Volkswirtschaft

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Wetterbuchen vom Rosshang in Hofsgrund am Schauinsland am 10.12.2020: Schnee – Buchen – Nebel – Sonne

 

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Modern-Money-Theory beschleunigt den selbstverschuldeten Zusammenbruch
Wohlstand vorgaukeln
von Thorsten Polleit
Frei nach Karl Marx und Friedrich Engel läßt sich sagen: „Es geht ein Gespenst um auf der Welt, das Gespenst der ‘Modernen Monetären Theorie’ (MMT).“ In den Vereinigten Staaten ist die MMT – ihre prominentesten Befürworter sind die US-amerikanischen Ökonomen Warren Mosler und Stephanie A. Kelton – vor allem im linken Lager der Demokratischen Partei auf fruchtbaren Boden gefallen. In der volkswirtschaftlichen Diskussion ist sie hingegen weitgehend auf Kritik und auch auf Ablehnung gestoßen. Die Befürworter der MMT lassen sich dennoch nicht unterkriegen. Da volkswirtschaftliche Theorien, auch wenn sie falsch sind, wirkungsmächtig werden und, wenn sie die Politik beeinflussen, großen Schaden anrichten können, ist es wichtig, sich eingehend mit ihnen auseinanderzusetzen.

Fragen wir zunächst: Was ist „modern“ an der MMT? Nun, neu ist sie nicht. Die MMT ist vielmehr eklektisch, ihre Vertreter berufen sich auf viele bekannte Theorieelemente – wie auf Georg Friedrich Knapps „Staatliche Theorie des Geldes“ und den damit verbundenen Chartalismus, (das heißt die Lehre, wonach das Geld eine Schöpfung des Staates und seiner Rechtsordnung ist, und daß der Geldwert ebenfalls staatlich bestimmt wird), sowie auf keynesianische und postkeynesianische Elemente und auch auf die Krisentheorie des Ökonomen Hyman P. Minsky. Das „moderne“ an der MMT ist, diese und andere Theorieelemente miteinander zu verknüpfen und sie als ein praktikables geld-, finanz- und wirtschaftspolitisches Konzept anzupreisen, mit dem sich angeblich drängende Probleme der Zeit – wie zum Beispiel Wirtschaftskrisen, Un­terbeschäftigung und Staatsüberschuldung – lösen lassen.

Konkret gesprochen besagt die MMT erstens: Der Staat soll sich fortan von seiner Zentralbank so viel Fiat-Geld sprichwörtlich drucken lassen, wie er zur Bewältigung seiner Ausgaben braucht. Zweitens: Steuern werden nicht mehr zur Finanzierung des Staatshaushaltes erhoben, sondern nur noch um eine Nachfrage nach dem staatlichen Fiat-Geld sicherzustellen. Drittens: Der Staat betreibt eine kreditfinanzierte Nachfragepolitik, um die Volkswirtschaft auf Vollbeschäftigung zu bringen. Viertens: Sollte es Güterpreisinflation geben, wird sie eingefangen, indem die Staatsdefizite entsprechend verringert und/oder die Geldmenge in den Händen der Privaten per Besteuerung reduziert werden. Fünftens: Der Staat kontrolliert mit seiner Defizitpolitik den Zins: Gibt er beispielsweise in Phasen der Konjunkturschwäche mehr aus, als er an Steuern einnimmt, beschafft er sich den Fehlbetrag durch neu geschaffenes Zentralbankgeld. Das zusätzliche Zentralbankgeld im Interbankenmarkt steigt daraufhin an und senkt den Zins ab – und das wiederum befördert Investitionen, Wachstum und Beschäftigung. Sechstens: Indem der Staat das Ziel verfolgt, Vollbeschäftigung zu sichern, stabilisiert er die Wirtschaft: Nimmt beispielsweise die Beschäftigung ab, sorgt der Staat mit erhöhten Ausgaben – finanziert durch neu geschaffenes Geld – für eine erhöhte Nachfrage und mehr Arbeitsstellen; überhitzt die Wirtschaft, verringert der Staat die Ausgaben und/oder reduziert die Geldmenge durch Steuererhöhungen und legt sie still.

