BreitnauEnergie Nahwaermenetz

In Breitnau hat die Energiewende stattgefunden: Die Realisierung der Heizzentrale und des Nahwärmenetzes in Breitnau ist ein großer Erfolg der Bürgergenossenschaft BreitnauEnergie eG. Dieses Drei-Millionen-Projekt wurde von engagierten Bürgern ehrenamtlich gestemmt und leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende.

Dieser Erfolg sei vor allem einer Person zu verdanken, nämlich dem Breitnauer Bürger Eugen F. Ketterer, der sich unermüdlich für dieses Projekt eingesetzt habe, unterstrich Bürgermeister Josef Haberstroh während der Feierstunde, die Freitag vor einer Woche zusammen mit den beteiligten Handwerkern, Gemeinderäten, Aufsichtsräten sowie Nachbarn und Genossenschaftsmitgliedern begangen wurde. Die Freude darüber, dass die Heizzentrale nun läuft, stand Ketterer ins Gesicht geschrieben und er ließ Revue passieren, dass der Weg zu diesem Erfolg kein einfacher war: es galt viele Schwierigkeiten und Hindernisse zu überwinden, nicht zuletzt der lange und harte Winter, der den Baufortschritt erschwerte. Alleine das Anfahren der LkWs zum Bergackerweg 17, wo die Heizzentrale neben dem Leo-Hof errichtet wurde, war ein schwieriges Unterfangen, betonte Ketterer.

Nur drei Jahre von der Idee zur Umsetzung!
Vor drei Jahren, nämlich am 27. April 2010, beschloss der Gemeinderat Breitnaus sich als „Bioenergiedorf am Start“ zu bewerben. Um sich „Bioenergiedorf“ nennen zu können, müssen drei Kriterien erfüllt werden: erstens muss die Stromversorgung zu 100 %, zweitens die Wärmeversorgung zu 50 % regenerativ abgedeckt sein und drittens ist ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung gefordert. Dank der Wasserkraft im Höllental, vieler Fotovoltaikanlagen, zweier Biogasanlangen und einem Windrad auf seiner Gemarkung erfüllte Breitnau das erste Kriterium, den Strom regenerativ zu erzeugen, schon seit Jahren. Blieben als Herausforderung die Erzeugung von Wärme über erneuerbare Energien und die Bürgerbeteiligung. Bei Informationsveranstaltungen, Datenerhebungen und Bedarfsermittlungen kristallisierte sich heraus, dass die Breitnauer die Idee eines Bürgerprojektes gut fanden und einer kommunalen oder privaten Umsetzung eher skeptisch gegenüber standen.
Am 24. November 2010 wurde auf dem Kommunalforum in Hinterzarten bekannt gegeben, dass Breitnau eine der fünf Gewinnergemeinden „Bioenergiedorf am Start“ ist. Damit verbunden war ein Preisgeld von 20.000,- Euro, mit dem eine Machbarkeitsstudie für ein Nahwärmeprojekt in Auftrag gegeben wurde. Nachdem diese Machbarkeitsstudie ergab, dass ein solches Projekt wirtschaftlich umgesetzt werden kann, wurde im November 2011 in logischer Konsequenz eine Bürger-Genossenschaft gegründet: die BreitnauEnergie eG. Am 30. August 2012 fand nach einer langen Planungs- und Verhandlungsphase dann der erste Spatenstich statt und am 26. April 2013 konnte die Heizzentrale offiziell ihren Betrieb aufnehmen.
 
Die Technik
Die Heizzentrale besteht aus zwei Feuerungsanlagen. Herzstück der Anlage ist ein mit Biomethan befeuertes Blockheizkraftwerk mit einem Gesamtnutzungsgrad von 90 %. Denn zusätzlich zur Wärme wird auch Strom produziert. Diese Kraft-Wärme-Koppelung ist deshalb eine sehr effiziente Ausnutzung der Energie. Das Biomethan wird von der badenova bezogen, mit der ein zehnjähriger Liefervertrag abgeschlossen wurde. Biogas ist zwar teuerer als konventionelles Erdgas, mit ihm wird aber „grüner Strom“ produziert, mit dem auch eine höhere Einspeisevergütung erzielt wird.
Zweiter Bestandteil der Anlage ist eine Holz-Hackschnitzelanlage. Die Hackschnitzel kommen aus der Region und bestehen aus Resthölzern, die bisher im Wald verrotteten. Für das Heizwerk in Breitnau müssen also keine Bäume gefällt werden! Der Schüttspeicher der Hackschnitzelanlage kann 160 m3 Hackschnitzel aufnehmen – ein Vorrat, der für fast zwei Wochen reicht.
Das Blockheizkraftwerk produziert in der Anfangsphase 80 % der Wärme, die Hackschnitzelanlage 20 %. Später soll sich der Holzanteil auf 35 % erhöhen. Dritte Komponente der Heizzentrale ist ein Spitzenlast- bzw. Redundanzkessel, auf den jedoch nur im äußersten Bedarfsfall zurückgegriffen werden muss.
Zu diesem Nahwärmeprojekt gehört jedoch nicht nur die Heizzentrale, sondern auch ein Leitungsnetz, das die Wärme zu den Abnehmern transportiert. Verlegt werden 3400 Meter Hauptleitungen und noch einmal 1400 Meter für die Hausanschlüsse, in denen ständig heißes Wasser zirkuliert. Das Komplett-Projekt kostet drei Millionen Euro, wobei, so Ketterer, das teuerste das Nahwärmenetz mit der Verlegung der Leitungen ist.
    
