Buergergenossenschaft Oberried – Altersgerechtes Wohnen, Pflege, Projekt

Die Anzahl der Pflegebedürftigen und Menschen mit Demenzerkrankung in Oberried wird sich in den nächsten 20 Jahren verdoppeln. Was kann getan werden, damit man auch im Alter hier gut leben kann? Wie kann ein Generationen-Wohnprojekt im Ort realisiert werden? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die bislang größte Befragung im Bundesgebiet zum Thema „Altersgerechtes Wohnen in Oberried“, die im Frühjahr vom AGP Institut für angewandte Sozialforschung unter der Leitung von Professor Thomas Klie und einer Studentengruppe der Evangelischen Hochschule Freiburg durchgeführt wurde. Alle Haushalte in Oberried wurden befragt; alle Bürger im Alter von 40 Jahren und älter bekamen einen zweiten Fragebogen mit zusätzlichen Fragestellungen.

Im Rahmen einer gut besuchten Bürgerversammlung in der Klosterscheune präsentierten die Studenten jetzt sehr detailliert und anschaulich mit Hilfe vieler Diagramme die Ergebnisse der Befragung, die eine überaus positive Resonanz hatte. Weit mehr Fragebögen als bei solchen Studien üblich wurden beantwortet zurückgesendet. Die allgemeine Haushaltsbefragung ergab, dass objektiv gesehen nur sehr wenige Wohnungen und Häuser barrierefrei und somit alterstauglich sind. Kriterien für Barrierefreiheit sind beispielsweise ein rollstuhlgerechter Zugang, keine Stufen im Wohnbereich und ein ebenerdiger Zugang zur Dusche.
Bei der Auswertung des Fragebogens „40plus“ fiel auf, dass 98 Prozent aller Befragten angab, sich sehr wohl in Oberried zu fühlen. Die Identifikation mit dem Ort an sich liegt weit über dem Bundesdurchschnitt. Auch das Engagement der Oberrieder im Vereinsleben und die Bereitschaft zu nachbarschaftlicher Hilfe ist außergewöhnlich hoch. Kritisch sehen die Bürger allerdings die Versorgungssituation im Ort. Über 90 Prozent gaben an, dass sie sich einen regionalen Kaufladen in Oberried wünschen und diesen auch nutzen würden.
Die fehlende Alterstauglichkeit einerseits und die überdurchschnittliche Identifikation der Menschen mit ihrem Ort brachte die Forschungsgruppe zu dem Ergebnis, dass in Oberried die Voraussetzungen, eine Bürgergenossenschaft zu gründen, geradezu ideal sind. Anhand von Bildern präsentierten die Studenten, wie so ein Genossenschaftsprojekt aussehen könnte. Der Grundgedanke ist, vorhandene Gegebenheiten und Strukturen zu nutzen und durch finanzielles oder soziales Engagement die eigene Daseinsvorsorge aktiv mit zu gestalten. Konkret könnte eine Genossenschaft in Oberried einen Dorfladen, einen Bürgerbus oder gegenseitige Hilfe in einem Mehrgenerationen-Wohnprojekt unterstützen und realisieren.
Ideal für ein solches Wohnprojekt wäre das Gelände der Ursulinen. Eine Untersuchung des Bauplans ergab, dass das vorhandene Gebäude durch Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen optimal genutzt werden könnte, um dort mehrere Wohneinheiten entstehen zu lassen, die barrierefreies Wohnen für Familien und ältere Menschen ermöglichen sowie eine Wohngruppe für Menschen mit Demenz und deren Pflege.

Studentengruppe von Professor Thomas Klie, Projekt „Altersgerechtes Wohnen in Oberried“. Juli 2012 - Bild: Anja Scheiner

Bürgermeister Franz Josef Winterhalter bedankte sich im Anschluss an die Präsentation bei der Forschungsgruppe und betonte die Wichtigkeit der Ergebnisse für die zukünftige Gemeindepolitik. Winterhalter erklärte, dass sich die Gemeinde Oberried momentan in Verhandlungen mit den Ursulinen befindet. Die Baukonzeption und die gesamte Realisierung des Projekts können allerdings erst konkret werden, wenn es einen Investor gibt. Hierzu hat die Gemeinde bereits verschiedene Baugenossenschaften und Bauträger angeschrieben. „Die Resonanz ist allerdings bislang nicht überragend“ räumte Winterhalter ein. Die Gründung einer Bürgergenossenschaft befürwortete er, riet aber dazu, nichts zu überstürzen.
Die Reaktion der anwesenden Bürger auf die Ergebnisse der Studie und die Vorschläge der Studiengruppe war durchweg positiv. Insbesondere das Vorhaben „Bürgergenossenschaft“ stieß auf großes Interesse und es gab viele Nachfragen hierzu. Professor Klie ermunterte die Leute sehr, besser heute als morgen mit Veränderungen zu beginnen und aufgrund der Idealen Bedingungen in Oberried zeitnah eine Bürgergenossenschaft zu gründen. Er bot den Oberrieder Bürgern an, bei einer Genossenschaftsgründung gern mit Ratschlägen zur Seite zu stehen oder Kontakte zu vermitteln. 
Anja Scheiner, 18.7.2012, www.dreisamtaeler.de

AGP Alter. Gesellschaft. Partizipation
Institut für angewandte Sozialforschung, Bugginger Straße 38, 79114 Freiburg
 Prof. Dr. Thomas Klie, Institutsleiter, Tel 076147812696
info@agp-freiburg.de, www.agp-freiburg.de

 

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