Weniger bekannt scheint unter den Anhängern der MMT zu sein, daß die grundlegende Idee der MMT geradewegs zu dem sozialistischen Denker Pierre-Joseph Proudhon (1809–1865) oder dem nationalsozialistischen Wirtschaftstheorie-Autodidakten Gottfried Feder (1883–1941) zurückführt. Ihnen zufolge soll der Staat nicht nur die Hoheit über die Geldproduktion haben, er soll vor allem auch ungehindert Zugang zu neuem Geld bekommen, das die Zentralbank ihm möglichst zinslos bereitstellt. Daß das aber auf ein geradezu gefährliches Staatsverständnis hinausläuft, sollte jedem klar sein, der den tieferen Sinn der Forderung „No taxation without representation“ versteht: Ihre Beachtung soll bekanntlich sicherstellen, daß die Regierenden nicht ohne Zustimmung an Geld und Eigentum der Regierten kommen; und entsprechend ist die Mißachtung dieser Forderung – wie sie die MMT einfordert – Ausdruck einer tyrannischen Gesinnung.

Zudem ist der Gedanke, der Staat werde die Güterpreisinflation, verursacht durch die staatlich verursachte Geldmengenvermehrung, nicht aus dem Ruder laufen lassen, sie sogar bekämpfen, sollte sie zu hoch ausfallen, völlig realitätsfremd: Es ist absehbar, daß Regierungen sich, wenn sie ungehindert Zugang zur Notenpresse erhalten, immer mehr neues Geld beschaffen, es mit vollen Händen ausgeben, um sich damit die Zustimmung der Regierten zu erkaufen. Gerade in modernen Demokratien sorgen Politiker sich um das Hier und Jetzt, scheren sich wenig um das Morgen. Hochinflation, wenn nicht gar Hyperinflation, werden daher die unausweichliche Begleiterscheinung der MMT sein.

Absurd ist die Vorstellung, der Staat könnte mit seiner Ausgabenpolitik die Konjunktur oder gar die Volkswirtschaft glätten, sie stets auf Vollbeschäftigungskurs halten. Das ist die urkeynesianische Idee der „Globalsteuerung“, wie sie vom deutschen Volkswirt Karl Schiller (1911–1994), als er deutscher Wirtschafts- und Finanzminister war, von 1967 bis 1982 in die Tat umgesetzt wurde – und scheiterte. Der Staat, seine Politiker und Bürokraten, haben schlichtweg nicht das erforderliche Wissen, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun. Zeitliche Verzögerungen, die zwischen Politikmaßnahmen und ihren Wirkungen auftreten, und die sich vorab nicht verläßlich vorhersehen lassen, machen es unmöglich, die gewünschten Politikziele zu erreichen. Die MMT bietet keine Lösung für dieses Problem.

Besonders problematisch ist, daß die MMT dem heute weitestgehend akzeptierten Wissenschaftsverständnis entstammt, nach dem die wissenschaftliche Methode der Naturwissenschaft – also Erkenntnisgewinnung durch Experimentieren – auf die Ökonomik zu übertragen ist. Die Volkswirtschaft wird so de facto zum Versuchslabor deklariert. Gerade die ökonomischen Theorien, die politisch Verheißungsvolles versprechen – wie zum Beispiel „Durch das Vermehren der Geldmenge steigt der Wohlstand“ oder „Negativzinsen fördern Wachstum und Beschäftigung“ oder „Schulden sind kein Problem, der Staat soll Kredite aufnehmen“ –, haben gute Chancen, politische Zustimmung zu finden, um sie tatsächlich in der Praxis auszuprobieren. Daß die MMT Wissenschaftlichkeit beanspruchen kann, macht sie für Regierungen nur noch attraktiver.

