Landarzt

Home >Business >Gesund >Arzt >Landarzt

Blick vom Kandel über herbstliche Buchen zu den Alpen Ende Oktober 2021

 

Hausarzt: Neben den zwölfstündigen Arbeitstagen noch in den Nacht-Notdienst zu gehen, übersteigt die Kräfte
Das mangelnde Verständnis der Redaktion erschließt sich mir nur sehr schwer. Sie berichten selbst in Ihrem Artikel, dass 900 Hausarztsitze in Baden-Württemberg nicht besetzt sind. Immer weniger Ärzte sind für immer mehr Patienten da. Wir sind mit unseren Praxiszeiten schon mehr als am Anschlag. Im Durchschnitt bin ich deutlich über 12 Stunden täglich in der Praxis- und zusätzlich viele Stunden am Wochenende. Für einen Hausbesuch bekommen wir lächerliche 24,36 Euro, für ein Belastungs-EKG lächerliche 22,75 Euro. Für Letzteres wird Personal und Raum für mindestens 30 Minuten gebunden. Das ist eigentlich betriebswirtschaftlicher Selbstmord. Wen wundert es denn, dass sich niemand mehr niederlassen möchte? Ein Handwerker würde für diesen Hungerlohn noch nicht einmal das Telefon abnehmen. Neben den mindestens zwölfstündigen Arbeitstagen noch in den nächtlichen Notdienst zu gehen, übersteigt sicherlich die physischen und psychischen Kräfte der meisten Ärzte. Der sogenannte Versorgungsauftrag liegt zwar bei den niedergelassenen Ärzten, dieser kann zu Nebenzeiten aufgrund der Überlastung in der eigenen Praxis aber nicht mehr geleistet werden, obwohl der Notdienst etwas besser bezahlt ist. Gelten Arbeitszeitgesetze nur für Angestellte? Und jetzt kommt noch hinzu, dass über 36 Prozent der niedergelassenen Ärzte über 60 Jahre alt und daher auch wahrscheinlich nicht mehr so leistungsfähig sind. Vielen von diesen wird der Zwang zum Notdienst sehr wahrscheinlich den baldigen Gang in den Ruhestand ebnen, was diese missliche Entwicklung noch beschleunigen wird. Damit werden es immer weniger Ärzte, die zum Notdienst zur Verfügung stehen. Diese ganzen Missstände fallen nicht in die Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung, sondern der großen Politik und der Krankenkassen, die das Geld überall aus dem Fenster schmeißen, aber nicht für die Basisversorgung der eigenen Bevölkerung bereitstellen und seit Jahrzehnten auf Kosten der Pflichtgefühle von uns niedergelassenen Ärzten Missmanagement betreiben. Ich lade den Kommentator vom Tagesspiegel, Jens Schmitz, gerne dazu ein, mal einen Arbeitstag bei mir mit durchschnittlich 100 Praxis-Patienten-Kontakten zu erleben. Mit Sicherheit wird sein eigenes Urteil danach sein, dass diese Arbeitsdichte mörderisch und eine darauf folgende Schicht im Notdienst undenkbar ist. Bis hierhin sind noch nicht einmal der Stress und die Sorge der Unternehmensführung mit Personalmangel etc. berücksichtigt.
14.11.2023, Christian Rathmer, Freiburg

zu: Medizinische Versorgung: Notbremse bei Notdiensten
25.10.2023, https://www.badische-zeitung.de/patienten-in-baden-wuerttemberg-drohen-lange-wege-zu-notfallpraxen

 

