlands Haushalte zahlen mit 33 Cent pro Kilowattstunde schon heute die weltweit höchsten Strompreise, die USA liegen bei 13 Euro-Cent, China bei acht.
Prof. Fritz Vahrenholt am 25.6.2021 in „Grüne erzeugen Klima der Angst“

 

 

Offener Brief an den Wirtschaftsminister: Stahl, Strom
Sehr geehrter Herr Minister Altmaier,
mit großer Freude habe ich gelesen, dass Sie die Energiewende nicht für vollends gelungen halten. So geht es nicht nur Ihnen, dieser Verdacht ist dem einen oder anderen Bürger bereits auch schon gekommen.
Sie bemängeln, dass der Versuch, den Klimaschutz in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der wichtigen Staaten zu erreichen, nichts Durchgreifendes gebracht habe. Daher wolle nun die EU eine Vorreiterrolle übernehmen. Dafür müsse die Industrie auf Kohle, Öl und Erdgas verzichten.
Sie erwähnen dabei insbesondere die Stahlindustrie: „An der Stahlindustrie wird sich – als Paradebeispiel einer energieintensiven Industrie – zeigen, ob es uns gelingt, Klimaschutz und hochwertige Industrie in Europa zusammenzubringen“. Dabei meinen Sie, eine Lösung bereits parat zu haben: „Grüner Wasserstoff“. Die Probleme und Gefahren, die es dabei gibt – Sie haben sicherlich die eindrucksvollen Bilder des Hindenburg-Infernos vor Augen? – erörtern Sie leider nicht.
Ebenso wenig geben Sie einen genauen Zeitplan, wann welche Unternehmen eine zuverlässige Wasserstoffversorgung erhalten werden und zu welchen Preisen. Immerhin ist Ihnen klar, dass es teuer wird, sehr teuer sogar.
Damit die Produktion von Stahl nicht in Länder abwandere, die viel geringere Umweltauflagen hätten, sei ein gemeinsames Handeln von Unternehmen und Staat notwendig; Wirtschaft und Politik sollten sich unterhaken. Die EU würde bereits Mechanismen diskutieren, um den Import von Waren, bei denen viele Treibhausgase entstünden, zu verteuern.
Sie haben wirklich recht, Unternehmen und Staat müssen gemeinsam Lösungen suchen. Daher möchte ich Sie ganz herzlich einladen, einen Mandanten von mir – eine Gießerei – zu besuchen! Sicherlich wird ein Besuch eines aktiven Hochofens mit Menschen, die noch von Hand daran arbeiten müssen, ein interessantes Erlebnis für Sie werden. Auch hochsommerliche Temperaturen verlieren dann ihren Schrecken. Dieses seit 125 Jahren bestehende Familienunternehmen ist unmittelbar von den Auswirkungen der Energiewende betroffen, das Schmelzen und Bearbeiten von Eisenerzen ist ebenso energieintensiv wie die Stahlindustrie und auch ebenso wichtig, denn viele Maschinen würden ohne oft maßgefertigte Gussteile stillstehen.
Schon vor Corona hing das wirtschaftliche Leben zunehmend am seidenen Faden, nicht nur wegen der Konkurrenz aus China. Auch die europäische Konkurrenz kann günstiger produzieren, selbst dort, wo die Löhne ebenfalls hoch sind. In vielen Ländern, so bei unserem Nachbarn Frankreich, werden große Teile derartiger Industrieproduktionen mit wunderbar CO2-neutralem „Atomstrom“ betrieben. Über diese und andere innereuropäische Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil Deutschlands und die realen Folgen der Energiewende können wir uns gerne gemeinsam unterhalten. Haken wir uns unter – Kaffee und Kekse gibt es gratis dazu!
Mit freundlichen Grüßen Annette Heinisch, Rechtsanwältin
9.8.2020,
https://vera-lengsfeld.de/2020/08/09/offener-brief/?utm_source=mailpoet&utm_medium=email&utm_campaign=NL-Post-Notifications