Es mag daher nicht überraschen, daß die MMT gerade im politischen Lager der Kollektivisten-Sozialisten-Marxisten auf große Unterstützung stoßen dürfte. Die „reine“, nicht ideologisierte ökonomische Lehre kann nämlich abschätzen, wohin die MMT letztlich führt: Sie befördert das ungehemmte Vordringen des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft zu Lasten der Freiheiten von Bürgern und Unternehmern – also genau das, was linken Eiferern üblicherweise vorschwebt. Der finanziell allmächtige Staat wuchert aus, treibt Bürger und Unternehmer in seine Abhängigkeit – vor allem auch durch die Nöte und Bedürftigkeit, für die Hoch- oder gar Hyperinflation sorgen werden. So gesehen ist die MMT so etwas wie ein Trojanisches Pferd: eine Theorie, die, unter falscher Flagge in die Praxis umgesetzt, dem Staat zur Allmacht verhilft, Bürgern und Unternehmern monetäres Chaos beschert und dem Sozialismus den Boden bereitet.

Mit einer gewissen Beklemmung muß man feststellen, daß die MMT gewissermaßen das logische Ende vorwegnimmt, auf das die herrschende Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik des Westens ohnehin zusteuert.

Die Staatshaushalte sind seit Jahr und Tag chronisch defizitär. Die Zentralbanken finanzieren die Staatsschulden mit künstlich gesenkten Zinsen und der Ausgabe von immer mehr neuem Geld. Weite Teile der Bevölkerung sowie auch eine wachsende Zahl von Firmen sind in eine immer stärkere Abhängigkeit von der staatlichen Ausgabe- und Versorgungspolitik geraten. Die „grüne Politik“, der große geplante Umbau der Volkswirtschaften, bedient sich quasi bereits der MMT: Um die mit dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verbundenen Kosten vor den Augen der Öffentlichkeit weitestgehend zu verbergen – wie vor allem die Zerschlagung der volkswirtschaftlichen Leistungsfähigkeit –, bringen die Staaten gewaltige, mit neuen Schulden und neuem Geld finanzierte Unterstützungspakete auf den Weg. Sie sollen die Konjunkturen vor dem Absturz bewahren, den Fortgang des Wohlstandes vorgaukeln.

Mittlerweile tritt jedoch die dunkle Seite der wachsenden Staatsverschuldung, die von den Zentralbanken à la MMT mit neu geschaffenem Geld bereitwillig finanziert wird, schonungslos zutage – und zwar in Form der Hochinflation. Sie zersetzt nicht nur die Kaufkraft des Geldes, die in Geld gehaltenen Ersparnisse und verarmt weite Teile der Bevölkerung und setzt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit herab. Und wie schwierig es ist, eine erst einmal in Gang gekommene Hochinflation zu beenden, zeigen unmißverständlich die zögerlichen Zinsanhebungen der Zentralbanken: Man scheut davor zurück, die Kosten der Inflationsbeendigung – eine Stabilisierungsrezession – in Kauf zu nehmen und verhärtet und verschlimmert damit das Inflationsproblem. Die MMT bietet da keine Politikalternative an, die hoffnungsvoll stimmen könnte.

Prof. Dr. Thorsten Polleit, Jahrgang 1967, ist seit 2012 Chefvolkswirt der Degussa. Seit 2014 lehrt er als Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Er ist Präsident des Ludwig-von-Mises-Instituts Deutschland
… Alles vom 30.9.2022 von Thorsten Polleit bitte lesen in der JF40/22, Seite 16

 

Weltweites Bruttoinlandsprodukt 2021 nach Ländern, in Billionen US-Dollar

… so klein ist Deutschland, das in seinem Größenwahn die Welt retten will.
21.5.2022
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Überschuldung: Inflation, Währungsschnitt oder Bankrott
Der Staat wirft mit Milliarden um sich, die ihm gar nicht gehören
– Scholz präsentierte zu Weihnachten wieder „Schein“-Pakete besonderer Art
– Wie werden die Gläubiger des Auslands auf Totalverlust einmal regieren?