Auf dem Land gibt es noch ein Miteinander
Zu: „Ein besonderes Miteinander“, Interview von Christoph Giese mit Ulrich Harteisen (BZ-Spezial, 12. August)
Während ich Ihnen schreibe, höre ich Woody Guthrie, eine kratzende CD mit einem Lied aus den 30ern, „This land is your land“. Ich bin Landarzt, und das seit wenig mehr als 40 Jahren. Würden Sie fragen, ob ich heute wieder Medizin studieren und in die Praxis gehen würde, ich sage ja. Aktuell diskutiert die Ärzteschaft über die Zukunft der Landärzte und die Zukunft der ungeliebten Notfall-Praxen in den Kliniken. Überlastete Ärzt:innen, lange Wartezeiten, weite Wege, Vertröstungen, MRT statt echter Untersuchung.
Aber nur wenige Stunden, bevor ich Ihren Artikel las, besuchten zwei Medizinstudenten meine Praxis. Beide haben gesagt, sie wollten, so schnell wie es geht raus aus dem Krankenhaus und dann aufs Land, in eine Praxis wie diese. Ich glaube auch, dass die Inflation und die schlechter werdende Wirtschaft einen Teil dazu beitragen wird, dass die Ansprüche sich einem realen Maß anpassen werden.
Ulrich Harteisen bewunderte das besondere Miteinander auf dem Land. Er hat recht! Die Dorfbewohner gehen sehr schonend mit ihrem Doktor um, so empfinde ich das. Umgekehrt müssen sie nicht täglich woanders hinfahren, wenn sie Hilfe brauchen. Möglicherweise bin ich nicht nur Nostalgiker, sondern sogar Schwärmer. Dörfer, die relativ nah an der Stadt liegen, wachsen, sagt Harteisen. Wenn das kein Zeichen dafür ist, dass mehr und mehr Menschen die Städte verlassen. Und was fehlt denn auf dem Land?
Wir haben nicht nur einen Bäcker und einen Metzger, wir können auch Eier essen, die so frisch sind wie in keiner Stadt, Honig vom Imker beziehen und hie und da bringen „meine“ Patient:innen mir auch selbstgemachte Marmelade.
Die Handwerker im Ort kennt man, das Handwerk lebt. Finden Sie in der Stadt noch einen Maurer oder Maler, den sie einfach auf der Straße ansprechen können? Und genauso geht es mir als handwerklich tätigen Arzt. Es stimmt schon mit dem, was Harteisen ein besonderes Miteinander nennt. Und noch etwas, wenn irgendwann in naher Zukunft der Klimawandel dazu zwingt, die Autos abzuschaffen, hier auf dem Land reicht ein Fahrrad oder die eigenen Füße. Wozu brauchen wir denn Autos? Um die Ärzte in den Städten aufzusuchen oder die Supermärkte? Ich bin Nostalgiker und deswegen ein Gutteil Realist.
5.9.2023, Karlheinz Bayer, Bad Peterstal-Griesbach, BZ

 

Breitnau im Praxisverbund „Hausärzte Schwarzwald“
Eine gesicherte hausärztliche Versorgung ist in ländlichen Regionen keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Auch in Breitnau war lange zu befürchten, dass sich kein Nachfolger für den langjährigen Landarzt Dr. med. Hans-Gerhard Hammerschmidt findet. Er schob seinen Ruhestand so lange hinaus, bis eine gute Lösung gefunden wurde. Das war im vergangenen Jahr, als er seinen 70. Geburtstags feierte. Mehrere Player Schlussendlich waren es mehrere Player, die gemeinsam ein tragfähiges Modell entwickelten. Da war zum einen die Gemeinde, die vorausschauend Räumlichkeiten in der Seniorenanlange Sonnenhöhe für eine Arztpraxis angekauft hatte und damit Geld in die Hand nahm, um die hausärztliche Versorgung Breitnaus Sicher zu stellen.

Und da war zum anderen die Praxis Krimmel und Reisch mit Hauptsitz in Stegen. „Einzelpraxen sind Auslaufmodelle“, so Dr. Peter Krimmel. Deshalb suchte er schon vor längerer Zeit nach neuen Wegen und fand die Lösung in einem Praxisverbund. Seit einigen Jahren sammelt er mit diesem Modell positive Erfahrungen und erweiterte vor einem Jahr den bestehenden Verbund Stegen und St. Peter um den Sitz in Breitnau.
Die dritte Playerin ist Dr. med. Marina Straub. Sie ist seit dem 1. Oktober 2021 als Gesellschafterin in den Praxisverbund mit eingestiegen und dritte, gleichberechtigte Partnerin. Sie wird künftig diejenige sein, die die Breitnauer Patienten und Patientinnen ärztlich betreut.
Dieser Praxisverbund hat viele Vorteile. So muss sich nicht jede Einzelpraxis um Verwaltung und Abrechnung kümmern, da dies alles zentralisiert in Stegen stattfindet. Hinzu kommen verlässliche Dienstpläne für die Mitarbeitenden und eine garantierte ärztliche Betreuung vor Ort. Die Praxen sind das Jahr über durchgängig geöffnet und müssen nicht aufgrund von Urlaub, Krankheit oder – was zu Coronazeiten vorkommen kann – Quarantänegeschlossen werden. Das Praxisteam, bestehend aus drei voll approbierten Ärzten und Ärztinnen und zwei Weiterbildungsassistenten, kann flexibel reagieren und sich gegenseitige vertreten.