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Nachruf auf Joe Kaeser – Siemens gegen FridaysForFuture
Es ist keineswegs verfrüht, heute Morgen den Nachruf auf Joe Kaeser zu verfassen. Einer der großen Männer der deutschen Wirtschaft ist an sein Ende gekommen. Sein Vertrag läuft noch, aber seine Autorität ist erloschen. Er wird der Marke Siemens, die in ihren besten Tagen für Pioniergeist stand, keinen Dienst mehr erweisen können.
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In den herkömmlichen Kategorien der Wirtschaftsgeschichte darf man Kaeser als einen erfolgreichen Manager bezeichnen: Er war geschäftstüchtig und weltgewandt. Der Jet der Bundeskanzlerin war sein zweites Zuhause. Er verkaufte in Asien und Amerika Kraftwerke und Eisenbahnen wie die Schausteller auf dem Jahrmarkt ihre Rubbellose. Den Aktionären füllte er so die Taschen, auch wenn die Wertentwicklung der Siemens-Aktie mit dem Anstieg des Dax nicht mithalten konnte.
Die Tragik des Joe Kaeser aber beginnt jenseits der Bilanz. Nach Ansicht einer neuen Bürgerbewegung, die weit über den Schülerprotest „Fridays for Future“ hinausreicht, verhält er sich ökologisch rücksichtslos, sozial unempfindlich und kommunikativ stolpert er mit seinen Tweets durchs digitale Neuland. Er findet seit Tagen nicht den richtigen Ton, um den Dialog mit einer unruhig gewordenen Gesellschaft noch führen zu können.
Das unmoralische Angebot an Luisa Neubauer, Sprecherin der Klimaschutzbewegung, in den Aufsichtsrat der künftigen Siemens Energy AG einzuziehen, und der Vorstandsbeschluss zur Unterstützung eines Mega-Kohlekraftwerks in Australien, das die Konkurrenz von Alstom und Hitachi Rail zuvor abgelehnt hatte, weisen ihn als Mann von vorgestern aus. Den moralischen Grundsätzen eines Werner von Siemens kann er damit nicht genügen. Dieser sagte bereits 1884: Für den augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.“
Die wertvollste Ressource, die ein Unternehmenschef besitzt, damals wie heute, ist die Glaubwürdigkeit. In der Abendsonne der Ära Kaeser kam es hier zur großen Verpuffung.
Falls der Aufsichtsrat, dem auch Nathalie von Siemens angehört, die Glaubwürdigkeitsdepots des Traditionskonzerns aufladen möchte, bleibt dem Gremium nichts anderes übrig, als einen Neuanfang zu wagen. Es geht dabei nicht nur um Joe Kaeser. Es geht um die Anerkennung einer fundamentalen Erkenntnis: Wir erleben die Demokratisierung der Demokratie, nicht nur bei Siemens. Geschäftsmodelle müssen heute der Gesellschaft zur Ratifizierung vorgelegt werden, nicht mehr nur dem Aufsichtsrat.
Die Atomindustrie weiß, wovon hier die Rede ist. Ihre Akzeptanz war in Deutschland erloschen, noch bevor die gesetzlichen Laufzeiten der Kraftwerke sich dem anpassten. Kanzlerin Angela Merkel war beim Atomausstieg nur die Notarin einer Gesellschaft, die nach Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima auf Abschaltung und Demontage der deutschen Nuklearindustrie bestand.
Es geht hier nicht darum, ob der Atomausstieg sachlich geboten war. Es ist jetzt nicht wichtig, ob die Angst der Bürger vor genveränderten Nahrungsmitteln gerechtfertigt ist. Es ist unerheblich, ob die Casino-Mentalität der Investmentbanker wirklich die Weltfinanzkrise ausgelöst hat. Es geht um die Anerkennung eines demokratischen Prinzips, das seinen Aktionsradius fortwährend von der Politik in die Wirtschaft expandiert. Albert Camus: „Was ist ein Mensch in der Revolte? Ein Mensch, der nein sagt.“
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Im Unterschied zu den Revolutionären vorangegangener Jahrhunderte, die Barrikaden in Brand steckten und Dynamit in den Taschen trugen, sind die neuen Aufständischen gesittet und höflich. Banken werden nicht gestürmt, nur reguliert. Den Fabriken der Atomwirtschaft drohte keine Sprengung, nur die Abschaltung. Der Siemens-Chef muss nicht die Guillotine fürchten, nur die Nicht-Verlängerung seines Vertrages. Und das für ihn Beruhigende: Am Ende fließt kein Blut, nur Geld.
„Fridays for Future“ hat gestern in zwölf Städten gegen den Siemens-Konzern protestiert. Sie haben diesmal die Eltern auf ihrer Seite – zumindest wenn es um Kaeser geht, der dabei helfen will, ausgerechnet im brennenden Australien ein weiteres Kohlekraftwerk zu installieren. Damit hat er es geschafft, dem bisher abstrakten Aufbegehren „gegen den Klimawandel“ ein Gesicht zu geben.
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Joe Kaeser dachte, er sei die Vorhut der Gesellschaft, und ist nun die tragische letzte Kompanie. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind aufgeworfen, nicht nur bei Siemens: Wie passt das Versprechen von Nachhaltigkeit zum notwendigen Gewinnstreben einer Unternehmung? Muss ein Konzern heute nicht nur Aufträge akquirieren, sondern auch Aufträge ablehnen? Wenn es Manager gibt, die sich um „Business to Consumer“ und “Business to Business“ kümmern, braucht es nicht auch jemanden, der etwas von „Business to Society“ versteht?
Wer an dieser Stelle der 172-jährigen Siemens-Geschichte keine Fragen hat, ist selbst schuld. Die Familie des Gründers, die in Zurückgezogenheit lebt, muss einmal mehr in jenes Unternehmen, das ihren Namen trägt, investieren – nicht Geld, nur Mut. Oder um es mit George Bernard Shaw zu sagen: „Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die normalen gebracht haben.“
… Alles vom 15.1.2020 zu „Steingarts MorgenBriefing“ bitte lesen auf
https://news.gaborsteingart.com/online.php?u=FFinV743055