Meine Mutter pflegte oft zu sagen, „Wenn Gott die Menschen strafen will, nimmt er den Herren den Verstand“. Damit meinte sie Politiker, wenn sie unvernünftig waren, und das Volk solche Entscheidungen auszubaden hatte. Heute würde sie nicht „Herren“ sagen, sondern die da oben, weil sich in solche Kreise immer mehr Frauen gesellen. Unisono stellen sie Erfahrungen, Wissen, Logik und Vernunft auf den Kopf und fälschen schlicht Fakten. Beispiele? Millionenfache Immigration mit milliardenschweren Folgen werden als „Bereicherung“ verfälscht. Oder, das tausendfach sogar tödliche Coronavirus wird oft menschenverachtend als „Chance“ bezeichnet, weil in Zeiten einer tatsächlichen Pandemie wie der Pest die eine oder andere Entdeckung gemacht wurde. Und heute muss das neue Virus herhalten, um die europäische und internationale Verwerfung des Finanzwesens mit neuen Billionen zu kaschieren. Womit ich beim Thema bin.

Zuerst einige Grundlagen für die wenigen, die Volkswirtschaft nicht als Fach gewählt hatten. Diese Lehre vermittelte die einfache Formel S = I, d.h. die Summe der Ersparnisse (S) ist gleich der Summe aller Investitionen (I). Das war plausibel, denn alles, was von den geschaffenen Werten nicht verbraucht wurde, wird gespart und steht für Investitionen zur Verfügung. In normalen Zeiten und nach Kriegen nahm die Wirtschaft das Geld der Banksparer und finanzierte damit ihre Investitionen zur Verbesserung der Produktivität. Und die Zinsen waren eine indirekte Beteiligung an den mit Investitionen erzielten Gewinnen. Heute braucht die Wirtschaft das Geld der Sparer nicht mehr, sie finanziert ihre Investitionen größtenteils selbst.

Inzwischen übertrifft der Staat den Geldhunger, den früher die Wirtschaft hatte. Als die Merkel-Regierung 2005 die Macht übernahm, betrug die Schuldenquote gemessen am Inlandsprodukt BIP 66 Prozent. Nach fünf Jahren war sie im Jahr 2010 auf 82 Prozent gestiegen. Die Mastrichtkriterien von 60 Prozent waren erstmals im letzten Jahr erfüllt. Jetzt liegt die Staatsverschuldung mit über zwei Billionen Euro erneut über 81 Prozent. Die Finanzsituation stand schon im Juni 2019 auf wackligen Füßen. Die Deutsche Bank wollte kritische Wert(los)papiere in eine neue Bad-Bank auslagern, in eine „interne Abwicklungseinheit“ – ein Instrument der Schuldenkaschierung.

In Europa sah es noch schlimmer aus. Hinlänglich bekannt ist, dass die südländischen „Olivenstaaten“ weit über ihre Verhältnisse gelebt haben und es anscheinend weiter tun. Aber unter dem Deckmantel der Target-II-Salden lassen sich Euro-Schulden einerseits und (vermeintliche) Guthaben leicht verstecken. So stehen andere Staaten bei unserer Bundesbank mit rund einer Billion Euro in der Kreide, ohne dass das anscheinend jemanden aufregt. Aber wie lange kann der Krug noch zum Brunnen gehen?

Und dann kam das Jahr 2020 mit Corona. Gerade zur richtigen Zeit, weil sich das Finanzdesaster nicht viel länger hätte kaschieren lassen? Einige Bereiche wurden nicht vom Virus, sondern durch staatliche Verordnungen heruntergefahren, die aus Gründen der Epidemie nicht hätten geschlossen werden müssen, z.B. Campingplätze, Ferienwohnungen, jetzt Gaststätten und der Einzelhandel trotz ausreichenden Hygienekonzepten. Auch Urlaub machen in Ländern mit weniger Infektionen stand auf dem Index. Die Folge: Die Menschen konnten kaum noch Geld ausgeben, die Girokonten füllten sich, die Sparquote stieg zwangsläufig von 11 Prozent auf jetzt rund 20 Prozent. Das war kein „Angstsparen“ sondern Kalkül der Finanzstrategen. Das Geld, welches nicht mehr für das normale Leben ausgegeben werden kann, stünde nun dem Zugriff des Fiskus zur Verfügung.

