Bundesbahn fährt zu 39% Diesel

Die Bahn lockt mit dem 9-Euro-Ticket Kunden an – geradezu betrügerisch, da die Bahn einen normalen (Pünktlichkeit, Zugausfälle) Betrieb überhaupt nicht anbieten kann. Die Bahn verschleiert die kastastrophale Lage: Lautsprecherprotokolle, die die täglichen Zugausfälle z.B. zwischen Freiburg und Titisee dokumentieren, werden geheimgehalten.

Warum wohl? Weil die Bahn einen Entrüstungssturm ihrer Kunden befürchtet? Oder weil sie an einer Sanierung in der Fläche gar nicht interessiert ist, sondern nur an den wenigen megateuren Prestigeprojekten. Also weiter so tagaus tagein: Der Zug hat „… 20 min Verspätung“ oder „… fällt heute aus“ – unabhängig davon, ob er von einer Lok gezogen wird, die zu 40% mit Kohlestrom fährt, oder gar von einer stinkenden Diesellok. So wollen wir die Welt retten.
9.7.2022
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Klimabahn statt Größenwahn
Eigentlich sollte ich mich als Bahnliebhaber freuen. Mehr als 20 Millionen Menschen haben ein Neun-Euro-Ticket erworben. Sie zeigen damit großes Interesse am Bahnfahren. Gleichzeitig wollen Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Richard Lutz Milliarden in die Bahn investieren, um im Verkehrsbereich die Klimaziele zu erreichen. Wenn dieses Geld tatsächlich in eine Klimabahn fließen würde, hätten wir wirklich Grund zur Freude. Doch Wissing und Lutz planen in erster Linie neue Schnellbahntrassen, Tunnels und weitere Großprojekte. Damit können sie dem Flugverkehr Kunden abjagen. Doch eine Klimabahn wird die Deutsche Bahn damit nicht. Im Gegenteil.

Der ICE firmiert zwar als „Deutschlands schnellster Klimaschützer“. Doch der Klimaverbrauch der Bahn ist hoch, obwohl sie teilweise mit Ökostrom fährt. Nach einer Studie der Universität St. Gallen setzt der Bau eines einzigen Tunnelkilometers so viel Kohlendioxid frei wie 26 000 Autos, die 13 000 Kilometer fahren. Zudem verschlingt eine Fahrt mit 300 Stundenkilometern wie jene zwischen Köln und Frankfurt dreimal so viel Strom wie eine Bahnreise mit 160.
Bedenkt man, dass der Strom der Bahn noch zu 40 Prozent aus Kohle, Atom und Gas stammt und auf 39 Prozent der Strecken Dieselloks unterwegs sind, trübt sich das Bild vom Klimaschützer Bahn stark ein.
Diese Klimabelastung wird durch die neuen Investitionspläne zunehmen. So sollen zwischen 50 und 70 Milliarden in einen 47 Kilometer umfassenden Tunnel rund um Stuttgart 21, einen Tiefbahnhof in Frankfurt am Main, eine Schnellbahnstrecke von Dresden nach Prag mit mehreren Tunnels und in umfangreiche Bahnhofsprojekte fließen. Auf der Strecke bleibt dabei, was sich Bahnkundinnen und -kunden laut Umfragen mehrheitlich wünschen: dass sie mit dem Zug zuverlässig, regelmäßig und pünktlich an ihr Ziel gelangen. Und dass auch in ländlichen Regionen der Zugang zum öffentlichen Verkehr ausgebaut wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssten die Verkehrspolitiker und die Bahn andere Ziele setzen als Hochgeschwindigkeit und Großprojekte. Wichtig wäre, die Folgen der Sparpolitik seit Mitte der 90er-Jahre ein Stück weit auszugleichen. So verzeichnete die Bahn 1994 noch etwa 130 000 Weichen und Kreuzungen, derzeit sind es noch etwa 70 000. Die Folge: Es gibt weniger Möglichkeiten, andere Züge zu überholen oder auf andere Strecken auszuweichen, um Verspätungen zu vermeiden. Der Zugverkehr wird immer unpünktlicher.
Hatte das deutsche Streckennetz 1994 noch eine Länge von etwa 40 000 Kilometern, sind es heute noch 33 000. Und wer von mehr Güterverkehr auf der Bahn träumt, muss wissen: Es gibt nur noch 2000 Gleisanschlüsse an Industriebetriebe, 1994 waren es 12 000.

Wenn wirklich mehr Bürgerinnen und Bürger Bahn fahren und mehr Waren auf der Schiene rollen sollen, braucht es eine Abkehr vom Größenwahn: Es braucht neue Weichen, neue Gleise, Ausweichinseln, neue Strecken, um mehr Menschen abzuholen. Und es geht um die schnellere Elektrifizierung jener 39 Prozent aller Strecken, auf denen noch Dieselloks fahren. 2020 wurden gerade mal 19 Kilometer elektrisch ausgestattet.
Beim Tempo ist also noch viel Luft nach oben. Die Industrie wird dann mehr Waren auf der Schiene transportieren, wenn mehr Gewerbegebiete Bahnanschlüsse haben. Die Milliarden der Bundesregierung können mit dem Ausbau des Flächennetzes viel mehr bewirken, als wenn sie in wenigen, extrem teuren Schnellbahnstrecken verbaut werden.

Der Boom um das Neun-Euro-Ticket zeigt: Wenn die Bahn erreichbar, bezahlbar und unbürokratisch zugänglich ist, wird sie von den Menschen angenommen. Manche lassen dann sogar ihr Auto stehen. Die Daten des Navigationsanbieters Tomtom meldeten Ende Juni einen Rückgang von Staus, vor allem in Großstadt-Regionen. Dass solche Veränderungen möglich sind, erleben jene, die sich mit der Bahn ins Ausland trauen. Das gilt für das Bahnparadies Schweiz, aber auch für Länder, über die deutsche Bahnfunktionäre noch vor Jahren die Nase rümpften:
Wer nach Polen oder Tschechien fährt, wird in Deutschland von einer stinkenden Diesellok transportiert, aber an der Grenze von elektrisch betriebenen Zügen abgeholt. Mit weit höheren Investitionen als in Deutschland wurden die Bahnen in Österreich, Dänemark, Italien oder Spanien über die Jahre so verbessert, dass sie weit zuverlässiger unterwegs sind als die Deutsche Bahn..
… Alles vom 9.7.2022 von Wolfgang Kessler bitte lesen auf
https://www.badische-zeitung.de/klimabahn-statt-groessenwahn–214853145.html

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