 

 

 

„Modell Deutschland“ verblüht – Unser Land steigt ab
Max Otte
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Vor anderthalb Jahrzehnten schrieb Gabor Steingart, seinerzeit Journalist beim Spiegel, später Handelsblatt-Herausgeber und derzeitig Herausgeber des vielbeachteten „Morning Briefings“ das Buch „Deutschland – Abstieg eines Superstars“. Wahrscheinlich hätte sich Steingart damals nicht in seinen schlimmsten Alpträumen ausmalen können, was seitdem passiert ist. Nicht nur ist Deutschland abgestiegen, die deutsche Bevölkerung verarmt international gesehen, sogar im Vergleich zu Ländern wie Italien, die deutschen Großbanken rangieren international unter „ferner liefen“, die Großkonzerne sind demoralisiert oder in internationaler Hand, der Mittelstand, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, wird durch Gesetze und Regeln Stück für Stück stranguliert.
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Noch viel schlimmer – die Deutschen haben unter  . Als ob die deutsche Wirtschaft mit dem Kampf gegen das deutsche Banken- und Finanzsystem nicht schon genug belastet wäre, folgten im Abstand von wenigen Jahren die Energiewende, die Öffnung der Grenze für Migranten und die Offensive gegen das Herzstück der deutschen Industrie, die Autobranche – all das, ohne daß es schon entsprechende Zukunftsindustrien gäbe, die unseren Wohlstand auch in Zukunft sichern werden.
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Dabei hatte diese Wirtschaft zwei Weltkriege überstanden und sich wieder erholt. Insbesondere die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs, die vielen Toten, die selbstverschuldeten Verluste an Ingenieuren und Wissenschaftlern und der gigantische Abzug von intellektuellem Eigentum hätten Deutschland nach menschlichem Ermessen auf Dauer erledigen müssen. Der Transfer lief massiv in Richtung Siegermächte, wie Bruno Bandulet in seinem lesenswerten Buch „Beuteland. Die systematische Plünderung Deutschlands seit 1945“ ausführt. Gemessen an den relativ überschaubaren Summen, die der Marshallplan zur Verfügung stellte, wäre der Verlust an Menschen, Wissen und Schlüsselindustrien eigentlich letal gewesen.
War er aber nicht. Trotz des extremen Aderlasses und der schwierigen Startbedingungen stieg die westdeutsche Wirtschaft phänomenal und schnell wieder in die Weltspitze auf. In den 1960er und 1970er Jahren hatte die Bundesrepublik nach den USA und Japan die drittgrößte Volkswirtschaft unter den westlichen Industrienationen, und das trotz einer erheblich kleineren Bevölkerung und Fläche. In den 1980er Jahren wurde sie zweimal Exportweltmeister, das heißt, das Land mit den absolut höchsten Exporten. Und das, obwohl Deutschland geteilt war und zudem massive Flächen- und Bevölkerungsverluste hatte hinnehmen müssen.
Auch 1990 und von 2003 bis 2008 exportierte Deutschland absolut am meisten, bevor es bereits vor zehn Jahren von der Volksrepublik China abgelöst wurde. Schon vor dem Euro und vor dem Vertrag von Maastricht, also in den 1980er Jahren, wies die Bundesrepublik eine wesentlich offenere Volkswirtschaft auf als die USA oder Japan. Bereits damals lag der Anteil der grenzüberschreitenden Waren und Dienstleistungen dort bei mehr als 50 Prozent, während es in den USA und Japan ein Viertel oder weniger waren. In den 1970er Jahren war der Höhepunkt der Nachkriegsentwicklung erreicht – trotz Ölpreisschocks, Stagflation und RAF-Terrorismus.
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Deutschland fällt in vielen Bereichen zurück. Die Mittelschicht schrumpft. Mittelstand und Handwerk, Rückgrat des deutschen Wohlstands, implodieren. Die Deutschen haben deutlich weniger Privatvermögen als die meisten Nachbarn, es gibt neue Armut.