Weil aber nächstes Jahr gewählt wird, verschieben sie das in die Zukunft und machen Schulden. Olaf Scholz, der schon als Erster Bürgermeister von Hamburg viel vom Schuldenmachen verstand, klotzt jetzt so richtig. Die indirekten Steuern gehen dieses Jahr zurück, die direkten Steuern schlagen erst nächstes Jahr so richtig zu Buche bzw. ins Konto. Mit Zustimmung des Bundestages wird alleine die Corona-Neuverschuldung 2020 von 90 auf 160 Mrd. EUR erhöht und 2021 nochmal 180 Mrd. neue Schulden wegen Corona. Von höheren Steuern zur Gegenfinanzierung der Einkommensausgleiche ist noch nicht die Rede. Aber kommt Zeit, kommt Steuer. Den Solidaritätszuschlag für die Kompensierung der Deutschen Einheit gibt es noch heute.

Europa überbietet mit seinem neuen Haushalt alles bisher Dagewesene. Die EU finanziert sich nicht mehr allein über Beiträge der Mitgliedsländer, die EU macht erstmals Schulden wie ihre Mitgliedsländer. Die Staats- und Regierungschefs stockten ihr „Krisenprogramm“ vom März Anfang Dezember auf 1,85 Billionen EUR auf. „Deal!“ twitterte Ratspräsident Charles Michel dazu, weshalb die Frage erlaubt sei, womit er früher sein Geld machte. Ob die deutsche Ratspräsidentin Merkel auch etwas zu sagen hatte wie die Kommissionspräsidentin v.d. Leyen? Und das immer noch auf Englisch, auch wenn Großbritannien den Hut nahm und ging?

Erst bis 2058 sollen die aufgenommenen EU-Schulden zurückgezahlt werden! Aber von wem? Jedenfalls erhielt dieses v.d.L.-EU-Programm der Kommissionspräsidentin unter der Ratspräsidentschaft von Angela Merkel (wer hat nun das Sagen, sie oder Charles Michel?) den ungeschönt bitteren Titel „Next Generation EU“. Und Deutschlands nächste und übernächste Generation wird davon die größte Last zu tragen haben.

Und die EZB entwickelt sich immer mehr zu einen „Schwarzen Loch“, das alles absorbiert, was in die Quere kommt, auch Schrott. Die EZB-Geldmenge betrug vor der Finanzkrise 2008 noch 0,9 Billionen Euro. Sie stieg jetzt unter seiner EZB-Präsidentin Christine Lagarde lt. Hans-Werner Sinn auf 4,6 Billionen und wird 2021 auf 6 Billionen Euro wachsen. Vielleicht deshalb hat George Soros die Idee, „dass sich die EU-Staaten mit ewigen Anleihen verschulden sollen, für die zwar Zinsen gezahlt werden, bei denen der Kredit aber nicht mehr zurückgezahlt werden muss.“ Aber zurück zum jetzigen Deutschland.

Die hohe Verschuldung ist nicht alternativlos – so wenig wie es das Kanzleramt ist. Schulden sind gerechtfertigt für Investitionen. Je nachhaltiger Investitionen mit ihrer Nutzungsdauer sind, desto längerfristig auch die Kredite. Aber die jetzt aufgelegten Programme dienen nur zum geringsten Teil Investitionen. Die nachgeholte Technik zur Digitalisierung ist in längstens zehn Jahren veraltet und durch neue zu ersetzen, die Kreditlinien laufen aber über 25 Jahre. Noch schlimmer, die Kredite werden nicht für Investitionen aufgenommen, sondern zum Ausgleich von politisch verursachten Einkommensausfällen. Aber solche Einkommen sind weg, sie lassen sich volkswirtschaftlich nicht ausgleichen. Lock- und Shutdown bedeutet, null Schaffung von Gütern und Diensten. Was passiert, wenn Geld geschöpft wird, dem kein Inlandsprodukt gegenübersteht? …