Breitnau ist Stromexporteur!
Die Zahlen sind beeindruckend! Das BHKW produziert 3,5 Millionen Kilowatt Wärme im Jahr. Damit werden etwa 420 bis 450.000 Liter Heizöl ersetzt und 900 Tonnen weniger CO2 pro Jahr ausgestoßen. Gleichzeitig werden 2,2 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugt. Mit denen etwa 400 bis 420 Haushalte mit Strom versorgt werden können. Zusammen mit den in Breitnau bereits existierenden Bockheizkraftwerken, Fotovoltaik- und Wasserkraft-Anlagen wird etwa der 2,5-fache Jahresbedarf von Breitnau insgesamt an Strom erzeugt. Somit kann die Gemeinde Strom exportieren und eine nicht unerhebliche Wertschöpfung für den Ort generieren.
Für Privathaushalte ist es durchaus attraktiv, sich an das Nahwärmenetz anzuschließen, so Klaus Dieter Müller von der Firma Zelsius, der das Breitnauer Projekt konzipiert und geplant hat. Die Kosten für einen Anschluss betragen zwischen 7500 und 10.000 Euro. Dies sei eine einmalige Zahlung, die der Anschaffung einer neuen Heizung entspreche. Eine Einzelversorgung über regenerative Energie würde wesentlich mehr kosten, so Müller. Auch die Betriebskosten würden im Vergleich zu einer Wärmeversorgung mit Heizöl um 25 % niedriger liegen. Neben den Großabnehmern haben sich inzwischen 62 private Haushalte für den Anschluss an das Nahwärmenetz entschieden. Im Endausbau könnten es 80 sein.
    
Das Erfolgsrezept
Damit die Heizzentrale auch wirtschaftlich ein Erfolg ist, ist die thermische Grundlast die entscheidende Größe und der Wärmebedarf die Bezugsgröße für die Wirtschaftlichkeit. Die Stromproduktion ist quasi nur ein Abfallprodukt, die die Wirtschaftlichkeit aber erhöht, da die Abwärme nicht sinnlos entweicht, sondern genutzt wird. Breitnau hat das Glück mehrere Großabnehmer mit hohem ganzjährigen Wärmebedarf mit im Boot zu haben. Da ist einmal das Aktiv-Hotel „Haus Breitnau“ der LUWOGE, einem Tochterunternehmen der BASF, mit 50 Doppel- und 26 Einzelzimmern und hauseigenen Hallenbad. Weitere Großabnehmer sind die Gemeinde mit der Kultur- und Sporthalle, dem gemeindeeigenen Hallenbad sowie fünf weiteren Gebäuden, die Kirche mit drei Gebäuden und das Hotel Kreuz. Die Großabnehmer mit Hallenbädern ermöglichen es, dass das BHKW ganzjährig laufen und damit wirtschaftlich arbeiten kann. Fehlen im Sommer solche Großabnehmer, müssen vergleichbare Anlagen abgeschaltet werden, wodurch die Wirtschaftlichkeit sinkt.
  

                   
(1) Blochheizkraftwerk Breitnau              (2) Vorstand EnergieBreitnau                 (3)


(4)

(1) Die Heizzentrale neben dem Leohof in Breitnau
(2) Der Vorstand der BreitnauEnergie eG mit dem Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Haberstroh (dritter von links): August Maier, Eugen F. Ketterer, Thomas Schuler (von links nach rechts)
(3) Von links nach rechts: Eugen F. Ketterer, Breitnaus Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsistzender Josef Haberstroh, Dr. Robert Greb von der Badenova
(4) Eugen F. Ketterer mit dem Planer Klaus Dieter Müller

Breitnau als Bioenergiedorf par excellence
Breitnau erfüllt mit der vollständigen Projektumsetzung alle Vorgaben eines Bioenergiedorfes: neben der 2,5-fachen Stromerzeugung, wird künftig auch 50 % der Wärmeversorgung über regenerative Energien abgedeckt . Breitnau bewegt sich damit energiemäßig in Richtung Autarkie und macht sich so zunehmend unabhängig vom internationalen Erdöl- und Gasmarkt und natürlich von der Atomkraft. Hinzu kommt, dass mit diesem Projekt die Wertschöpfung in der Region bleibt: die Hackschnitzel werden von heimischen Landwirten geliefert und das Biomethan wird bei Forchheim und im Gewerbepark Eschbach produziert. Vergoren werden dort Traubentrester, Apfeltreber und Vatermais, was für die Winzer und Landwirte dort zusätzliche Einnahmequellen bedeutet. Und der verringerte CO2-Ausstoß kommt der Umwelt vor Ort ebenfalls zu Gute!
9.5.2013, Dagmar Engesser, www.dreisamtaeler.de

 

 

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