Einen maßgeblichen Anteil am Wiederaufstieg Deutschlands hatte sicher der Mittelstand. Der BWL-Professor und Unternehmensberater Hermann Simon machte 1996 in seinem gleichnamigen Buch die heimlichen Gewinner, die „Hidden Champions“, einem internationalen Publikum als Phänomen begreifbar. Diese Familienunternehmen aus der Provinz machten und machen so ziemlich alles anders, als es im Lehrbuch des angelsächsischen Finanzkapitalismus vorgesehen ist. Sie haben ihren Hauptsitz meistens auf dem Land und stellen sich nicht „breit“ auf, sondern konzentrieren sich auf winzige Nischen auf dem Weltmarkt, die sie dominieren. Sie werden in wesentlichen Entscheidungen autoritär, in der Umsetzung aber partizipativ geführt. Weitere Säulen der deutschen Stärke waren das Sozialsystem, das den sozialen Frieden sicherte und Leistung ermöglichte, ein vorbildliches Bildungs- und Wissenschaftssystem sowie Konzerne von Weltgeltung, die in der „Deutschland AG“ eng miteinander verflochten waren. Ein vorbildliches dezentrales Bankensystem mit Volks- und Raiffeisenbanken und Sparkassen sowie einigen Großbanken versorgte die Wirtschaft mit langfristigen und günstigen Krediten und bot Kleinsparern Anlagemöglichkeiten.
Die Westdeutschen waren zu Recht stolz auf ihren wirtschaftlichen Wiederaufstieg. Helmut Schmidt zog 1976 für die SPD mit dem Slogan „Modell Deutschland“ in den Wahlkampf. Die CDU unter Helmut Kohl hatte mit „Freiheit statt Sozialismus“ keine Chance. Bildung, Gesundheit und Altersversorgung waren im großen und ganzen für alle Deutschen gewährleistet, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft und sozialen Schicht. Deutschlands Wirtschaft war in der Welt respektiert, der Export des Landes boomte trotz des Verlustes von Zukunftsindustrien.
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Auch die Währung blieb in den 1970er Jahren im Gegensatz zu den USA und Großbritannien einigermaßen stabil. Die starke D-Mark warf eine hohe Sozialdividende ab. Der Wettbewerbsdruck durch Aufwertungen schadete der Exportwirtschaft nicht, sondern spornte die deutschen Unternehmen zu Innovation und größerer Wettbewerbsfähigkeit an. 1989 konnten endlich auch die Deutschen in der Noch-DDR stolz sein – auf ihre friedliche Revolution, auf ihren Bürgersinn. Der Weg für das „Modell Deutschland“ – jetzt West und Ost vereint – schien frei.
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Und dann begann, zunächst langsam, dann aber immer schneller, der Abstieg der deutschen Wirtschaft. Deutschland fällt in vielen Bereichen zurück. Die Mittelschicht schrumpft. Mittelstand und Handwerk, Rückgrat des deutschen Wohlstands, implodieren. In Deutschland gibt es neue Armut. In den Großkonzernen sitzen verängstigte Manager, die zum Teil ein Vielfaches ihrer Vorgänger verdienen, aber nicht in der Lage sind, ihre Unternehmen in die Zukunft zu führen. Symptomatisch hierfür mag der lange Abstieg der Deutschen Bank sein, der am 4. September 2018 mit dem Rauswurf aus dem europäischen Aktienindex EuroStoxx 50 seinen vorläufigen Tiefpunkt erreichte. Aber auch in der Autoindustrie, der Schlüsselindustrie Deutschlands, sieht es nicht gut aus. In Bildung, Wissenschaft und Technik fällt Deutschland zurück.
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Wenn die nächste Weltwirtschaftskrise über uns hereinbricht, steht Deutschland ohne Reserven da.