Das wäre die Alternative statt dem Schulden machen: Ich hatte es schon einmal vorgeschlagen. Diejenigen sollen jetzt für die Kosten aufkommen, denen die Maßnahmen „zu kurz, zu lasch, nicht hart genug“ sind. Während in Deutschland 79 Prozent des Schadens mit Krediten, Garantien und Bürgschaften in die Zukunft verschoben wird, ist es in Holland nur die Hälfte. Österreich verschiebt nur ein Viertel in die Zukunft und bittet aktuell jene zur Kasse, die nach Lockdown riefen und deren Konten wuchsen. Vorbildlich war Trump-USA; nur 15 Prozent der Kosten wurden auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben, fast alles „von den Lebenden genommen“ oder an anderer Stelle eingespart. Vielleicht ist das ein Mitgrund, warum man ihn nicht weiter als Präsidenten haben möchte. Bei uns zahlt sich Schuldenmachen politisch aus. Die Merkel-Mannschaft wird umso beliebter, je mehr Schulden sie macht.

Was tun? Drei Szenarien gibt es zur Bewältigung der jetzt geschaffenen (nicht entstandenen) Krise.
1. Erstens eine wirkliche Inflation, nicht nur zwei Prozent Preissteigerung.
2. Oder irgendwann einen Währungsschnitt, wie es ihn nach den Kriegen gab.
Also einen großen Reset der vermeintlichen Sparguthaben und der Staatsschulden.
3. Oder aber, Staaten leisten einen Offenbarungseid und räumen ein, „wir können
euch frühere Kredite beim besten Willen nicht zurückzahlen, irren ist politisch“.
Betrug wird auch die nächste Politikerklasse ihren früheren Artgenossen kaum vorwerfen. Eigentlich ist die Soros-Idee ehrlicher einzugestehen, dass die Darlehen an verschuldete Staaten nicht mehr zurückgezahlt werden können, auch nicht mehr von unseren Regierungen.

Das Problem wird aber für Deutschland gravierender und vielleicht sogar verhängnisvoll. Keiner weiß warum, aber deutsche Anleihen werden unserem Finanzminister trotz der Nullverzinsung fast aus der Hand gerissen. Unser Staat erlebt eine Geldschwemme, aber die Hälfte der Deutschen Schulden werden vom Ausland gehalten. Dass die Anleger keine Zinsen erhalten, verschmerzen diese offensichtlich.
Aber stellen wir uns vor, den Geldgebern des Auslands wird in 25 Jahren offenbart, es war edel von euch, uns damals aus der Patsche zu helfen, aber tut uns leid, wir können euer Geld nicht zurückzahlen (leider taugen die Target-II-Salden nicht zur Verrechnung). Stellen wir uns weiter vor, jene Ausländer haben eine bessere Armee als wir. In der Haut der Nachfolger einer AKK möchte ich dann nicht stecken. Dann gibt es vermutlich kein weihnachtliches „Friede auf Erden“ mehr. Bliebe stattdessen, sich nicht beim Ausland, sondern ausschließlich bei der EZB zu verschulden, statt wie jetzt mit „nur“ 36 Prozent. Der Vorteil wäre: Die EZB könnte bei einer nicht möglichen Rückzahlung schlecht mit Panzern „argumentieren“.
23.12.2020, Albrecht Künstle, Herbolzheim, kuenstle.a ät gmx.e

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VWL für Lieschen Müller – van Suntum’s „Unsichtbare Hand“ in 4. Auflage
Mein Lieblingsbuch: van Suntum’s “Die unsichtbare Hand”