Dr. med. Marina Straub bringt viel berufliche Erfahrung mit. Sie ist Internistin, Notfall- und Palliativmedizinerin und sammelte klinische Erfahrung im In- und Ausland. Das praktische Jahr absolvierte sie im Neurozentrum der Uniklinik Freiburg, am Hôpital de Sion in der Schweiz und im University Hospital of Wales in Cardiff in der Chirurgie. Ein Stipendium ermöglichte ihr ein Studienjahr in Estland. Weitere Stationen waren die kardiologische Intensivstation des Herzzentrums Bad Krozingen, das Kreiskrankenhaus Emmendingen und das St. Josefskrankenhaus in Freiburg, wo sie im Bereich der Pneumologie arbeitete und zuletzt die schwer erkrankten Covid-19-Patienten schwerpunkmäßig betreute. Sie promovierte über Infektiologie und verfügt über eine Weiterbildung für den zielgerichteten Antibiotika Einsatz bei Infektionen.
Nach diesen langen Jahren in der Klinik suchte sie einen Perspektivwechsel. Wenn Menschen in die Klinik kommen, dann sind Krankheiten meist schon weit fortgeschritten und massive Interventionen nötig. Oftmals hätte aber ein gesünderer Lebensstil das verhindern können.
Als Hausärztin möchte sie ihren Schwerpunkt auf die Prävention legen und ihren Patienten und Patientinnen vermitteln, dass ein veränderter, gesünderer Lebensstil hilft, viele Krankheiten zu vermeiden. Auch für chronische Erkrankungen gilt, dass eine bewusstere Ernährung und mehr Bewegung den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können.
Die mit ihrem Mann und zwei Kindern in St. Peter lebende Ärztin hat sich bewusst für das Leben und Arbeiten auf dem Land entschieden. Als Hausärztin auf dem Land möchte sie die Menschen im Lauf ihres Lebens begleiten, ihre Gesundheit fördern und sie bei der Bewältigung von Krankheiten unterstützen. Deshalb liegt ihr daran, mit ihren Patienten und Patientinnen auf Augenhöhe zu kommunizieren und ihr gesamtes Lebensumfeld mit einzubeziehen.

Die Praxis „Hausärzte Schwarzwald“ befindet sich in der neu errichteten Seniorenwohnanlage Sonnenhöhe. Die Räume sind licht und hell und die Holzböden strahlen eine angenehme Wärme aus. Die Praxis ist funktional und trotzdem heimelig, weil beim Innenausbau und dem Mobiliar hochwertige und naturbelassene Hölzer dominieren. Eine Besonderheit ist die Terrasse, die bei schönem Wetter als Wartezimmer genutzt werden kann. Die im Erdgeschoss liegende Praxis ist barrierefrei zugänglich. Sie ist mit neusten technischen Geräten ausgestattet, so dass neben Ultraschall-Untersuchungen auch Lungenfunktionsmessungen und EKGs und Belastungs-EKGs möglich sind. Die Praxis verfügt über einen abtrennbaren Infektionsraum mit separatem Zugang, der sich während der Corona-Pandemie als überaus wichtig erwies.
Unterstützt wird Dr. Straub von den medizinischen Fachangestellten Heike Riesterer, Anna Löffler, Christine Birkenberger und der Auszubildenden Sofia Spiegelhalter, die zum Teil schon mit Dr. Hammerschmidt zusammenarbeiteten.

Der Tag der offenen Tür war ein besonderes Event, das dank besten Wetters mit kleinem Sektempfang auf der Terrasse stattfinden konnte. Bürgermeister Josef Haberstroh freute sich, dass trotz großer Hürden und manchmal auch Rückschlägen nun die hausärztliche Versorgung in Breitnau gesichert ist. Er dankte Dr. Peter Krimmel, dass dieser immer an dieses Projekt glaubte und es zielstrebig vorangetrieben hatte.
Musikalisch umrahmt wurde der Tag der offenen Tür von der Band „danjo“, die nicht zufällig auftrat. Auch sie hat einen Bezug zur hausärztlichen Versorgung Breitnaus, denn in der Band spielt der Sohn Dr. Hammerschmidts mit. Dr. Hammerschmidt wohnte der Eröffnung ebenfalls bei und konnte sogar zu einem musikalischen Auftritt überredet werden und mit in die Gitarrensaiten zu greifen!
… Alles vom 10.11.2021 von Dagmar Engesser bitte lesen auf https://www.dreisamtaeler.de, Seite 4

https://www.haeuaerzte-schwarzwald.de
https://www.aerzte-dreisamtal.de

https://www.st-raphael.de
https://www.sonnenhoehe-breitnau.de/