Die Deutschen haben deutlich weniger Privatvermögen als die meisten ihrer Nachbarn, Deutschlands Industrie gebeutelt und oftmals in ausländischem Besitz, der Mittelstand ausgeblutet, die Pensionskassen und Bankbilanzen durch die Nullzinspolitik geplündert. Noch schlimmer: Die einseitige Exportorientierung, die wir uns in den letzten Jahren zu Lasten unserer Bevölkerung und unserer Infrastruktur geleistet haben, wird dazu führen, daß uns die Krise viel stärker treffen wird als andere, weniger exportorientierte Länder. Schon vor vielen Jahren warnte Deutschlands wohl renommiertester Ökonom Hans-Werner Sinn davor, daß das Land zu einer „Basarökonomie“ verkomme, die vor allem vom Handel lebt, in der aber die Wertschöpfungstiefe der Fertigung beständig abnehme.
In der nächsten Wirtschaftskrise kann es in unserem Land sehr ungemütlich werden. Durch Merkels Experiment der Grenzöffnung haben sich die Grundvoraussetzungen massiv verändert. Der gesellschaftliche Grundkonsens ist nicht mehr gegeben.
Zwar ging es Deutschland zweimal im 20. Jahrhundert sehr schlecht, aber beide Male waren die gesellschaftlichen Bedingungen andere. Nach dem Ersten Weltkrieg verloren viele Menschen ihr Vermögen in der Hyperinflation von 1923. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als insbesondere der Westen viele Flüchtlinge aus dem Osten aufnehmen mußte, durchlebte Deutschland Zeiten bitterster Armut. Wieder wurden die Kontoguthaben entwertet. Und die Flüchtlinge wurden keinesfalls mit offenen Armen aufgenommen, sondern eher geduldet (vgl. Andreas Kossert, „Kalte Heimat“). Ich weiß das auch von Augenzeugenberichten, denn mein Vater und seine Familie waren darunter. Aber es bestand trotz allem ein gesellschaftlicher Grundkonsens.
Heute ist das nicht mehr der Fall. Die Verarmung größerer Bevölkerungsgruppen würde auf eine gespaltene Gesellschaft treffen, die an vielen Orten schon zur multiethnischen Gesellschaft geworden ist. In etlichen No-go-Areas kann schon heute die öffentliche Sicherheit nicht mehr uneingeschränkt aufrechterhalten werden. Die Reichen sondern sich immer weiter vom Rest der Gesellschaft ab. Die Zahl der Bauern, die in Deutschland noch bis in die 1980er Jahre sehr hoch war, ist innerhalb eines Jahrhunderts drastisch gesunken, und zwar von 83,2 Prozent der Bevölkerung im Jahr 1900 auf 1,6 Prozent 2011 (Deutscher Bauernverband, „Jahrhundertvergleich“, Situationsbericht 2012/2013). Einen eigenen Garten mit zumindest teilweiser Selbstversorgung haben in unserem hochindustrialisierten Land nur noch wenige. Wohin das führen kann, haben wir vor einigen Jahren in Frankreich gesehen, als in den Vororten von Paris massive gewalttätige Unruhen ausbrachen.
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In der nächsten Wirtschaftskrise kann es in diesem Land sehr ungemütlich werden. Bereits 2008 sagte die CIA in einer Studie für das Jahr 2020 die Unregierbarkeit vieler deutscher Stadtviertel voraus. Der am 13. Januar 2017 verstorbene investigative Journalist Udo Ulfkotte schrieb ein Buch darüber („Vorsicht Bürgerkrieg! Was lange gärt, wird endlich Wut“). Ich hielt das damals für blanke Panikmache. Wenn Unruhen ausbrechen würden, dann vielleicht in Frankreich oder England, aber doch nicht im gesitteten Deutschland. Der brave Deutsche, so meine Annahme, wäre dazu gar nicht fähig. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr so sicher. Durch Merkels Experiment der Grenzöffnung, von einer mächtigen internationalen Koalition gestützt, haben sich die Grundvoraussetzungen massiv verändert. Viele deutsche Innenstädte fühlen sich nicht mehr deutsch an. Man mag dieses
„historisch einzigartige Experiment
der Umwandlung
einer monoethnischen monokulturellen Demokratie
in eine multikulturelle“