Medien versuchen aus Nachrichten Einzigartigkeiten zu schaffen. Das ist ihr Geschäft. Denn das Einzigartige findet Aufmerksamkeit. Was es (angeblich) noch nie gegeben hat, wird gelesen, gehört, geschaut.
Volkswirte sind so etwas wie die natürlichen Feinde der Medien, zumindest der Boulevard-Medien. „Der Euro führt uns in die Katastrophe!“ Die Welt hat schon viele Währungsreformen erlebt – und überlebt. „Die aufstrebenden asiatischen Staaten greifen nach der ökonomischen Weltherrschaft!“ Arbeitsteilung hilft am Ende allen. – Den apokalyptischen medialen Zukunftsszenarien stellt der besonnene Volkswirt die entspannte Analyse menschlicher Interaktionen gegenüber.

Ulrich van Suntum ist so ein besonnener Volkswirt. Gerade ist in vierter Auflage sein Buch „Die unsichtbare Hand – ökonomisches Denken gestern und heute“ erschienen (29,95 Euro, Bestellung bei Amazon). Wie kein zweites deutschsprachiges Buch liefert es zu den alltäglichen Nachrichten fundierte ökonomische Zusammenhänge.

Vernichtet der technische Fortschritt Arbeitsplätze? Wie entsteht Inflation? Gehen uns bald die Rohstoffe aus? Auf alle relevanten ökonomischen Debatten der vergangenen Jahrzehnte bietet „Die unsichtbare Hand“ das ökonomische Rüstzeug – in Form von ökonomischer Theorie, auch durch historische Vergleiche (Download Inhaltsverzeichnis).

Auch die aktuelle Finanzkrise ist für den Professor am „Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung“ an der Universität Münster keine wirkliche Überraschung: „Große Finanzkrisen hat es auch schon früher gegeben, etwa den holländischen Tulpenwahn im 17. Jahrhundert oder den Zusammenbruch der Papiergeldwährung in Frankreich ein knappes Jahrhundert später “, schreibt van Suntum, „nur sind die Lehren daraus vielfach wieder vergessen worden.“

Es ist wohl Hans Besters, dem verstorbenen Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ruhr-Universität Bochum, zu verdanken, dass es dieses Buch überhaupt gibt. „Er hat mich davor gewarnt“, schreibt van Suntum, „allein der Mathematik zu trauen, wenn es um ökonomische Probleme geht.“ Letzten Endes habe Besters immer nur das gelten lassen, was man notfalls auch „Lieschen Müller“ habe klarmachen können.

Das ist die Stärke von „Die unsichtbare Hand“: Es ist für Nicht-Ökonomen verständlich und für Ökonomen dennoch erhellend.

Diesem Buch sind viele Leser zu wünschen. Doch dazu wird es vermutlich nicht kommen. Der Wissenschaftsverlag Springer gibt sich wenig bis keine Mühe, das Buch mit Hilfe der Optik für breitere Leserschichten attraktiv zu machen. Seit der ersten Auflage prangt eine langweilige Luftbildaufnahme Manhattens auf dem Cover. Das Foto soll wohl als Symbol für die Wirtschaft stehen. Doch van Suntums Buch ist so ziemlich genau das Gegenteil. Es geht ihm nicht um anonymes Wirtschaften. Zahlreiche ökonomische Denker stellt van Suntum in seinem Buch vor, und ganz grundsätzlich steht immer der Mensch im Mittelpunkt seiner Überlegungen.
Eine große Auflage ist also nicht zu erwarten. Es wäre schon viel gewonnen, wenn es in mancher Redaktion gelesen würde.
… Alles vom 30.5.2011 von Johannes Eber bitte lesen auf
https://pixeloekonom.de/2011/05/30/vwl-fur-lieschen-muller-van-suntums-unsichtbare-hand-in-vierter-auflage/
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Ulrich van Suntum:
„Die unsichtbare Hand – ökonomisches Denken gestern und heute“
Gabler-Verlag, 316. S. , 2013, 5. Auflage
29,95 Euro gebunden, 14,95 Euro als TB