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Thilo Sarrazin: Buchbesprechung Jürgen Großmann „Aus der Zeit gefallen?“
Deutschland wieder in den Sattel setzen
Der Industriekapitän Jürgen Großmann ruft mit zwei Co-Autoren zu einer gesellschaftlichen und politischen Umkehr auf
Bodenständige, von Vernunft und Leistungsbewußtsein getragene Ansichten sind zwar in der deutschen Bevölkerung immer noch weit verbreitet. In den Medien und im intellektuellen Diskurs sind sie allerdings unterrepräsentiert. Der dominierende Zeitgeist ist nach wie vor links-grün: Reichtum ist verdächtig, ein Übermaß an Fleiß und beruflicher Leistung sind fragwürdig, deutsche Herkunft ist irgendwie von gestern, und mehr kulturfremde Zuwanderung gilt als das probate Heilmittel für deutsche Phantomschmerzen.
Da ist es erfreulich, wenn sich drei Autoren ganz unterschiedlichen Alters, die alle mitten im Leben stehen, zusammentun und ihre Sicht auf wichtige Fragen der Zeit nebeneinanderstellen. Ganz im Gegensatz zum Titel des Buches sind ihre Ansichten nicht „aus der Zeit gefallen“, sondern allenfalls „aus dem linksgrünen Schema F gefallen“. Sie zeigen: Gute Argumente kommen ohne zornige Attitüden und selbstgerechtes Beleidigtsein aus. Sie argumentieren in der Sache und aus ihrer konkreten Welterfahrung:
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Jürgen Großmann, 73 Jahre alt, als erfolgreicher internationaler Manager und Vollblutunternehmer, Alleingesellschafter der Stahlgruppe Georgsmarienhütte und ehemaliger Vorstandsvorsitzender der RWE AG;
Dominik Pförringer, 53 Jahre alt, als Arzt und Gesundheitsökonom mit großer Beratungserfahrung;
Franca Bauernfeind, 25 Jahre alt, als erfolgreiche Masterstudentin, die sich kräftig in der Hochschulpolitik engagiert und ihre berufliche Zukunft vielleicht in der Politik findet.

Diese drei äußern sich unter anderem zu den vier gesellschaftlichen Großthemen Klima und Umwelt, Europa und EU, Flucht und Migration und Politische Korrektheit und Gendersprache. Sie tun dies jeweils ganz subjektiv in ihrer Sprache und aus ihrem konkreten Erfahrungshintergrund. So fehlt es völlig an gestanzten Worthülsen, und auch die Akzente sind ganz unterschiedlich. Man merkt, daß sie wissen, wovon sie reden, und spürt genau, wo sie sich besondere Sorgen machen.

„Wir müssen damit aufhören, Bewährtes über Bord zu werfen“
Jürgen Großmann bringt die Fehler einer verantwortungslosen Energiepolitik anschaulich auf den Punkt und zeigt, daß Deutschland schon seit 2010 „kräftig und nachhaltig an dem Ast sägte, auf dem es energiepolitisch sicher und bequem zu sitzen schien“. 19 Kernkraftwerke wurden auf Null heruntergefahren, und ein vergleichbar preisgünstiger und CO2-freier Ersatz ist nicht in Sicht. Großmann fordert, daß wir endlich damit aufhören müssen, „Bewährtes über Bord zu werfen, bevor wir einen vollwertigen Ersatz dafür entwickelt haben und auch implementieren können“.
Dominik Pförringer ist besorgt, daß in der Gesundheitsversorgung in vielen Fällen „das ökonomische Gewinnstreben als Entscheidungsgrundlage vor oder über der medizinischen Notwendigkeit steht“, und er kritisiert eine verbreitete Besessenheit mit menschlicher Langlebigkeit um jeden Preis: „Wer pflegt alle diese immobilen humanen Oldtimer, mit welchem Personal, an welchem Ort, wie lange?“ Er weiß, was er sich „nicht vorstellen geschweige denn erleben möchte: Das ewige Leben“. Sport hält er für eine „zuverlässige Methode, Krankheit durch Verletzung zu ersetzen. Selbstoptimierung des Körpers ist kein Garant für Langlebigkeit. Sportwahn kein Surrogat für mangelnde Selbstverantwortung. (…) Wünschenswert wäre es, in sinnvollem Maße auf seine Fitneß zu achten und sich laufend fit zu halten mittels Fahrrad ohne Motor, Einkaufen ohne App und Aufstieg ohne Aufzug.“

Franca Bauernfeind greift bei dem Thema der politischen Korrektheit in den reichen Erfahrungsschatz ihres Engagements in der Hochschulpolitik. Ein großes Ärgernis ist ihr die Frauenquote, die sie für eine Diskriminierung tüchtiger und engagierter Frauen hält. Besonders widersinnig ist aus ihrer Sicht, „daß die linksliberalen Frauenquotenbefürworter auch für die Abschaffung des Geschlechts sind.“ Als sie sich gegen die Quote aussprach, erhielt sie von ehemals guten Freunden Posts wie „Halt die Fresse, Franca. Nur weil Du Dich nicht benachteiligt fühlst, heißt das nicht, daß einige Frauen* nicht benachteiligt sind.“ Sie berichtet über ihre Erfahrung: „Wenn eine Frau wie in meinem Fall (als CDU-Mitglied) aus der Frauen-Schublade ausbricht, ist sie selbst Gegenstand der moralisierenden Ächtung.“ Der herrschende Zeitgeist wird wie ein Schleier über alles gezogen und übt Konformitätsdruck aus. Aber sie besteht darauf: „Ich und viele – gerade junge – Frauen empfinden Quoten als rückständig, rigide und Frauen als ‘schwach’ darstellend. Wieso also nicht auf uns hören? Auf die Zukunft? Weil der Schleier über uns liegt.“

Von den drei Autoren formuliert Jürgen Großmann am prägnantesten. Hier schreibt ein Wirtschaftsführer und alter Fahrensmann. Die Texte von Franca Bauernfeind wirken am frischesten. Man merkt das jugendliche Alter der Autorin und die intensiv gefühlte Betroffenheit. Dominik Pförringers Äußerungen zur Gesundheitspolitik sind in ihrem lapidaren Charakter schlagend. Alle drei Autoren sind dort am stärksten, wo sie aus ihren unmittelbaren Erfahrungen berichten und daraus Schlüsse ziehen.
In der Summe läßt das so unterschiedliche Autorenteam den Leser optimistisch zurück. Denn wo es so viel Kampfgeist, Engagement und gesunden Menschenverstand gibt, besteht immer auch Anlaß zur Hoffnung.
… Alles vom 15.12.2023 von Thilo Sarrazin bitte lesen in der JF 51/23, Seite 21
https://www.junge-freiheit.de

Jürgen Großmann, Dominik Pförringer, Franca Bauernfeind:
Aus der Zeit gefallen? Drei Generationen wider den Zeitgeist.
Mit einem Vorwort von Harald Schmidt.
Verlag Langen Müller, München 2023, gebunden, 320 Seiten, 25 Euro