begrüßen, wie der Harvard-Politikwissenschaftler Yasha Mounk in den Tagesthemen vom 20. Februar 2018. Egal, wie man zu diesem „einzigartigen Experiment“ steht, es läßt sich nicht bestreiten, daß die Risiken erheblich sind. Die Vorfälle von Chemnitz im Herbst 2018 geben einen Vorgeschmack.
Bereits 2010 schrieb das Nachrichtenmagazin Focus unter Bezug auf Ulfkotte: „Da ahnte selbst der amerikanische Geheimdienst noch nicht, wie schnell die Entwicklung im Herzen Europas die Studie überholen sollte. […] Wo sollte man möglichst schnell wegziehen? Wo wird die Polizei die innere Sicherheit nicht mehr dauerhaft gewährleisten können?“ In der nächsten Wirtschaftskrise wird es richtig ungemütlich in Deutschland.
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25.10.2019, Max Otte, Junge Freiheit, Seite 18

Prof. Dr. Max Otte, Jahrgang 1964, war von 2001 bis 2018 Professor für allgemeine und internationale BWL an der Hochschule Worms, von 2011 bis 2016 zugleich an der Universität Graz. Der Investor ist ein entschiedener Kritiker des Finanzkapitalismus. Max Otte ist CDU-Mitglied und Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
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Max Otte: Weltsystemcrash. Krisen, Unruhen und die Geburt einer neuen Weltordnung, Finanzbuch-Verlag, München 2019, Hardcover, 640 Seiten, 24,99 Euro. Der Beitrag auf dieser Seite ist – mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag – ein adaptierter Auszug aus dem Buch, das diese Woche erscheint.

 

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